Im Kaffeehause nach der Redeschlacht
[215] Im Kaffeehause nach der Redeschlacht. (Mit Illustration S. 201.) Es giebt kaum eine andächtigere Gemeinde, als die der Zeitungsleser nach großen Tagesereignissen, wozu ja auch die parlamentarischen Redeschlachten gehören. Unser Bild zeigt uns ein solches, in die Lektüre der Zeitungen vertieftes Kaffeehauspublikum, auf welches der Lichtwer’sche Vers zu passen scheint:
„Wenn sie nicht reden, hören, fühlen
Noch sehn: was thun sie denn?“
Sie „spielen“ nicht wie die Helden der Lichtwer’schen Fabel; aber sie lesen Zeitungen. Soeben sind die Septennatsreden Bismarck’s und Moltke’s in den Blättern erschienen – kein Wunder, daß alle Gäste in die Lektüre vergraben sind, selbst der Droschkenkutscher draußen auf seinem Bock. Es ist offenbar das Café Schiller, welches die Zeichnung uns vorführt: das Interieur ist ein kleiner Theil des im reichen Zopfstil gehaltenen Cafés, und draußen auf dem Gendarmenmarkt sehen wir ja das Schauspielhaus. Die Gesichter der Leser, die man sieht, lassen den Gesichtsausdruck der anderen errathen, die hinter den Blättern verschwinden – es herrscht eine krampfhafte Spannung. An solchem Tage spielen nur die politischen Zeitungen eine Rolle. Die illustrirten Wochenblätter bleiben unberührt auf den Tischen liegen. †