Textdaten
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Autor: Friedrich Hölderlin
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Titel: Hyperion – Hyperion an Diotima IL
Untertitel: oder der Eremit in Griechenland – Zweiter Band
aus: Hyperion oder der Eremit in Griechenland von Friedrich Hölderlin. Erster Band. Tübingen 1799; S. 45–47
Herausgeber:
Auflage: 1
Entstehungsdatum: o. A.
Erscheinungsdatum: 1799
Verlag: J. G. Cotta'sche Buchhandlung
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Erscheinungsort: Tübingen
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Quelle: www.hoelderlin.de
Kurzbeschreibung:
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HYPERION AN DIOTIMA.


     Es ist aus, Diotima! unsre Leute haben geplündert, gemordet, ohne Unterschied, auch unsre Brüder sind erschlagen, die Griechen in Misistra, die Unschuldigen, oder irren sie hülflos herum und ihre todte Jammermiene ruft Himmel und Erde zur Rache gegen die Barbaren, an deren Spize ich war.

     Nun kann ich hingehn und von meiner guten Sache predigen. O nun fliegen alle Herzen mir zu!

     Aber ich habs auch klug gemacht. Ich habe meine Leute gekannt. In der That! es war ein außerordentlich Project, durch eine Räuberbande mein Elysium zu pflanzen.

     Nein! bei der heiligen Nemesis! mir ist recht geschehn und ich wills auch dulden, dulden will ich, bis der Schmerz mein lezt Bewußtseyn mir zerreisst.

     [46-47] Denkst du, ich tobe? Ich habe eine ehrsame Wunde, die einer meiner Getreuen mir schlug, indem ich den Greuel abwehrte. Wenn ich tobte, so riss’ ich die Binde von ihr, und so ränne mein Blut, wohin es gehört, in diese trauernde Erde.

     Diese trauernde Erde! die nakte! so ich kleiden wollte mit heiligen Hainen, so ich schmüken wollte mit allen Blumen des griechischen Lebens!

     O es wäre schön gewesen, meine Diotima.

     Nennst du mich muthlos? Liebes Mädchen! es ist des Unheils zu viel. An allen Enden brechen wütende Hauffen herein; wie eine Seuche, tobt die Raubgier in Morea und wer nicht auch das Schwert ergreift, wird verjagt, geschlachtet und dabei sagen die Rasenden, sie fechten für unsre Freiheit. Andre des rohen Volks sind von dem Sultan bestellt und treibens, wie jene.

     Eben hör’ ich, unser ehrlos Heer sei nun zerstreut. Die Feigen begegneten bei Tripolissa einem Albanischen Hauffen, der um die Hälfte geringer an Zahl war. Weils aber nichts zu plündern gab, so liefen die Elenden alle davon. Die Russen, die mit uns den Feldzug wagten, vierzig brave Männer, hielten allein aus, fanden auch alle den Tod.

     Und so bin ich nun mit meinem Alabanda wieder einsam, wie zuvor. Seitdem der Treue mich fallen und bluten sah in Misistra, hat er alles andre vergessen, seine Hoffnungen, seine Siegslust, seine Verzweiflung. Der Ergrimmte, der unter die Plünderer stürzte, wie ein strafender Gott, der führte nun so sanft mich aus dem Getümmel, und seine Thränen nezten mein Kleid. Er blieb auch bei mir in der Hütte, wo ich seitdem lag und ich freue mich nun erst recht darüber. Denn wär’ er mitfortgezogen, so läg’ er jezt bei Tripolissa im Staub.

     Wie es weiter werden soll, das weiss ich nicht. Das Schiksal stösst mich ins Ungewisse hinaus und ich hab’ es verdient; von dir verbannt mich meine eigene Schaam und wer weiss, wie lange?

     Ach! ich habe dir ein Griechenland versprochen und du bekommst ein Klaglied nun dafür. Sei selbst dein Trost!