Großes keroplastisches Kabinet (Fliegende Blätter Nr. 37)

Textdaten
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Autor:
Illustrator: Carl Spitzweg
Titel: Großes keroplastisches Kabinet
Untertitel:
aus: Fliegende Blätter, Band 2, Nr. 37, S. 102–103.
Herausgeber: Kaspar Braun, Friedrich Schneider
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1846
Verlag: Braun & Schneider
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Erscheinungsort: München
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Quelle: UB Heidelberg, Commons
Kurzbeschreibung:
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[102]

Großes keroplastisches Kabinet.
(Fortsetzung.)


Schamyl, (Omar Hassan von)

russischer Rebell und Generalissims der verbündeten tscherkessischen und tschetschenzischen Armeen, geboren am 21. Juli 1798 (alten Styls) genannt: Die Gazelle des Kaukasus.

In diesem Bilde sehen wir wieder einen Mann , der es bei seinen ausgezeichneten Kenntnissen und Fähigkeiten, besonders in strategischer Hinsicht, bei einer Fülle von Muth und persönlicher Tapferkeit und sonst untadelhaftem Charakter nur zu sehr bedauern läßt, daß er diese Eigenschaften nicht benützte, sich einen schöneren Nachruhm zu sichern, als den – des Galgens oder Rades, oder dergleichen. Wie würde Schamyl anderseitig groß und glänzend dastehen können – was hätte er wirken und leisten – werden und sein können!

Aus diesem Gesichte (offenbar kaukasische Raçe) leuchtet unfehlbar eine Art von phlegmatischer Gutmüthigkeit, wofür auch die neckische Corpulenz spricht, die er sich durch seine sorgenlose, ruhige, sitzende Lebensart und den häufigen Genuß von Porterbier, das er posttäglich direkt aus England erhält, zugezogen zu haben scheint. Unbezweifelbar ist übrigens die schon gewissermassen jedem Beschauer auffallende treue Aehnlichkeit unserer Portraitfigur hier, da sie genau nach einem Daguerreotype angefertigt wurde, das uns unser Landsmann, der bekannte Herr Maler Münchhäusler, gegenwärtig in Odessa, gütigst zusandte. Ebendemselben verdanken wir auch nebiges Facsimile Schamyls, so wie beifolgende umständliche Erzählung über die endliche Gefangennehmung des Rebellen (aus einem größeren Schreiben, das wir hier im Auszug geben), welcher Bericht uns jedoch, offen gestanden, selber ein wenig übertrieben scheint.

„ ...... Bei dem kleinen Forte Tschirdurta“, so heißt es in diesem Schreiben, „das nur äußerst schwach von russischen Truppen besetzt war, und das Schamyl mit beinahe seiner ganzen Armee seit ein paar Wochen eng eingeschlossen hielt, kam es endlich in den Morgenstunden des 30sten Februar (n. St) bei einem äußerst gewagten, aber glücklich berechneten Ausfalle aus der Feste zu einem entsetzlichen Gemetzel, das erst den andern Tag mit Einbruch der Nacht endete. (?) Die ganze moosige Ebene an dem Kerk hinauf bis gegen Straulwahz, und noch jenseits Tschirdurta bis an den gegen Südwest gelegenen Waldsaum von Ornokl, wenigstens 1½ Stunden Weges, sind mit den Leichen von vielleicht 70, bis 80,000(?) Rebellen, meist Tschetschenzen, Tscherkejer, Sfalataurer und Tscherkessen bedeckt. 43 Kanonen verschiedenen Kalibers (meist englisches Fabrikat), 14 Standarten und das ganze reiche Lager Schamyls sammt seinen beiden Serails, dem Sommer- und Winterserail (!) sein Flaschenkeller und Sonnenschirm, so wie seine ganze Insektensammlung, gegen 2000 Packrosse und Saumthiere und sämmtliche Vorräthe und Munition fielen den Siegern in die Hände.

[103]


(Die Acquisition dieses Facsimiles ist in der vorstehenden Beschreibung angegeben.)

„...... Nach verzweifelter 7 stündiger persönlicher Gegenwehr gelang es endlich, Schamyl bei den zwei Mühlen unterhalb Tschirdurta, wo die Eschen stehen, zu übermannen und er wurde nebst seinen Partheigängern dem berüchtigten Hadschi Mahomar und dem rothhaarigen Schwaïb Mullah noch denselben Tag in geschlossenem Wagen gefangen abgeführt.“





(Handzeichen desselben aus einer Urkunde, die in dem berüchtigten Hause rue St. Victor Nro. 72 in Paris mit den übrigen Papieren verbrannte)


Dagobert, (Pipin)
Sergeantmajor á la suite, geboren in Vincennes am 22. Mai 1779.

Wer kennt nicht auf den ersten Blick in diesem ehrlichen Soldatengesicht den edlen Dagobert, den heldenmüthigen Vater Agricols?

Wahrlich, das ist der Mann, dem der Marschall Simon seine Töchter ruhig anvertrauen konnte! –




manicula Berichtignung und Entschuldigung. manicula

In Nro. 34 dieser Blätter hat sich höchst bedauerlicher Weise ein entsetzlich sinnstörender und widriger Fehler eingeschlichen. Es waren nämlich bei der neulichen Aufstellung unserer schönen Wachsfiguren die Köpfe des Oberon und des Schinderhannes durch einen äußerst unlieben Zufall verwechselt worden, und unser braver Zeichner hat leider ganz sorglos diese beiden Figuren in solchen Zustande getreu wieder bildlich gegeben; das Augenfällige des Irrthums jedoch mag dem geehrten Publikum wohl hinreichend Beweis und Bürge sein, uns von dem Verdachte zu reinigen, als habe dabei irgend eine Mystification in Absicht gelegen, was wir zur Beruhigung übertrieben sorglicher Gemüther oder superfeiner Nasen, die überall auch das Unmöglichste herausfinden wollen, hiemit erklären zu müssen für nöthig glauben, und die Bitte um geneigteste Entschuldigung geziemend beifügen.

Dr. Schweinchen.