Haenel Kostbare Waffen/Tafel 8

Tafel 7 Kostbare Waffen aus der Dresdner Rüstkammer (1923) von Erich Haenel
Tafel 8
Tafel 9
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TAFEL 8
PRUNKHARNISCH
DES HERZOGS JOHANN WILHELM VON WEIMAR
(1530–1573)
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[16] Blank mit vergoldeten Ätzstreifen. – Kragen 4mal geschoben, Brust mit leicht angedeutetem Gansbauch, unter den Armen geschoben, absteckbarer Rüsthaken mit Feder, 2 Bauch-, 1 Gesäßreifen, Rücken gerade. Achseln 6mal geschoben; Vorder- und Hinterflüge, Brechränder, zum Abstecken; ganzes Armzeug, Ellbogenkacheln mit ganzen Mäuseln, Handschuhe mit Stulpen. Beintaschen 4mal, Diechlinge 11mal geschoben; Kniebuckel, Beinröhren, Schuhe aus Panzerzeug mit festen Kappen. – Dazu kleine Roßstirn mit Ohrenschutz und Federhülse. – Die Ätzung zeigt ein rhombisches Bandmuster, abwechselnd vergoldet und auf schwarzem Grund; auf den Flügen und Armkacheln größblättriger Randendekor.

Inventar 1606, S. 173. Ein Blancker, gestreiffter, geezter Küriß mit vorgulten streiffen, Welchen Herzogk Johans Wilhelm zu Sachßen ao. 91 in die Cammer geben, darzu ist rücken und Brust, Kragen, Spangeröl, Armbzeug, Fingerhandschuh, Lange Beindaschen mit Kniebuckeln, Halbe Beinschienen …

Was zuerst den Besitzer und Spender des Harnischs anlangt, so wird hier der Herzog Johann Wilhelm von Weimar, seit 1565 Stammvater der Weimarschen Linie der Wettiner, mit dem Herzog Friedrich Wilhelm von Weimar-Altenburg, der 1591–1601 für den unmündigen Christian II., Administrator von Kursachsen war, verwechselt. Nehmen wir die Jahreszahl als richtig an, so hat der letztere beim Antritt seiner Regentschaft den Harnisch seines Vaters seinem jungen Mündel für die Dresdner Rüstkammer geschenkt. Sie bildet den Teil einer sehr umfangreichen Garnitur, die wohl schon früher, wie die Beschreibung erkennen läßt, in verschiedene Hände geriet. Heute befinden sich: a) 2 ganze Harnische, Sattelbleche, Roßstirnen u. a. im Besitze des früheren Herzogs von Sachsen-Altenburg. b) Ein halber Harnisch, für das Fußturnier, auf der Veste Coburg, dort lange als „Harnisch Herzog Bernhards von Sachsen-Weimar“ bezeichnet. c) Ein ganzer Harnisch auf Schloß Rheinstein. d) Ein Rundschild, eine Sturmhaube und ein Handschuh auf der Wartburg (Diener-Schönberg, D. Waffen d. Wartburg, N. 139). Die unter b) und c) genannten Stücke tragen die Augsburger Beschau. Damit rückt der Harnisch in die Nähe Anton Pfeffenhausers, desjenigen Meisters, von dem Dresden die größte Zahl nachweisbarer Werke, etwa achtzehn, besitzt. Die ungewöhnliche Qualität seiner Technik, die vollendete Eleganz seines Baus, die prachtvolle Tiefe und Schärfe seiner Ätzung, die in der Verteilung von silberblankem Glanz, mattem Gold und ruhigem Schwarz einen höchst gewählten Geschmack und die sicherste Hand des Zeichners verrät, machen den Harnisch eines so vorzüglichen Meisters durchaus würdig. Boeheim (Nürnberger Waffenschmiede a. a. O. S. 32) schreibt ihn, durch Ehrenthals falsche Angaben verleitet, der auf der Wartburg einen „zugehörigen Pferdeharnisch“ mit der Nürnberger Beschau gesehen haben will, wobei ihm Gurlitt (a. a. O. S. 82) wohl in Verkennung des Dekors auf dem bezeichneten Roßharnisch Kunz Lochners, Nr. 64, vorangeht, dem Nürnberger Meister zu (so auch Meister d. Waffenschmiedekunst S. 120). Demgegenüber ist indessen an der Augsburger Herkunft, trotz einer unleugbaren Verwandtschaft der Ätzmotive, auf Grund der deutlichen Beschau in Coburg und Rheinstein festzuhalten. Es sei denn, daß Lochner, wie das Boeheim (Nürnberg. Waffenschmiede S. 26) von Wilhelm von Worms annimmt, auf Grund der Beschau auf dem Wiener Feldharnisch „mit dem Wolkendessin“ (Nr. 298), zeitweise auch in Augsburg ansässig gewesen ist und sich dort der örtlichen Beschau unterworfen hat, wofür freilich die Entstehungszeit des Stückes, die in die Jahre 1560–1570 zu setzen ist, kaum eine Möglichkeit bietet.

Das Museum besitzt von der Garnitur noch ein Kinnreff mit zwei Halsreifen, sowie eine Brechscheibe. Der bei Hettner-Büttner, a. a. O. T. 32, dem Harnisch beigegebene, übrigens auch im Inv. von 1836 (Turniersaal N. 210) erwähnte Schild (jetzt Führer E 158) gehört nicht zu der Garnitur, ebensowenig wie die Schuhe aus glatten Eisen, die später richtig durch die, schon 1689 beschriebenen Panzerschuhe mit Zehenkappen ersetzt worden sind. – (FHM. E 5.)