Jung-Katerverein für Poesie-Musik

Textdaten
<<< >>>
Autor: Heinrich Heine
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Jung-Katerverein für Poesie-Musik
Untertitel:
aus: Vermischte Schriften.
Erster Band
.
S. 190–193
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1854
Verlag: Hoffmann und Campe
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Hamburg
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Heinrich-Heine-Portal und Scans auf Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite


[190]
XVIII.
Jung-Katerverein für Poesie-Musik.


     Der philharmonische Katerverein
War auf dem Dache versammelt
Heut Nacht – doch nicht aus Sinnenbrunst;
Da ward nicht gebuhlt und gerammelt.

5
     Es paßt kein Sommernachthochzeitstraum,

Es passen nicht Lieder der Minne
Zur Winterjahrzeit, zu Frost und Schnee;
Gefroren war jede Rinne.

     Auch hat überhaupt ein neuer Geist

10
Der Katzenschaft sich bemeistert;

Die Jugend zumal, der Jung-Kater ist
Für höheren Ernst begeistert.

     Die alte frivole Generation
Verröchelt; ein neues Bestreben,

15
Ein Katzenfrühling der Poesie

Regt sich in Kunst und Leben.

[191]

     Der philharmonische Katerverein,
Er kehrt zur primitiven
Kunstlosen Tonkunst jetzt zurück,

20
Zum schnauzenwüchsig Naiven.


     Er will die Poesiemusik,
Rouladen ohne Triller,
Die Instrumental- und Vocalpoesie,
Die keine Musik ist, will er.

25
     Er will die Herrschaft des Genies,

Das freilich manchmal stümpert,
Doch in der Kunst oft unbewußt
Die höchste Staffel erklimpert.

     Er huldigt dem Genie, das sich

30
Nicht von der Natur entfernt hat,

Sich nicht mit Gelehrsamkeit brüsten will
Und wirklich auch nichts gelernt hat.

     Dies ist das Programm des Katervereins,
Und voll von diesem Streben

35
Hat er sein erstes Winterconcert

Heut Nacht auf dem Dache gegeben.

[192]

     Doch schrecklich war die Execution
Der großen Idee, der pompösen –
Häng’ dich, mein theurer Berlioz,

40
Daß du nicht dabei gewesen!


     Das war ein Charivari, als ob
Einen Kuhschwanzhopsaschleifer
Plötzlich aufspielten, branntweinberauscht,
Drei Dutzend Dudelsackpfeifer.

45
     Das war ein Tauhu-Wauhu, als ob

In der Arche Noä anfingen
Sämmtliche Thiere unisono
Die Sündfluth zu besingen.

     O, welch ein Krächzen und Heulen und Knurr’n,

50
Welch ein Miau’n und Gegröhle!

Die alten Schornsteine stimmten ein
Und schnauften Kirchenchoräle.

     Zumeist vernehmbar war eine Stimm’,
Die kreischend zugleich und matte

55
Wie einst die Stimme der Sontag war,

Als sie keine Stimme mehr hatte.

[193]

     Das tolle Concert! Ich glaube, es ward
Ein großes Tedeum gesungen,
Zur Feier des Siegs, den über Vernunft

60
Der frechste Wahnsinn errungen.


     Vielleicht auch ward vom Katerverein
Die große Oper probiret,
Die Ungarns größter Pianist
Für Charenton componiret.

65
     Es hat bei Tagesanbruch erst

Der Sabbath ein Ende genommen;
Eine schwangere Köchin ist dadurch
Zu früh in die Wochen gekommen.

     Die sinnebethörte Wöchnerin

70
Hat ganz das Gedächtniß verloren;

Sie weiß nicht mehr, wer der Vater ist
Des Kindes, das sie geboren.

     War es der Peter? War es der Paul?
Sag’, Lise, wer ist der Vater?

75
Die Lise lächelt verklärt und spricht:

O Lißt! du himmlischer Kater!