Im Kreislauf des Jahres (1901)
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Im Kreislauf des Jahres.
Wenn junges Grün aus allen Zweigen
Nach warmem Frühlingsregen bringt,
Wenn sich nach winterlichem Schweigen
Die Lerche jubelnd aufwärts schwingt,
Der Falter wiegt am blauen See,
Wenn in den Thälern, auf den Hügeln
Du träumend ziehst durch Blüthenschnee,
Dann wird die Brust auf’s Neue offen
Und was auch an Dir zerrt und reißt,
Sei guten Muth’s und ― lerne hoffen!
Wenn aller Blüthenreiz verflogen
Und stumm die Liebessänger sind,
Bei Blitzgezuck im Erntewind,
Wenn Alles kocht und reift im Stillen
Und wenn erfüllt der lange Tag
Vom Duft des Heus, Gezirp der Grillen
Und sollst Du Dich zusammenraffen,
Dann spute Dich, so lang‘ es licht,
Und thue ehrlich Deine Pflicht;
Dann sei ein Mann und ― lerne schaffen!
Wenn Alles stille wird und bang,
Und sich in Gold und Purpur kleiden
Die Wälder, die ihr Lied durchklang,
Wenn Dich die reifen Früchte mahnen,
Und überall ein schmerzlich Ahnen
Des Endes Dir entgegen weht,
Dann sollst Du nicht entmuthigt klagen,
Dann sei des Herbstes letzter Kuß
Dann füge Dich und ― lern‘ entsagen!
Wenn frosterstarrt und schneevergraben
Die kahle Flur, der stille Forst,
Wenn hungernd sich das Volk der Raben
Wenn roth und groß der Mond am Himmel
In bitterkalten Nächten steht,
Und durch der Flocken grau Gewimmel
Der Füchse heis’res Bellen geht,
Dann füge schweigend, still und groß
Dich in das allgemeine Loos,
Dann sei gefaßt und ― lerne sterben!
R.L.