Hopfenmarkt zu Nürnberg
Hopfenmarkt zu Nürnberg. (Mit Abbildung.) Zu den Hauptsehenswürdigkeiten der Reichsstadt Nürnberg gehörte einst sein Zeughaus. Aus dem ehemaligen Zwinger der vorletzten Ummauerung der Stadt, ragen dessen langgestreckte mächtige Gebäude, von deren grauem Mauerwerk sich die hohen Dächer mit ihren leuchtend roten Ziegeln gar freundlich abheben. Das Zeughaus, im Beginn des 16. Jahrhunderts erbaut, barg außerordentlich reiche Schätze an Waffen. Sie waren der Stolz der Stadt, deren Macht und Unabhängigkeit nicht zu geringem Teile auf ihrer Kriegstüchtigkeit begründet waren. Mit Genugthuung wurde Kaisern und Königen und anderen hohen Herren der großartige Reichtum an Waffen, darunter manche durch hohes Alter wie durch kostbare Arbeit sich auszeichnende Stücke, gezeigt. Als es aber mit dem Reichtum und der Macht der Stadt abwärts ging, glaubten die kunstreichen Rotgießer ein Recht zu haben, alte Geschütze aus dem Zeughause zum Einschmelzen zu beziehen. Hinter ihnen blieben natürlich die Ersten verarbeitenden Handwerker mit ihren Ansprüchen nicht zurück. Aber noch außerordentlicher waren die Vorräte, als zu Ende des 18. Jahrhunderts ein österreichischer Offizier das Zeughaus in höchst gründlicher Weise leerte, um die Waffen vor den Franzosen zu retten, belud er mit ihnen Tausende von Wagen, welche sie nach Oesterreich verbrachten. Für die Stadt waren sie durch diese „Rettung“ verloren, trotz aller Reklamationen hat Nürnberg niemals wieder etwas davon zurückerhalten. Und in diesen altehrwürdigen Räumen, in welchen einst die Waffen klirrten hat nun ein nicht unbeträchtlicher Teil des Hopfenhandels Nürnbergs, vor allem derjenige, der äußerlich sichtbar ist, Platz gefunden. Das Gebäude ist an Kommissionäre vermietet, deren Nürnberg 40 zählt. Dieselben vermitteln den Verkauf der würzigen Dolden von den Hopfenproduzenten an die Kundschaftshändler, welche die Bierbrauer mit Hopfen versorgen und die Exporteure, die nach dem Ausland damit handeln. Nur eine Anzahl dieser Kommissionäre hat in den Gebäuden Platz gefunden, die zu klein sind, um alle die Vorräte aufzunehmen. Ein großer Teil der Waren lagert draußen vor dem Hause auf dem Platze, den zu Beginn des Jahrhunderts noch der offene Stadtgraben einnahm. Die übrigen Kommissionäre haben ihre Lager in dem anstoßenden Frauengäßchen, der Breite-und Brunnengasse, der Karolinenstraße usw. Zur Zeit der Saison, die mit dem 1. September beginnt, entwickelt sich hier, ungefähr bis gegen Weihnachten ein gar gewaltiges Leben und Treiben; aus allen Produktionsländern Deutschlands treffen die Erträgnisse der Ernte ein, denn Nürnberg ist nicht nur die erste Hopfenhandelsstadt Deutschlands, sondern des Kontinentes. Nicht weniger als 336 Hopfenhändler zählt das Adreßbuch Nürnbergs auf! In der Saison 1896/1897 verkauften die 40 Nürnberger Kommissionäre 75 000 Ballen Hopfen. Mit der Eisenbahn kamen in dieser Zeit an 200 885 Centner Hopfen, abgegangen sind 196 700 Centner. Die Landzufuhren aus der näheren Umgebung Nürnbergs, aus Hersbruck, aus dem Aischgrund usw., sind hierin nicht inbegriffen. Sie beziffern sich ebenfalls auf Tausende von Säcken, lassen sich aber nur schwer genau feststellen. Hochbeladene Wagen, die neue Zufuhren bringen oder die verkaufte Ware abfahren, bahnen sich mühevoll einen Weg durch die Straßen, welche die hier aufgestapelten Säcke bilden und die von einer eifrig prüfenden und feilschenden Menge belebt sind. Und von Nürnberg aus wird dann das würzige Kraut in alle Welt versendet, um zur Verbereitung zu dienen und Tausenden und Millionen Erquickung und Genuß zu bringen. H. B.