Im Kreislauf des Jahres (1902)
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Im Kreislauf des Jahres.
Blüthenschnee auf allen Zweigen,
Um die Hecken Veilchenduft,
Und die lieben Lerchen steigen
Tirilirend in die Luft.
Zwitschernd um ihr altes Nest,
Und die ersten Falter wiegen
Träumend sich im lauen West.
Ist es nicht, als wolle mahnen
An das sorglos-frohe Ahnen
Deiner ersten Kinderzeit?
Graue Wetterwolken ballen
Sich zusammen dumpf und schwer,
Wie ein silbergraues Meer.
Vor der Sense sinkt der feuchten
Wiesen bunte Blumenpracht,
Und ein hastig Wetterleuchten
Ist es nicht, als mahne leise
Dich des Sommers Gluth und Kraft
An der Jugend rasche Weise,
An die kecke Leidenschaft?
Bei der Wandervögel Flucht,
Und es röthen sich die Wangen
Mancher ausgereiften Frucht.
Matter werden alle Stimmen,
Ueber Stoppelfluren schwimmen
Die Marienfäden schon.
Ist Dir nicht des Herbstes Kühle
Eine Mahnung an die Zeit
Wachsender Besonnenheit?
Berg und Thal und Wald und Hecke,
Die kein Leben mehr erfüllt,
Hat in weiße, weiche Decke
Alles, Alles ist begraben,
Was so warm gegrüßt und traut,
Und der Hungerschrei des Raben
Ist der Landschaft letzter Laut.
Bunten, aber kalten Lichts,
Mahnen sie Dich an’s Versinken
In das große, stille Nichts?
R.L.