Hans Jagenteufel, der wilde Jäger bei Dresden

Textdaten
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Autor: Johann Georg Theodor Grässe
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Titel: Hans Jagenteufel, der wilde Jäger bei Dresden
Untertitel:
aus: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen, Band 1. S. 137-140
Herausgeber:
Auflage: Zweite verbesserte und vermehrte Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1874
Verlag: Schönfeld
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Quelle: Google-USA* und Commons
Kurzbeschreibung:
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155) Hans Jagenteufel, der wilde Jäger bei Dresden.

Gewisse Relation von einem Weibe, das bey Dreßden Eicheln gelesen, und daselbst ihr ein schon vor hundert und ein und dreissig Jahren verstorbener Förster ohne Kopff erschienen und künfftigen Welt- und Kriegslauf angezeiget. Gedr. im 1644. Jahr. o. O. 4. S. a. Daumer, Geheimnisse des Christenthums. Bd. II. S. 218. sq. Dresd. Anzeiger 1870. Nr. 104 u. 105 (nach den Rathsprotocollen.)

Am 13. October des Jahres 1644 ist eine gewisse [138] Katharine Ullmannin Sonntags früh mit ihrer Tochter beim Thoröffnen in die Haide gegangen, sie hatten anfangs Holz gesucht, dann aber Eicheln auflesen wollen, bis es um 11 Mittags geworden. Als sie nun zur Predigt läuten hören, ist die Tochter Margarethe, des Postboten Nic. Heydenreichs Eheweib, weil es sehr geregnet, fortgegangen, und die Mutter, welche linker Hand an der Radebergischen Straße an einem Grunde bei dem Fischhause nicht weit von dem Orte, der das verlorene Wasser heißt, stand, hat eine Viertelstunde nachher ein Jägerhorn stark blasen hören, dann ist etwas stark gefallen, als wenn ein starker Baum umstürze, und sie erschrocken und in der Meinung, daß es Förster wären, hat ihr Säckchen mit Eicheln ins Gestrüppe getragen, da hat sie wiederum blasen hören, und als sie sich umgesehen, da ist ein Gespenst zwei Schritte von ihr vorüber geritten, das folgendermaßen ausgesehen. Ein Grauschimmel mit Sattel und Zeug trug einen Reiter ohne Kopf, der hatte einen grautuchenen Rock an, einen Hirschfänger an der Seite, ein Jägerhorn auf dem Rücken, und trug schwarze Stiefeln mit Spornen. Der ist anfangs schnell, dann langsam vorübergeritten, so daß sie ihm ziemlich weit am Hange reitend hat nachsehen können, und ist sie bis halb 3 Uhr dort allein geblieben und hat sich mit Eichelsuchen beschäftigt. Den neunten Tag hernach, als am 22sten October, eines Montags früh ist dieselbe Frau früh abermals in die Haide gegangen und hat da bis Mittags nach 11 Uhr Eicheln gesammelt, und als sie sich rechter Hand an der Radeberger Straße beim Fürstenberge im Gestrüpp neben ihrem Eichelsack niedergesetzt und einen Apfel geschält, hat sie eine Stimme gehört, die folgende Worte gesagt: „Habt Ihr den Sack voll, seid Ihr auch gepfändet worden, so habt Ihr gute Förster?“ Sie antwortete: „Ja die Förster sind fromm, sie haben mir nichts gethan.“ „Ach Gott! sei mir armen Sünder gnädig.“ Als sie auf der Seite aufwärts gesehen, sey ein Mann an ihrer rechten Seite ohne Pferd gestanden, der habe den Kopf mit bräunlichen und krausen Haaren unter dem linken Arme gehabt, daß man das [139] Gesicht nicht sehen können. Auf dem grauen Rocke hatte er ein kleines schmales Ueberschlägelein, unter dem aufgeschlagenen Rocke ein gelbledernes Wamms mit grünen Schnüren und grünen Aermeln, das Jägerhorn auf dem Rücken, den Hirschfänger auf der Seite, auch Stiefeln mit Spornen angehabt und hierauf weiter gesagt: „Hieran thut Ihr recht und wohl, daß Ihr um Vergebung der Sünden bittet, es hat mir so gut nicht werden können, sie sollen die Leute die Eicheln auflesen lassen, es sind viele arme und vertriebene Leute, die es benöthigt sind, sie sollen gelinde und nicht scharf sein. Wollte Gott, ich wäre in meines Vaters Fußtapfen getreten, wozu er mich anermahnt gehabt, daß ich den Leuten nicht so scharf sein sollte, so wäre ich nicht vor 131 Jahren durch übriges Saufen und Trunkenheit zu dieser Verdammniß gekommen. Mein Vater hat Hans Jagenteufel geheißen und ich heiße auch Hans Jagenteufel, bin meines Vaters einziger Sohn, und mein Vater sowie auch ich sind Förster hier gewesen. Die Menschen sollen Buße thun und sich bekehren, oder Gott wird eine große Strafe über die Stadt Dresden ergehen lassen, daß zwei neue Armeen ankommen werden, die eine ist schon im Anzuge; wenn sie noch nicht Buße thun werden, wird Gott sie mit einem großen Sterben strafen, daß nicht genug Todtengräber zu erlangen sein werden, die Menschen zu begraben. Ihr Menschen verachtet Gott und sein Wort, Gott wird sich von Euch wenden mit seinem Wort und Sacramenten: wollte Gott, es wäre dazu gekommen, daß ich mich hätte bekehren können, so wäre ich durch’s Saufen und Trinken zu dieser Verdammniß nicht gebracht worden, sage es ihnen, sie sollen herzliche Buße thun, sich zu Gott bekehren, von der großen Hurerei, leichtfertigem Hoffart, Saufen, Völlerei, Spielen, Wuchern, Gotteslästern, Fluchen und Schelten abstehen, denn Gott über Euch sehr erzürnt ist, also daß er auf seinem Stuhle blutige Zähren weinen thut. Werden sie sich bekehren, so wird Gott auf kommendes Jahr an Korn, Wein, Obst und allen Früchten mehr und reichlicher geben, als diese vergangene Jahre. Wollt Ihr es ansagen, [140] so gebt mir die Hand darauf.“ Sie (das Weib) sey aber dermaßen erschrocken und habe nicht gewußt, was sie thun solle, und so habe sie der Mann abermals gefragt: „Wollet Ihr es ansagen?“ Sie habe darauf mit erschrockenem Gemüthe ja gesagt, der Mann ihr die rechte Hand geboten und weiter gesagt: „So gebt mir die Hand darauf“, welches sie in Gottes Namen gethan und gefühlt, daß des Mannes Hand wie Schnee kalt gewesen, daß ihr gegraust und sie gezuckt, darauf der Mann wieder gesagt: „Fürchtet Euch nicht, meine Hand ist Euch kalt anzufühlen, mir aber brennt sie ewiglich und ohne Ende; ich bin nicht gekommen, die Menschen zu quälen, ich bin selbst gequält“, – und ist darauf verschwunden. Diese Katharine Ullmannin ist nach geschehenem Zureden hierbei geblieben und hat sich anerboten, diese ihre Aussage weiter vor geistlicher und weltlicher Obrigkeit zu wiederholen.