Haenel Kostbare Waffen/Tafel 45

Tafel 44 Kostbare Waffen aus der Dresdner Rüstkammer (1923) von Erich Haenel
Tafel 45
Tafel 46
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TAFEL 45
RAPIERE UND DOLCHE
MIT GEFÄSSEN IN EISENSCHNITT
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[90] a. und b. Die Dekoration zeigt Weinranken mit Trauben, dazwischen liegende und stehende nackte Figuren: Lucretia mit dem Dolch, Adam, männliche Halbfigur mit einem Kind, das statt der Arme Flügel hat, spielende Putten. Alles sehr derb in der Zeichnung, als scharf abgesetztes Hochrelief auf gerauhtem Grund, in tiefgebläutem Eisen. – Wolfsklinge.

Inventar der Rüstkammer 1567, Fol. 102: Eisenfarbe Rappier. – Ein eisenfarb Rappir mitt einem tolch gürtell und beschlege, eines musters, das Kreuz und Knopff ist ausgehauenn Vonn schonem laubwergk und Weintraubenn. – (FHM. E 78.)

c. and d. An dem ungewöhnlich reich durchgebildetem Knauf das Monogramm (August und Anna), von Putten gehalten, und frei herausgearbeitete Halbfiguren mit dem dänischen Wappen, auf der Rückseite das Opfer Isaaks. Am Griff, in Medaillons, wiederum die drei Löwen des dänischen Wappens, und Jakobs Traum; auf Stangen und Bügel Szenen aus dem Neuen Testament: Jesus am Brunnen, Hochzeit zu Kana, Jesus und Magdalena. Die Platte des Vorderbügels zeigt, durchbrochen, wiederum das kurfürstliche Monogramm, von zwei Löwen gehalten, ebenso die Klingentasche. Auf dem Knauf des Dolches zwischen den Wappen ein blasender Jäger und ein Hirsch, an den Stangenenden die Bildnisse des kurfürstlichen Paares in Medaillons. Hier kehren Wappen und Monogramm sogar, in Gold und Silber tauschiert, auf dem Klingenansatz wieder. Auf dem Mundblech der Dolchscheide die nackte Justitia, auf dem Ortband schlangenumwundene Figuren, von Rollwerkrahmen umschlossen. Die flachen Rückseiten graviert mit Blattwerk im entfernten Aldegreverstil. – Auf der Rapierklinge die Marke AP.

Inventar der Rüstkammer 1567, Fol. 102: Ein ausgehawenn eisenfarb Rappir, tolch unnd gürtell, sambt dem beschlege, eines Musters. Das Kreutz unnd Knopff ist von schoner kunstreicher arbeytt, und altenn Historienn ausgehauen . . . . Ist vonn Meister Thomas dem Schwerdtfeger umb 100 fgl. erkaufft wordenn.
Inventar der Spießpagenkammer 1677, Nr. 165: Ein Rappier und Dolch mit schwarz eisernen außgehauenn Gefäßen und Grieffen worauff allerhand Biblische Historien auch die Churf. nahmen und das Königl. Dännemarckische wapen . . . . welches Churfürst Augusto zu Sachßen dermahleinst von dero Gemahlin zum Neuen Jahr verehret worden.

Da der Zusatz „in Torgaw gekauft“, der sich bei anderen Rapiergarnituren des Inventars von 1567 findet, hier fehlt, so darf angenommen werden, daß dieser Meister Thomas in Dresden ansässig war. Während ihm das Ornamentale gut gelingt, zeigen seine Figuren, bei stark im Raum beengter Komposition, schwerfällige Haltung und unverhältnismaßig große Köpfe. – (FHM. E 680.)

e. und f. Die kegelförmigen, durch einen scharfen Einschnitt geteilten Knäufe, Griff, Stangen und Vorderbügel sind mit Darstellungen aus dem Alten Testament in feinster Durchbildung bedeckt. Man erkennt: die Anbetung des goldenen Kalbes, das Mannalesen, den Durchgang durch das Rote Meer, Moses auf dem Berge Sinai u. a. Auf den schmalen (0,9 mm) Bändern, von denen diese Hochreliefs umzogen werden, die dazugehörigen Bibelstellen in deutscher Sprache, mit Antiqualettern eingraviert. – Auf der Klinge des Rapiers eine genuesische Marke eingeschlagen, sowie die Buchstaben * I H S *.

Inventar der Rüstkammer 1567, Fol. 102: Ein ausgehauenn eisenfarb Rappir tolch gürtell unnd beschlege. das Kreuz ist vonn schöner künstlerischer arbeytt und vonn Historienn aus dem alten Testament darauff gehauen, ist von Meister Franzenn dem Schwerdtfeger umb 100 fgl. zu Torgaw erkaufft.

Da ein einfacher Trabharnisch um 1579 7 Gulden, ein Rennzeug (s. Tafel 9) 70 Gulden kostete, da noch 1590 der Jahresgehalt eines Hofplattners 72 Gulden betrug, muß der Preis von 100 Gulden für eine solche Garnitur ein sehr hoher genannt werden, der die Wertschätzung bekundet, die man einer so mühevollen und sorgfältigen handwerklichen Leistung darbrachte. In der Tat stellen diese Gefäße das technisch Vollendetste dar, was der Eisenschnitt des 16. Jahrhunderts im kleinen hervorgebracht hat. – (FHM. E 684.)