In der Oper
[687] In der Oper. (Zu dem Bilde S. 669.) Vorüber ist die Zeit der Sommerferien und Sommertheater. Die großen Tempel Thaliens in den Residenz- und anderen Städten haben ihre Pforten aufgethan und versammeln ihr Publikum in steigender Vollständigkeit; mit frischer Kraft sind Schauspieler und Sänger, mit frischer Empfänglichkeit Zuschauer und Zuhörer zur Stelle. Auch die beiden Schönen auf unserem Bildchen machen den Eindruck, als ob sie mit vollkommener Hingabe einer sanft rührenden Arie lauschten, die von der Bühne zu ihnen herauftönt in ihre Loge, und es müßte für den Vortragenden eine Lust sein, könnte er sehen, wie innig man ihm hier zuhört. Aber wenn er Zeit und Muße hätte, noch weiter mit prüfendem Auge die Insassen des Theaters zu mustern, so würde er noch eine andere, für ihn weniger erfreuliche Entdeckung machen; er würde bemerken, wie viele Operngläser sich nicht nach ihm, sondern nach jener Loge richten, wie viel Aufmerksamkeit ihm und seinem Singen entwendet wird durch das anziehende Bild holder Frauenschönheit, das dort dem Blicke sich bietet. Ja, nicht bloß die Bühne, auch der Zuschauerraum hat seine „Sterne“.