Heinrich Hermanns an einen Notar

Textdaten
Autor: Heinrich Hermanns
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Heinrich Hermanns an einen Notar
Untertitel: Brief des deutschen Malers Heinrich Hermanns an einen Notar
aus: Vorlage:none
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum: 1892
Erscheinungsdatum: Vorlage:none
Verlag: Vorlage:none
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Groß-Hesepe
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: pdf auf Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite


[1]
Gross-Hesepe bei Meppen (Hannover)
den 19.Sept 92.en (Hannover)

Sehr geehrter Herr Notar!

Durch eine mir heute zugegangene Ermahnung von Seiten meines Clubmitgliedes Gerhard Janssen, aufgerappelt, muss ich mich endlich dazu verstehen, Ihnen einige unwiderlegbare Mitteilungen über mein Erdenwallen zugehen zu lassen.

Vorab die Versicherung, daß sich in meinem Leben überhaupt nichts ereignet hat, was würdig wäre, aufgezeichnet zu werden. Aber wenn die Zeit, wo dieses notwendig wäre, vielleicht noch herauf dämmern sollte, so will ich wenigstens das Geburtsdatum (den 19. Mai 62) festlegen, damit falls sich meine geringe künstlerische Begabung zum Genie durchvitriolen sollte, das Datum bekannt ist & späteren Geschlechtern die darüber entstehenden Kämpfe [2] erspart blieben.

Ebenso wie ein Haken sich krümmt wenn er getreten, so erging es auch mit mir und je mehr man mir in meiner Jugend den süssen Geschmack, den ich bei dem Pinsellecken empfand, zu vergällen suchte, desto mehr Sehnsucht empfand ich eine brodlose Zukunft zur Gegenwart zu machen. Jedoch gelang es mir erst nach Neherung verschiedener Hindernisse (nach vorheriger Ablegung eines Zeugnisses geistiger, d.h. gymnasial-realer Reife, daß ich auch des schweren Schrittes bewusst sei) die 1. Stufe (Eintritt in die Academie 1883) zu erklimmen.

Nachdem ich mich nun mit akadem. Gewissenhaftigkeit (persönliche subjective Anschauung!) mehrere Jahre meinen ästhetischen Sinn veredelt + verantikifrisirt hatte, befand ich mich plötzlich in der Malklasse des Herrn Prof. Dücker[WS 1] (1886), worauf ich dann in folge meines tapferen Aushaltens im Jahre 1889 die Belobigung „Meisterschüler“ erhielt. [Zusatz:] Durch diese empfehlenswerte Ausdauer droht mir nun die Gefahr dort gänzlich inventarisirt zu werden, weßhalb ich nächstens den Entschluss fassen werde, dieser Incrustirung durch ein entschiedenes [3] Veto Einhalt zu thun.

Die Zwischenzeit, die zwischen obigen Zeilen liegt, verbrachte ich studirend zum Teil in Norddeutschland, am Niederrhein, in Oberitalien & hauptsächlich in Holland.

Sie werden sich vielleicht verschiedener holländ „Stadtgezichte“[WS 2] erinnern die meistens Dordrecht + Amsterdam entnommen waren. Eine Angabe von glücklichen Besitzern meiner Werke kann ich nicht machen, da es auf Eigenlob zu sehr hinausliefe, weil ich mich selbst meistens als Besitzer glücklich preisen müsste. Nichts desto weniger befinden sich Bilder in aller Herren Länder; z. B. „Dordrecht“ (auf der vorig jähr. Internationalen in München verkauft) in San Francisco – America; „Abend in Amsterdam“ in Amsterdam etc.. Ausser zwei Papiermedaillen, d. h. Ehrenvollen Ermahnungen wurde mir keine Verkenng[?] meines Talentes zu teil.

Die für die betreff. Mappe bestimmte Radirung stellt die Prinzengracht in Amsterdam dar. Bei dem Betrachten [4] dieser Radierung entsteigen herrliche Gedanken über die Schönheit, Orginalität, Renaissance, Niederdeutsches Wesen, Wenigbesuchtsein + geringe Kenntniss des Landes von deutscher Seite etc in gebundener + ungebundener Rede vor die Seele; und je schöner solche Gedanken in lesbare Worte umgesetzt werden, desto schöner wird das Bild in den Augen des Beschauers! D. h. auf deutsch: Schöner Titel macht Effect! – Das ist Ihre Sache!

Hiermit schliesse ich mein mangelhaftes Leben + hoffe, dass Sie aus diesem Surogat die wahren Perlen herausdestilliren können. In der Hoffnung Sie gegen Ende October bei meiner Herüberkunft nach Düsseldorf; vor meiner Abreise nach Italien begrüssen zu können, verbleibe ich mit

freundl. Gruss
Ihr ergebenster
H Hermanns.0


Anmerkungen (Wikisource)

  1. w:Eugen Dücker
  2. Vgl. niederländisch „stadsgezichten“ (Stadtansichten)