Im Kreislauf des Jahres (1903)

Textdaten
Autor: Rudolf Lavant
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Titel: Im Kreislauf des Jahres.
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Herausgeber: Illustrierter Neue Welt-Kalender
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Erscheinungsdatum: 1903
Verlag: Auer/Hamburg und J.H.W. Dietz/Stuttgart (in Kommission)
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Erscheinungsort: Leipzig
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Im Kreislauf des Jahres.

Du hörst im Tann die wilde Taube girren,
Ein gelber Falter schwimmt im lauen West,
Und heimathfrohe flinke Schwalben schwirren
Und bessern zwitschernd aus ihr altes Nest.

5
Es lacht der Blüthenschnee auf allen Hecken

Des letzten Winterschnees in schatt’ger Kluft
Und wie sich scheu die Veilchen auch verstecken,
Verräth sie doch ihr feiner, süßer Duft.
Die blaue Luft ist voller Lerchenlieder;

10
In jedem Auge liegt ein warmes Licht,

Und wie zum Kuß beugst Du Dich freundlich nieder
Zu eines Kindes sonnigem Gesicht.

Des Kukuks Ruf, des Pirols Pfiff verstummen,
Wenn’s mit den Tagen wieder abwärts geht,

15
Doch unverdross’ne fleiß‘ge Bienen summen

Um jede Linde, die in Blüthe steht.
Der Himmel wird von ferner Blitze Sprühen
In Blut getaucht in wetterschwüler Nacht;
Auch in dem kleinsten Häuslergärtchen blühen

20
Die Rosen all‘ in Schnee-und Purpurpracht.

Das reife Korn sinkt zu der Mäher Füßen
Vom Morgengrauen bis zum Abendschein ―
Den braunen Schnittern schickst ein frohes Grüßen
Du wandernd zu von grünem Feldesrain.

25
Der Wald ist bunt; die Wandervögel flüchten,

Durch Kraut und Stoppel streift des Jägers Hund;
Du füllst den Korb mit rothgewangten Früchten
Und Herbstzeitlose steh‘n im Wiesengrund.
Die letzten Astern will der Herbst Dir schenken

30
Für all‘ die Blumen, die er Dir geraubt,

Und die gebräunten Sommerrosen senken
Von hohem Schafte müd und schwer das Haupt.
Und hat von seiner letzten Trauben Schneiden
Der Winzer ernst zu Dir emporgeblickt,

35
So hast Du ihm, bewegt von all dem Scheiden,

In stummer Wehmuth leise zugenickt.

In dichten Flocken schneit’s. Die Winde heulen,
In Schnee vergraben liegen Busch und Strauch,
Und aus den Hütten steigt in grauen Säulen

40
Zum fahlen Himmel Tag und Nacht der Rauch.

Kein Laut umher, als das Gezirp der Meisen
Und eines Raben Krächzen im Geheg;
Nur windverwehte, schwere Stapfen zeigen
Zum nächsten Dorfe hülfreich Dir den Weg.

45
Und einen Greis siehst Du nach Hause wanken

Mit dürrem Holz, das er im Walde brach.
Wie matt sein Schritt! In schmerzlichen Gedanken
Siehst Du ihm lange feuchten Auges nach.
                                                       R.L.