Abendsonnenschein
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Abendsonnenschein.
Abendsonnenschein! Er fluthet
Durch ein marmorn Prunkgemach,
Wo er hinirrt, flammt und gluthet
Seide, Gold und Purpur nach.
Aus den Wänden stolz hervor,
Reizvoll prangt in den Lünetten
Pinturicchio’s Farbenflor:
Cherubhäupter lauschen nieder,
Heil’ge Unschuld, vom Gefieder
Überird’scher Macht umweht!
Märtyrer in Todesqualen,
Fromme Klausner, weltentrückt,
Triumphirend und verzückt –
Niederrauscht ein ganzer Himmel
Flammend hier und golddurchwebt,
Eine Glorie, ein Gewimmel,
Hörst du nicht die Engel flüstern?
Tritt ein Cherub dort herfür?
Da – ein leiser Ruf – ein Knistern –
Weitauf springt die gold’ne Thür
Steht ein jugend-schönes Weib,
Von des abends Purpurhelle
Übergossen Haupt und Leib.
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Rosig schimmern ihre Wangen,
Höll’ und Himmel siehst du prangen
In des Auges sammt’ner Nacht.
Kosig unter leichter Hülle
Wogt und ebbt des Busens Schnee
Küßt die prächtige Kamee,
Die auf ihrer Schulter flimmert –
Spähend huscht sie nun herein,
Lauscht und winkt – ihr Auge schimmert
Komm, hier wird uns Niemand stören,
Hier berathen wir’s in Ruh –
Nur die lieben Heil’gen hören
Mit erstaunte Augen zu -
Und silberhelle
Tanzt ihr Kichern durch’s Gemach –
Lautlos, mit des Panthers Schnelle
Gleitet ihr ein Ritter nach.
Weist sein Antlitz streng und treu –
Gleichen Adels stolze Lüge,
Gleicher Schönheit Heuchelei ....
„Cesare –“ und zum Geflüster
Ihre Marmorstirn wird düster
Und ihr Lächeln fürchterlich –
„Nicht die schlimmste deiner Thaten
Wird es sein, wenn meine Qual
[65] „Ich kann’s errathen,“
Grinst der Bruder – „dein Gemahl!
Uns zu Trotz kehrt er auf’s Neue
Jetzt nach Rom – gewagter Spott!
Oder - uns’res Vaters Gott?“
„Einerlei, du mußt ihn fassen,
Denn er ist uns feind!“
„Gewiß!
Borgia’s Wappenspruch sei dies!
Schielst wohl nach dem reichen Este,
Schwesterchen? Ein schmucker Herr!
Neulich merkt’ ich’s schon, beim Feste –
Und du blühst noch wie die Rose,
Üppig, hold, ein wonnig Weib –
Laß dich küssen, Schöne, Lose –
O – wie schmiegsam dieser Leib!
So wie einst, wie damals .... ha,
Denkst auch du noch jener Stunde,
Jener Nacht, Lucrezia?“
„Schweig', du fehltest an dem Kinde,
„Pah – was frag’ ich nach der Sünde?
War es süß, so war’s auch gut!
Nur wer solcher Lust genossen,
Führt gleich reu’los Dolch und Schwert –
Erst der Frevel macht sie werth!“
[66] „Aber wie wirst du’s vollbringen?“
Flüstert sie;
„Pah – wie sich’s trifft!
Unfehlbar wirkt Borgia’s Gift!
Ich credenze es dem Zecher
Schmunzelnd im Falerner-Wein,
Schütt’ es in die Taumelbecher
Laß es mit dem Weihrauch steigen,
Träufle es in’s Andachtsbuch
Meiner Feinde – und sie schweigen
Fromm dann unter’m Leichentuch!
Zaub’rin – doch was ist der Preis?
Wie – du sinnst noch? sei mir gnädig!“
Raunt der Elende und heiß
Strömt, von sünd’ger Lust entglommen
Da – ein Schrei –
„Hinweg! Sie kommen!“
Und fort stürzt die Lasterbrut ....
Fromme Litaneien schallen
Duft’ge Weihrauchwolken wallen
Hinter ihnen durch’s Gemach;
Und wie auf den Fluthen gaukelnd
Sich die Gondel hebt und wiegt,
Sich an Priesterschultern schmiegt;
[67] Sieh’ – ihn selbst bringt man getragen,
Ihn, den Herrn an Gottes Statt —
Seines Kleides Falten schlagen
Aus der funkelnden Tiare
Bricht es wie ein Feuerschein,
Lockig fallen ihm die Haare
In die mächt’ge Stirn hinein;
Kühlung ihm und Weihrauch zu,
Und ein sattes Götterlächeln
Kräuselt seiner Züge Ruh’.
Pinturicchio’s Heil’ge stieren
Und die Sonnenstäubchen schwirren
Hinter ihm aus dem Gemach. –
Stille wird es rings .... schon dunkelt’s,
Fern’ verhallt der letzte Tritt,
Blutig: „Borgia – fundavit“ ....