Heilige Nacht
Heilige Nacht.
Von
Otto Sievers.
Ahnungsfrohe Stille waltet,
Und herauf in hehrer Schöne
Zieht die Nacht: andächtig grüßen
Sie vom Thurm der Glocken Töne,
Fegte schneebehang’ne Hügel –
Solche Klänge sanft zu tragen,
Senkt sie friedlich ihre Flügel.
Sieh’, der Himmel ließ erschimmern
Und in Hütten und Palästen
Lichter ohne Zahl entbrannten,
Und die Nacht, sie ward zum Tage:
Heller noch als tausend Kerzen,
Kinderaugen, Kinderherzen.
Denn in dieser Nacht alljährlich
Wird die Kindheit neu geboren.
Wenn ihr nicht zu Kindern werdet,
Drum, was alt und kalt, laßt draußen,
Frost beim Frost im Winterschein:
Heute sollen jung die Greise,
Alle sollen Kinder sein.
Wird die Liebe neu geboren,
Und enterbter Brüder denket,
Wen das Glück zum Sohn erkoren,
Und was abgedarbt der Arme
Wandelt er in kleine Gabe,
Bringt’s zum Opfer seiner Liebe.
Ja, in dieser Nacht alljährlich
Wird die Liebe neu geboren,
Frohe Botschaft, unverloren!
Leuchtet heller auf, ihr Kerzen,
Heller flamme, Sternenpracht,
Voller tönet, Glockenklänge: