Textdaten
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Autor: Dr. H.
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Titel: Ist das auch Instinct?
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aus: Die Gartenlaube, Heft 45, S. 711–712
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1866
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung: Über die Verdeckelung der Bienenzelle
Blätter und Blüthen
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[711] Ist das auch Instinct? Bekanntlich sind die Bienenzellen sechsseitige Prismen. Das hat nichts Auffälliges, denn nur so ließen sich die Zellen unmittelbar ohne Zwischenraum aneinander anfügen. Merkwürdig ist aber der Verschluß derselben auf der einen Seite. Dieser Verschluß geschieht nicht, wie man es für das Einfachste halten könnte, durch eine Ebene, sondern durch drei gegeneinander geneigte Ebenen nach Art eines Daches. Man darf wohl fragen: hat dies einen besonderen Grund?

Legt man sich die rein mathematische Frage vor: auf welche Weise sind solche sechsseitige Prismen zu verschließen, damit der Verschluß möglichst wenig Material erfordert? so zeigt die leicht ausführbare Rechnung, daß dies geschieht, wenn der Verschluß genau so erfolgt, wie er bei den Bienenzellen stattfindet, nämlich durch drei Ebenen, welche genau die Neigung gegen einander haben müssen, wie bei den Bienenzellen. Das ist doch eine überaus merkwürdige Erscheinung. Haben die Bienen durch allmähliche Versuche gelernt, wie sie verschließen müssen, um so wenig Wachs wie möglich dabei zu verwenden, oder ist das von Anfang an geschehen durch einen ihnen unbewußten Trieb?

Man möchte wohl das Letztere glauben, denn Beispiele dieser Art kommen auch in der leblosen Natur vor. Es mögen hier nur zwei angeführt werden, die allen Physikern bekannt genug sind. Die Bewegungen in unserem Planetensystem geschehen durch eine anziehende Kraft, welche umgekehrt dem Quadrate der Entfernung proportional ist. Ist hier das Quadrat ein bloßes Spiel des Zufalls, oder hat es einen gewissen Grund? In der That hat es einen Grund, denn nur wenn die anziehende Kraft umgekehrt dem Quadrate der Entfernung proportional ist, hat das System die längste Dauer. Jedes andere Gesetz der Kraft würde eine schnelle Zerstörung des ganzen Systems zur Folge haben.

[712] Wenn ein Lichtstrahl aus einem Körper in einen andern von größerer oder geringerer Dichtigkeit übergeht, so wird er dabei von seinem Wege abgelenkt. Diese Ablenkung ist eine nothwendige Folge der verschiedenen Geschwindigkeiten des Lichtes in den Körpern von verschiedener Dichtigkeit und befolgt ein Gesetz, welches sich nur unter Zuziehung mathematischer Ausdrücke aussprechen läßt und womit wir daher unsere Leser verschonen wollen. Das Gesetz scheint auf den ersten Blick wieder ein Spiel des Zufalls, allein bei genauerer Betrachtung zeigt sich ein merkwürdiger Grund dafür. Es ist nämlich eine nothwendige Folge der Bedingung, daß der Uebergang eines Lichtstrahles von einem gewissen Punkte eines Körpers bis zu einem gewissen Punkte eines anderen Körpers von anderer Dichtigkeit in der möglichst kürzesten Zeit erfolge.

Hier haben wir also drei Fälle, in denen das Bestreben der Natur darauf gerichtet ist, etwas mit möglichst wenig Material herzustellen, etwas für die möglichst längste Dauer zu schaffen und etwas in der möglichst kürzesten Zeit auszuführen.
Dr. H.