Textdaten
<<< >>>
Autor: Nikolaus Lenau
Illustrator:
Titel: In einer Schlucht
Untertitel:
aus: Nicolaus Lenau’s dichterischer Nachlaß, Seite 127–128
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1858
Verlag: Vorlage:none
Drucker:
Erscheinungsort: Stuttgart und Augsburg
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: [1]
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite
[127]

In einer Schlucht.

1.

Gewaltig tobt der Wind und beugt
Den Wildbusch, sausend in der Schlucht
Der Bach beschleunigt seine Flucht,
Von Regenwolken großgesäugt.

5
Nach Süden eilt hinab der Bach,

Nach Norden spritzt ihn das Geschnaub,
Und unstät irrt das dürre Laub
Dem Wasser und dem Winde nach.

Nun gilt des Herbstes Sterbgebot,

10
Doch unglückselig ist das Thal,

Daß hin der holde Sommerstrahl,
Und Alles grollt und schmäht den Tod.

[128]

Mit schwerem Kampf das Leben bricht,
Der Baum, der Busch, so todesmatt,

15
Hält seufzend fest am letzten Blatt;

Wie gut der Tod, sie glauben’s nicht.

2.

Was klingelt zum Gebüsch heraus?
Ein Knabe vor das Glöcklein schwingt,
Das Sacrament ein Priester bringt

20
Wohl dort in jenes Köhlerhaus.


Ei! seltsam ist des Manns Geleit,
Voran ihm schellt der Ministrant,
Die Glock’ am Hals, kommt nachgerannt
Ihm eine Geiß, die mäckernd schreit.

25
Was will die Geiß vom Priester nur?

Sie schreit ihn spöttisch kläglich an,
Als riefe sie: gib, frommer Mann,
Die letzte Oelung der Natur!