Jubelfeier des „Akademischen Gesangvereins Arion“ zu Leipzig
[356] Jubelfeier des „Akademischen Gesangvereins Arion“ zu Leipzig. In den Tagen vom 24. bis 27. Mai beging der „Akademische Gesangverein Arion“ zu Leipzig in allerlei festlichen Veranstaltungen, Konzerten, Festspiel, Kommers, Ball etc. die Jubelfeier seines 50jährigen Bestehens. Abweichend von der Gründungsgeschichte anderer studentischer Vereine ist der „Arion“ nicht als Kind des akademischen Lebens geboren worden; seine Wiege stand vielmehr in der altehrwürdigen Thomasschule, die von jeher durch den wohlgeschulten Sängerchor ihrer Alumnen berühmt war.
Als in den vierziger Jahren das gute Einvernehmen dieser jungen Sänger beständig durch Streitigkeiten gestört ward, gründete am 12. Mai 1849 Richard Müller (geb. 25. Februar 1830 zu Leipzig) mit noch zwei anderen Thomanern einen Verein, um, verbunden durch Pflege des Gesanges, der Geselligkeit und Freundschaft zu ihrem Rechte zu verhelfen. Bald aber brachte der Grundsatz, alle früheren Thomaner, welche nun studierten, auch ferner als Mitglieder anzusehen, den Vereinsangehörigen die Anfeindungen von Mitschülern und Lehrern ein, und doch sollte sich, gestützt auf ihn, noch im ersten Jahrzehnt der jungen Gründung der studentische Gesangverein „Arion“ herausbilden. Als bedeutende Förderer des Vereins erwiesen sich der Meister deutschen Männergesangs Karl Zöllner und der berühmte Thomasschulkantor Moritz Hauptmann. Richard Müller, der den „Arion“ gründete, war zugleich musikalischer Leiter desselben und führte ihn unentwegt seiner heutigen Bedeutung zu. Am 12. Mai 1850 war der „Arion“ zum erstenmal mit einem Konzert vor die Oeffentlichkeit getreten und hatte mit dem Vortrag von Zöllners „Müllerliedern“ großen Erfolg gehabt. Im Jahre 1853 ward er als studentischer Verein anerkannt, indem vom Universitätsgericht seine Statuten genehmigt wurden. Die Bestimmung darin, daß auch Nichtthomaner beitreten durften, war für das fernere Gedeihen des Vereins von größter Bedeutung. Heute zählt der „Arion“ 165 aktive Sänger und 700 „alte Herren“. Die alljährlich stattfindenden zwei Konzerte dieser ansehnlichen gesangstüchtigen Sängerschar gestalten sich zu musikalischen Ereignissen, deren Ruf über die Grenzen der alten Musikstadt dringt. Ein schmerzliches Ereignis in der Geschichte des Vereins bedeutete der Rücktritt Professor Richard Müllers von der musikalischen Leitung des Vereins, der im Jahre 1893 nach 44jähriger erfolgreicher Thätigkeit aus Gesundheitsrücksichten stattfand. Ihm folgte Dr. Paul Klengel als neuer würdiger Dirigent, den nach seiner Berufung ins Ausland 1898 Alfred Richter, ein Sohn des ehemaligen Thomasschulkantors, ersetzte und unter dessen Führung sich des Vereins Wahlspruch auch heute bewährt, welcher lautet: „Goldnes Leben im Gesang“.