In Flammen steh’n die Zinnen Rom’s
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2.
In Flammen steh’n die Zinnen Rom’s, in Flammen
Die Tempel, Kapitol und Palatin –
Die Angst schaart sich zum letzten Kampf zusammen,
Doch unbarmherzig würgt der Tod sie hin;
Das einst so stolze Rom – geknechtet, siech,
Zur Dirne roher Plünderer geworden,
Im Schreckensbann des wilden Alarich!
Wie rast und tobt und pfaucht durch alle Straßen
Der Römer Leichen thürmen sich zu Massen,
In heißen Purpurlachen dampft das Blut;
Nicht schont der Fuß des Kriegers mehr die Todten:
Zur Brücke werden sie, darüber hin
Sich wälzt, zerstörungslüstern Faust und Sinn!
Hier eine Feuersbrunst und dort Ruinen, –
Erstürmter Pforten splitterndes Gekrach
Längs ihres Bentezug’s und hinter ihnen
Wie rasend schwelgt ihr Haß in blindem Morden,
Doch auch ihr Glaube übt sich wuthentbrannt,
Hinsinkt, zerstampft von den getauften Horden
Manch’ schimmernd Götterbild aus Künstlerhand!
Verheerend, unaufhaltsam, blutig, wild –
In teilnahmsloser Bläue lächelt heiter
Der Himmel über diesem Schreckensbild....
[59] Noch fern’ den Gräueln aber, wo verlassen
Durchdröhnt ein hohler Ton die öden Straßen,
Deß’ Echo seltsam aus der Tiefe dringt.
Wer blieb hier dreist zurück und – tollkühn Wagen!
Weß' Übermuth verräth noch, daß er’s that,
Und heulend, wahllos die Vernichtung naht?
Und dennoch – sieh! Im letzten, kleinsten Hause
Des öden Stadttheils, das in sich gekehrt
Und feierlich wie eines Siedlers Klause
Im sonn’gen Peristyl, deß’ Marmorschimmer
Noch fern’ dem Graus der Flammen, silber-weiß
Wetteifert mit des Mosaik’s Geflimmer –
Kniet hochgeschürzt ein düst’rer Römer-Greis.
Die Tiefe schauerlich sich ausgethan;
Zerspellter Marmor häuft sich ihm zur Seite,
Doch unermüdlich schafft sein Arm sich Bahn;
Sein Antlitz glüht, die Schwärmeraugen lodern
Wahnwitz’ger – willst du selbst darin vermodern?
Für wessen Leichnam öffnest du die Gruft?
Ha – und was birgst du unter jener Hülle,
Die purpurn dort den Mosaik bedeckt?
Ein Mensch? Ein Feind, den du dahingestreckt?
Da hält er ein: „Vollendet!“ tönt es bebend
Von seinen Lippen, tief neigt er den Leib,
Und facht die goldbefranste Decke hebend
[60] „Du bist’s, die schönheitsfroh einst der Hellene
Erträumt – der Rom Altäre ausgebaut –
O Lichtbild – Göttin – Anadyomene –
Ambrosiadustend und nektarbethaut –
Vertraue, lächle mir dein süßer Mund,
Die Anmuth deiner himmlischen Geberde,
Die heit’re Stirn, des Kinn’s entzückend Rund,
Des lilienreinen Busens weiche Fülle,
Der Form Mysterium uns ohne Hülle
Gezeigt, und bis zur Göttlichkeit verklärt!
O sieh, dein letzter Tempel ist gesunken
Mit Hellas gold’ner, Rom’s gewalt’ger Zeit;
Und murmelnd fleht man dort zur Häßlichkeit,
Die krampf- und schmerzverzerrt die nackten Glieder
Am rauhen Marterholz des Kreuzes reckt:
Ein Sklavengott! Und doch, er warf uns nieder,
Und hält nun grauenhaft das Licht gefangen,
Sein Bild, sein Dulderantlitz hier und dort,
Allüb’rall seiner Leiden grausig Prangen,
Sein düst’res Priesterthum an jedem Ort!
In seinem Namen naht was roh und wild,
Seit jener Cäsar an der milv’schen Brücke
Zum ersten Mal sein blutig Kreuz enthüllt
Und wider euch geführt, ihr lichten Götter –
Vergeblich schmachtet Rom jetzt nach dem Retter:
Erniedrigt – in den Staub getreten.... sei’s!
Du aber, Botin makelloser Schöne,
Der frühe schon der Jüngling sich ergab,
Zum Tempel dir erschlossen dieses Grab
Im Angesicht des nah’nden Todes – grolle,
O groll’ ihm nicht, du Bild olymp’scher Lust,
Wenn statt der Myrth’ er heut’ die harte Scholle
Nicht soll der Fuß der Plünd’rer dich zertreten,
Noch dich verdammen ihrer Priester Spruch –
An’s Mutterherz der Erd’ will ich dich betten,
Dort ruh’ mit dir des letzten Römers Fluch,
Denn kommen wird – ich ahn’s voll Seligkeit –
Die Stunde des Triumphes, da in Wehen
Das Menschenthum nach eurem Zauber schreit,
Ihr einst verlass’nen Zeugen höchster Schöne,
Im Staube wird der Undank eurer Söhne
Noch suchen nach dem Golde eurer Spur!
Und dann – ersteht! heraus aus euren Grüften
Olympier, mit siegender Gewalt,
Italia’s die blühende Gestalt;
Mit heit’rer Stirn und unverhüllter Lende,
So keusch und frei wie jene, die euch schuf:
Natur, der ich auch dich jetzt wiedersende,
Dann wird man prächt’ge Tempel euch erbauen
Und zu euch wallen wie in alter Zeit;
Und ihr – ihr werdet lächelnd niederschauen
Wie einst! Aufblüht dann wieder wahnbefreit
Und wenn auch nicht im Gotteshaus – im Reich
Des Schönen wird das alte Hellas walten,
Und bilden wird der Mensch nur, was euch gleich –
[62] Dein Lächeln, Göttin, nehm’ ich d’rauf zum Pfande!
Verzeih’ o herrlich Weib,
Daß meine flieh’nde Kraft dich nun in Bande
Gelegt, um unversehrt den heil’gen Leib
In dieses Grabes Tiefe zu versenken....
Schon muß der Feind hieher die Schritte lenken!
Darum – vergieb es! füg’ ich Stein an Stein
Und Platt’ an Platte jetzt, wie sie gelegen,
Und wölbe dir die Gruft zur Nische ein –
Ins dunkle Grab: er hat Rom’s Sonnenschein
Und meinen Thränenthau in sich getrunken!
Und nun die letzte Platte zu! Verwischt
Die letzte Spur – – – ha, seh’ ich Rosen? Funken?
Sein Aug’ erlischt....
Es lacht ihr Bild mit heit’ren Grübchenwangen
In Rom noch heut’ dir seinen Zaubergruß,
Darunter kündet gold’ner Lettern Prangen: