Julius Sturm (Die Gartenlaube 1896/22)
[372a] Julius Sturm. Ein religiöser Dichter, der neben Karl Gerok die deutsche Zionsharfe mit edler Kunst und andächtigem Schwung geschlagen, ist dahingeschieden! Julius Sturm starb am 2. Mai in Leipzig. Am 21. Juli 1816 zu Köstritz geboren, hat er fast das achtzigste Lebensjahr erreicht.
Sein Leben war eine Pfarrhausidylle, die sich fast ganz auf dem heimatlichen Boden in seinem Geburtsort abspielte. Nur seine Hauslehrerstellen, die er nach Vollendung seiner Studien erst in Heilbronn in Württemberg und dann in Friesen in Sachsen bekleidete, sowie seine erzieherische Thätigkeit, die ihn mit seinem Zögling, dem Prinzen von Reuß, nach Meiningen führte, und später ein Seelsorgeramt im Dorfe Göschitz bei Schleiz machten ihn in seinen jüngeren Jahren dem Heimatorte untreu; doch seit 1857 lebte er dauernd in Köstritz als Pfarrer und nach seiner Pensionierung 1885 als Geheimer Kirchenrat. Zuerst erregte er Aufsehen durch seine „Frommen Lieder“ (1852), welche auch die erfolgreichste seiner Gedichtsammlungen blieben und zwölf Auflagen erlebten. In diesen wie in seinen späteren religiösen Gedichten herrscht eine gesunde Frömmigkeit, welche der Muckerei und Möncherei den Krieg erklärt und einer freudigen Lebensanschauung berechtigten Raum gewährt:Drum wandl’ ich singend stille Lebenspfade
Und lausch’ der Nachtigall und pflück’ die Rose
Und preise fröhlich meines Gottes Gnade.
Das ist die Grundstimmung der religiösen Gedichte. In Sturms anderen Sammlungen finden sich reizende Naturbilder, auch schwungvolle Gedichte patriotischen Inhalts; anheimelnd sind seine Kinderlieder, sinnvoll seine Fabeln; Formenschönheit und melodischer Guß und Fluß sind allen seinen Liedern eigen.