Goldsand auf dem Unterberg
Goldsand auf dem Unterberg.
Brixener Volksbuch |
Im Jahr 1753. ging ein ganz mittelloser, beim
Hofwirth zu St. Zeno stehender Dienstknecht, Namens
Paul Mayr, auf den Berg. Als er unweit dem Brunnenthal
fast die halbe Höhe erreicht hatte, kam er zu
einer Steinklippe, worunter ein Häuflein Sand lag.
Weil er schon so manches gehört hatte und nicht zweifelte,
daß es Goldsand wäre, füllte er sich alle Taschen
damit und wollte voll Freude nach Haus gehen;
aber in dem Augenblick stand ein fremder Mann vor
seinem Angesicht und sprach: „was tragst du da?“
Der Knecht wußte vor Schrecken und Furcht nichts zu
antworten, aber der fremde Mann ergriff ihn, leerte
ihm die Taschen aus und sprach: „jetzt gehe nimmer
den alten Weg zurück, sondern einen andern und sofern
du dich hier wieder sehen läßt, wirst du nicht
mehr lebend davon kommen.“ Der gute Knecht ging
[239] heim, aber das Gold reizte ihn also, daß er beschloß,
den Sand noch einmal zu suchen, und einen guten Gesellen
mitnahm. Es war aber alles umsonst und dieser
Ort ließ sich nimmermehr finden.
Ein andermal verspätete sich ein Holzmeister auf dem Berge und mußte in einer Höhle die Nacht zubringen. Anderen Tages kam er zu einer Steinklippe, aus welcher ein glänzend schwerer Goldsand herabrieselte. Weil er aber kein Geschirr bei sich hatte, ging er ein ander Mal hinauf und setzte das Krüglein unter. Und als er mit dem angefüllten Krüglein hinweg ging, sah er unweit dieses Orts eine Thüre sich öffnen, durch die er schaute, und da kam es ihm natürlich vor, als sehe er in den Berg hinein und darin eine besondere Welt mit einem Tageslicht, wie wir es haben. Die Thüre blieb aber kaum eine Minute lang offen; wie sie zuschlug, hallte es in den Berg hinein, wie in ein großes Weinfaß. Dieses Krüglein hat er sich allzeit angefüllt nach Haus tragen können, nach seinem Tode aber ist an dem Gold kein Seegen gewesen. Jene Thüre hat in folgender Zeit niemand wieder gesehen.