Geschichtsauffassung und Geschichtsschreibung/VI. Germania illustrata

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[155]
VI.
Germania illustrata.

„Zwei Dinge“, sagt Karl Hagen einmal[1], „sind es, welche die deutsch historischen Studien der Zeit des Humanismus ins Dasein riefen. Erstens das Bestreben, die Geschichte in bezug zu der Gegenwart, zu der Mitwelt zu setzen, zweitens die Kritik der Quellen.“

Wir sind bei der Verfolgung der kritischen Versuche des Humanismus fast bis an das Ende der von ihm beherrschten Periode gelangt, wir müssen zu den Anfängen des kritischen Humanismus zurückkehren, um das zweite Bestreben seiner Jünger, die Geschichte in bezug zu der Gegenwart zu setzen, zu schildern. Denn das will die Germania illustrata. Es sind nur Gedanken, Versprechungen, Ansätze und ein paar verfehlte Versuche, von denen hier zu reden sein wird, aber sie sind ebenso wertvoll für die Erkenntnis der eigentlichen Tendenzen humanistischer Geschichtschreibung wie die vollendeten Werke.

Wir sahen, daß der Plan zur Germania illustrata von Celtis ausgegangen ist, und wir können auch versuchen zu bestimmen, wann er bei ihm Gestalt gewonnen hat. Es ist die Zeit seines zweiten Nürnberger Aufenthalts, die Jahre 1491–95[2], eine wichtige Zeit für Celtis wie für Nürnberg. Nach langen Wanderjahren scheint für Celtis die Zeit gesammelten Schaffens an einer ruhigen Stätte gekommen, noch ist es unentschieden, ob in Ingolstadt als Dozent an der Universität oder in Nürnberg, vielleicht als Leiter der neuzuerrichtenden Poetenschule[3], jedenfalls im Dienste der Verbreitung humanistischer Bildung im neueren Sinne. Von beiden Seiten kommen ihm Anstöße, das Erwanderte und Erforschte in eine Form zu bringen. Die Ingolstädter Antrittsrede vom 31. August 1492 weist darauf hin, wie schändlich es für die Deutschen sei, den Land- und Sittenschilderungen, die Griechen und Römer von ihnen entworfen haben, nichts aus eigener Kenntnis an die Seite stellen zu können: Niemand beschreibt die Kriege der Deutschen, auch der „Autor der neuen Dekaden“, [156] das ist Sabellicus, nennt uns noch Barbaren. Es ist Zeit, daß, wie das Imperium nach Deutschland gewandert ist, nun auch die Studien hier ihre Heimat finden.

Aber der Boden für solche Ideen war in Ingolstadt noch zu wenig beackert, schon nach einem halben Jahre setzt Celtis seinen Stab weiter, es scheint, als ob Nürnberg seine Heimat werden soll. Hier hat in diesen Jahren der Humanismus in Sebald Schreyer zum erstenmal einen einheimischen Protektor großen Stils erhalten, und Schreyer ist es, der Celtis am 30. November 1493 zur Verbesserung der soeben erschienenen Schedelschen Weltchronik verpflichtet.[4] Die Chronik soll zunächst „in einen anderen form“ gebracht werden. Das bezieht sich sicher auf stilistische Änderungen, der neue Stil, das an italienischen Vorbildern geschulte Latein des Celtis, das Leuten aus der alten Schule, wie dem Stadtschreiber Georg Alt, soviel Kopfzerbrechen machte[5], sollte nun auch in Nürnberg einziehen. Aber der Auftrag geht weiter: Celtis soll auch „eine newe Europa“ machen „und annders darczu gehörig“ – wir dürfen sagen, diese Europa, die an Stelle der des Enea Silvio den Anhang der neuen Weltchronik gebildet hätte, sollte das Gefäß werden, in das Celtis sein neues Deutschland bringen wollte.

Neben diesem Plane steht ein anderes literarisches Unternehmen, der „Archetypus liberalium artium“ Peter Danhausers.[6]. Wieder ist Schreyer der Protektor und finanzielle Garant und Celtis der Berater, vielleicht sogar der Anreger.[7] So weit wir sehen können, sollte das Buch eine illustrierte Chrestomathie aus den Dichtern, Rednern und Geschichtschreibern werden, also eine humanistische Realenzyklopädie, sicher mit propagandistischer Absicht. Sie ist ebenso wenig geschaffen worden, wie die Bearbeitung der Schedelschen Chronik. An diese wird Celtis kaum eine Hand gelegt haben, aber von dem Archetypus hören wir noch einmal im August 1496[8]: da ist der Plan erweitert, statt 9 soll das Buch 20 Abschnitte umfassen, dazu ein Apologeticon poetarum und es heißt jetzt Archetypus triumphantis Romae.

Woher der neue Titel? Wir können an nichts anderes denken, als an die Roma triumphans, mit der der alternde Flavio Biondo sein Lebenswerk krönte. War auch der Inhalt zum Vorbild genommen, so hätte das Buch jetzt auch eine Darstellung der Verfassung des alten Roms bringen müssen, wie sie Biondo mit sicherer Gelehrsamkeit bot. Sie hätte gezeigt, was Biondo zeigen wollte, durch welche Mittel die Römer die Herren des Erdkreises geworden waren, [157] aber sie wäre schwerlich in den Gedanken Biondos ausgelaufen, daß die Majestät des alten Rom in dem päpstlichen Pius’ II. wieder erstanden sei, der Archetypus hätte vielmehr seine Ergänzung gefunden in einer Nachbildung des zweiten großen Werkes des Biondo: der Italia illustrata sollte eine Germania illustrata entsprechen.

Denn nicht lange vor der Zeit, wo der Archetypus seine neue Bezeichnung erhielt, finden wir auch den neuen Ausdruck für die historisch-geographischen Pläne des Celtis zum erstenmal. Er steht in der Widmung, mit der er im Frühjahr 1495 seine Norimberga dem Nürnberger Rat verehrte. Das Büchlein selbst sollte ein „praeludium quoddam Germaniae illustratae, quae in manibus est“ sein, ein größerer Einschub über den hercynischen Wald konnte als Probe der Germania selbst gelten; nach der Schlußbemerkung des Kapitels wäre denn auch der „topographische Teil“ der Germania, der von den Sitzen der deutschen Stämme ausführlicher handeln sollte, damals schon vollendet gewesen.[9]

Suchen wir uns nun aus diesem „Vorspiel“ einen Begriff von dem großen Werke zu machen, das Celtis plante, so dürfen wir die höchsten Erwartungen hegen. Denn die Norimberga ist ein Meisterstück, dem auch die spätere humanistische Produktion in Deutschland nichts an die Seite gesetzt hat. Sie ist ebenso ausgezeichnet durch die Leichtigkeit der Form, wie durch die Vielseitigkeit des Inhalts und Schärfe der Beobachtung. Man hat mit Recht hervorgehoben, daß es Celtis gelungen ist, die ihm wie eine Heimat vertraute Stadt mit den Augen eines Fremden zu sehen, der tausend Dinge bemerkt, die der Einheimische übersieht. Das gilt für Tracht und Gebaren der Bürger, für Stadtanlage und Hausbau ebenso gut, wie für die Bemerkungen über Volkscharakter und Stadtverfassung, und man dürfte nicht anstehen, dies Werkchen als den Gipfel der gesamten humanistischen Geschichtschreibung in Deutschland zu bezeichnen – wenn es ein geschichtliches wäre. Aber gerade das ist die Norimberga viel weniger als andere Erzeugnisse derselben Gattung, viel weniger auch als es Biondos Städtebeschreibungen in der Italia illustrata waren. Man merkt dem Büchlein nicht an, daß eben erst in Nürnberg ein erbitterter Streit über die Gründungsfabel gespielt hatte, es hat nicht die geringste Berührung mit Meisterlins Chronica Neronpergensium, die sieben Jahre vorher vollendet worden war. Wo Celtis historische Bemerkungen macht, beziehen sie sich fast alle auf die im Dämmer liegende Urzeit. Wir sehen, daß er sich die ältesten Bewohner – es sind vor dem Hunneneinfall flüchtende Noriker [158] – als Räuber ohne Führer und Gesetze vorstellt. Deshalb brechen die Kaiser, und zwar die „Konrade und Heinriche“, die Burg und legen in die neuerrichtete eine Kolonie von Veteranen und Ausgedienten, die dann die Ahnherren der städtischen Geschlechter werden. Aus der Beschreibung der silva Hercynia können wir entnehmen, daß er die Christianisierung des Landes in ebenso allgemeiner Vorstellung unter „die Karle, Arnulfe und Ottonen“ setzt[10] – wenn nicht hier eine Stelle über die fossa Carolina stände, die aus Ekkehard sein muß, so würde sich kein Beweis dafür erbringen lassen, daß er auf seinen Fahrten den Handschriften, die ihm von deutschen Kaisern und Königen erzählten, so eifrig nachgegangen ist, wie er bald darauf in der Vorrede zur Roswithaausgabe von sich rühmte.[11]

Dagegen blickt der Tacitus überall durch, auch Pliniuslektüre erkennen wir[12], vielleicht besaß Celtis auch damals schon die kostbare Handschrift des Itinerarium Antonini, die sich jetzt in Paris befindet[13], oder die Straßenkarte, die er Peutinger vermacht hat, Quellen, nach denen er dann 1502 Nürnberg die Augusta praetoria des Reiches nannte.

Eine Germania illustrata, die dieser Norimberga entsprach, hätte also sicherlich, so wie die Italia Biondos, das neue Deutschland im alten gesucht, aber wir sehen nicht, welche Fäden Celtis von diesem zu jenem hinübergesponnen hätte.

Auch die Nürnberger Zeit blieb für Celtis eine Episode und er nahm den Plan der Germania illustrata mit an die Stätte, wo er nun seit 1497 wirklich eine Heimat fand, nach Wien an den Hof Maximilians.

Hier fand er die Freunde und Schüler, die seinen Ideen mitschaffendes Verständnis entgegenbrachten: Cuspinian und Stabius, Vadian und Aventin, und in Maximilian einen ebensolchen Mäzen.

Von allen Humanisten, die Maximilian an seinem Königshofe versammelte, ist ihm keiner wesensverwandter gewesen als der ihm fast gleichaltrige fränkische Bauernsohn. Dieselbe Sprunghaftigkeit im Wesen, dieselbe Empfänglichkeit für die verschiedensten Eindrücke, bei beiden dann auch bei aller Buntheit ihrer Pläne doch ein durchgehendes, mit Zähigkeit festgehaltenes Interesse, es war natürlich, daß dieser König und dieser Dichter sich fanden.

Maximilian war damals schon beschäftigt mit Forschungen und Aufträgen, die sich auf die Geschichte seines Hauses bezogen; wenn Celtis, wie wir sehen werden, in diese eingetreten ist, so war anderseits sein Streben, Maximilian für die Germania illustrata zu gewinnen. [159] Und das muß ihm schnell gelungen sein, denn schon 1501 weiß Heinrich Bebel von Max zu rühmen, daß er unter so viel Sorgen und Geschäften nicht nur täglich etwas Geschichtliches zu hören begehre, sondern auch selbst, wie man sagt, Geschichte schreibe und eine Illustratio Germaniae plane.[14] Damals schon mag er seinen literarischen Vertrauten den Auftrag gegeben haben, bei ihren Forscherfahrten für ihn auch nach alten Urkunden zu spüren, die „vor fünfhundert Jahren geschrieben“ seien, wie das später Rhenanus erzählte. An alten Chroniken hatte er ja immer schon seine Freude gehabt, den Bestrebungen deutsche Geschichtsquellen zu drucken, wie das die Sodalitäten des Celtis planten, muß er bald Teilnahme geschenkt haben.[15]

1502 läßt dann Celtis die 4 Bücher Amores erscheinen, diese merkwürdige Mischung von Geographie und Liebesdichtung, sie sind zugleich gedacht als ein zweites, erweitertes „Vorspiel“ der Germania illustrata, über deren Plan nun ein Vorwort an Maximilian, wiederum aus Nürnberg und diesmal aus seiner Literatenherberge bei Willibald Pirckheimer datiert, nähere Auskunft gibt.[16]

Danach hat der Plan festere Umrisse gewonnen. Wie die Amores vier Bücher nach den vier Geliebten des Celtis, der Hasilina Sarmatica, der Elsula Norica, der Ursula Gallica und der Barbara Codonea zeigen, so soll die Germania vier Bücher enthalten, die Deutschland nach den vier Himmelsrichtungen beschreiben; die Sitten und Bräuche, Sprache und Religion, Gemütsart und Schlag der deutschen Stämme, deren Kenntnis er sich erwandert hat, sollen der Gegenstand des Buches sein. Auch die Kriege des Kaisers und seiner Vorfahren sollen sich, so scheint es, in das geographische Schema fügen; man darf zweifeln, ob er dies so geschickt hätte ordnen können, wie die Zusammenstellung für die jüngste Vergangenheit, wo doch auch schon für den Norden „der Preußen-, Dänen- und Schwedenkrieg“, an dem die kaiserliche Macht ganz unbeteiligt gewesen war, und für den Süden der Feldzug des Tiroler Sigismund gegen die Venetianer von 1487 die leeren Stellen in Maximilians Ruhmeskranze ausfüllen müssen. – Auch ein Städtebuch wird die Germania werden, die sieben Erzbistümer sollen hervortreten – sie hätten, wie es scheint, der Beschreibung einen Rahmen bieten sollen, wie dem Werke des Biondo die Regionen des Augustus – und bei jeder Stadt werden wir von ihren lebenden und toten Berühmtheiten hören, wieder wie bei Biondo.

Auch eine Probe der Ausführung hat Celtis mit den Amores [160] drucken lassen, eine Germania generalis in Versen, die dem Kaiser genügen möge, bis er die ganze Germania illustrata in Händen hält. Sie spricht von der Erschaffung der Welt, von Deutschlands Lage in der Zone, wo Hitze und Kälte wechselt und nur Arbeit dem Boden Früchte entlockt, von dem eingeborenen Volke, dessen Name schon seinen brüderlichen Verein verkündet – es ist kriegerisch, fromm, treu und wahr und gleich geübt in allem ritterlichen Tun und den Beschäftigungen des Ackerbaues, der Kaufmannschaft und der Künste – von den Gestirnen, die über Deutschland aufgehen, von den vier Hauptströmen Germaniens, Weichsel, Elbe, Rhein und Donau, von denen nur die Donau deutsches Land verläßt, von den drei Hauptbergzügen, den Alpen, Karpathen und dem hercynischen Wald, dem wieder eine eigene Beschreibung gewidmet wird, endlich von der Beschaffenheit des Landes, es ist reich an allem, die frühere Unkultur ist geschwunden.

Sagen wir gleich, daß dies poetische Fragment das einzige Stück der Germania illustrata des Celtis geblieben ist. Er hat auf seinem Sterbebilde[17] unter seinen Werken, die ihn umgeben, auch die Quatuor libri Germaniae illustratae verzeichnen lassen; daraus und aus einer unklaren Angabe in der Vita, die die Sodalitas Rhenana der postumen Ausgabe der Oden beifügte[18], mag die Notiz von einem vollendeten Werke, die bei Trithemius und anderen spukt, entstanden sein, aber Vadian, der es wissen mußte, sagt ausdrücklich, daß die Germania nicht über die Anfänge hinausgekommen ist.[19]

Auch was wir sonst von den Arbeiten des Celtis an dem Werke erfahren, bestätigt uns dies. Er bemüht sich um eine Beschreibung des Etschtals und des Nonstals, ebenso um eine Schilderung der Markomannenstadt Olmütz[20] und besucht mit Aventin das ihm vertraute Regensburg, wohl um wieder, wie 1494, wo er die Hrotsuita dort gefunden hatte, nach Altertümern und alten Urkunden zu stöbern[21], aber das alles zeigt nur den Geographen und Altertümler. Noch bleibt, wie bei der Norimberga, die Frage offen, welche Fäden von dem alten Deutschland zum neuen hinüberführen sollten.

Versuchen wir sie wenigstens vermutungsweise zu beantworten. In einer der Elegien des zweiten Buchs der Amores entwirft Celtis ein Bild des goldenen Zeitalters Altgermaniens, wo alles so anders war als jetzt, und da heißt es:[22]

Horrida tunc rarus fuerat per rura sacerdos
Terra peregrinis nec fuit acta deis,
Sed druides castis cecinerunt carmina silvis

[161]

Carmina, Teutonico quae placuere deo.
Nemo Italos novit voluit nec nosse penates,
Qui totiens nostris aera tulere plagis.
Sed deus unus erat, a quo sunt nomina genti,
Hic cultus patria religione fuit.
Hic non poscebat sibi pendere caseum et ovum
Nec butyrum nobis vendidit ille deus.
Hinc Caroli Heinrici, Conradi Ottonaque proles
Ludvici et nomen qui Fridericus habent
Et qui nunc gentis custos et gloria summa est
Maximus Emilius, nomen in astra ferens.

Hier ist ein Faden gezogen, der von Maximilian durch die Reihe der deutschen Kaiser hinaufführt bis in die Urzeit, die deutschen Kaiser sind gedacht als Glieder einer großen Familie und ihr Ahnherr ist der Gott, „von dem das Volk seinen Namen hat“, Tuisco und Mannus mit seinen Söhnen. Wir können zeigen, daß Celtis diesem Gedanken weiter nachgegangen ist, und zwar unter einer doppelten Einwirkung, der des falschen Berosus und der Genealogien, die Maximilian plante.

Seit der gelehrte Dominikaner Annius von Viterbo 1498 seine Berosusfragmente nebst allerlei anderen wunderbaren Quellen, alles durch einen umfänglichen Kommentar erläutert, als Betrogener oder als Betrüger, hatte erscheinen lassen,[23] hatte diese Fälschung weithin gewirkt, aber nirgendwo verhängnisvoller als in Deutschland. Hier bot er, was man im Tacitus sogleich vermißt hatte, einen Völkerstammbaum mit fester Einordnung in den gesamtgeschichtlichen Zusammenhang, ferner die Versicherung eines viel ehrwürdigeren Alters der Nation, als es die Trojaner- und Alexandersagen gaben, und zugleich eine Bestätigung seiner Glaubwürdigkeit durch die Übereinstimmung mit den neuesten Funden, dem Strabo, Dionys von Halikarnaß, Tacitus und Jordanes.

Es gab schon vor der scharfen Kritik, mit der Beatus Rhenanus das Machwerk vernichtete, Leute, die den Betrug durchschauten oder doch zweifelten. In Schriften, die in Deutschland jedem Humanisten bekannt waren, wie in den Enneaden des Sabellicus und in dem Buch des Petrus Crinitus De honesta disciplina war der Berosus alsbald nach seinem Erscheinen verworfen worden. Selbst Bebel war bedenklich,[24] aber was bei Nauklerus die Berufung auf die publici notarii tat, zu denen Berosus gehören wollte, das wirkte bei ihm der patriotische Überschwang. Nicht anders war es bei dem so viel bedächtigeren [162] Peutinger, der wenigstens in den Tischgesprächen Pseudoberosus wie Pseudocato gleich brauchbar gefunden hatte.[25] In der Tat war diese Haltung gerade der deutschen Humanisten einigermaßen begreiflich. Denn wie viele vermochten diese Lügenstammbäume von den Gebilden der Volks- oder Gelehrtensage zu unterscheiden, die ihnen bei Jordanes, Widukind, Gregor von Tours, Paulus Diaconus entgegentraten? Verwarf man den Berosus, so war es fast folgerichtiger, wie der große Zweifler Agrippa von Nettesheim tat, auch diese anderen alle und mit ihnen Tacitus, Orosius usw. als Fälschungen zu erklären.[26] Beatus Rhenanus war denn auch für Gregor von Tours nicht weit davon entfernt.[27]

Für Celtis aber bestanden solche Bedenken nicht, konnten auch kaum bestehen, denn wie wunderbar stimmte die wesentlichste Tendenz der Fälschung zu seinen Anschauungen! Die Absicht vielleicht schon des Fälschers, sicher aber des Kommentators, die Bildung Griechenlands und Asiens von Gallien abzuleiten, konnte niemand willkommener sein als dem Urheber der Druidenfabel. Berosus half ihm also nur Gedanken ausspinnen, die er längst gehegt hatte. Was er davon nicht niederschrieb, das hat er seinen Schülern vorgetragen und sein getreuester Erbe, Aventin, hat uns davon mit der ihm eigenen Lebendigkeit berichtet.[28]

Da hören wir, wie Celtis dem lauschenden Schüler seine „Feld- und Waldreligion“, die er in einer berühmten Ode ergreifend bekannt hat, in historischem Gewande vorträgt. Die alten deutschen Götter brauchten weder Altäre noch Opfer, auch keine Priester, wie die Gegenwart sie kennt, denn all das sind fremde Namen, teils griechischen, teils lateinischen Ursprungs. Die κύρικες oder κήρυκες der Griechen aber, von denen das Wort Kirche kommt, sind die Büttel und Herolde der alten Volksgemeinde gewesen, aber „tapfer, erbar leut“, viel edler als heute. Auch die alten Kultstätten kann man noch erkennen, die des „deutschen Herkules“ im „Herglesholz“ an der Donau nahe bei Regensburg und nicht weit davon die „alten Eichen“, „da unsre vorfordern iren gotsdienst gehalten“. „So si aber christen worden sein, ist der Hergle S. Heimeran und Obern und Nidern Altaich den heiligen S. Georgen und Maurizen geweicht worden und beide den orden S. Benedicti angenomen.“

Man sieht, wie die Druidenfabel sich bei Celtis umgebildet hat und wie er einen Zusammenhang gewinnt, in dem, gerade wie in Huttens Arminius, Wünsche der Gegenwart als Wirklichkeiten grauer Vorzeit erscheinen. [163] Es stimmt zu solchen Anschauungen, wenn Celtis auch den König „Arionistus“ einerseits im Gott Ares und anderseits im „Erchtag“ wiederfindet, schlechter schon, wenn er nun auch seine Schüler, wie er selbst einst getan hatte, griechische Worte zusammensuchen läßt, die deutschen gleichen, er hätte denn zwischen Urverwandtschaft und Lehngut unterscheiden müssen. Aber auch hier bietet ihm Berosus eine genealogische Stütze, und überdies ist er so wenig wie Bebel geneigt, sich durch das „Germani indigenae“ des Tacitus von pangermanischen Völkerverwandtschaftskombinationen abschrecken zu lassen.[29]

So gestaltete sich bei Celtis ein ebenso phantastisches wie großartiges Bild der Anfänge deutscher Geschichte – wir werden es in allen wesentlichen Zügen bei Aventin wiederfinden – und es handelte sich jetzt noch darum, die alten Götter- und Königsgenealogien herabzuführen durch die deutsche Kaiserreihe bis auf Maximilian, und dafür schien sich von andrer Seite her ein Hilfsmittel zu bieten.

In diesen Jahren muß Celtis in die genealogischen Pläne Maximilians hereingezogen worden sein. Die „Böhmenschlacht“ vom 11. September 1504, die in der ganzen Humanistenwelt einen poetischen Wetteifer ohnegleichen entfesselte, wurde auch von Celtis in einer Rhapsodia, d. h. einem allegorischen Schauspiel gefeiert, das 1505 im Druck erschien.[30] Ein angeschlossenes Carmen elegiacum sprach von seinen weiteren Plänen:

Posthac pulchra tuae scribam primordia gentis
Atque atavos, proavos, magnanimumque patrem
Et generis titulos et avitae stemmata terrae:
Quamque vetus tibi sit nobilitatis honos,
Quis puer et primis quo pacto adoleveris annis,
Quid vir vel quidquid gesseris ipse senex.
Tu tantum placidam nobis concede quietem
Atque sodalitium coge coire meum.
Nemo etenim hunc solus poterit complesse laborem,
Ex quo tot sancti commemorantur avi,
Cuinque tibi nullus similis nunc vivit in orbe.
Historiam hanc solus scribere nemo potest.

Nehmen wir noch einen Brief des Celtis von 1504 dazu,[31] aus dem wir von einem Panegyricus in laudem Divorum tutelarium Austriae erfahren, den Celtis verfaßt hatte, so sehen wir ihn an sämtlichen genealogischen Plänen Maximilians beteiligt: die Heiligen des Hauses Österreich, die Stammchronik, dann die Geschichte Friedrichs III. und [164] die autobiographischen Projekte, aus denen Weißkunig und Teuerdank hervorgingen, sind deutlich bezeichnet. Wenn es damals schon einen poetischen Teuerdankentwurf in deutscher Sprache gab, so wird die Vermutung nicht zu kühn sein, daß Celtis hier wie bei der Böhmenschlacht selbst diese Stoffe für solche „arithmarii“ zu hoch fand und der humanistischen Poesie seiner Sodalen vorbehalten wissen wollte. Bei Maximilian haben diese Gedanken noch spät Widerhall gefunden, aber Celtis hat hier so wenig wie anderswo sein Versprechen erfüllen können. Er wäre auch kaum der richtige Mann dazu gewesen, wenn er den ganzen Stoff so zu behandeln gedachte, wie die Heiligen des Hauses Österreich, deren Reihe er mit dem Pfaffen vom Kahlenberg und Neithardt von Reuental verzierte.[32]

Aber vielleicht hat er doch eine wichtige Anregung gegeben. Es gibt einen Stammbaum der deutschen Kaiser, den auf sein Betreiben um diese Zeit der Franziskaner Nikolaus Glaßberger zusammenstellte, und hier scheint sich eine Art Ausführung der Idee einer großen deutschen Kaiserfamilie, vielleicht auch eine direkte Anknüpfung der Habsburger an die Frankenkönige zu finden.[33] Wie das dem phantastischen Geiste Maximilians entgegenkam, wird sich zeigen. Man sieht aber auch wohl, wie nun eine Brücke von diesen genealogischen Hypothesen zur Germania illustrata herüberführte, und Celtis hat, trotz der Trojanerfabeln, nicht gezögert sie zu benutzen.

Der eigentliche Historiograph Maximilians war damals Ladislaus Suntheim, ein Priester aus Ravensburg.[34] Er gehört der älteren Generation an; als Celtis eben geboren war, war er schon Student in Wien und ist unter den Einflüssen der alten Bildung aufgewachsen. Im Kreise der Celtisschule muß er sich wie eine unscheinbare Raupe unter bunten Faltern ausgenommen haben, aber „pfaff Lasla“ galt etwas bei den Poeten, sie wußten, daß er „Historien und neue Dinge“ aufzuspüren verstehe,[35] und im September 1502 finden wir ihn mit Celtis bei Trithemius, sicherlich auch um solch neuer Dinge willen.[36] Damals mag Celtis genauere Kunde von den Sammlungen Suntheims erhalten haben und er fand, daß hier ein Helfer für seine eigenen Pläne sein könne. Doch Suntheim wies ihn ab, „er habe sich nichts verpflicht mit dem Celtis zu machen“, schrieb er nach Wien, „wann er der newen historien nicht underricht ist, insunder was kunig, fursten und herrn antrifft“.[37] Wir wissen, daß Suntheim damit Recht hatte. Celtis war kein Freund historischen Detailwissens und auch das Handschriftenstöbern hatte ihm keine Sicherheit in der Unterscheidung der Zeiten gegeben. Was weiter zurücklag, das erschien [165] ihm leicht, ebenso wie Bebel, als „gothicum“, wenn er auch nicht wie jener, „sive barbarum“ hinzusetzte.[38] Gerade deshalb wird er Suntheims solidere Kenntnisse haben nützen wollen und empfand die Absage bitter. Der jähzornige Poet mag bei der Heimkehr übel von dem sperrigen Schwaben gesprochen haben, aber der Zwist dauerte nicht lange. Wir finden Suntheim wieder unter den Sodalen der Danubiana, sogar als Zeugen in Celtis’ Testament, und seinen Grabstein ließ er 1512 neben dem des Celtis errichten.

Von einer Benutzung seiner Arbeiten durch Celtis aber hören wir nichts mehr, obgleich Suntheim unterdessen seine Kunst, wie er es Matthäus Lang 1503 anbot, in zwei Bücher gebracht hatte, „das ein von adl, von künigen, fursten, herrn und ritterschaft, daz ander von lande, stetten, clostern und wassern“, also auch eine Germania illustrata, wenn auch mit Beschränkung auf Oberdeutschland, geschaffen hatte.

Wir haben die Bücher noch[39] und es lohnt sich, sie in diesem Zusammenhange zu betrachten, denn auch hier sieht man deutlich den Unterschied, der die ältere Humanistengeneration von der jüngeren trennt. Suntheim ist nicht nur ein sorgfältiger Forscher, der für seine Genealogien so manchen wertvollen Baustein beigeschafft hat, sondern auch ein guter Beobachter, der weit herumgekommen ist und überall etwas gesehen hat. Aber er sieht nur Einzelheiten, bei Gegenden wie bei Menschen. Er notiert alte Bräuche und Sprichwörter, weiß bei den Herrschern, von denen er spricht, fast stets einen charakteristischen Zug zu geben, wobei er durchaus nicht nach Gunst schielt,[40] aber es fehlt an jeder Gesamtanschauung.

Wenn er eine neue Gegend betritt, so späht er vor allem, ob sie „gut Wein und gut Holz“ habe, die Fische, die ein Wasser führt, zählt er mit sachkundiger Genauigkeit auf, aber die Frage nach dem warum? der Erscheinungen, die Celtis so sehr bewegte, nach dem Zusammenhang, den dieser zwischen geistiger Komplexion und Erde und Himmel herstellte, wie etwa zwischen der Nürnberger Beweglichkeit und ihrem leicht aufgewühlten Sandboden, hat er sich gar nicht vorgelegt.

Seine Schreibart, die zwischen Latein und Deutsch ohne ersichtlichen Grund wechselt, ist ganz die der alten Chroniken. Wenn er einmal einen Anlauf zu einer stilisierten Einleitung nimmt, wie bei der Genealogie der Brandenburger Markgrafen, so arbeitet er mit dem gewöhnlichsten Phrasenmaterial, wenn er Stücke aus Enea Silvios Österreichischer Geschichte übersetzt, so verändert die Vorlage ganz ihren Charakter.

[166]
Sein geistiger Horizont ist im wesentlichen der Felix Fabris. Wie bei diesem darf man zweifeln, ob er überhaupt zum Humanismus gehört. Er hat alte Inschriften und auch den „Herkules in der Reichenau“ gesehen, aber eine hohe Schule an einem Ort ist ihm nicht wichtiger als ein Findelhaus, von der Gelegenheit, hier eine humanistische Ruhmesschau zu halten, hat er nirgendwo Gebrauch gemacht.

Um die humanistischen Forschungen hat er sich auch nicht viel gekümmert. Bei ihm hat noch Cäsar die Schwaben besiegt, wenn auch „mer mit gab und freintschaft, denn mit dem swert“, wie in der Kaiserchronik. Er hat wohl gehört, daß man Wien Flaviana nannte und Ofen mit einem alten Sicambria gleichsetzte, aber das sind nicht mehr als vereinzelte Notizen. Dagegen weiß er von König Etzels Grab und der „schönen Kreimhilt“, seiner Gemahlin, und dem großen Morden zu erzählen, aus dem nur „praut und prautgam, Diethreich von Pern und der alt Hiltprant“ übrig bleiben.

Sein Geschmack an humanistischer Poesie mag höchstens bis zu Sebastian Brant gereicht haben, von dem er ein Gedicht über die Bäder von Baden aufgenommen hat. Aber wohler ist ihm offenbar bei dem „edlen Moringer“, bei Neithart, der mit den „pös fraidig paurn vil wunders getrieben hat“, dem „abenteurist“ Pfaffen vom Kahlenberg und dem „guten Dichter, dem Teichner“, dessen Grab er erwähnt. Seine eigenen dichterischen Erzeugnisse sind deutsche Reime, in denen er im schlimmsten Bänkelsängerton die Fürsten seiner Stammbäume besungen hat.

Es ist immerhin merkwürdig, daß ein so altfränkischer Mann doch seine Stellung in dem Celtiskreise behauptet hat. Vadian weiß ihn als „geographus diligentissimus et dignissimus fide“ zu rühmen.[41] Auch für Celtis wäre hier ein Material zu holen gewesen, das ihm sonst nicht leicht zu Gebote stand, aber ihm hatte sich indes bald eine glänzendere Aussicht eröffnet, seine Germania zu füllen. Das war 1505, als er bei Konrad Peutinger neben den Inschriftensammlungen den liber Augustalis, das Kaiserbuch, im Werden sah, der nun in anderer Form als Suntheims Genealogie das historische Material enthielt, das ihm fehlte. Er war sogleich entschlossen, ihn der Germania beizugeben; auch eine Beschreibung von Rhein und Donau mit ihren Nebenflüssen, die Peutinger wohl als geographische Orientierung über die Fundstätten seiner Altertümer verfaßt hatte.[42]

Aber auch dies blieb Projekt. Nicht einmal die Schreiben, welche über den neuen Plan Auskunft geben sollten und die schon vor das [167] Manuskript der Inschriftensammlung gestellt waren, hat Peutinger mit den Inschriften veröffentlicht.

Drei Jahre darauf starb Celtis, und mit ihm verschwindet auch der Plan der Germania illustrata aus dem Wiener Kreise: Er hatte hier eben doch nur Gast-, nicht Heimatrecht besessen, auch nicht bei Maximilian. Der pflegte nur seine genealogischen Unternehmungen. Wie weit etwa Stabius, den Aventin oft als Genossen des Celtis bei der Germania nennt, auf diesem Gebiet weiter arbeitete, wissen wir nicht.


Aber die Germania illustrata ist damit nicht tot. Sie kehrt zurück nach Nürnberg, von wo sie ausgegangen ist, und findet neue Pflege im Kreise Willibald Pirckheimers.

In Pirckheimer[43] gipfelt der Nürnberger Humanismus wie der Augsburger in Peutinger, und trotz der Eigenart beider Persönlichkeiten sehen wir beide die besondere Richtung der humanistischen Studien, die sie in ihren Gemeinwesen vorfinden, fortführen. Für Nürnberg ist dies, wie wir sahen, die Richtung auf das Praktische, vor allem die Pflege der geographischen Interessen. Sie geben den Untergrund für Pirckheimers ganze gelehrte Tätigkeit im engeren Sinne. Von all seinen anderen Beschäftigungen kehrt er immer wieder zu ihr zurück, und wenn die Zeitgenossen von Peutinger ein Corpus antiquitatum erwarten, so erhoffen sie von Pirckheimer den echten Ptolemäus.[44]

Das ist aber für den Humanismus nicht eine rein philologische Arbeit. Seit der Ptolemäusausgabe des Nikolaus Donis von 1482 wird im Ptolemäus in Karten, Legenden oder eigenen Erläuterungen der Fortschritt des geographischen Wissens niedergelegt, die berühmte Ausgabe von 1513, die Waldseemüller mit Hilfe des Elsässers Matthias Ringmann fertigt, bringt das erste Kartenbild der durch Kolumbus erweiterten Welt, die Entdeckungen des europäischen Nordens und Ostens will Jakob Ziegler 1530 zu einem neuen Ptolemäus verarbeiten.

Nicht minder wichtig aber werden nun die Versuche, in den Angaben des Ptolemäus die Geographie der Heimat wiederzufinden. Schon Meisterlin weiß von einem Korrektor des Ptolemäus – es ist Nikolaus Donis –, der Nürnberg „in der sibenden clima“ gesetzt habe.[45] Man hatte eine Gleichsetzung mit dem alten Segodunum vorgenommen, die auch Celtis einleuchtend schien.

Man sieht, wie von hier aus der Grundgedanke der Germania illustrata, das alte Deutschland im neuen zu finden, eine Förderung besonderer Art erhielt – auch Celtis hat sich in seiner Wiener Zeit [168] lebhaft mit dem Ptolemäus beschäftigt, über ihn ebenso wie über den Tacitus Vorlesungen gehalten[46] – und es ist ein eigener Zufall, daß das erste Werkchen, in dem wir nach Celtis Tode den Gedanken der Germania illustrata wiederfinden, von solchen geographischen Anknüpfungen ausgeht, allerdings nicht an den umfänglichen Ptolemäus, sondern an das Kompendium des Pomponius Mela. Es ist die Brevis Germaniae descriptio tum a rebus gestis moribusque populorum tum a locorum situ, die Johann Cochläus 1512 mit einer Neuausgabe des Mela erscheinen ließ.[47]

Das Büchlein steht ganz unter der Einwirkung Pirckheimers. Es ist für den neuen humanistischen Schulbetrieb in Nürnberg bestimmt, der 1511 vor allem durch Pirckheimers Einwirkung zustande gekommen war.[48] Pirckheimer erscheint in einer versteckten, aber durch ein Nachwort des Chelidonius auch dem Uneingeweihten deutlich gemachten Lobrede als der eigentliche Patron dieser Studien.[49] Auch die Beziehung zur Germania illustrata ist hervorgehoben: Cochläus beklagt sich, daß er dies Werk des Celtis nicht habe erreichen können, es hätte ihm, sagt er, viel Mühe gespart.

Seine eigene Absicht geht, auch abgesehen davon, daß er ein Schulbuch schreiben will, allerdings nicht so hoch. Wer nach dem Titel eine gleichmäßige Berücksichtigung des geschichtlichen und des geographischen Elements erwartet, wird enttäuscht. Die zwei einzigen Kapitel, die sich mit den Taten der Deutschen beschäftigen, brechen bei Karl dem Großen ab und sind zudem teilweise Entlehnung aus Murrho-Wimpfelings Epitome rerum Germanicarum. Was Cochläus bietet, ist nur etwa ein „erneuertes Deutschland“, wie es schon bei der Schedelschen Chronik beabsichtigt war. Aber dieses ist gut geraten. Der Gedanke des Enea Silvio, daß Nürnberg ein Mittelpunkt Deutschlands, oder, wie es Regiomontan und Celtis gesteigert hatten, ein Mittelpunkt Europas sei, wird hier für die einheitliche Beziehung des geographischen Bildes mit einer bisher nirgendwo erreichten Klarheit durchgeführt, auch die ganze Art, wie Cochläus Land und Leute betrachtet, steht ersichtlich unter Eneas Einfluß. In der Schilderung Nürnbergs hat er Celtis benutzt, aber doch ein paar wertvolle Bemerkungen über Dürer, Peter Hehle, Peter Vischer, Erhard Etzlaub angefügt. Daß er selbständig zu sehen versteht, zeigen nicht nur die Bemerkungen über süd- und westdeutsche Städte, die er von seinen Studienfahrten kannte, sondern noch mehr die kurzen Landschafts- und Stammescharakteristiken der Schweiz, der Oberpfalz, Westfalens, der Niederlande u. a.[50] Für das Engadin mögen ihm Pirckheimers [169] Mitteilungen aus dem Schweizerkrieg von 1499 zugute gekommen sein. Das antiquarische Element drängt nirgendwo vor, Notizen wie die über das Alter von Trier und die mazedonische Abstammung der Sachsen sind kaum mehr als Verbrämung, aber die Taciteischen Germanenstämme sind mit bemerkenswerter Umsicht in den Landschaften des Deutschlands von 1512 untergebracht.

Chelidonius hat den Wert des Büchleins gut gekennzeichnet: „Nostrae Germaniae atque adeo nostrae urbis situm, mores et ingenia artificiosa quadam brevitate ita es complexus“, sagt er im Schlußwort zu Cochläus, „ut in eo nemo lector aut oneretur admodum notis aut fraudetur incognitis“.

Cochläus ist dann diesen Studien entfremdet worden. Als Hofmeister von Neffen Pirckheimers nach Italien gehend, hat er dort die entscheidende Richtung seines Geistes erhalten. Als er wiederkehrte, lag ihm anderes am Herzen als die Germania illustrata. Indes aber war schon in den Pirckheimerkreis der Mann getreten, der sich vermaß, mit 22 Jahren die Aufgabe zu lösen, die Celtis unvollendet aus der Hand gelegt hatte.


Franz Fritz, oder wie er sich dann gräzisierte, Irenikus d. i. Friedlieb genannt, war um das Jahr 1495 in Ettlingen geboren.[51] Schon der Knabe nahm Interesse an historischen Urkunden, auch das Neptunbild, das später Maximilian wegführen ließ, wird seine Phantasie erregt haben. In Pforzheim, wo er seine Schulbildung erhielt, war sein Lehrer Georg Simler, der selbst wieder ein Schüler Bebels war, aber daneben der gleichaltrige Melanchthon, „paene puer, caeterum adultissimus“, wie er selbst sagt. Halb Mitschüler, halb Lehrer war Nicolaus Gerbel, der spätere Herausgeber Cuspinians, der Konkurrent des Lazius in der Topographie des alten Griechenlands. Über allen schwebt der Geist Reuchlins, der oft seine Vaterstadt besuchte; sie alle denken wie Gerbel, der einmal an Reuchlin schreibt[52]: „Vis graecis studeam, studebo graecis; si Platonicum me esse velis, Platonem volvam, revolvam, volutabo; sin Livianum, Livium perlegam.“ Sie treiben Griechisch, wie es sonst in Deutschland kaum irgendwo geschah. 1509 ist Irenikus mit Melanchthon bei der Aufführung einer griechischen Komödie Reuchlins tätig. Sehr früh, schon Oktober 1510, also wahrscheinlich mit 15 Jahren, ist er in Heidelberg immatrikuliert und wird dort nach 1¼ Jahren Bakkalaureus in der via moderna, ein halbes Jahr nach Melanchthon. Er muß dann wohl eine Zeitlang ein literarisches Wanderleben geführt [170] haben, denn er lobt schwerlich ohne Grund die Männer, die auch durch Wanderschaft ihren Geist erweitert haben.[53] Ob er Italien gesehen hat, ist fraglich[54], in Deutschland ist er über die südwestliche Ecke kaum herausgekommen. Hier aber hat er nach allen Seiten literarische Beziehungen angeknüpft, insbesondere kennt er auch den Straßburger und Schlettstädter Kreis[55], es ist höchst wahrscheinlich, daß er von den Ansichten des Rhenanus allerlei im Gespräch gehört hat.[56]

Damals aber muß er auch den Nürnberger Geographen näher getreten sein, die später in seinem Werke eine sehr wichtige Rolle spielen und damals wird er wohl auch zu Pirckheimer Zutritt erlangt, ihm vielleicht schon den Plan der Germaniae exegesis entwickelt haben.[57]

1516 ist er in Tübingen, er findet von den alten Freunden – zumeist in der Gesellschaft der Neckargenossen – Melanchthon als Korrektor der Anshelmschen Druckerei; Anshelm selbst ist ihm aus Pforzheim bekannt, er ist gerade über dem Druck der Chronik des Nauklerus, zu der Reuchlin das Vorwort schreibt. Damals wird es gewesen sein, daß Melanchthon den Einundzwanzigjährigen, der schon zwei Werke, eine Geschichte der heiligen Ottilia und eine der Markgrafen von Baden[58], hinter sich gebracht hatte, vor dem neuen gigantischen Plane warnte.[59] Aber Irenikus schlug das in den Wind; er ist wahrscheinlich mit Anshelm nach Hagenau gezogen, wo der unternehmende Buchdrucker seine Korrektoren und Freunde zu einer Academia Anshelmiana nach dem Muster der Aldina in Venedig vereinigte. Ein Besuch Reuchlins[60] spornt Irenikus zur Vollendung seines Werkes an und im Herbst 1517 – Irenikus hatte inzwischen in Heidelberg den Magistergrad und die Vorstandschaft der Katharinenburse erlangt – liegt ein Inhaltsverzeichnis der Germaniae exegesis Pirckheimer vor.

Es sind acht Bücher „von tüchtigem Umfang“, wie der literarische Neuigkeitskrämer Christoph Scheurl sogleich nach verschiedenen Seiten berichtet.[61] Das erste umfaßt eine allgemeine Geographie Deutschlands in 47 Kapiteln, das zweite eine germanische Altertumskunde in 38, das dritte die deutschen Kriege von Anfang an bis auf Maximilian in 67 Kapiteln; 20 Kapitel des vierten Buches beschäftigen sich mit der Fruchtbarkeit des deutschen Bodens, 28 des fünften mit der Bewässerung[62], die drei letzten Bücher enthalten eine Art von geographisch-historischem Lexikon, in dem Städte, Klöster, Landschaften und Herrschaftsgebiete mit historischen Notizen zusammengestellt [171] waren, insbesondere aber Genealogien der Fürstengeschlechter und Bischofsreihen sich fanden.

Begreiflich, daß ein solches Buch selbst unter den sich drängenden Ankündigungen auf anderen Gebieten, den Dunkelmännerbriefen, dem Triumphus Reuchlins, den ersten theologischen Arbeiten Luthers Aufsehen erregte. Spalatin begehrte sehr es alsbald zu sehen.[63] Doch gab es noch einen Anstand. Die Zusendung an Pirckheimer sollte dem Werk einen Patron verschaffen, der auch durch seine Fürsprache des reichen Hans Kobergers Mittel für den Verlag gewönne, da Anshelm offenbar das Risiko doch nicht laufen wollte, zugleich aber hat sich Irenikus nach Humanistenart von Pirckheimer eine Art Kritik seines Planes erbeten.[64]

Pirckheimer hat die Verbindung des Irenikus mit Koberger in der Tat vermittelt, es aber auch mit seinem Zensoramt ernst genommen. Er fand, daß dem Buch trotz seines Umfangs noch mancherlei fehle, vor allem eine ausführliche Geschichte der Goten, deren Umrisse er nun, vielleicht unter dem frischen Eindruck der gotenbegeisterten Erörterungen, die ihm Cochläus aus Italien schickte, dem neuen Freunde entwickelt.[65] Aber im Eifer wird ihm daraus ein Programm der germanischen Wanderungsgeschichte überhaupt, von Brennus bis zu den Normannenzügen. Auch ein paar Fehler gab es zu korrigieren, die Pirckheimer schon in dem Inhaltsverzeichnis zu bemerken glaubte. Im übrigen aber wollte er mit seinen Bemerkungen nicht hemmen, sondern eher anspornen, wenn er auch wünschte, daß Irenikus sein Werk vor der Drucklegung Stabius und anderen Gelehrten zur Prüfung vorlege.

Diesen letzten Rat hat Irenikus nicht befolgt und sich dafür lieber mit größter Eilfertigkeit daran gemacht, sein Werk nach den Fingerzeigen Pirckheimers umzuarbeiten. Zum Teil ging diese Arbeit in Anshelms Hagenauer Druckerei selbst von statten und der Drucker hat sie ergötzlich geschildert[66]: „Der Germania halben,“ schreibt er am 7. Januar 1518 an Koberger, „wißt, daß ich, soviel Ihr seht, was ich in das Fäßlein geschlagen habe, die habe ich jetzt lassen liegen, aus der Ursache, Magister Franz macht noch stätig daran, jetzund thut er davon, jetzt dazu, so es demnach gesetzt ist[67], und kann selten kein Tagewerk geschehen, man muß zu dickern Mal 3 Stunden an einem Rahmen korrigieren, dazu ist ungeschickt[68] mein guter Korrektor, den ich zu Tübingen gehabt habe, Magister Philipp, des Reuchlins Vetter, zu mir spazieren gekommen, Doktor Pirckheimer kennt ihn in seinem Schreiben wohl, der hat in etlichen Dingen [172] Magister Franzen geholfen: von dem und andern habe ich soviel verstanden, daß die Germania ganz ungeschickt ist zu drucken, aus der Ursache, sie hat noch keine Ordnung, dazu so hat sie böse Konstruktionen, so macht er viel Grecien darin, das auch als gerecht ist als es mag, und so er’s interpretiert, will sich auch nicht schicken. Das hab ich ihm gesagt und habe ihm dabei gesagt, wenn er mir das Exemplar schenkte und Geld dazu gäbe, so wollte ich es für mich nicht angenommen haben, habe ihn auch gebeten, er solle sich darüber setzen und zu Hilfe nehmen, der ihm helfen könnte, auf daß er Euch nicht zu Schaden, ihn selbst zu Spott und mich auch bringe, denn ich wollte ungern, daß aus meiner Druckerei Ungeschicktes gehen sollte, wo man davor sein möchte. So hat es ihn übel verschmacht und ist die Hoffart in ihm so groß, daß er meint, er könne es selbst wohl und es werde mehr Dings gemacht das nicht als köstlich Latein sei und derengleichen viel. Nun dieweil ich soviel verstand, daß es mir in den Weg nicht ganz gefallen will, bedünkt mich, ich sei es Euch auch schuldig und pflichtig zu wissen zu thun. Darum so laßt, das gedruckt ist, Euere guten gelehrten Gönner sehen; wie es denn ihnen und Euch gefällt, also will ich ihm nachkommen mit allem möglichen Fleiß.

Er Magister Franz hat sich doch am letzten, da ich viel und hart mit ihm geredet habe, lassen erweichen, er wolle es in drei Wochen also zurüsten, daß es gar gut soll werden; darauf daß erst Ihr könnt, laßt mich wissen, wie ich mich halten soll, und so Euch andere Meinung geschrieben wird, der gebt ganz keinen Glauben, denn es wahrlich nicht anders ist.“

So schien das Werk noch bei der Geburt zu verunglücken, aber Irenikus ließ sich nicht abwendig machen. Im August 1518 ist der Druck vollendet und die Exegesis erscheint, jetzt ein Folioband von 247 Blättern, mit einem Druckerprivileg Leos X., dem ersten päpstlichen für Deutschland, einer schwülstigen Zuschrift an die rheinischen Pfalzgrafen Ludwig V. und Friedrich II. und einem Schlußwort an den badischen Markgrafen Philipp und seinen Kanzler Hieronymus Vehus; dazu kommt noch eine Oratio protreptica cum excusatione praesentis operis, die dem pfälzischen Kanzler Florentius von Venningen zugeschrieben ist. Aus den acht Büchern der ersten Niederschrift sind jetzt zwölf geworden, da die Genealogien ihren Platz in einem eigenen dritten Buch erhalten haben, die Goten und Langobarden mit ihren Verwandten nach dem Pirckheimerschen Plane in zwei eigenen Büchern behandelt sind und überdies der lexikalisch-geographische [173] Teil auf vier Bücher ausgedehnt erscheint. Trotzdem ist die Kapitelzahl der einzelnen Bücher nicht vermindert, meist vermehrt. Wenn Pirckheimer in der Tat die Druckbogen des neuen Werkes erhielt, so muß er es wohl gebilligt haben; denn Irenikus konnte dem Buch einen Brief des berühmten Mannes vorsetzen, der ihn als den ersten pries, der geleistet habe, was viele wollten, wenige konnten.[69] Thomas Anshelm aber hat mit einem praesente castigatoreque auctore ipso im Druckvermerk doch wohl die Verantwortung für das Buch dem Autor zuschieben wollen.[70]

Irenikus hat sein Buch nicht Germania illustrata, sondern Germaniae exegesis genannt, das heißt, wie er uns selbst erklärt[71], commentarii, Erläuterungen zu dem Quellenmaterial, das er zusammengetragen hat. Es bezieht sich also auf den Stil[72], Irenikus will ähnlich wie später Beatus Rhenanus und Wolfgang Lazius keine fortlaufende Erzählung, sondern nur eine Quellendiskussion liefern. Dagegen erscheint im Grundriß und Aufriß des Werks durchaus die Germania illustrata des Celtis, nicht einmal der Abschnitt über die Gestirne fehlt, ja man wird nach dem ganzen Plane sagen müssen, daß wir, wenn irgendwo, so hier Gelegenheit erhalten werden zu sehen, wie sich die beiden Hauptideen des Celtisschen Germaniaentwurfs, die kulturgeographische Grundlage und die genealogische Geschichtsverknüpfung, auswirken. Daß Irenikus selbst den Vergleich kaum scheute, wird man aus dem Abdruck der Norimberga des Celtis hinter seinem Buche schließen dürfen.[73]

Der erste Eindruck des Buches ist verwirrend. Man möchte sagen, es ist, wie ein Schlachtengemälde Altdorfers oder Feselens, vollgestopft mit Figuren. Eine unendliche Schar von Zeugnissen stürmt auf uns ein. Da sind zunächst die Lateiner von Sallust und Livius bis zu Ammian und den Panegyrikern, dann aber fast ebenso zahlreich die Griechen. Man merkt, daß es neuerworbene Weisheit ist, die hier aus Prokop, Agathias, Dio Cassius, Plutarch, Lukian, Herodian, Athenaios, Suidas, Stephan von Byzanz, den Fortsetzern des Eusebius und vielen anderen breit und selbstgefällig vorgebracht wird. Dann die Autoren des Mittelalters; natürlich alles Gedruckte mit ausgiebigster Benutzung von Jordanes, Paulus Diaconus, dem Abt von Ursperg und Otto von Freising, aber auch Seltenheiten, wie die Vita Severini des Eugippius, der nach Trithemius fast wieder verschollene Frechulf, Wahlafrieds Leben Othmars, der noch ungedruckte Widukind, Annalen und Chroniken aller Art, darunter die Königshofens, non multum hactenus visa.[74] Noch erstaunlicher fast ist der Umfang der benutzten humanistischen [174] Literatur. Neben den eigentlich historischen Werken erscheinen Petrus Crinitus mit seinem Buch De honesta disciplina, Polydorus Vergilius mit seinem Buch von den Erfindern, Leo Battista Alberti mit seiner Architekturlehre; nicht minder ist ausgenutzt, was Beroaldo und Barbaro in ihren Schriftstellerkommentaren an Gelehrsamkeit niedergelegt hatten. Vollends in der deutschen Humanistenproduktion scheint es für Irenikus nichts Unbekanntes zu geben. Was Eck in einer Ingolstädter Rede über die Markgrafen von Brandenburg gesagt hat oder was Reuchlin an Wolf von Hermansgrün über den Namen Magdeburg, an Friedrich von Sachsen über die Axones schreibt, was sich aus den Briefen Enea Silvios, Agrikolas, Thomas Wolffs entnehmen läßt, das findet ebenso seine Stelle, wie ein Gedicht des Erasmus auf Schlettstadt, Glareans auf Säckingen oder eines von Otto Beckmann auf Heinrich den Löwen.[75]

Aber es scheint auch, als ob alle Richtungen des deutschen Humanismus sich hier ihr Stelldichein gegeben haben. Da tritt Lupold von Bebenburg im Sinne Wimpfelings als ein Hauptzeuge des vorhumanistischen Patriotismus auf, da werden Biondo, Bruni, Sabellicus mit Bebelschen Worten bekämpft, Peutinger ist über germanische Altertümer befragt, aus seinem Besitz zum ersten Male die Celtiskarte herangezogen.[76] Gresemunds Arbeiten, hat Irenikus aus dem Nachlaß benutzt[77], er hat Gruppierungen deutscher Städtenamen nach etymologischen Gründen versucht, zehn Jahre vor Rhenanus und Althamer[78], und man muß die Exegesis aufschlagen, um in die neuen geographischen Erkenntnisse Einblick zu bekommen, die damals Claudius Clavus und Johann Virdung von Hasfurt aus Dänemark, Norwegen und den „germanischen Inseln“ mitbrachten, und die anscheinend zuerst in Nürnberg zusammenflossen.[79]

Es ist unmöglich, daß dies alles wirklich selbsterarbeitetes Wissen ist. Vieles erscheint kaum anders als eine im Gespräch erhaschte Bemerkung, so etwa wenn er von Zonaras, dem copiosissimus Graecorum scriptor, zu reden weiß, dessen Entdeckung durch Cuspinian eben erst Maximilian an Pirckheimer gemeldet hatte[80], oder etwas von den griechischen Säuleninschriften in Trier wissen will, über die schon in der Schedelschen Chronik eine Notiz stand[81], und es eröffnet bedenkliche Perspektiven, wenn er neben Agathias als Hauptquelle für die Gotengeschichte noch den Scholasticus Smyrnäus zitiert, der in seinem Buche: τὸν καισαρέα alle Gotenkriege aufs genaueste beschrieben habe.[82] Er scheint die Identität des lateinischen, von [175] Christophorus Persona übersetzten Agathias mit seiner griechischen Handschrift gar nicht gemerkt zu haben.

Versuchen wir nun zu würdigen, was Irenikus mit diesem ungeheuren Material geschaffen hat, so müssen wir zunächst die ganze Urgeschichte preisgeben. Denn diese ist das Abenteuerlichste, was die deutsche humanistische Geschichtschreibung bis dahin hervorgebracht hatte. Die Phantasien von Celtis und Bebel sind in ihr vereinigt und überboten. Es scheint zudem, daß hier der Pirckheimerbrief eine verhängnisvolle Rolle gespielt hat. Denn indem Pirckheimer Irenikus aufforderte, die Goten dem Neide der Italiener zu entreißen, die sie nur als Geten kennen wollten, bat er selbst, wie sein Hinweis auf Herodot zeigt, Geten und Skythen für das Gemälde der germanischen Urzeit in Anspruch genommen. Das aber kam Irenikus nur gelegen, denn jetzt boten ihm der Σκύθης des Lukian, die Δειπνοσοφισταί des Athenaios und so manche andre auch Farben für die Ausmalung der ältesten Zustände der Germanen, und es hat den Anschein, als habe er keine „Gräcien“ lieber als diese in sein Werk gesetzt. „Die Goten sind also Germanen,“ sagt er am Schluß einer längeren Erörterung, „und wenn die Italiener sie Skythen nennen, so wird man sagen müssen, daß wir alle eben Skythen und Galater gewesen sind, ehe der Name Germanen Wurzel faßte.“ Auch einer andern Lieblingsmeinung des Irenikus kommt diese Gotentheorie entgegen, sie hilft ihm Skandinavien, auf das die Reiseberichte seine besondere Aufmerksamkeit gelenkt haben, als die Völkerwiege überhaupt zu erweisen, und der erste Stammbaum, der sein Werk schmückt, ist ein Arbor gentium a Scandia profectarum; hält man ihn mit dem zusammen, was später Rhenanus über diesen Punkt zu sagen wußte, so sieht man, daß auch der Humanismus schon zu dauerhafteren Ergebnissen kommen konnte.

Es bedeutet unter solchen Umständen wenig, daß Irenikus gelegentlich eine ganz klare Beweisführung, etwa aus den germanischen Königsnamen bei Prokop und Jordanes, bietet,[83] daß er im Gegensatz zu seinen sonstigen Gleichsetzungsbestrebungen zwischen gallischen und germanischen Sitten scharf unterscheidet. Solche Dinge finden sich nur, wo sie ihm passen. Gute Erkenntnisse wie die, daß die Germanen erst spät in den Gesichtskreis der alten Welt getreten seien, werden unwirksam gemacht durch das Bestreben, die Germanen nun eben unter anderen Namen zu finden. Die Kritik der Quellen, die er seinen Ausführungen voranstellt, zeigt ihn im Besitz einer vollständigen Einsicht davon, was Mela, Strabo, Solinus und Ptolemäus [176] dem Betrachter deutscher Vorzeit bieten[84], er hat keinen Zweifel, daß Tacitus als alter conditor Germaniae zu betrachten sei, aber das hindert ihn nicht neben Tacitus den Ligurinus zu stellen, Berosus und Hunibald, wo nur möglich, zu verwerten und durch andere ebenso fabelhafte Quellen zu ergänzen.[85] So ist auch seine Textkritik, die er nicht selten ganz im Sinne des Rhenanus an Tacitus und Ammian übt[86], nicht aus einem methodologischen Prinzip hervorgegangen, es ist eine Gelehrsamkeitsspielerei wie so vieles bei Irenikus.

In dem zweiten Buche, das von den Mores Germanorum handelt, hat diese Maßlosigkeit in bezug auf die Quellen naturgemäß weniger Unheil angerichtet. Geschadet aber hat sie Irenikus doch. Denn er hätte sich, wenn er von der „Philosophie der alten Deutschen“ zu sprechen hatte, wohl kaum den hübschen Gedanken Bebels entgehen lassen, daß diese Philosophie in den Sprichwörtern zu finden sei, wenn er nicht die gelehrten Skythen Anacharsis und Toxaris in sein germanisches Pantheon setzen könnte und nicht überdies bei Jordanes den ältesten germanischen Philosophen Zamolxes fände. Es verschlägt ihm nichts, die anderen „gelehrten Leute“, mit denen Jordanes die gotische Frühzeit ausgestattet hat, gleich zu Schriftstellern zu machen[87], man sieht hier wieder, wie verhängnisvoll auch eine echte und gute Quelle in einer phantastischen Zeit wirken konnte. Die Worte des Jordanes über Lucan: „plus storicus quam poeta“ hallen bei Irenikus wieder, er hatte ja am Ligurinus und an Celtis poetische Quellen, die er gleichfalls jeder historischen gleichsetzte.

Im übrigen aber ist dies zweite Buch nun doch der erste Versuch, systematisch das Kulturbild des alten Deutschlands mit dem des modernen zu vergleichen und die sorgfältige Disposition, die auch scheinbare Sprünge zu begründen weiß[88], hat die Schilderung in der Tat fast lückenlos gemacht. Grundgedanken des Celtis, wie der, daß die Germanen stets das frömmste Volk gewesen sein, kehren auch hier wieder, auch die sprachlichen Betrachtungen, zumal die These, daß alle echtdeutschen Worte einsilbig seien, sind damals schon humanistisches Gemeingut[89], aber in der Schilderung der geistigen Kultur der Gegenwart ist Irenikus selbständig und bedeutend. Es wollte doch etwas sagen, wenn im Jahre 1517 ein Humanist, zumal einer, der aus Reuchlins Schule kam, Luther als den antesignanus der Theologen, Hutten als den der Poeten bezeichnete, Pirckheimer und Rhenanus zusammenstellte und den Stil des Erasmus so gut zu charakterisieren verstand.[90]

Hervorgegangen ist nun freilich diese humanistische Ruhmesschau kaum aus dem bloßen Gefühl patriotischen Stolzes, wie es Wimpfeling [177] und Beatus Rhenanus zu ähnlichen Aufzählungen trieb, die Absicht zu schmeicheln und dafür wieder Lob zu finden, tritt hier deutlich hervor.

Noch deutlicher vielleicht in dem dritten Buche der Exegesis, das von dem Adel der alten und neuen Deutschen handelt. Es ist das Genealogienbuch, der umfangreichste Teil und vielleicht auch derjenige, in dem am meisten wirkliche Arbeit des Irenikus steckt. Allerdings hatte er Vorarbeiten: vor allem Nauklerus, den er auch nennt, der ihm aber gerade im Genealogischen nicht genug tut[91]; Suntheim, der ihm viel hätte nützen können, scheint ihm nicht zugänglich gewesen zu sein.[92] Aber es war nun hier doch auch mehr geleistet, wie bei den Vorgängern. Der Gedanke des Celtis von einer Genealogie der deutschen Herrscher, die mit Tuisco und Mannus beginnend bis auf Maximilian herabführen sollte, war hier wenigstens in großen Hauptstücken gegeben[93] und dazu noch Stammbäume der Großen und Kleinen von den Cherusker- und Gotenkönigen bis zu Grafen von Hohenlohe, Henneberg und Löwenstein und den Herrn von Pfeffingen. Bei nicht wenigen Geschlechtern ist dann noch ein Kapitel über „strategemata“ und das Wachstum ihres Gebietes angefügt. – Als ordnendes Prinzip wählt Irenikus für die Zeit seit der Translatio imperii die Rangordnung der Fürsten. Deshalb haben auch die geistlichen Kurfürsten in diesem Genealogienbuch ihre Stelle, und ihnen werden die Bistümer angeschlossen. Auch eine Stadt genießt die Ehre in den Kranz der nobilitas Germaniae aufgenommen zu werden und ihn zu schließen, es ist Nürnberg, die Stadt Pirckheimers.

Das Quellenmaterial, das Irenikus in diesem Buche heranzieht, ist das bunteste und von sehr verschiedenem Werte. Doch hat er für die Gegenden, die er genauer kannte, auch Urkunden und die lokale Überlieferung benutzt. Die hohenzollerschen Grabsteine in Kadolzburg, von denen er spricht, wird er doch wohl selbst gesehen haben, im hohenlohischen Schillingsfürst scheint er sich längere Zeit aufgehalten zu haben.[94]. Die hohenzollerschen Markgrafen haben überhaupt Eindruck auf ihn gemacht, er lobt ihre politia und freut sich, daß sie jetzt Friede mit Nürnberg haben. Von anderen Herrschergeschlechtern scheint er, abgesehen von den badischen Markgrafen und den Pfälzern, an die ihn Geburt und Dienst band, den alten Sachsenherrschern und von ihren Nachkommen den Herzögen von Braunschweig besonders hold zu sein. Heinrich der Löwe tritt mehrfach bedeutsam hervor.[95]

[178]
Den Zwiespalt in den genealogischen Überlieferungen auszugleichen, hat er nicht für seine Aufgabe gehalten, es genügt ihm ihn aufzuzeigen.[96] Wichtiger ist es ihm, einem anderen Zwiespalt vorzubeugen, der bei einem Schriftsteller leicht entstehen konnte, der sich vorgesetzt hatte, so viele deutsche Herren gleichmäßig zu loben. Er hat sich damit geholfen, daß er nicht wenigen von ihnen den Beinamen eines unentbehrlichen Helfers Maximilians gab.

Das Buch vom deutschen Adel dient dann als Prodromos für drei weitere Bücher von den deutschen Kriegen. Wieder geht Irenikus sehr umständlich zu Werke. Erst nachdem er in einem vierten Buch die kriegerischen Eigenschaften und das Kriegswesen der Germanen gewürdigt hat[97], beginnt er die Aufzählung der Kriegstaten selbst. Ein ganzes Buch von 48 Kapiteln ist fast durchaus den Kriegen mit dem Imperium Romanum gewidmet, und wenn wir mit den Zeiten des Theodosius schon im 25. Kapitel so ziemlich das Ende erreicht zu haben glauben, da ja die Völkerwanderungsgeschichte, die Pirckheimer gefordert hatte, einem eigenen sechsten Buche aufgespart ist, so belehrt uns Irenikus eines besseren. Er hat bisher, um Licht und Schatten gerecht zu verteilen, nur die Angriffe römischer Kaiser auf Deutschland mit gebührlicher Hervorhebung des Schadens, den sie dabei erlitten haben, erzählt, jetzt wird er zeigen, daß die Inclinatio romani imperii bereits mit der Varusschlacht beginnt, und auch der römische Grenzwall muß sich gefallen lassen, als Zeichen der Schwäche des Römerreichs zu gelten.[98]

Irenikus hat sich mit diesen Dingen sehr gründlich beschäftigt, so gründlich, daß ihm für die Kriegstaten der eigentlich deutschen Geschichte nur noch ein paar Kapitel bleiben, und diese füllt er mit wenigen abgerissenen Notizen. Im übrigen aber verweist er auf die neueren Chroniken und Annalen, auf die Zeitgenossen, die sich ja so lebhaft mit Zeitgeschichte beschäftigten, auf Wimpfelings Epitome, die eine treffliche Ergänzung seines Buches abgebe.[99] Es ist nicht der kleinste Widerspruch bei einem Autor, der sich eben noch über das Fehlen aller Schriften über deutsche Kriege beklagt hat und der seinem Buche das Schreiben Pirckheimers mit den Klagen über die Altertumskrämer vorgesetzt hatte, die nicht bis zur Gegenwart gelangten.

Man könnte sagen, daß von dem hier Fehlenden doch manches schon in dem großen Genealogienbuche gegeben sei. Aber man wird der Wahrheit näher kommen, wenn man im Zusammenhalt mit diesem Abbrechen der Kriegsgeschichte auch das Genealogienbuch als einen [179] großen Lückenbüßer betrachtet, der verdecken soll, daß Irenikus zur eigentlichen politischen Geschichtschreibung unfähig war, so unfähig, wie es sicherlich auch Celtis gewesen wäre.

Nicht als ob es ihm an politischen Gedanken fehlte. Auch wenn wir zu solchen die breit ausgesponnene Bebelsche Idee von Deutschland als dem rechten Herrn aller Völker nicht rechnen[100], bleibt mancherlei übrig. Irenikus hat, trotzdem er maximilianisch denkt, wie nur einer, doch den föderalistischen Aufbau des Reichs scharf hervorgehoben, er betont, daß auch kleine Fürsten durch Wahl zur deutschen Krone gelangt seien, und gibt eine ziemlich vollständige Aufzählung der Streitigkeiten um die deutsche Krone, denen erst die feste Ordnung des Kurfürstenkollegs ein Ende gemacht habe. Und da er die Entstehung des Kollegs unter Otto III. nicht bestreitet, so nimmt er für Karl IV. wenigstens die weitere Ordnung in vier Gaue, vier Städte usw., also die Grundlage der sogenannten Quaternionentheorie, in Anspruch.[101] Auch die Frage über das Verhältnis von Papsttum und Kaisertum berührt Irenikus und er meint, die Kaiser hätten das Recht der Papstwahl, das ihnen ursprünglich zustand, freiwillig aufgegeben, um sich nicht in göttliche Dinge zu mischen.[102]

Aber Irenikus hat die Gelegenheit geflissentlich vermieden, eine geschichtliche Darstellung dieser Verhältnisse zu geben. Es wäre dann eben nicht mit einigen Bemerkungen getan gewesen, wie etwa, daß die Gründe für den Abfall Heinrichs des Löwen von Barbarossa in seinem „Horchen auf die Volksmeinung“ zu suchen seien, oder daß einige deutsche Herrscher, von den Päpsten verdammt, sich sogleich mit ihnen wieder versöhnt hätten.[103] Jedes weitere Ausführen dieser Stellen hätte ihn vielmehr mit seinen Lieblingsideen: Germani inter se fratres, Germani vere christianissimi in Widerspruch gebracht.

Denn Irenikus, der sonst vor Widersprüchen in Einzelangaben durchaus nicht zurückschreckt, wird konsequent, wo es sich um diese Lieblingsideen handelt, und nur da gewinnt er auch historischen Zusammenhang. So hat er vielleicht sein Wirkungsvollstes in dem sechsten Buche mit den Völkerwanderungskämpfen geboten. Denn hier ist die Pirckheimersche Anregung, die Eroberung Europas durch die germanischen Stämme zu zeigen, zu einem Triumphgesang auf das besiegte Rom gesteigert.[104] Hier ist mehr von blindem Patriotismus als selbst bei Bebel. Irenikus glaubt mit diesem, daß alle römischen und griechischen Quellen nur einen Teil des deutschen Ruhmes künden, er verwirft Claudian und die Panegyriker, obgleich er sie beständig zitieren muß, als kaiserliche Schmeichler, und Ammian kommt nicht [180] besser fort. Aber Bebel hatte noch an der „gotischen Barbarei“ festgehalten und war von der Herrlichkeit des reinen Lateins überzeugt, er gestand auch seinen Deutschen das Recht nicht zu, etwas an der römischen Sprache zu ändern[105], Irenikus weiß davon nichts. Ihm sind die Goten, wie Pirckheimer geschrieben hatte, die wahren Germanen und somit die echten Erben des Römerreichs. Er ist der erste, der die Stelle des Orosius bedeutsam findet, daß Athaulf an Stelle der alten Romania eine Gothia habe setzen wollen, und es ist sehr bemerkenswert, wie er Stilicho verwirft und Theoderich herabdrückt, weil sie in römischem Dienst gestanden sind, dagegen Odoaker erhebt.[106]

Irenikus hat in der Schlußrede seines Werkes auch allerlei Bemerkungen über das Verhältnis von Geschichte und Geographie angestellt. Eine solche Diskussion war damals nicht selten, Raphael von Volaterra und Vadian wußten Interessantes darüber zu sagen. Die Ausführungen des Irenikus stehen nicht so hoch; soweit man seine nicht ganz klaren Worte verstehen kann, hält er die Geographie nur dann für eine rechte Wissenschaft, wenn sie nicht nur nackte Beobachtungen bietet, sondern auch moralische Betrachtungen zuläßt. Das soll nach dem Zusammenhange zunächst rechtfertigen, daß er, der nicht wie Celtis Deutschland durchwandert hatte, doch an seine Aufgabe gegangen ist, sodann aber auch, daß er in diesem Werke den geographischen Erörterungen einen bedeutenden Raum, die ganze zweite Hälfte eingeräumt hat.

Aber trotz seiner Definition der wahren Geographie geht Irenikus nicht, wie man erwarten müßte, in den Spuren Strabos, auch nicht in denen des Enea Silvio. Er hat seine Hauptanregungen von der Nürnberger Geographenschule empfangen – Johann Schöner ist ihm der antesignanus mathematicorum, Johann Virdung von Haßfurt hat ihn am meisten belehrt – und er fußt wie diese auf dem Ptolemäus.[107] Die Ausgabe des Nicolaus Donis, die er mit hohem Lobe erwähnt, hat ihm die Grundlage seiner eigenen Arbeiten geboten[108], und diese Arbeiten beziehen sich, wie es bei den Ptolemäusbearbeitungen üblich war, vor allem auf zwei Punkte, auf die Festlegung der antiken Nomenklatur und auf die Berichtigung des Kartenbildes durch die neuen Entdeckungen.

Liest man freilich sein Vorwort zum neunten Buche, so sollte man glauben, daß er die Gebrechlichkeit dieser Grundlage erkannt habe und lieber eine Germania nova ohne die Auflösung der Rätsel des Ptolemäus bieten möchte.[109] Aber dazu ist niemand weniger [181] geeignet als er. „Montes Germaniae altissimi sunt, sicuti produnt scriptores, et nivibus maxime onusti“, sagt er einmal, und das ist charakteristisch für seine ganze Auffassung.[110] Keine Spur, daß er die Angaben der Schriftsteller durch eigene Anschauung kontrolliert oder ergänzt hätte, wie es Vadian mit seiner Pilatusbesteigung versuchte, Celtis in so großartiger Weise für sein ganzes Wanderungsgebiet getan hat. Man darf zweifeln, ob Irenikus selbst ihm so nahe liegende Dinge wie den Ursprung der Donau oder den Fischreichtum des Bodensees bei Konstanz aus eigener Kenntnis notiert, jedenfalls hat er einen Schriftstellerbeleg dazu für nötig gehalten, und auch wo er eine gute eigene Nachricht bringen kann, wie die über die Gewinnung des Bernsteins, gelangen wir zu ihr nur über einen Haufen wahlloser Zitate.[111]

Das Wertvolle in diesem geographischen Teile liegt also nicht in irgendwelchen eigenen Beobachtungen – es ist der Schätzung des Werkes noch spät verhängnisvoll geworden, daß es hier wirklichen Kennern von Land und Leuten so gar nicht genügte[112] – sondern, wenn wir von seinen doch nur geborgten Mitteilungen über den skandinavischen Norden absehen, wieder ausschließlich auf dem antiquarischen Gebiete. Was er hier über das Alter der deutschen Städte und ihr allmähliches Wachstum sagt, ist trotz mancher Fehlgriffe interessant, auch dadurch, daß er den Versuchen, auch die Städte in das graue germanische Altertum heraufzurücken, sich widersetzt. „Sic demum urbes Germaniae penes omnes esse recentes constat nec vetustate quadam ut Indiae, Graeciae praeditas. Licet etiam germanica natio cunctis antiquitate prior, totum mundum paene, si cum priscorum aevo decertamus, praecesserit, in struendis tamen urbibus paene posterior esse cognoscitur.“[113] So weit ich sehe, ist Irenikus der erste humanistische Geschichtschreiber, der Heinrich I. in diesem Zusammenhange als Städtegründer erwähnt, vielleicht hat diese Auffassung erst durch ihn wieder weitere Kreise gezogen. –


Irenikus hat mit seinem Buche bei den Zeitgenossen wenig Glück gehabt. Zustimmung fand er nur von einer Seite, und es ist fraglich, ob sie ihm, wenn er sie gekannt hätte, viel Freude bereitet hätte. Mutian, der trinkfrohe Gothaer Kanonikus, hatte sich das Buch von seinem Freunde, dem Erfurter Augustinermönch Johannes Lange, in seine „Beata Tranquillitas“ hinter dem Dom schicken lassen und schrieb am 1. Juli 1520 dem Freunde sein Urteil.[114] Der Schüler des Celtis wußte Bescheid in dessen Plänen einer Germania illustrata, [182] auch von Gresemunds Arbeiten auf diesem Gebiet hatte er Kunde, und da war es kein kleines Lob für Irenikus, wenn ihm zugesprochen wurde, als einziger mit einigem Ruhm in den Spuren des Celtis gewandelt zu sein. Aber dahinter kamen sonderbare Dinge. Da waren mit seltsamer Feierlichkeit die Bestrebungen des Irenikus gepriesen, Deutschland älter zu machen als Griechenland, Italien „und ganz Europa“ und seine Wiedererweckung des allerheiligsten Vaters Tuiscon und seiner Sippe, die diese Helden sicher auf den Inseln der Seligen erfreuen würde, wenn dorthin das Gerücht von dem Buche des Irenikus käme; und wenn Irenikus in seiner pathetischen Einleitung zum 6. Buch geklagt hatte, daß den Griechen ein Homer, den Deutschen aber bisher nicht einmal ein Chörilus zuteil geworden sei, so konnte er jetzt bei Mutian lesen, daß er der Homer sei, der den Chörilus-Celtis verdränge. Daneben aber war ganz unschuldig gefragt, wer denn der Martin Luder sei, den Irenikus in seiner Theologenschar zwischen Staupitz und Lang aufmarschieren lasse, da doch Luther schon vorher als Führer der Schar an die Spitze gestellt sei. Auch wie Spalatin unter die Theologen komme, konnte Mutian nicht recht begreifen. – Wir sehen die Meinung. Der alte Spötter hatte ein Brieflein schreiben wollen, wie das des Crotus Rubeanus über die Constantinsvita Reuchlins gewesen war, das er selbst einmal mit behaglicher Freude seinem Heinrich Urban mitgeteilt hatte[115], und dabei noch recht kunstvoll den „unerschrockenen, tapferen und wahrhaft deutschen, das heißt großartigen Stil“ des Irenikus parodiert.

Ernsthafter nahmen Beatus Rhenanus und Aventin das Werk und – sie sind einig darin, es zu verwerfen; Rhenanus in seiner Art mit ruhiger Ablehnung, Aventin mit stärkerem Temperament, später noch mit der Beschuldigung, daß Irenikus sich die Arbeiten des Trithemius und Stabius angeeignet habe.[116] Das wird nur in dem Sinne richtig sein, daß Irenikus hier wie anderswo zusammenraffte, was er fand, Trithemius wenigstens hat er oft genug zitiert. Das Wesentliche traf Rhenanus, wenn er in dem Werke Stil und Urteil vermißte. Von Stil konnte bei einer Arbeit ja nicht viel die Rede sein, die fast durchaus aus Zitaten bestand, aber die wenigen Stellen, wo Irenikus selbst spricht, lassen dies kaum bedauern. Er ist ein schwülstiger Rhetor, der sich durch gesuchte Häufungen und gezierte Wendungen um alle Wirkung bringt. Auch die Einwände, die Thomas Anshelm in diesem Punkte erhoben hatte, waren nur zu begründet. Die „Gräcien“ hatten schon auf Mutian den Eindruck entlehnter Federn gemacht, die Liederlichkeit der Komposition aber [183] zeigte sich in zahllosen Wiederholungen und nicht geringen Widersprüchen.

Auch sonst hören wir nichts Günstiges über das Buch. Wie der Nürnberger Kreis über die Exegesis dachte, wissen wir nicht, Pirckheimer hat sie auch da nicht genannt, wo er es leicht hätte tun können. Althamer, der Irenikus doch mancherlei verdankte, sprach nur von der „Zusammenstoppelung“[117], und Melanchthon berichtet, es habe Irenikus später oft gereut, seiner Warnung nicht gefolgt zu sein.

Das wird seine Richtigkeit haben, denn die Germania illustrata ist das erste und letzte gedruckte historische Werk des Irenikus geblieben. Noch in demselben Jahre, wo sein Buch erschien, trat das für sein Leben entscheidende Ereignis ein, die Heidelberger Disputation Luthers gewann ihn völlig für diesen und für die Theologie. In den Abendmahlskämpfen der Reformation ist er dann noch als streitbarer Theologe hervorgetreten; ob sein Kommentar zu den Episteln des Horaz, den sein Sohn herausgab, aus dieser späteren Zeit stammt, kann ich nicht sagen. –

Für uns hat die Exegesis aber doch eine eigentümliche Bedeutung. Es gibt kein zweites Geschichtswerk, in dem sich das jugendliche Stürmen und Drängen des deutschen Humanismus, sein leidenschaftliches Streben, universal zu sein, nicht im Sinne der formgewaltigen Italiener, sondern im Sinne eines faustischen Allwissensdranges, in dem sich endlich der politische und kulturelle Optimismus des um die Jahrhundertwende heranwachsenden Geschlechts so deutlich ausspricht wie hier. Es ist doch bedeutsam, daß die Exegesis in demselben Jahre erschien, wo Hutten seine berühmten Worte an Pirckheimer schrieb: „O saeculum! o literae! Juvat vivere, etsi quiescere nondum iuvat, Bilibalde. Vigent studia, florent ingenia. Heus tu, accipe laqueum, barbaries, exsilium prospice.“ Schon ein paar Jahre darauf war ein Werk aus dieser Stimmung nicht mehr möglich.


Für die Zeitgenossen war also das Werk des Irenikus nicht die Germania illustrata, die sie erhofft hatten. Aber es hat vielleicht den Bestrebungen, sie zu schaffen, einen neuen Anstoß gegeben. Beatus Rhenanus geht von der Kritik des Irenikus aus, als er seine eigenen Pläne einer deutschen Geschichte fester ins Auge faßt. Und auch darauf wird die Exegesis von Einfluß gewesen sein, daß man nun die Größe der Aufgabe erkannte und zu der Überzeugung kam, daß sie nur mit vereinten Kräften zu lösen sei. Man hat in dem Plane, [184] den Aventin in diesem Zusammenhange entwickelte, nicht ohne Grund eine Ähnlichkeit mit der Organisation gefunden, die sich dreihundert Jahre später die Monumenta Germaniae historica gaben.[118] Das Sanctus amor patriae dat animum durften auch diese Männer in ihren Kranz schreiben. –

Merkwürdig ist es, daß ein Büchlein, welches kurz nach der Exegesis erschien, in der Humanistenwelt jahrelang völlig unbeachtet blieb, trotzdem es einen Teil der Forderungen, die man an eine Germania illustrata stellte, erfüllte und trotzdem es an Bedeutung erheblich über den meisten Erzeugnissen auf diesem Gebiete stand. Das sind die Omnium gentium mores, leges et ritus des Ulmer Deutschordenspriesters Johann Böhm aus Aub.[119]

Wir haben den Verfasser als Freund Althamers kennen gelernt, er hat auf den Tacituskommentar desselben erheblichen, vielleicht entscheidenden Einfluß gewonnen. Seine eigene Entwicklung ist unklar, er steht in Beziehungen zu Bebel, vielleicht auch noch zu Nauklerus, zu Pirckheimer, dessen Gelehrtenheim sich auch ihm geöffnet hat, in engeren zu einem Kreise Ulmer Humanisten, deren Haupt der Arzt Wolfgang Richard ist, die aber nur geringen Anschluß an die große humanistische Dichter- und Gelehrtenrepublik, wie sie Celtis organisierte, gefunden zu haben scheinen.

Auch Boemus scheint, obgleich er Celtis kennt[120], den Bestrebungen seiner Schule ferngestanden zu haben. Sein Buch ist hervorgegangen aus dem Bestreben, etwas Ähnliches zu bieten, wie es Enea Silvio in seinen großen geographischen Werken geboten hatte, eine Schilderung des Charakters der einzelnen Völker, wie er sie kennt oder aus den neuen Reisebeschreibungen sich vorstellen kann, entgegengesetzt und verglichen mit dem Bilde der Alten.

Auf Deutschland ist in dem Buche nur ein geringer Raum entfallen, nur 5 Kapitel des dritten Teils, aber sie enthalten in knapper Form eine außerordentliche Menge Interessantes und Wissenswertes. Was wir aus ihm für die Völkerkunde im engeren Sinn, für Sitten und Bräuche der Zeit entnehmen können, ist jüngst kundig erläutert worden. Aber auch in der Geschichte der humanistischen Historiographie verlangt Boemus seinen Platz. Viel verdankt er Nauklerus. Seine Schilderung des Taciteischen Deutschlands lehnt sich an ihn an, aber sie ist geschlossener und zusammenhängender, vielleicht das Beste, was damals im Druck vorlag. Die Charakterisierung der Stände Schwabens bei Nauklerus hat Boemus übernommen und auf Deutschland übertragen, aber zugleich durch Hereinziehung des vierten Standes, [185] der Bauern, erweitert und durch Schilderung von Tracht und Lebensweise lebendiger gemacht. Die Schilderung des Gerichtsverfahrens hat ihn zu weiteren Beobachtungen auf diesem Gebiete geführt, und wir finden hier zum erstenmal in einem gedruckten Geschichtswerke Sätze aus den deutschen Volksrechten.[121]

Was aber den Jünger erheblich von seinem Lehrer unterscheidet, das ist der politische Standpunkt. Es mag mit seiner Beschränkung auf Franken, Schwaben, Sachsen und Baiern zusammenhängen, daß er des Kaisertums gar nicht Erwähnung tut, aber er schildert auch Italien, ohne ein Wort von seinen Beziehungen zum Reiche zu sagen, und dies ganze Buch, das 1517 begonnen und 1520 vollendet ward, enthält nirgends den Namen Maximilians! Am bezeichnendsten für ihn aber ist der Zusatz, den er zu Nauklerus’ Schilderung des Adels gemacht hat: „Gens superba, inquieta, avara, ecclesiae praelatis et eorum bonis insidians semper, subditos rusticos irremissa servitute exercet, incredibile dictu, quantum miseros et infelices homines vexet, quantum exsugat. Esset Germania nostra ter quaterque foelix, si Centauri isti, Dionisii et Phalarides aut eicerentur aut saltem ipsorum tyrannide refrenata et potestate diminuta privatim, quemadmodum in Helvetia nobiles, vivere cogerentur.“

Das Buch Böhms hat denn auch erst bei den Männern, die „schweizerisch“ dachten, bei Sebastian Franck und bei Münster, seine Auferstehung gefeiert. Bei den Männern der „Germania illustrata“ blieb es zunächst wirkungslos, es lag so gar nicht auf ihrem Wege, und Böhm selbst scheint, wie Irenikus, in den theologischen Fragen untergetaucht zu sein. Am Abend seines Lebens ist er zum Luthertum übergetreten. Die Omnium gentium mores sind auch bei ihm der einzige Versuch auf historischem Gebiete geblieben.


Indessen schienen von verschiedenen Seiten die Kräfte einem neuen Versuche, „Deutschland zu erläutern“, zuzuwachsen. Matthäus Lang, der Kardinal von Salzburg, in dem die mäzenatische Überlieferung der Maximilianszeit am lebhaftesten fortlebte, und auf den man als Patron auch dieses Werks hoffte, meinte noch 1532, auf vier Männer als die Säulen eines solchen Unternehmens rechnen zu können, es sind Rhenanus, Aventin, Sebastian von Rotenhan, Sebastian Münster, denen er als fünften den 1531 verstorbenen Pirckheimer beigesellte.[122] Wie Rhenanus von dem Plane einer Germania illustrata ausgegangen war, dann aber doch etwas anderes schuf, haben wir gesehen. Aber [186] auch von den vier anderen können wir zeigen, daß sie an dem großen Werke gearbeitet oder doch zu arbeiten versucht haben.

Am wenigsten deutlich wird uns die Tätigkeit Sebastians von Rotenhan.[123] Der kühne und vielgepriesene Schwager Huttens, dem dieser seinen Vadiscus widmete, hat, soweit wir sehen, wenig Proben seines literarischen Wirkens auf die Nachwelt gebracht. Cuspinian weiß[124], daß er mit derselben Hand, mit der er das Schwert gegen die aufständischen Bauern geführt hat, annales et res gestas zu schreiben verstanden habe. Er selbst erwähnt, daß er seine große Meer- und Landreise beschrieben habe, die ihn nach Griechenland und dem heiligen Lande, nach Italien, Frankreich, England, Dänemark, Schweden, Portugal und Böhmen führte; es war also wohl ebenso sehr eine Bildungsreise als eine Pilgerfahrt. Aber wir haben nichts davon als seine Sinnsprüche, die er in den Sprachen all dieser Länder hat drucken lassen. Ebensowenig etwas von den Quellen, die er nach dem Regino hat edieren wollen; Helmolds Slawenchronik und Widukind sind darunter.[125] Im Zusammenhang mit den Bestrebungen für eine Germania illustrata zeigen ihn zwei Briefe an Aventin. Da erwähnt er, daß er mit der Ausdeutung einiger alter Namen der deutschen Lande beschäftigt sei, aber das kleine Schriftchen, das er darüber drucken ließ[126], ist nichts als eine leere Nomenklatur, zu der uns der Schlüssel fehlt. Das einzig greifbare Ergebnis seiner Bemühung um die deutsche Landeskunde ist eine Karte Frankens, die ob ihrer Trefflichkeit in den großen geographischen Sammelwerken der Zeit immer wieder erscheint.

Mehr können wir von Pirckheimer sagen. Seine Germaniae perbrevis explicatio, die er 1530 erscheinen ließ, sollte sein Beitrag zur Illustratio Germaniae sein.[127] Die Vorrede sprach bescheiden nur von einer Handhabe, die der Verfasser den nach ihm Kommenden bieten wolle, und in der Tat war es nicht mehr. Das Büchlein ist eine Frucht der Ptolemäusstudien Pirckheimers, sein Wert liegt in der systematisch durchgeführten Gleichsetzung antiker Orts-, Fluß- und Gebirgsnamen mit den deutschen der Gegenwart. Über Irenikus, der ja dies, wie so vieles, auch schon versucht hatte, ist Pirckheimer wohl ein gutes Stück hinausgekommen, Rhenanus und Aventin aber hat auch er nicht genug getan.[128] Historisches ist recht wenig in dem Werke und manches davon klingt merkwürdig antiquiert; so etwa, wenn Pirckheimer noch 1530 von dem neulich gefundenen Vellejus spricht und die alten Klagen Bebels über das absichtliche Verschweigen der germanischen Ruhmestaten durch die Römer wiederholt; daß er an [187] die Germania maxima auch jetzt noch glaubt, wie 1517, ist deutlich sichtbar, auch seine Vorliebe für die Goten ist geblieben, ihnen zuliebe führt er uns tief in den sarmatischen Osten hinein, wo er zugleich neues geographisches Wissen zu bieten vermag. Von den Gotenresten in der Krim gab er wohl die erste gedruckte Kunde.[129]

Aber weder Rotenhan noch Pirckheimer boten Vorarbeiten zu einer Germania illustrata, wie sie sich Aventin gedacht hatte. So machte sich dieser, das Erscheinen der deutschen Geschichte des Rhenanus nicht abwartend, am 18. Februar 1531 daran, die Germania illustrata, deren Plan er schon vor zwei Jahren den Freunden verlautbart hatte, selbst zu schreiben.[130]

Es waren in der Tat carmina prius non audita, wie die Ankündigung verheißen hatte, die Aventin hier vortrug. Mit tiefsinnigen Spekulationen über Weltschöpfung, Menschwerdung und Sündenfall beginnend, führte das erste Buch zu Noah, dann zu Tuiscon, der Deutschen erstem König und seinen Verwandten, zu Mannus und seinen Söhnen, zu Ingevon, Istävon und Herimann, dem fünften in der Königsreihe. Also die ganze Genealogie des Berosus, und man durfte sich wundern, sie bei dem Autor wiederzufinden, der über Irenikus so hart geurteilt hatte.

Aber freilich: Aventin hatte mehr zu geben als Irenikus. Es war nicht ein kahler Stammbaum, den er zusammenzimmerte, sondern er brachte die Ordnungen, die Noah gegeben hatte, die Gesetze des Tuiscon, erzählte Ausführliches von den „druten, der alten Teutschen münch“ und von der „außteilung des jars und der zeit“, die bei den alten Deutschen Brauch gewesen war. Das alles, wie er ausdrücklich betonte, nicht nach sagenhafter Kunde, sondern nach den bewährtesten Quellen, zu denen neben und vor den Griechen und Römern auch die alten deutschen Heldenlieder gehören, soweit er sie durch das Dunkel der Zeiten erkennen kann.

Nur dieses erste Buch oder eigentlich nur ein Stück des beabsichtigten ersten Buchs hat Aventin in lateinischer und deutscher Sprache fertig gestellt, neun weitere, deren Plan uns vorliegt, sollten folgen. Ihre Ausführung ist zunächst durch die Verdeutschung der zweiten Hälfte seiner bairischen Annalen, dann durch seinen Tod verhindert worden. Stofflich ist uns kaum etwas verloren gegangen. Denn der Plan der Germania illustrata, oder wie er es dann wohl nennen wollte, des „Zeitbuchs über ganz Deutschland“, stand neben Aventin schon 1526, als er die bairische Chronik begann, ja eigentlich schon, als er 1510–21 die Annales Boiorum schrieb. Im Zusammenhang [188] mit diesen Werken und mit der ganzen Geschichtschreibung Aventins wird von ihm noch einmal die Rede sein. Hier genügt es zu bemerken, daß auch dieser letzte Versuch, eine Germania illustrata auf den Wegen des Celtis zu schaffen, Projekt und Fragment geblieben ist. –

Aber indessen war schon ein anderer Weg beschritten worden. Fast gleichzeitig mit Pirckheimers Büchlein erschien eine zweite Germaniae descriptio, ihr Verfasser war Sebastian Münster.[131] Wir begegneten ihm schon im Kreise des Rhenanus, der ihn für eine Beschreibung des Rheintals zu gewinnen suchte. Damals schon hatte Münster den Plan gefaßt, die Kosmographie zu popularisieren, und seine Arbeiten an diesem Werke hatten ihn, ganz wie Aventin, zu der Ansicht geführt, daß nur durch lokale Arbeitsteilung hier vorwärts zu kommen sei. 1528 hatte er seiner „Erklärung des neuen Instruments der Sonnen“ eine „Vermahnung und Bitte an alle Liebhaber der lustigen Kunst Geographie, ihm Hilfe zu thun zu wahrer und echter Beschreibung deutscher Nation“, beigegeben, in der er in sehr interessanter Weise seinen Plan entwickelte. Hier schon sieht man, daß seine Absichten sich so wenig wie die eines anderen Geographen der Zeit auf reine Erdbeschreibung richteten. Er will ebenso sehr wie von Landschaften, Städten, Schlössern und Klöstern auch von „Eigenschaften, Art, Hantirung, merklichen Geschichten und Antiquitäten, so noch an etlichen Orten gefunden werden“, Kunde geben. Unter den Gehilfen, die er sich erhofft, sind Peutinger, Aventin, Rotenhan, Huttich und Glarean, also auch Männer, die ihr Bestes bisher z. T. auf historischem Gebiet geleistet hatten, freilich nach Sitte der Zeit wohl alle auch auf den Titel eines Kosmographen Anspruch machten.

Die Germaniae descriptio nun sollte zunächst nichts mehr sein als eine Erläuterung zu einem Neudruck der berühmten Karte Deutschlands von Nikolaus von Cusa, die aus dem Besitze Peutingers ans Licht gezogen worden war. Aber diese Erläuterung bot mehr Geschichte als Pirckheimer. Denn Münster meinte, wie einerseits die Geographie die unentbehrliche Grundlage geschichtlichen Verständnisses sei, so sei die Geschichte eine Art Anlockung zur geographischen Kenntnis, und er setzt sich vor, die Lernbeflissenen gleichsam an der Hand zu nehmen und ihnen beiläufig anzuzeigen, wann dies oder jenes Land zuerst erwähnt wird, wann es Grafschaft oder Herzogtum oder gar Königreich geworden ist, wie ein Volk das andere vertrieben habe und Reich auf Reich gefolgt sei. Davon spricht denn auch [189] seine Beschreibung Deutschlands. Sie nennt die alten und neuen Grenzen, die alten und neuen Völker Deutschlands, zählt die Kriege der Römer mit den Germanen auf, gibt die Gründungsjahre der meisten größeren Herrschaften an und erzählt ausführlich von der Übertragung des Reichs auf die Deutschen, nicht ohne die alte Frage nach dem Deutschtum Karls des Großen zu berühren, die dem in Nieder-Ingelheim geborenen Verfasser besonders nahe lag.

Tiefe Studien lagen all dem nicht zugrunde. Die Aufzählung der Römerkriege war nur eine Zusammenziehung aus dem fünften Buch der Exegesis des Irenikus, die meisten Daten genealogischer Art stammten ebendaher, die Vorgeschichte der Franken ruhte ganz auf Trithemius. Aber aus dem ganzen blickt ein gesunder Sinn, und wie Münster bei seiner Beschreibung von Rhein und Donau charakteristischer zu sehen verstand als Pirckheimer und Althamer, so verstand er auch aus dem antiquarischen Wust seiner Gewährsmänner Wichtiges gebührend herauszuheben. Die alte Frage der Rheingrenze tut er mit den Worten des Boemus ab, daß eben in alten Zeiten Flüsse und Berge Grenzen gebildet hätten, jetzt aber die Sprache die Menschen scheide. Wie und wann die einzelnen deutschen Territorien sich aus den Stämmen der germanischen Urzeit gebildet hatten, vermißt er sich nicht zu entscheiden, aber der jetzige Zustand erscheint ihm als Zersplitterung, der alte trotz der Menge der Stämmenamen als Einheit, so daß der Adler des Reichs jetzt seiner Federn immer mehr beraubt wird.

Wie das gekommen ist und manches andere, was die Descriptio nur angedeutet hat, verspricht Münster in einem vernaculus liber ausführlich zu behandeln, den er unter der Feder hat.[132] Es ist nichts anderes als seine berühmte, 1544 zuerst deutsch und lateinisch erschienene Kosmographie.[133]

Das ganze dritte Buch dieses Werkes, an Umfang mehr als die Hälfte des Ganzen, ist Deutschland gewidmet, und der Inhalt dieser „Beschreibung Teutscher Nation“ ist fast durchaus Geschichte. Münsters Programm ist fast wörtlich das gleiche, was Nauklerus seinem Abschnitte über Deutschland vorgesetzt hatte: „Demnach werd ich,“ sagt er, „von unserm teutschen land viel zuschreiben han, nemlich von seinem namen, von seyner gelegenheit, von seinen lendern, stetten und wonungen, von seiner fruchtbarkeit, von seinen völckern, von der alten teutschen sitten, von iren thaten, von ihrer wirdigkeit und von dem regiment, das vor dem keyserthum darin ist gewesen.“

Er hat das nicht ganz eingehalten, vielmehr zerfällt seine Beschreibung [190] in einen allgemeinen und einen besonderen Teil. Der erste bringt im wesentlichen eine Ausführung des Textes der Descriptio Germaniae, der zweite eine Landschafts- und Städtekunde von Deutschland. In dieser haben die Genealogien, die Schlachten und auch allerlei wunderliche Geschichten, wie von dem Donnerkeil von Ensisheim, den Sebastian Brant besungen hatte, oder von den zusammengewachsenen Kindern, die Münster 1501 zu Mainz gesehen hatte, ihre Stelle gefunden. Daneben ist in den Erörterungen über den Ursprung der einzelnen Orte, zumal über ihre Gleichsetzung mit Namen der Ptolemäuskarten, allerlei humanistisches Wissen eingestreut – Münster hatte selbst 1540 den Ptolemäus neu herausgegeben –, aber im wesentlichen haben wir hier das Geschichtsmaterial und die Notizenform der alten Chroniken. Wirkliche Geschichte ist nicht gegeben, schon die sprunghafte Behandlung großer Zeiträume verhindert das, auch die Beschreibung der Schweiz, die mit viel größerer Ausführlichkeit geboten wird, ist größtenteils annalistisch.[134]

Ganz anders wirkt der erste Teil. Hier sind die leitenden Gedanken der Descriptio weiter ausgeführt, und was zugesetzt ist, stimmt meist trefflich zum Ganzen. Am Anfang steht eine Vorgeschichte der „Gothen, Wandelen und Hunnen“, „darumb daß vor zeiten die hoch Teutschen gar vil mit inen zuschaffen hand gehabt und auch großlich von ihnen beschedigt worden“ – wir dürfen wohl hinzusetzen, weil die Kosmographie Gustav Wasa, dem König der Schweden, Gothen und Wenden gewidmet ist. Es folgt ein Abschnitt: „Wie das Teutsch land von alten zeiten her genempt ist worden.“ Also eine Erörterung über das Verhältnis der Namen Teutonia, Germania, Alemannia usw., das schon Felix Fabri bewegte. Was Münster dann über „Örter und Gelegenheit, alte und neue Völker, fließende Wasser“ Deutschlands und über die Römerkämpfe sagt, ist Ausführung von Abschnitten der Descriptio Germaniae, aber vieles ist klarer vorgestellt und neu erörtert. Münster fragt, warum so viele wichtige Städte der ältesten Zeit linksrheinisch und südlich der Donau lägen, und er erkennt sie als Sturmpunkte der Römer gegen das freie Deutschland, das er mit der Klarheit des Rhenanus von dem römischen scheidet, und er fügt gleich hier eine knappe, aber gute Übersicht der germanischen Wanderungen an. Auch die Schilderung der Römerkämpfe hat durch eine Aufzählung der römischen Verwaltungsorganisation in den Grenzprovinzen gewonnen. Im folgenden ist neu ein Abschnitt „Wie die Teutschen ein leben gefürt hand vor vnd [191] ettlich jar nach Christ geburt“, und einer „Von fruchtbarkeit deß alten teutschen ertrichs“, jener auf Tacitus ruhend, dieser die Meinung des Tacitus von der terra horrida et foeda mit der Ansicht des Nauklerus: cessat saepius bona materia sine artifice widerlegend. Seine Erörterungen „Von alter und neuerer theilung teutscher Nation“ zeigen dann deutlicher als die Descriptio, daß er den Ursprung der ersten Königreiche – als solche denkt er sich Baiern, Sachsen, Thüringen und Schwaben – in Verbindung mit dem Zusammenbruch der römischen Macht bringt, die vielen kleinen Fürstentümer aber von der Translatio imperii unter Karl dem Großen ableitet, denn er meint, die Deutschen hätten ihr neugewonnenes Kaisertum nicht höher ehren zu können geglaubt, als indem sie es in einen Kranz kleinerer Würden stellten.[135]

Münster weiß nun aber auch zu zeigen, „wie der Römisch adler berupffet ist,“[136] und er gibt dabei nicht nur die üblichen Klagen über Karl IV. und Wenzel, sondern auch eine sehr klare Darstellung davon, wie die Herzoge, Grafen und andere Herren „nur namen der empter gewesen und nit erblich herrlichkeiten“. Er weiß auch, daß die „stett und flecken seind der keyseren vnd des reichs gewesen“, und daß „die zöll, ongelt, gefell in den selbigen seind ingezogen worden durch des keysers amptleut vnd dem keyser oder künig zugestellt“. Auch von dem allmählichen Aufblühen der Reichsstädte und dem zunehmenden Wettbewerb der Fürstenstädte spricht Münster, und der in der Luft des schweizerischen Basel heimisch Gewordene sagt von den Städten der Eidgenossenschaft: sie „herschen für sich selbs, thun aber doch, was sie dem reych schuldig seynd“.[137]

Diese Erörterung finden wir nun aber nicht, wie wir erwarten sollten, in einer deutschen Kaisergeschichte, sondern erst, nachdem uns die Kaiserreihe von Karl dem Großen bis zu Karl V. in einem kurzen Abriß vorgeführt worden ist. Dieser Abriß ist der unbedeutendste Teil der ganzen Kosmographie, bis zu Friedrich II. fast nichts als eine Nomenklatur mit nicht immer richtigen Daten, von da aber eine Sammlung annalistischer Notizen mit schweizerischer Lokalfarbe, bei der höchstens die sorgfältig gewahrte Unparteilichkeit in religiösen Dingen auffällt.

Das letztere würde mit Münsters auch sonst geäußerten Ansichten stimmen[138], aber der Ton ist von dem übrigen Werke völlig verschieden, und es trifft sich, daß wir durch ein briefliches Zeugnis diesen Abschnitt als Erzeugnis einer anderen Feder nachweisen können. Der Basler Rechtsgelehrte Nikolaus Brieffer, ein Freund des Beatus Rhenanus, [192] hatte ihn verfaßt und Münster bewogen, seine eigenen Ausführungen, die ihm verwirrt, unsicher und beleidigend für die „Auswärtigen“ schienen, wieder zu streichen.[139]

Wir müssen das bedauern, denn wir sind dadurch ohne Zweifel um eine eigenartige Reichsgeschichte gekommen. Daß Münster die Kaiserreihe zu füllen gewußt hätte, lehren verstreute Bemerkungen über die Geschichte Heinrichs IV., die er im zweiten Teil bei Rufach, Mainz, Köln und Sachsen bietet.[140] Auch die Staufer wären dann wohl nicht so ganz in den Hintergrund getreten.

Selbständig ist Münster nun freilich auch in den Abschnitten nicht, die er selbst niedergeschrieben hat. Was er über das römische Germanien weiß, beruht ebenso wie seine Angaben über die Christianisierung Deutschlands[141] in allem Wesentlichen auf Beatus Rhenanus, die Schilderung der Sitten der Germanen ist wörtlich aus Johannes Boemus übersetzt, demselben ist die Ausführung über die „gemeinen breuche vnd sitten ietziger Teutschen völcker“ entnommen.[142] Was er über die Aufeinanderfolge der Namen Teutonia, Germania, Alemannia sagt, erinnert an Aventin, für die Erörterung über Namen und Ursprung der deutschen Städte hatten Irenikus und Althamer vorgearbeitet.

Aber Münster ist trotzdem kein gewöhnlicher Kompilator. Auch wo er einfach zu übersetzen scheint, weiß er seine Meinung auszudrücken, man sieht das, wenn man die Stelle über den deutschen Adel liest, die, eigentlich aus Nauklerus stammend, schon bei Boemus ihr Aussehen charakteristisch verändert hatte.[143] Seine Abhängigkeit von Rhenanus hindert ihn nicht, gegen diesen bei der Ableitung des Wortes „Pfalz“ mit gesunder Logik zu polemisieren.[144] Überdies ist er über seine Gewährsmänner hinaus zu den Quellen vorgedrungen. Nauklerus hat ihn zu den Briefen des Bonifatius, Rhenanus zu Ammian und doch wohl auch zu den Rechtsbüchern geführt, aus dem Schwabenspiegel, der ihm erst im Verlauf seiner Arbeit bekannt geworden war, gibt er in einem eigenen Abschnitte Auszüge, denn er meint, daß dies Buch selten gefunden werde, und fügt daran seine Bemerkungen über römische und deutsche Rechtsentwicklung.[145]

In den gelehrten Diskussionen ist er ganz heimisch, das zeigen seine Bemerkungen über den Zwiespalt der Tacitus- und Ptolemäusinterpreten.[146] Kritisch, wie Beatus Rhenanus, ist er nicht, aber skeptisch. Trotzdem es ihm bei seiner Arbeit nicht wenig um die Origines von Herrschaften und Städten zu tun war, lehnt er ab, [193] Unwißbares zu erforschen. „Da mag nun niemand kein fest Urteil fellen, denn die zeyt ist zu lang“, „es mag nit wol erfunden werden“ und Ähnliches hat er oft. Dafür, daß er sich den Berosus nicht entreißen läßt, hat er seine Gründe,[147] die Chronik von Ebersheimsmünster, gegen die Rhenanus so wuchtige Streiche geführt hatte, war ihm aus dessen eigenem Besitz durch Brieffer zugekommen, aber im allgemeinen darf man sagen, daß der Maßstab seiner Kritik nicht eine Einsicht in den Wert der Quellen ist, sondern der gesunde Menschenverstand, so daß er da zu den besten Ergebnissen kommt, wo er aus eigener Anschauung der gegenwärtigen Verhältnisse redet. –


Mit der Kosmographie Münsters ist der Gedanke der Germania illustrata zu seinem Ausgangspunkt zurückgekehrt: wir fanden ihn zuerst an eine Erneuerung der Europa des Enea Silvio geknüpft, eine Erneuerung der Europa ist das Kernstück und das Beste in der Kosmographie geworden. Münster ist nach langen Zeiten wieder ein Geograph in den Bahnen Strabos, wie es Enea gewesen war.

Eine Germania im Sinne des Celtis aber war Münsters Deutschland nicht. Er hat kaum mehr irgendwelche direkte Einwirkung von ihm erfahren, er ist auch kein Geistesverwandter von ihm, seine Art, die Dinge zu sehen, verhielt sich zu der des Celtis wie ein Meistergesang von Hans Sachs zu einer Celtisschen Ode. Bei seinen Städtebeschreibungen hat die Norimberga nicht Modell gestanden, und von den zwei großen Gedanken, welche die Auffassung des Celtis von Deutschland beherrschen, dem pangermanischen Patriotismus und dem Glauben an ein anbrechendes neues Zeitalter deutscher Kultur, ist bei ihm nur noch der zweite wirksam und auch dieser hat eine Wendung ins Materielle genommen. Nichts erscheint ihm merkwürdiger, als daß Länder, die einst so arm waren, daß sie ihre Einwohner nicht ernähren konnten, wie Schweden, jetzt an Wachstum den anderen voranstehen. Nichts beachtet er sorgfältiger, als die Urbarmachung großer Waldstrecken wie im Schwarzwaldgebiet oder die Wegsammachung des Gebirges, wie bei der Brennerstraße des Augustus, und so ist der Grundgedanke seiner ganzen Schilderung Deutschlands, „daß aus der vordrigen wüsten jetz ein paradys“ geworden ist.[148]

Aber von Deutschland als dem rechten Herrn über alle Völker, der Quelle alles Adels weiß er nichts mehr, so wenig wie Aubanus betont er die alten Rechte der Kaiser auf Italien. Wenn er von den Händeln um Mailand spricht, so ist ihm das hauptsächlich ein Duell zwischen Karl V. und Franz I., bei Venedig wird man vergebens [194] etwas von den Zornesrufen suchen, die aus jeder Geschichtsquelle der Maximilianischen Zeit ertönen. Es ist doch auch nur dadurch zu erklären, daß Münster sich für die deutsche Kaisergeschichte mit dem trocknen Annalenexzerpt Brieffers begnügte.

Diese Mängel und Vorzüge des Münsterschen Werkes sind nun aber wichtig geworden. Denn ein Jahrhundert lang ist die Kosmographie, in 27 deutschen und 8 lateinischen Ausgaben verbreitet, eine bevorzugte Quelle nicht nur geographischer, sondern auch historischer Belehrung des deutschen Bürgers gewesen. –

Man ist versucht, sich auszumalen, wie es wohl geworden wäre, wenn neben Münsters Kosmographie Aventins Zeitbuch über ganz Deutschland gestanden hätte. Gewiß hätten dann die großen Gedanken des deutschen Humanismus in originalerer Gestalt weitergelebt. Deutschland hätte damals seine Kaisergeschichte in dem Sinne erhalten, in dem erst die Romantik sie wirklich geschaffen hat. Aber ganz aus den Ideen des Celtis heraus wäre auch Aventins Buch nicht geschrieben worden. Auch er ist, als er die Feder zur Germania illustrata ansetzt, weit weg von dem sieghaften Optimismus, der noch das Buch des Irenikus durchdringt. Er dünkt sich wie einer der Geschichtschreiber der versinkenden Welt des Altertums[149], das Gefühl der ersten Humanisten, die in Petrarkas Spuren gehend sich am Ende der Zeiten glaubten, ist bei den Männern, die aus der Maximilianischen Zeit hinüberlebten in die Jahre des Bauernkriegs und der Religionshändel, wieder herrschend geworden.

Das ist der innere Grund, der den Plan des Celtis am Reifen verhindert hat. Der äußere lag in der unmöglichen Verbindung des schildernden und des erzählenden Elements. Was hier notwendig gewesen wäre, Kulturdurchschnitte der einzelnen Perioden deutscher Geschichte zu geben, das lag weit über dem Vermögen jener Zeit. Rhenanus hat die Aufgabe erkannt, Aventin hat sie in eigentümlicher Beschränkung, aber mit genialer Intuition angegriffen, von denen, die dann den Humanismus zu überwinden suchten, hat sie einer in seiner Weise gelöst, Sebastian Franck.

Auch der Plan einer lokalen Arbeitsteilung, wie ihn Aventin entwickelte, ging über die Kräfte des deutschen Humanismus. Er hätte höchstens in der Art durchgeführt werden können, wie es Celtis vorhatte, als er sich Beschreibungen aus Tirol und Mähren erbat, die dann doch wohl ähnlich in seinem Werke gestanden hätten, wie die Beiträge, mit denen Münster die späteren Auflagen seiner Kosmographie immer mehr ausgestaltete, und das Kaiserbuch Peutingers [195] hätte sich nicht weniger von seinem Werke unterschieden wie der Geschichtsabriß Brieffers von dem Münsters. Aventin aber war viel zu sehr ein Sohn seines Stammes, als daß er es nicht vorgezogen hätte, auf eigene Faust sich seinen Weg durch das Dickicht deutscher Vorzeit zu bahnen. – Die Gemeinschaft der Humanisten war eben viel mehr eine der Gesinnung als eine der Methode, und auch da ist es auffallend, wie wenig die Arbeiten der einen den andern wirklich zugute kommen. Die Frage nach dem Deutschtum Karls des Großen wird von Wimpfeling bis Münster fast immer mit den gleichen Argumenten behandelt, Quellen, die längst gedruckt sind, werden als neu ans Licht gezogen, noch Lazius hält es für nötig, den Einhard zu entdecken. –

Die Keime, die in dem Plan der Germania illustrata lagen, sind eigentlich erst durch ihre Loslösung aus diesem Zusammenhang fruchtbar geworden. Da erwachsen die Beschreibungen der Schweiz von Glarean und Vadian, die Austria Cuspinians, die berühmte Schilderung Baierns von Aventin.

Die genealogischen Bestrebungen aber, die Celtis seinem Plane hatte dienstbar machen wollen, führen ihr eigenes Leben am Kaiserhof Maximilians, und hier ist aus ihnen auch die einzige deutsche Kaisergeschichte erwachsen, die der Humanismus hervorgebracht hat.




  1. [269] 1) Deutschlands literarische und religiöse Verhältnisse im Reformationszeitalter I, 293.
  2. [269] 2) Vgl. darüber B. Hartmann, Konrad Celtis in Nürnberg i. d. MVG Nürnbergs VIII, 1–68.
  3. [269] 3) Bauch, Die Nürnberger Poetenschule i. d. MVGNürnbergs XIV, 1–64.
  4. [269] 4) Der Vertrag ist gedruckt von Hans Bösch i. d. Mitteil. a. d. germ. Nationalmuseum I, 37 f.
  5. [269] 5) Sein Brief an Celtis aus Anlaß der ihm aufgetragenen Übersetzung der Norimberga: de multis vocabulis tuis mihi opus est auxilio (clm. 431 f. 54).
  6. [269] 6) Titel nach dem ersten Vertrag zwischen Schreyer und Danhauser bei Hartmann l. c. 59, wo aber statt artium libellum architipus jedenfalls liberalium zu lesen ist.
  7. [269] 7) l. c. heißt es: contractus inter me Petrum Danhauser ex una et me Sebaldum Schreyer ex altera parte factus est per egregium et doctissimum dominum Conradum Celtis.
  8. [269] 8) Zweiter Vertrag zwischen Schreyer und Danhauser l. c. 60 ff.
  9. [269] 9) Erste Fassung nur handschriftlich in Nürnberg und München. Ich benutze clm. 951. Daselbst auch in der Schlußschrift das Datum der Aufnahme in die Ratsbibliothek: März 1495. Zur Würdigung Hartmann l. c. 34, Bezold in Sybels HZ XLIX, 37 ff. E. Schmidt, Dte. Volkskunde i. Zeitalter des Humanismus u. d. Reformation 45 ff. Zur Würdigung der Gattung J. Neff, Helius Eobanus Hessus Norimberga illustrata [Lat. Litteraturdenkmäler des XV. u. XVI. Jhdts., edd. Herrmann u. Szamatólcki XIII], doch scheint mir die Einordnung der Norimberga des Celtis in das kulturhistorische Schema im Gegensatz zum geographischen nicht gelungen.
  10. [269] 10) cap. 3, vgl. auch cap. 8: [Sebaldus] paulo post Karoli magni tempora. ut Brittani, Galli et Hibernici christianam religionem in Germaniam invexerant, cum aliis influens primus eius collis et nemoris incolas ad religionem christianam vita et morum sanctitate invitavit. Auf die Neubearbeitung der Sebalduslegende durch Meisterlin, die sich besonders um chronologische Festlegung bemüht, hat Celtis weder hier noch in seinem Hymnus auf S. Sebald, den er 1493 dichtete, Rücksicht genommen.
  11. [270] 11) Accessit mira mihi quaedam historiarum germanicarum vicinarumque nobis nationum cupido. Ut si quos invenissem de regibus et imperatoribus nostris codices aut illorum clare gesta aut dicta ab externis vel nostraciis literis mandata, illos in lucem ederem aut ad illustrandam nostram Germaniam, quae in manibus est, insererem aut argumenta scribendi acciperem (Ruland im Serapeum XVIII, 27 ff.). Gottlieb, Ambraser Handschriften I, 51 will daraus schließen, daß damals (1501) die Germania als ein rein historisches Werk geplant gewesen sei. Mit Unrecht.
  12. [270] 12) Norimberga cap. 3, wo die Oder Guttula heißt.
  13. [270] 13) S. die Beschreibung bei Parthey u. Pinder, Itinerarium Antonini et Hierosolymitanum S. XIII.
  14. [270] 14) S. die Innsbrucker Rede (oben Abschn. IV, Anm. 82): qui praeter tot res fortiter gestas, inter tot curas, negotia, tot domesticas et externas rerum maximarum occupationes audire vis quottidie quippiam historicum ac memorabile, immo vero tuipse diceris conscribere historias et illustrationem Germaniae summo studio meditaris non inferior Iulio illo Cesare.
  15. [270] 14a) Trithemius an Peutinger, Würzburg 1507 sept. 6 [Opp. II, 570]: Quodsi maiestas regia pro chronicorum editione meo delectatur officio, voluntarius ac paratus sum hoc in meo facere coenobiolo, quicquid lucubrandum iniunxerit. Danach wird man den Anteil Maxens an den Quelleneditionen doch stärker betonen müssen, als Ulmann, Maximilian II, 7425 tut.
  16. [270] 15) S. die Beilagen des zweiten Bandes.
  17. [270] 16) Beschreibung bei Bauch, Rezeption des Humanismus in Wien 157 f. nach dem Münchner Exemplar, das Celtis selbst an Hartmann Schedel geschickt hatte.
  18. [270] 17) Theodoriceiden orsus, quo Theodorici regis Gothorum et Germaniae historiam complecti voluit versu heroico, oratione pedestri Germaniam illustratam, situm Norenbergae et de eius institutis, moribus, aliaque non multi ponderis opuscula.
  19. [270] 18) S. das Zitat aus dem Melakommentar bei Klüpfel II, 160. Die Stelle aus Huttich, auf die Klüpfel ebenda anspielt, beweist nichts für eine Existenz des Werkes (s. o. V64). Ein Argumentum e silentio ist, daß Aventin in seinen zahlreichen Erwähnungen des Celtis nur ein Zitat aus der Norimberga zu geben weiß (WW. VT, 156, vgl. IV, 106).
  20. [270] 19) Briefe von 1500 an Sigismund von Windeck, 1501 an Petrus Tritonius, 1503 an Martinus Sinapius, verzeichnet bei Klüpfel l. c. II, 155 f., vgl. Zingerle, Der Humanismus in Tirol unter Erzherzog Sigismund dem Münzreichen 28.
  21. [270] 20) Aventins Hauskalender (WW. VI, 87) zu 1502 dez. 7: venit Chunradus Celtis ad me Apsibergamum, equitavi cum eo Ror et Radesbonnam. Dazu möchte ich die Notiz VI, 142 ziehen, s. u. Anm. 37.
  22. [270] 21) Amores II, 9: Ad Elsulam a priscis et sanctis Germaniae moribus degeneratam.
  23. [270] 22) S. von älterer Literatur den guten Artikel von Wachler bei Ersch u. Gruber IV, 183. Jetzt handelt ausführlich, aber ohne rechte Förderung darüber J. A. Farrer, Literarische Fälschungen, dtsch. von Kleemeier 1907, S. 50 ff. Über die Wirkungen des Pseudoberosus auf die philosophischen Anschauungen des Maximilianischen Humanistenkreises handelt interessant Giehlow, Dürers Stich Melencolia I und der Maximilianische Humanistenkreis (Mitteil. d. Gesellschaft f. vervielfält. Kunst III und IV).
  24. [271] 23) S. die Cohortatio Helvetiorum Bogen l 3; Manethon tamen Aegyptius sacerdos, si res non mentiatur auctorem et liber ad arbitrium aliquorum non sit corruptus, ut multi credunt.
  25. [271] 24) Die ersten Zweifel finden sich in dem sog. Brief der Margaretha Welser von 1511 [s. darüber oben Kap. V, Anm. 71]. In seinem Berosusexemplar auf der Augsburger Stadtbibliothek hat Peutinger vorn eine kurze Inhaltsangabe mit der Unterschrift: τελως(!) XIII kal. januarii Monaci anno MD primo eingetragen. Darunter: Ludovicus Vives Valentinus Hispanus amicorum nostrorum praecipuus in prooemium (!) libri XVIII Augustini de civitate dei ita inquit: Erat quidem ad manum libellus, quem Berosi nomine vendunt bibliopolae, erant alia quaedam Ioannis Annii, quae non dubito, quin admiranda fuissent visa, si attulissem, nempe portentosa et vel solo auditu horrenda, sed ab illis prorsum abstinui, ne de fece, quod aiunt, viderer haurire, hoc est, e libellis frivolis et incertorum autorum, quos ad stupefaciendos imperitos lectores Graecia lusit ociosa non quod si Berosi sciissem esse, non essem perquam libenter usus, sed quod mihi foeturam subolebant Graeci homines, ut etiam Xenophontis aequivoca et alia multa, quae illorum non sunt, quorum titulos prae se ostentant: quod si quis illis delectatur, non procul sunt petenda, amet et fruatur sine me dumtaxat rivali. – Vives widmete seine Ausgabe 1522 Heinrich VIII. von England.
  26. [271] 25) In De vanitate scientiarum cap. 5 De historia.
  27. [271] 26) S. Res Germanicae 29. Auch Stabius kam von seiner Hunibaldkritik zur Verwerfung des Flodoard.
  28. [271] 27) Vgl. für das Folgende Aventin, WW. I, 346 [dazu VI, 131], II, 71, IV, 208, VI, 116, 136 und 161.
  29. [271] 28) Wie Aventin selbst sich hilft, sieht man aus WW. VI, 132: accepit tamen postea Germania et coepit habere tandem suos druidas.
  30. [271] 29) S. den Titel bei Bauch, Humanismus in Wien 1445. Das Carmen auch bei Klüpfel II, 164.
  31. [271] 30) An Augustinus Moravus, Sekretär des Königs von Ungarn, verzeichnet bei Klüpfel II, 157.
  32. [271] 31) Die beiden Gestalten haben, allerdings nicht in solcher Umgebung, auch sonst bei den Humanisten Gnade gefunden, Bartholinus erwähnt sie im Hodoeporicon und Althamer den Neydhardus Francus eques nobilis im Tacituskommentar von 1536 S. 39. S. auch Aventin, Chronik (WW. V, 423) und w. u. die Bemerkungen über Suntheim. Über die damals übliche Verwechslung Neithardts mit Neithart Fuchs s. Bobertag, Narrenbuch (in Kürschners DNL) XI; dazu das Epigramm des Celtis im Serapeum XI, 80.
  33. [271] 32) cod. vindob. 12919 enthält nach dem Katalog folgendes: Rotula vel volumen antiquorum in modum, ’Stemma imperatorum Romanorum’; imperatorum a Carolo Magno usque ad Maximilianum I. prologo et epilogo hexametricis ornatum. Prologus incip.: ’Hec stirps francigenam Regni dum strinxit habenam...’ Et expl.: Successit primus Cunradus nominis huius. In tergo rotulae ’Stemma regum Francorum a Carolo Martello usque ad Carolum Magnum’. Epilogus incip.: In duo diuisa troiana propago parente... ’Et expl.: Stirps diuisa prius iungitur arte sua.’ Ad calcem legitur ’Regie Maiestati (sine dubio Maximiliani I.) ad instantiam Conradi Celtis frater Nicolaus Glasperger Moravus ordinis Minorum de observancia hanc rotulam propria manu scripsit et congessit’. – Es wäre wichtig, das Stück datieren zu können. Leider ist mir das nicht möglich. Glaßberger [272] ist uns wohl bekannt als Verfasser einer wichtigen Ordenschronik [gedruckt Analecta Franciacana II], die 1508 geschrieben zu sein scheint. Die Bekanntschaft mit Celtis kann er in Nürnberg gemacht haben, wo er Beichtvater der Nonnen von St. Klara war. Vielleicht ergibt die Hs. selbst weiteres. Gottlieb, Ambraser Hss. I, 137 bezeichnet sie als Stammbaum Maximilians I. Ich bemerke noch, daß Celtis noch im Ludus Dianae (1501) von den Habsburgern sagt: gens Aventino sanguino nata. Wenn also die Hs. eine Frankengenealogie der Habsburger enthält, muß sie jünger sein.
  34. [272] 33) S. über ihn Heyd in ADB. XXXVII, 161 ff. und Anton Mayer, Gesch. d. geist. Kultur in Niederösterreich 225.
  35. [272] 34) Michael Styrus Transsylvanus an Celtis 1498 bei Aschbach, Gesch. d. Wiener Universität II, 377.
  36. [272] 35) Trithemius, Chronicon Sponheimense (Opp. II, 416): Eodem etiam anno in octavo S. Laurentii martyris (17. aug.) dominus Johannes Trithemius abbas maiorem campanum ante decennium confractum denue maioremque, quam prius erat, fieri fecit, quindecim centenaria aeris optimi appendentem, quam postea in die Cosmae et Damiani (27. sept.) per se solenniter benedixit Conrado Celte Protucio poeta laureato et Ladislao de Sontheim historiographo, oratoribus Maximiliani regis Romanoram ad ipsum Trithemium in quodam negocio missia, praesentibus. – Dazu die archivalische Notiz bei Gottlieb l. c. I, 506.
  37. [272] 36) Suntheim an Matthäus Lang 1503 nov. 20 im Jb. d. kunsthistor. Sammlungen d. allerhöchsten Kaiserhauses V, 2 Regesten nr. 4491.
  38. [272] 37) Aventin WW. VI, 142: Raetobonnae in templo divi Haemerani servatur diploma a Carolo magno datum, latina quidem lingua, aliis tamnen litteris depictum, que similiores sunt graecis quam latinis. Chunradus Celtis geticas esse existimabat, Fuxomagus iureconsultus et senator caesarius longobardicas vocabat.
  39. [272] 38) Es sind die Stuttgarter Hss. F. 249 u. 250. Für die Beurteilung des Inhalts genügen die ausführlichen Inhaltsangaben bei Zapf, Merkwürdigkeiten der Zapfschen Bibliothek, und bei Heyd, Die historischen Hss. der K. Bibliothek zu Stuttgart 118 f. Hier auch Angabe der gedruckten Stücke. Eine etwas abweichende bairische Genealogie Suntheims von 1511 bespricht Rockinger i. d. Abhandlungen d. bayr. Akademie III Cl., XV. Bd., I. Abt. S. 16 ff. In clm. 1231, den Suntheim 1511 an Maximilian sandte, unter anderm auch eine sehr unbeholfene Übersetzung eines Stücks der Historia Austriaca des Enea Silvio, vor allem die Kritik des Gregor Hagen enthaltend. – Die Nachricht, daß Suntheim de lingua vulgari per Germaniam superiorem et historiarum collectanea geschrieben habe (Oefele, SS. rer. Boicarum II, 561 nach Simlers Epitome Bibliothecae Gesnerianae) ist zu emendieren: lingua vulgari per Germaniam superiorem locorum et historiarum collectanea scripsit. Zur Würdigung Riezler, Gesch. Baierns III, 914.
  40. [272] 39) Charakteristik Ludwigs des Baiern (Oefele l. c. II, 564): Fuit amicabilis et multum humanus et libenter salutabat homines utriusque sexus et ideo omnia fortunate sibi successerunt, et in necessitatibus fuit animosus et piovidus et in omnibus se gessit sicut principem decet, sed non fuit doctus, nec litteratus. Hoc postea sibi cessit in damnum et fundavit monasterium Etal ordinis S. Benedicti anno 1330 et dedit casum ab uno equo in venatione et obiit in excommunicatione anno salutis 1347. – Charakteristik Ludwigs des Bärtigen von Ingolstadt (l. c. 568): fuit princeps elegantis staturae, fortis, animosus, rixosus et derisor hominum et habens proverbium so Laus so . . . (et semper dixit so Laws so) [273] und poths Laws, wil uns dan der Hocker, denotando filium, die Schwester designans Heinricum nigrum de Landshuta, und der newlich edl, kheyen(?), putans Albertum marchionem Brandenburgensem. – Eberhard der Greiner (l. c. 592): ist gewesen ein frischer, frewer kazpalger und kriegsman. – Über Ulm (Württemb. Vjshefte f. Landesgesch. VII, 128): Vlm vor zeiten ain dorf des abts aus der Reichenaw vnd itzund ain mechtige reichstat, ligt an der Tuonaw vnd die Pia rint durch die stat vnd für die stat. Ist ain rechte werliche stat, hat ain schöne pfarrkirchen vnd vil brister, da vil gueter singer, da ain schöner tawfstein vnd ain schönes sacramenthaws, da ain closter predigerorden vnd parfüsser observantzer, da geregelt khorherrn genannt zu den Wengen vnd auch ain teutsch haws vnd ain frawencloster, da ain schöner werd, genannt im gayswerd, da gend die gemayn frewlein ein vmb die weld zu mern aus dreyen hewsern zum Gumpen, zum Kappen und zum Stern. Vnd vmb die stat ain schöne ebene weld zu reyten vnd zu gen. Item es wechst wein vmb Vlm, genannt Michelsperger vnd ist als gut als kelheimer. Dapey ain cappel, genannt Sant Michelsperg. Vnd zu Ulm macht man den pesten parchant vnd sein schöne plaichheyser da; vnd ist hoffärtig volckh vnd schön frawen da. Da von ist ain Sprichwort: Und kam ain saw von Ulm, sy hett ain krümmern swantz, den ain ander saw.
  41. [273] 40) Kommentar zum Pomponius Mela (1522) S. 177 beruft sich auf Suntheims Rhetiae descriptio, quam sua lingua, hoc est Germana, edidit.
  42. [273] 41) Nach dem Briefwechsel Peutinger-Celtis in clm. 4028. Ich werde ihn den Beilagen des 2. Bandes beigeben.
  43. [273] 42) Eine Biographie ist von A. Reimann, der Briefwechsel von Reicke und Reimann zu erwarten. Bis dahin Fr. Roth, Wilibald Pirckheimer, ein Lebensbild aus dem Zeitalter des Humanismus und der Reformation [Sehr VRefG. XXI 1887] und K. Hagen, Deutschlands lit. u. rel. Verhältnisse im Reformationszeitalter I, 281 ff. Eine gute Charakteristik bei M. Jansen, Kaiser Maximilian I. S. 118 ff.
  44. [273] 43) Vgl. für Pirckheimers geographische Interessen S. Günther, Der Humanismus in seinem Einfluß auf die Entwicklung der Erdkunde (Geogr. Zs. 1900) 812.
  45. [273] 44) St. Chr. III, 48.
  46. [273] 45) S. den Brief von 1498 an Johannes Schlechta bei Klüpfel II, 153, dazu Epigrammata V, 11 und Bauch, Humanismus in Wien 91.
  47. [273] 46) S. K. Otto, Johannes Cochläus der Humanist S. 39. Zur Würdigung Günther i. d. Mitt. d. Ges. f. Erzieh. u. Schulg. VII, 11–21.
  48. [273] 47) Bauch i. d. MVGNürnbergs XIV, 42 ff.
  49. [273] 48) Chelidonius an Cochläus: Hic dum quorundam commemoras industriam, palpatoria nomen, ut ais, fugiens, nostri Bilibaldi Pirchameri studia quidem exprimis, sed nomen doctis omnibus clarum et observandum supprimis. Cuius mihi tota stirps fronduisse nil aliud quam litteras videtur, seu parentem ipsius, sive germanas, sive (quod alias perrarum est) filias impuberes respicias, musicen et latinitatem ultro, non secus ac ad easdem natae essent, arripientes.
  50. [273] 49) cap. 5: Helvetii sunt, qui nunc vulgo Suitenses dicuntur: Sabaudiae Burgundiaeque contermini Alpium incolae, prodiga quidem gens animae omniumque pugnacissima. Brevi utuntur armatura, pectore tantum verticeque ac interiore parte lacertorum contecti, pedites egregii, equites pauci, bello indomiti, finitimis timendi, peregrinis humani, religione pii, libertate incliti. – cap. 6: In parte orientali proxime Norimbergam sunt Montani. Hinc Bohemi, Moravi, [274] Slesitae, Pannonesque superiores. Montani terram incolut sterilem, silvestrem ac lapidosam. Misera sane gens, si Norimbergam vicinitate tam propinquam non haberet, ex qua et vina et reliqua vitae necessaria sibi conquirunt rusticasque suas opes ferrumque parata illic pecunia commutant. – cap. 8: Westfalia est regio magna, multis urbibus exornata, terra frigida, Visurgi, Amasi et Sala fluminibus irrigata et proinde pecorum pascuis quam arvis laetior, vini expers, nisi aliunde importetur. Populus robustus laborumque tolerantissimus, cui cerevisia potus caseusque ac niger panis cibus, caro quoque tum bovina tum suilla et quidem plurima, sed plerumque fumigata. – Versus Rhenum in continente est Brabantia amoenissima simul et potentissima Germaniae provincia, contigua ad occasum quidem Flandriae, ad austrum Galliae, ad ortum Gelriae, ad aquilonem vero Holandiae. Terra sterilis agri, vitibus carens, gens industria opificiisque excellens, mercatores sane ditissimi, artifices ingeniosi, pictores egregii, fabri et ferrarii et argentarii praestantes, textores insignes, mulieres et forma et arte in Germanas primariae.
  51. [274] 50) Über Irenikus hat Horawitz, Nationale Geschichtschreibung im sechzehnten Jahrhundert (Sybels HZ. XXV, 66) gehandelt, doch ist hier nur das Biographische einigermaßen erschöpfend, wenn auch jetzt veraltet, die Besprechung der Exegesis aber kaum mehr als eine Inhaltsangabe. Den Zusammenhang mit den Plänen der Germania illustrata hat zuerst E. Schmidt, Dte. Volkskde. im Zeitalter des Humanismus u. d. Reformation 56, gesehen. Eine Quellenuntersuchung wäre wünschenswert. Ich zitiere die Exegesis nach der ersten Ausgabe mit Buch- und Kapitelangabe. – Das Geburtsjahr des Irenikus kann nur aus seiner eigenen Angabe in der Oratio protreptica: nondum vigesimam tertiam aetatem ingressus hoc mare instructo navi primus imbui (ebenso I, 2) erschlossen werden. Falls das auf den ersten Plan geht, der vielleicht schon 1516 liegt, wäre 1493 oder 1494 anzusetzen. Der richtige Familienname ergibt sich aus der Heidelberger Matrikel, die Leipziger nennt zu 1441 einen Johann Fritcz de Etlyngen, doch wohl einen Verwandten, vielleicht den Großvater.
  52. [274] 51) Reuchlins Briefwechsel ed. Geiger 103 d. d. Pforzheim 1507 (?).
  53. [274] 52) Exegesis III, 116: [über Johann Degenhard und Bernhard v. Pfeffingen] quos nostra saecula viderunt longa peregrinatione ac experientia rerum multarum celebres auratorum equitum titulos desumpsisse. So öfter z. B. III, 117 über die Nürnberger.
  54. [274] 53) II, 29: (Über die Badesitten der Deutschen und Italiener) Illa consuetudo etiam nostra tempestate in balneis ubique observatur, Italorum vero mulieres e via vix sine comite egrediuntur. Doch kann hier leicht eine Mitteilung, etwa Pirckheimers, Quelle sein.
  55. [274] 54) II, 43: Ad Argentinensium numerum me conferam, ubi Ruserus ille Joannitarum ordinis vir exercitatissimus meretur, quem ante multos annos disciplinis optimis penitus deditum assidua nostra conversatione vidimus, tum multo artificio athletis summis respondentem, nunc vero empiricos quosque vincentem. – Gleich darauf eine Charakteristik Jakob Sturms, sicher aus persönlicher Bekanntschaft. Diese und die weiter aufgezählten nennt Wimpfeling 1514 an Erasmus alle als Mitglieder der Straßburger Literarischen Gesellschaft, s. Knepper, Wimpfeling 2885 und 308, für Ruser, der später in Schlettstadt ist, auch Briefwechsel des Rhenanus 61 und 620.
  56. [274] 55) Ich sehe in III, 53: [Nuper autem antiquitatis perscrutator diligentissimus [275] palatium Rheni intellexisse Marcellinum voluit, quia ultra Rhenum tunc temporis omnia erant Romanorum et citra Burgundiis ascribebantur. Facile assentior, nisi quod temporis ratio me dubium agit. Marcellinus temporibus Valentiniani et Iuliani vixit, quorum temporibus bene huius loci vestigium fuisse persuasum habeo. Videat alius, an hunc aut alium locum voluerit Marcellinus his verbis significare] eine deutliche Anspielung auf die Ansichten, die Rhenanus Res. Germ. 52 und 123 ausspricht. Dann aber konnte Irenikus davon 1517 oder noch früher nur aus persönlicher Mitteilung des Rhenanus Kenntnis haben und die Bemerkung, die er II, 40 über Rhenanus macht [eum aiunt maximum quoddam moliri], gewinnt einen tieferen Sinn.
  57. [275] 56) Für die persönlichen Beziehungen s. Exegesis I, 31 (Nachrichten von Kaufleuten relatu Bilibaldi Pyrckaimeri), II, 20: Vidi ipse vascula maximo auro nobiliora Nurembergae penes Bilibaldum Pyrkaimerum patricium, Caesareae maiestatis consiliarium . . . Interessant ist, daß er auch die ungedruckte Pirckheimersche Übersetzung des Horapollon (s. dazu Giehlow in d. Mitteil. d. Gesellschaft f. vervielfältigende Kunst 1903, S. 70) kennt, denn darauf bezieht sich II, 40: tantum etiam laboris in Gly. illo de literis aegyptiacis consumpsit. Erwähnt wird diese Übersetzung allerdings schon in der Dedikation Johann Werners an Pirckheimer, mit der er seine Ptolemäusausgabe von 1514 begleitete.
  58. [275] 57) II, 109 erwähnt er zwei Bücher über Markgraf Philipp von Baden, die er vollendet hat und nächstens veröffentlichen will. XI s. v. Alsatia nennt er die Odilia. Von beiden ist nichts bekannt geworden.
  59. [275] 58) Melanchthon an Althamer (s. o. Abschn. V Anm. 191): Nam et Franciscum Irenicum saepe poenituit non audisse meo consilio. Die Warnung kann allerdings auch noch 1518 während des Druckes der Exegesis in Hagenau erfolgt sein (s. u.). Über den Tübinger Aufenthalt des Melanchthon und die Neckargenossen sind wir leider ganz dürftig unterrichtet, s. Ellinger, Melanchthon 62 ff.
  60. [275] 59) Exegesis II, 39: Dulcissima tua conversatio, qua mecum Hagenoae usus eras.
  61. [275] 60) Chr. Scheurls Briefbuch edd. Soden und Knaake II, 21. An Erasmus Stella 1517 sept. 27, ebenso an Trutvetter und an Spalatin am 30. Daselbst im wesentlichen gleichlautend die Inhaltsangabe der uns nicht erhaltenen ersten Bearbeitung der Exegesis.
  62. [275] 61) Der Druckfehler in den Scheurlbriefen humilitate für humiditate ist zu verbessern.
  63. [275] 62) Scheurl an Spalatin 1517 nov. 3 (l. c. 35): Germanorum commentarii, quos tantopere desideras, mea opinione prelum subiere, te quoque adituri.
  64. [275] 63) Quelle hierfür und für das folgende ist der Brief Pirckheimers an Irenikus, der in den Opp. Pirckheimeri ed. Goldast p. 313 steht. Hier aber ist er an Rhenanus gerichtet und Horawitz und Hartfelder haben ihn denn auch im Briefwechsel des Beatus Rhenanus ebenso abgedruckt und zu 1530 zu datieren versucht, trotzdem nicht die geringste Beziehung des Inhalts auf die Res Germanicae des Rhenanus möglich ist. Eine Diskussion ist nicht nötig, da sich Irenikus an zahlreichen Stellen der Exegesis deutlich auf diesen Brief bezieht (s. I, 34, IV, 28, VI, 30, VII, 20, XI s. v. Austria, XII s. v. Vuestria). Damit wird nun die Bemerkung III, 117: is opem suam et bonam partem Germaniae nostrae attulit, ductu huius studia nostra reddidimus alacriora, multa emendavimus, plura detulimus, plura addidimus vollkommen deutlich. Durch den Scheurlbrief [276] und den w. u. zu erwähnenden Brief des Thomas Anshelm läßt sich der Pirckheimerbrief sicher zum Herbst 1517 datieren. Die Folgerungen, die man für einen Anteil Pirckheimers an dem Buch des Rhenanus aus dem Brief gezogen hat, sind also zu streichen. Ich bemerke noch, daß von den Anmerkungen, die Horawitz und Hartfelder dem Stück beigegeben haben, die zweite [Avares für Anures] durch Exegesis I, 34 bestätigt wird, dagegen ist Anm. 4 Aimoin und Anm. 6 das viel verbreitete Buch des Michael Riccius, De regibus Francorum gemeint. Ferner, daß Exegesis VII, 22 auf einen zweiten, uns wohl verlorenen Brief Pirckheimers an Irenikus angespielt ist, dessen Inhalt (non esse nec fuisse unquam Rhipheos montes) auch wegen der Beziehungen zu dem berühmten Huttenbrief vom 25. Okt. 1518 interessant ist. Er beweist, daß Pirckheimer seine Kenntnisse der Entdeckungen Michows nicht erst durch Hutten erhielt, sondern wohl schon 1517 durch Adelmann, der das Michowsche Buch als Augsburger Novität erwähnt [Heumann, Documenta 165].
  65. [276] 64) Heumann, Documenta literaria 13: Cochläus an Pirckheimer, Bologna 1517 märz 7: (hat an Anton Kreß seine 5. Querela gegen Justinian geschickt, sie enthält quinque quaterniones de bello Gothico).
  66. [276] 65) Den sehr interessanten Brief hat O. Hase, Die Koberger2, besprochen und den Originaltext im Anhang (Briefbuch der Koberger CXXV ff.) gegeben.
  67. [276] 66) Wird bestätigt durch Exegesis III, 117, s. o. Anm. 63.
  68. [276] 67) Natürlich = non vocatus. Steiff hat im CBlBiblW IX, 302 durch ein Mißverständnis und falsche Interpunktion eine Anspielung auf Johann Setzer herausgelesen, den Irenikus Exegesis II, 43 als Academiae Anshelmianae praeses erwähnt.
  69. [276] 67a) In der Stelle: et quod non sine stomacho vel risu potius recensendum est, non defuere temporibus nostris scriptores, et germani quidem, qui etiam a Nili ortu suam derivavere historiam. Verum cum ad Germanorum res gestas et nostra perventum est tempora, vel dissimulantes praeteriere vel quae maxime enarrare oportebat, penitus intaeta reliquere . . . Quid enim facerent? Cum unde suffurari posset, minime haberent ... klingt das Urteil über Nauklerus (s. o. IV119) deutlich wieder.
  70. [276] 68) S. Hase l. c. 96.
  71. [276] 69) Oratio protreptica (ungezähltes) Bl 238b.
  72. [276] 70) Interessant dazu Exegesis III, 22: Plura nobis obvia essent afferenda, quae αὐτοσχεδιαζόμενα indulgenter, non accersita, sese nostrae memoriae ingerunt, quae sine magno etiam scribendi labore sua sponte nobis affluerent ac dicenda essent, nisi operis nostri necessitas omnem eorum mentionem excluderet.
  73. [276] 71) Man kann aus den Celtiszitaten fast das gesamte bei diesem stehende historische Material zusammenlesen. Ob er auch Ungedrucktes gekannt hat? S. Klüpfel, Celtis I, 76. Sein Urteil über Celtis in der Quellenschau De Germanis scriptoribus I, 2: Hi Germaniae professores, tantus numerus, ut periculum sit, duos e multis, Cornelium Tacitum et Ligurinum invenire, Celtem et Peutingerum Cunrados reperire ist zugleich charakteristisch für seinen Stil.
  74. [276] 72) Die Vita Severini III, 14, mit der epistola Eugippii ad Paschasium für die Rugierkönige zitiert [vgl. IX, 6]. Ich finde sie sonst nur bei Cuspinian und Aventin. Zu Königshofen III, 35 [Jacobus Kinghoffensis chronographus] und II, 49 [Argentinensium probata chronica, non multum hactenus visa], doch war Königshofen längst gedruckt. Ich notiere ferner: Lorscher Annalen (III, 35), Nürnberger Annalen [277] (III, 58), Annalen von Klingenmünster (XI s. v.), von Eßlingen (ebenso), der Markgrafen von Baden (ebenso s. v. Eppingen).
  75. [277] 73) Für Ecks Rede III, 57: Sunt qui tradunt Rudolphum Habspurgensem comitibus Zolrensibus marchionatum Brandenburgensem tradidisse, ut Eckius theologus. Gemeint ist die Rede De nobilitate literis exornanda et laude marchionum Brandenburgensium, erschienen 1515 (Wiedemann, Eck 459 f.). – Zitate aus Reuchlins Clarorum virorum epistolae II, 46, IX, 17 und XII s. v. Maydenburg. Ferner ist zu beachten II, 1 ein Brief Georgs von Gemmingen an Wimpfeling (scheint unbekannt zu sein, vgl. Falk, G. v. Gemmingen in HPBll. CXXI, 869 ff.). II, 46: Aegidius Antwerpianus Martino theologo, ibid. Jacobus Landspergius ad Thomam Wolphium [vgl. Knepper, Wimpfeling 257 und Stauber, Die Schedelsche Bibliothek 189].
  76. [277] 74) Nach Exegesis IX, 8 u. 17 und XII s. v. Mediolanum hat ihm Peutinger über deutsche Ortsnamen geschrieben. Was die tabula Peutingeriana betrifft, so sagt Irenikus IX, 7: Pervenit nuper ad nos Itinerarium quoddam, ut antiquum, ita festivissimum, quod Augustanum vocabant, ubi repertum fuisse dixerunt. Rhenanus wurde, als er die Res Germanicae begann, auf diese Stelle aufmerksam und erkundigte sich durch Michael Hummelberg bei Peutinger. Hummelberg erwiderte 2. Nov. 1525 (Briefwechsel 341): Pro Itinerario οὗ μέμνηκεν ὁ ἐκεῖνος, Peutingero scripsi tuo iussu, sed noram tacito. Nihil is de eo novit. Putat vero Irenicum id, quod Antonini est, Augustanum vocare, quod ab Augusto illo Pio sit conscriptum. Ebenso sagt Hummelberg [Briefwechsel 352], nachdem ihm Peutinger die tabula zur Abschrift geschickt hatte: Celticum ὁδοιπορικὸν omnino non est, quod Εἰρηνικός allegat. Trotzdem ist nach den Angaben, die Irenikus l. c. und IV, 33 macht, kein Zweifel, daß er die Celtiskarte benutzt hat (entscheidend: Lambach praetera monasterium non longe a flumine Drav Ovilia ab eo appellatur, ab Antonini vero Itinerario Ovilabis), wie auch Konrad Miller, Die Weltkarte des Castorius 11 annimmt. Da er sie nur von Peutinger erhalten haben kann, so hat dieser später aus uns unbekannten Gründen die Tatsache abgeleugnet.
  77. [277] 75) Er kennt ΙΙI, 35 den Mainzer Bischofskatalog, auf den wohl auch XI s. v. Argentoratum und XII s. v. Wormacia angespielt ist. Wo der III, 4 aus Gresemund gegebene Stammbaum der ersten germanischen Könige stand, ist unsicher. Haben wir hier einen Rest der von Mutian (s. u. Anm. 112) erwähnten Arbeiten Gresemunds zu einer Germania illustrata?
  78. [277] 76) S. Exegesis IX, 17 und 18. Dazu oben S. 148.
  79. [277] 77) Vgl. Günther i. d. Geogr. Zs. 1900 S. 80.
  80. [277] 78) Exegesis III, 22: Joannes monachus, so auch stets bei Cuspinian. Das Schreiben Maximilians vom 20. Aug. 1514 bei Goldast, Opp. Pirckheimeri 93.
  81. [277] 79) Exegesis II, 45: Columnae quoque penes Treviros videntur, characteribus hellinis insculptae, quarum verba graeca adduxissem, nisi manca, corrupta, exoleta ac pene omnino desiderata fuissent, ita ut nihil pene graecae literaturae plus sapiant. Dazu Pirckheimer an Reuchlin, Nürnberg 1512 dez. 1: Reperi Treveri antiquitates varias tam graecas quam latinas. Ex quibus graeca ista mitto et latina, si tibi id placere intellexero, tuum itaque erit rescribere [Reuchlins Briefwechsel ed. Geiger 184, vgl. Bursian, Gesch. d. klass. Philol. I, 1632]. Danach kann Irenikus die Abschrift bei Reuchlin oder Pirckheimer gesehen haben oder sich, da er die Briefsammlung kannte (s. seine Zitate oben Anm. 73), danach erkundigt haben.
  82. [278] 80) Exegesis III, 10 und VI, 19. Das Zitat ist die korrumpierte Wiedergabe einer Suidasstelle über Zonaras.
  83. [278] 81) Exegesis I, 31: Plura etiam vocabula germanica tunc in Gothorum usu fuisse apud Jornandem videmus et demum propria eorum nomina Germanos Gothos fuisse produnt, eorum enim semper reges Berich, Filmer, Valamir, Deinterich, Eurich, Ermanrich, Gebrich, Aorich, Gunderrich appellabantur.
  84. [278] 82) Exegesis I, 2: Pomponius Mela ca. III. de Germania agens nullam regionem, vix urbem enumerat, tantum mores. Solinus hunc secutus angustissime absolvit. Contra Ptolemaeus urbes Germaniae enumerat moribus posthabitis, tamen inconcessa obscuritate fuscatas, ut capite sequenti patebit. Strabo libr. IIII et VII non totam cognovit Germaniam, vix mediam.
  85. [278] 83) Über Berosus äußert er sich Exegesis III, 4: Nec desunt doctiorum hominum sententiae, quae librum illum auctorem mentitum volunt nec esse Berosi, quibus auscultarem, nisi Manetho ac Iosephus ea paene verba Berosi allegarent. Über Hunibald III, 76: multae opinionis vir, cui non ob styli elegantiam, verum tantum propter antiquitatem libentius ausculto. Ebenso benutzt er die Chronik von Ebersheimsmünster und die Gesta Treverorum [Exegesia II, 1 u. II, 4]. Eine besondere Rolle spielen sodann Annalen des Methodius und der Hermannus, Saxonicus scriptor, der auch bei Althamer viel zitiert wird.
  86. [278] 84) Für Ammian z. B. II, 9 [zu XV, 9, 8], für Tacitus IV, 4, wo er in Germania cap. 4 aus [Germanorum] . . . magna opera herstellt magna corpora [„ut in antiquissimo codice vidi“].
  87. [278] 85) Exegesis II, 48: Longo autem praedictis ille antiquiores Comesinus, Zerita et Deceneus, scriptores natione Gotthi polluerunt, Jornande referente, quos et libro primo capitulo primo adduximus.
  88. [278] 86) Exegesis II, 13 [Übergang der Christianisierung der Germanen zu ihrer „humanitas et xenia“]: Christianitatis virtuti humanitatem Germanorum annectere volui, ut eminentissimum ac praecipuum verae religionis indicium. Nec quidquam aliud maius humanitate Christiano militi imputari potest [Anspielung auf Erasmus, Encheiridion?]. Für die Disposition des Gesamtwerkes sind die Einleitungen der einzelnen Bücher zu beachten.
  89. [278] 87) Vgl. Exegesis II, 31 mit Bebel, Commentaria epistolarum conficiendarum, Cuspinian, Caesares 327 (s. u. VII85), Beatus Rhenanus 112.
  90. [278] 88) Exegesis II, 38: quicquid ἐκ τοῦ εὐρείου Erasmi flumine producitur, genuina nota signatum est, ut quocumque vertatur, autorem haud facile mentiatur, quominus Erasmicum sonet et censeatur. Nil enim externi sapit, nil peregrini patitur . . . Stilus vero eius est tam effusus, candidus, luculentus, ita proprius, ut κατὰ ὀνοματοποιίαν quaelibet materiae verba adeo accommodet, ita cuilibet rei suam reddat dignitatem, ut ad fingendam orationi venerem nemo magis aptus, nemo promptior ipso habeatur. Aliquando surgit et tam varias iuxta rei proprietatem vultus actioni tradit, ut exiguam rem aut penitus nullam in elephanti molem exire cogat, famulante sibi eloquentia, ac ultra rei subiectae caput extendat. Tanta orationi eius αὐτοκρατία inest, ut in ea nihil excludatur, quod ullo pacto desiderari posset, nihil interseratur, quod τὴν περιω[σι]ολογίαν aut excessionem sapiant. Verum cuncta in morem cyclopaediae sequuntur, foelici rerum serie se invicem succedunt, invicem adaptant, ut una ablata squama aut fibula totius lorici ratio auferretur, subverteretur aut ad minus perfectioni sententiae derogaretur. – Für die „Aktualität“ der Exegesis ist es bezeichnend, [279] daß Irenikus hier auch schon die Ausgabe des griechischen Neuen Testaments des Erasmus anführt.
  91. [279] 89) Exegesis III, 80: Sunt praeterea, qui intentissima cura Suevorum historiam adierunt, ut Urspergensis, Conradus Peutinger et alii. Nauclerus paulo effusius rem tractavit, verum non per modum genealogiae, nunc illum, nunc hunc tantum nominando, sine omni progenierum aut stirpium connectione et necessitate.
  92. [279] 90) Doch scheinen sie mehrfach auf gleichen Quellen zu beruhen. Ein Vergleich würde sich lohnen.
  93. [279] 91) S. die Tafeln Exegesis III, 4, 17 [Franken hier ohne Trojanerstammbaum], 33 [alle Kaiser von Karl d. Gr. bis Maximilian „quomodo de genere in genus descenderint“].
  94. [279] 92) Exegesis III, 58: aliquorum nomina in Katelspurg loco, tribus a Norinberga miliaribus distante, continentur, ubi et eorum genealogia ac sepultura memoriae prorogantur. III, 59: Vidimus huius rei testes literas in castro Schillingsfurst, ebenso III, 99. Vgl. im geographischen Teil X, 12: Verum Germania circa Nurembergam altissima est et praecipue versus partes, ubi arx Schillingsfurst cernitur, quem locum totius Germaniae eminentissimum altissimumque puto (! Schillingsfurst liegt in der Tat auf einem Höhenpunkt der fränkischen Terrasse). III, 91 kennt er eine Münze von Wilhelm von Holland, dem Sohne Ludwigs des Baiern.
  95. [279] 93) Exegesis III, 63: Omnes illae praedictae facultates uni Henrico accesserunt, foelici plane ac omnium principum absolutissimo, si quid in rerum natura tam absolutum fuisset, quod stabilitate quadam modesta ac foelicitate niti possit, ita quod interitu careret.
  96. [279] 94) S. die Bemerkungen über die bairischen und schwäbischen Genealogien.
  97. [279] 95) Für die Disposition Buch IV Prooemium: Verum ut demum ad rem, quam paro, redeam et institutum ordinem dicam, quem ita stare volumus, ut in proximo libro de Germanorum nobilitate agatur. Liber igitur subsequens rei superiori natura coniungitur, nam praesens liber ad bellicam Germanorum virtutem transibit, ex qua verae nobilitatis fons in Germanos descendit, unde magna illius voluminis pars ex priori pendet.
  98. [279] 96) Exegesis V, 39 wohl die erste Zusammenstellung der antiken Nachrichten über den Limes, dann 40: Germania quamquam exilis fuerat et undique Romanis [Text: Germanis] circumdabatur, tamen Romanorum potentiam posthabuit. Unde Romani libenter et ex aequo a Germanis (licet potentissimi) abstinuissent, si Germani eorum pacem non fuissent aspernati. Reposuerunt igitur Romani praesidia in limites, non ut Germaniam caperent, verum ut tantum a populatione provinciarum a Germanis affectarum ipsos arcerent.
  99. [279] 97) Exegesis V Conclusio: Id scribendi genus, quod nunc nostro ingenio cessit, in me requisivit, ut pariter a prima Germaniae origine usque ad calcem in deducendis historiis pergerem. Multa tamen nos averterunt, quorum maximum erat, quod vidissem maximam aequaevorum meorum partem in recentioribus historiis vehementur occupatam antiquitatis vero penitus nullam habuisse rationem, tot enim chronici, tot annales, ut nihil in his desideretur, quod saeculo recentiori contigit. Nec anni, nec horae desunt, minutis rem metiti sunt, ut fit, quando rerum novarum impensiores sumus. Sunt, quibus rerum novarum cura erat, qui historias recentiores effuderunt ac plenis spatiis dilataverunt, in quorum [280] numero Urspergensis, Hermannus, Regino ac paene tot annales, quot sunt Germaniae urbes ac vici. Illos requirere potes, quorum operam si ornando nomini meo impendere maluissem ac quidquid nobis vigilantia nostra tribuit, in unum cumulum coaggerassem voluminique illi supposuissem, quales, quaeso, rerum species edidissem? Adde, quod hi rem tam exacte, tam enixe prosecuti sunt, ut si labores eorum nostro operi imitandos ascivissem, aut rem prodigialiter mutassem aut eorum orationem intemeratam, integram recensuissem. Denique unus ille e multorum numero Iacobus Wimphelingus instar plurimorum in recentioribus rebus habendus est, qui ferme de imperii translatione (ubi nostra oratio desiit) exorditur ac foelici rerum serie scribendi ordinem a calce libri nostri usque ad suam aetatem deduxit, non parce, non succise, verum latis finibus effuse plena ac abundanti historia disseruit omnia. Hunc nostro libro coniunge et dices coniunctissimum.
  100. [280] 98) Ich bemerke, daß Irenikus natürlich die ganze Diskussion über den Imperatornamen kennt, s. Exegesis III, 29, wo auch der Briefwechsel Wolff-Beroaldo zitiert ist.
  101. [280] 99) Charakteristisch für die Liederlichkeit der Komposition ist der Widerspruch zwischen Exegesis III, 33, wo er seine Zweifel an der Einsetzung der vier duces unter Gregor V. ausspricht, und III, 101 Epilogus ad lectorem.
  102. [280] 100) Exegesis III, 3: Haec ideo scripsimus, ne Itali omnem sibi in papa eligendo facultatem ut propriam persuadeant. Zum Gedankengang auch II, 11 [Germani merito dicuntur christianissimi] und für die Gedankenanregung Bebel, Quod imperator Romanorum iure sit christianissimus dicendus [auch im Schardius redivivus I, 116] mit politischer Spitze gegen Frankreich.
  103. [280] 101) Für Heinrich den Löwen Exegesis III, 60 und für die Konflikte mit den Päpsten III, 33: Inter praedictos imperatores praeterea (quos genealogiae inseruimus) quidam excommunicationis notam incurrerunt, veluti Cunradus ille, qui, referente Lupoldo, Franconiae ducatum affectans a divinis ductu papae relegatus est. Nec desunt, qui idem de quodam Henricorum afferant. Ludovicus praeterea ac Fredericus II a summis pontificibus damnati statim se cum eisdem composuerunt.
  104. [280] 102) S. besonders die Querela cuiusdam Romani contra auctorem mit seiner Excusatio in V, 27; sodann VI, 18 [Eroberung durch Odoaker]: Quis tibi haec, Roma? Unde augustorum tuorum nomen universo orbi venerabilissimum exitum tam miserandum universo orbi horrendissimum anno salutis DXV traxit? In duobus ferme annis XII imperatoribus partim occisis orbata imperatoris nomen adeo odiosum fecisti, ut nullus sibi vendicare id ausus fuerit. Haec tibi Germanus intulit, haec Odoacer, quem Germanum lib. III ac Rugum diximus. Huius Odoacri terribilitate perculsa est tota urbs et obvia facta, honores exquisitissimos ac ultra mortales germano homini ostendit regemque eum salutavit. Dazu VI, 20 [Verwüstung Roms durch Totila]; O Roma gentium domina, semper Germanis infesta quis te afflixit? Unde totius orbis parens tanta dispendia sumpsisti? Anne a Germanis? Cur ergo virtutem Germanorum ac fortitudinem toties experta ac solius illorum debitam Germanis belli portionem denegas? Fuerunt ex te historici, qui plus aliis terrarum populis (quae belli fuerant) quam Germanis concesserunt, Germanos invidia ducti etiam opinione belli exuerunt. Quis te autem toties vacuam reddidit? Ac penitus civibus eviduavit? Non antea Parthi, non Poenus, nulli licuit penitus Romam discindere ferro, et Germanis id datum est. Reliquis dare salutem consuevisti, a Germanis nec tuam servare.
  105. [281] 103) In der Apologia contra Leonhartum Iustinianum Venetum [vgl. oben IV, Anm. 11]: Germanis ego quoque nullam aut concedo aut concedendam esse puto latinitatis locupletandae vel mutandae auctoritatem.
  106. [281] 104) Exegesis VI, 14: Haec facta memoriae digna Stilico perpetravit, quare non minor, si a Claudiano illo ad adulandum nato adeo extollitur. Meritur hic adoream Romanorum ducum longe maximam, si nobis cum perfidia res erit. – VI, 18: Id honoris Odoacri Theodericus Ostrogotthorum rex iniquo ferens animo a Zenone inductus est ad expellendum Odoacrum ab Italia.
  107. [281] 105) Exegesis VIII, 15; vgl. X, 10: Inter primipilares Io. Schoner mathematicus Bambergensis sacer et mirabilis videbatur. Erant et alii boni, his ut doctrina, ita sana traditione in nullo posteriores, quos oculis nostris Io. Virdung Hasfurdensis subiecit, vir cordatus et cui non vulgarem experientiam rerum usus, longa peregrinatio ac aetas concessit. – Er spricht dann von Johann Schöners jüngst [d. h. 1515] erschienenem Werke [der Luculentissima terrae descriptio] und sagt davon wie oben Anm. 97 von Wimpfelings Epitome: Hunc solum nostro operi coniunge et coniunctissimum dices.
  108. [281] 106) Exegesis IX, 5: Inter plures Ptolemaei enarratores calculum unus penes me reperit, qui alioquin ἀνώνυμος quadam festivitate operam suam non sine laude posteris participavit. – Das ist, wie die folgenden Angaben zeigen, Nikolaus Donis, dessen Register zu diesem Kapitel zu vergleichen ist. Irenikus kennt übrigens auch die Ptolemäusausgabe von Waldseemüller-Philesius s. Exegesis VIII, 35. Ein Zitat aus der Germania des Cochläus ibid. IX, 19.
  109. [281] 107) Hic mihi igitur videtur cordatus esse et hominis captum excessisse, quicunque superstitiosum Ptolemei nucleum fregerit eiusque nomina, praesertim civitatibus Germanicis imposita nostri seculi tenori restituerit, quod tam facile est, quam integrum aliquem illius gallinatii haustorem reperire.
  110. [281] 108) Vgl. auch Exegesis VII, 24 über die Höhlen im Jura: In Alpibus Suiticis plerosque aditus subterraneos patere asserunt. Vidi ipse multos, qui se pene deviasse dixerunt totumque diem in illis tenebrosis speluncis oberrasse. Folgt eine Stelle über den „Hechelberg“ in Norwegen nach der Mitteilung des Johannes Virdung.
  111. [281] 109) Exegesis VII, 7: Revera, ut ab ocularibus testibus accepi, nascitur in mari Germanico, in insula Austrania (teuto. in dem strom) eo pacto: Oriente maris et ventorum tempestate Pruteni viri pariter et mulieres edicto principum ad mare tendunt, viri nudi mare intrantes, ut fasciculos piscium, maris stercus circa litus accipiunt, pueri electra inde separant, foeminae ignibus et pellibus nudos viros frigore affectos observant et ita viri iuramento a principe astricti ei collecta succina deferunt.
  112. [281] 110) Bruschius an Johannes Mergell s. a. (Horawitz, Caspar Bruschius 216): Evolvi per hos dies subcesivis horis Irenici Exegesin de rebus ac situ Germaniae scriptam, quam tu mihi, vir clarissime, communicasti. Inveni ibi quaedam, quae mihi prosunt in labore meo, agnosco igitur me tibi debere multiplices gratias pro talis libri communicatione. Sed quantum errorum fit in hoc ipso autore, nemo novit, nisi qui Germaniam perambulavit.... Video bonum Irenicum multa scripsisse, non ut viderat illa, sed ut ex aliis referentibus ac mentientibus audiverat.
  113. [281] 111) Exegesis IX, 18.
  114. [281] 112) Mutians Briefwechsel, ed. Gillert II, 265. Krause hat den Brief für ernst genommen, s. CBlBiblW. X, 16.
  115. [282] 113) l. c. I, 415 vom Okt. 1513. Dazu Geiger, Reuchlins Bfwechsel 1911.
  116. [282] 114) Bfwechsel des Beatus Rhenanus 340 Rhenanus an Aventin 1525 oct. 4: Tentavit annis superioribus quidam illustrare Germaniam et volumen edidit, ut scis, magnis laboribus consarcinatum, quo nihil unquam infelicius vidi, propterea quod huiusmodi praesidiis prorsus caruerit, quibus scriptori in primis opus est. Ea sunt stylus et iudicium. Stylum autem adeo non habuit, ut ne grammaticam tenere videatur. Iudicium utque boni consulerem, praesertim in hoc scripti genere et in tanta rerum varietate scriptorumque (e)variatione. – Aventins Antwort darauf ibidem 345: Nihil insulsius, indoctius vidi eo, de quo narras, libro. – Dazu WW. VI, 95 (Vorrede zur Germania illustrata von 1531): Legi quendam, qui Ioannis Stabii ac Ioannis Tritemii antistitis Spanhamensis libros impudentissime compilavit, profecto homuncio est miserrimi ingenii nulliusque penitus iudicii, in facto deprehendi mavult quam fateri, per quos profecerit, taceo soloecismos ac barbarismos aliasque ineptias anilesque fabulas, vicem hominis abutentis dementia principum doleo (vgl. Leidingers Bemerkung zu der Stelle).
  117. [282] 115) Tacituskommentar II, 65: quae Franciscus Irenicus lib. 6 cap. 25 confarsit in sua Germaniae exegesi.
  118. [282] 116) Horawitz im Briefwechsel des Beatus Rhenanus 34610.
  119. [282] 117) Darüber handelt im Zusammenhang der volkskundlichen Bestrebungen erschöpfend und gut Ernst Schmidt, Dte. Volkskunde im Zeitalter des Humanismus u. d. Reformation 60 ff.
  120. [282] 118) Er beginnt seine Schilderung Deutschlands III, 12 mit dem Abdruck der Verse aus der Germania illustrata von 1502: Gens invicta manet, nennt aber Celtis nicht, s. Schmidt l. c. 6315.
  121. [282] 119) Lib. III cap. 18 De Bavaria et Charinthia et earum priscis legibus moribusque, quibus hodie vivunt. Dazu Schmidt l. c. 96.
  122. [282] 120) Quelle ist der im Bfwechsel d. Beatus Rhenanus 368 und danach in Aventins WW. VI, 181 abgedruckte Brief Aventins an Rhenanus. Das sehr verstümmelte und jetzt verlorene Stück war angeblich Raetobonnae Kal. Iunii MDXXVI datiert. Daß das nicht sein kann, haben schon Lenz und Leidinger gesehen. Die graphisch einfachste Verbesserung von Lenz MDXXXI verwirft Leidinger, weil Aventin Juni 1531 nicht in Regensburg ist, für das ihm wahrscheinlichere 1532 spricht auch der Eintrag im Hauskalender (l. c. VI, 50,26) zum Dezember 1531: nec ea res privatis, maior est privatis opibus, die Leidinger mit Recht auf neue Beschäftigung Aventins mit dem Plane der Germania bezieht. – In dem zerstörten Texte schlage ich vor zu lesen: reverendissimus cardinalis Salisburgensis multum delectatur libris tuis de rebus germanicis a te perscriptis, saepius cum summo honore de te loquitur atque de me simile opus operari sentit, decrevit te atque me et Sebastianum atque Rotenhan, quos columnas quatuor Germaniae illustrandae solet nuncupare, quintum Bilibaldum Pyrcamerum, qui fato iam functus est (4. Dez. 1530), enumerat. vidi apud principem horum studiorum maximum admiratorem indicem Sebastiani Munsteri de rebus germanicis.
  123. [282] 121) Vgl. über ihn Wegele in ADB. XXIX, 299 und oben S. 114. Über Beziehungen zu Sebastian Brant Ch. Schmidt, Hist. littér. de l’Alsace I, 252.
  124. [282] 122) Austria (Ausgabe von 1610) S. 55.
  125. [282] 123) S. d. Schlußschrift an Capito hinter dem Reginodruck.
  126. [283] 124) Prisci aliquot Germaniae ac vicinorum populi. Erfurt o. J, Doch wohl zu 1531 nach dem Brief an Aventin (WW. VI, 94 f.).
  127. [283] 125) Abdruck in der Goldastschen Ausgabe der Werke S. 94 ff., auch im Schardius redivivus I, 81 ff. Vgl. den Brief Julius Pflugs in den Opp. 258 und den des Cochläus bei Heumann, Documenta 83. Zur Würdigung Weyrauther, Konrad Peutinger und Wilibald Pirckheimer in ihren Beziehungen zur Geographie.
  128. [283] 126) Urteil Aventins an Rhenanus (WW. I, 654) s. d. (1531): Germaniam Pyrchameri legi et dum eam edidit, apud eundem versabar: in multis prodit vir doctissimus neglegentiam suam inertissimis coniecturis, rem alioquin non admodum perspicuam obscuriorem facit, avidior est in carpendo et, ut ab aliis dissentiat, nimis per praeceps ruit. – Dagegen viel günstiger in der Vorrede zur Germania illustrata (WW. VI, 78). – Urteil des Rhenanus im Briefe an Matthias Erb 1543 (Bfwechsel 499): Enimvero te non moveat, quod Pyrkheimerus Argentuariam in ripa Rheni collocat, quippe labitur bonus vir, quemadmodum et nos saepe labimur.
  129. [283] 127) Auch Melanchthon weiß etwas davon in seinem Tacituskommentar (Abdruck im Schardius redivivus I, 80), doch ist dieser (undatiert) nicht vor 1531 zu setzen, da die Res Germanicae des Rhenanus zitiert werden. Wahrscheinlich bezieht sich auf diesen Kommentar, was Aventin 1531 (s. o.) an Rhenanus schreibt: Audio Philippum quoque in manibus Germaniam habere, quam propediem editurus sit.
  130. [283] 128) Dieser Plan ist erst durch den 1908 erschienenen (6.) Ergänzungsband der großen Aventinausgabe der Münchner Akademie mit Leidingers umsichtigem Kommentar zu übersehen. Es kommen in Betracht: 1) Der Indiculus Germaniae illustratae in drei lateinischen Fassungen (WW. VI, 60 ff.): A und B gehören zu 1529, C zu 1532; dasselbe deutsch als „Kurzer Auszug“ (WW. I, 307 ff.), (daß auch dieser zu 1529 gehört, ergibt sich aus einem Vergleich von I, 311,24 mit dem Hauskalender VI, 45,20), und als „Hauptstuck des zeitbuchs über ganz Teutschland“ (WW. I, 307 ff. unter dem Text), die zur Rezension C und damit zu 1532 gehören (Über den Hauptunterschied s. Leidinger in VI, 61 g. E.). 2) Die Germania illustrata, jetzt aus einer Salzburger Hs. in VI, 72 ff. abgedruckt und als Übersetzung davon die Deutsche Chronik in I, 299 ff. Diese ist durch den Druck von Brusch von 1541 längst bekannt, doch bietet der lateinische Text selbständiges Interesse, besonders durch Angabe literarischer Beziehungen Aventins.
  131. [283] 129) Vgl. über ihn V. Hantzsch, Sebastian Münster, Leben, Werk, wissenschaftliche Bedeutung (Abhdlgn. d. sächs. G. d. Wiss. Philol.-hist. Kl. XVIII nr. 3. 1898) und zur Ergänzung Wolkenhauer, Seb. Münsters handschriftliches Kollegienbuch aus den Jahren 1515–18, in d. Abh. d. k. Ges. d. Wissenschaften z. Göttingen. Phil.-hist. Kl. N. F. XI. Hantzsch bietet eine treffliche Orientierung, doch bleibt eine Monographie über Münster als Historiker lohnend und wünschenswert. Für diese wären dann auch die späteren, stark veränderten Ausgaben der Kosmographie, die ich hier nicht berücksichtige, heranzuziehen. Die Germaniae descriptio auch im Schardius redivivus I, 238 ff.
  132. [283] 130) Aventin hat über dies Büchlein sehr günstig geurteilt, denn das ist der Index, von dem er in dem oben (Anm. 120) zitierten Briefe an Rhenanus spricht.
  133. [283] 131) Bibliographie bei Hantzsch 153. Ich zitiere nach der ersten deutschen Ausgabe.
  134. [284] 132) Darauf bezieht sich das auch für die Entstehungsgeschichte der Kosmographie wichtige Urteil Johannes Herwagens an Beatus Rhenanus vom 12. November 1540 (Bfwechsel des Rhenanus 470): Utinam detur olim illam urbium descriptionem ita videre magnificam, ut tu nunc depingis. Munsterus fecit, quominus hactenus curarem, qui videbatur in sua Germania, quam adornabat, non aliud quaerere quam civitatum prima fundamenta.
  135. [284] 133) Cosmographie F. 162 ff.
  136. [284] 134) Dazu ist die Erörterung bei Italien F. 123 zu vergleichen.
  137. [284] 135) F. 193 vgl. 188: Wie die Reichstett vnd die Reichstäler gefreiet worden.
  138. [284] 136) Ein paar interessante Sätze aus der Vorrede: Es ist nit müglich, das ein mensch jetzunt mög beschauwen dz gantz ertrich, dann dz leben ist zu kurtz, so seind der geferlichkeiten auff der erden zu vil deß mißhelligen glaubens halb, das niemand also sicher das ertrich durch wandlen mag als vor zeiten, do vnder eim regiment vil lender vnd künigreich waren bezwungen vnd deßhalben on besundern mühe alle ding von dem menschen haben mögen gesehen werden. . . . Weyter solt du, früntlicher leser, wissen, dz mein erst fürnemen ist gewesen teutsch nation, so vil mir müglich, herfür zubringen in seinen landschafften vnd steten, in was gestalt sie angefangen vnd auffgangen, wz die natur darin sunderlich bracht oder menschlich kunst erfunden, was merckliche[s] sich verlauffen vnd geschehen, doch auff all weg mich geflissen zuschreiben die eerlichen thaten, außgenommen die widerwertige[n] spänn, die sich zwischen den stetten oder fürsten erhebt, die zum offtern mal nit mögen beschriben werden, wil man anderst der warheit nachgon, wie das alle hystorien erfordern, on verletzung einer partheyen, aber in solchen gantz onpartheyisch mich gehalten, auff keine seiten meine affect lassen lauffen, sunder der thath stracks nach gangen, die beschriben, wie sie sich verlauffen vnd wie sie von den historien schreibern verzeichnet worden, ja zum offtern mal auß gelan, was hessig vnd ongeschaffen darin gefunden. Gott weißt es, das mein fürnemen nie gewesen jemands verächlichen an zutasten sunder vil lieber wolt bey menglichen danck dann vndanck oder fyendschafft in meinem schreiben erlangen. In summa was ich von einer jeden statt oder herrschafft hab gefunden, das hab ich mit kurtzen worten angezeichnet, ist es ongeschaffen gewesen, so hab ich es auff das glimpffigst geschriben.
  139. [284] 137) Brieffer an Rhenanus, Basel 1546 juli 6. (Bfwechsel d. Rhenanus 533): Cum Sebastianus Munsterus in Chronico suo iam centum folia impressisset et Gallia absoluta Italiam aggrederetur, obtulit mihi collectanea sua in Helvetiam, ut ea emendarem, arbitratus me id biduo absoluturum. Verum cum ego ea diligentius legerem ac altius perpenderem, videbam pleraque esse confusa, incerta et quae exteros plurimum offenderent. Motus ergo amore patriae ex integro congessi, quae habentur a folio 165 usque ad folium 189 de Germanorum regibus et imperatoribus. Videbantur enim haec lucem allatura iis, quae in Helvetiam et Germaniam reliquam essent conscribenda. Praeterea quae continentur a folio 205 usque ad folium 303, congessi quoque, quamvis ipse Munsterus et Henricus Petri interdum quaedam adiecerint, quae tamen mallem praetermissa. In fundationibus monasteriorum Masmunster, Murbach, S. Gregorii etc. indicavi ei quaedam, quae partim ex Chronico Ebersheim-Münster, quod apud te habes, olim collegeram, partim ex aliorum scriptis didiceram. Idem quoque egi circa Colmariam, Selestadium, Susenburg et Röttlenn. Reliqua non legeram, [285] tantum abest, ut aliquid operae in iisdem praestiterim. ... Wenn die Angaben Brieffers richtig sind, so gehört ihm nicht nur die Beschreibung der Schweiz (das ist f. 205–303) und die Kaiserreihe bis f. 196, sondern auch noch der Abschnitt „Von den Fürstenthummen und herrschafften“ und der oben zitierte „Wie die Reichstett vnd die Reichstäler gefreiet worden“. Damit würde stimmen, daß mit dem nächsten Abschnitt „Was ordnungen in dem keyserthumb gemacht sein“ wieder der Gedankengang der Descriptio Germaniae einsetzt. Aus stilistischen Gründen möchte man freilich lieber auch die beiden vorher genannten Abschnitte Münster zuschreiben, so daß in dem Schreiben Brieffers 186 statt 189 zu lesen wäre. Münster sagt in der Kosmographie S. 164, daß ihm Brieffer im folgenden sehr geholfen habe, spricht aber im Text stets in erster Person. Für Brieffers historische Interessen ist auch der Brief nr. 366 an Rhenanus zu vergleichen.
  140. [285] 138) Kosmographie F. 310, 330, 487.
  141. [285] 139) F. 195.
  142. [285] 140) Schmidt, Volkskunde 137.
  143. [285] 141) F. 201: Münster hat den oben S. 185 gegebenen Zusatz Böhms wieder fortgelassen, aber auch anderes, z. B. [comites et barones caeterique nobiles per regionem dispersi] florum adinstar relucent.
  144. [285] 142) F. 320 (Er zitiert die Ammianstelle XVIII, 2,15 und fährt dann fort): Zů diesem antwurt ich also: Ist die pfaltz bey Rhein erwachsen von dem ort Palas, wo her ist dann erstanden die pfaltz zů Schiern, die pfaltz zu Wittelspach, die pfaltz zu Dachaw etc.? Ich acht, der nam pfaltzgraue sey so wol ein nam einer herrlichkeit oder eins ampts, von dem keyser ingesetzt, wie disse namen landgraue, marggraue, burggraue, centgraue und dergleichen.
  145. [285] 143) F. 193: Von landrechten, die im keyserthum seind gemacht worden. – Er hat das Buch Dezember 1543 von dem Basler Bürgermeister Adelberg Maier bekommen. Er zitiert dann auch den Sachsenspiegel und sagt: Es seind die Teutschen da zumal gar onbärtig vnnd onbürgerlich gewesen, das auch den christlichen künigen von nöten ist gewesen inen gesatz geben von kleinen dingen vnnd sie zu leren gleich wie die kinder, do mit ir wandel vnnd leben in ein gute ordnung kem. . . . Am Schluß heißt es: Solche vnd andere mere landrechten hat der gros keyser Carlen geben, aber keyser Friderichen schreibt man zů das lehenrecht. Doch seind alle satzungen vnd rechten, die wir haben im römischen reych fast entsprungen von dem keyser Constantino vnd seinen nachfolgern, waren aber nit wol onderscheiden vnd dar zu onverstenlich vnd nit brüchlich. Darumb kam keyser Theodosius der iünger, der ließ eins jeden keysers satzungen schreiben vnd nent das buch Theodosianum codicem. Darnach kam Justinianus, des ersten keysers Justiniani sun, der erleucht alle satzungen vnd tilgt ab die ontüglichen vnd onnützen leges vnd kurtzet, das zu lang dar an war.
  146. [285] 144) F. 148: Nun lug zu, was völcker vnd geschlechter im Teutschland vor zeyten seyn gefunden worden, ee sie ein namhafftige statt hand gebauwen vnd zugericht. Vnnd ist wol ein wunder, daß disse namen also gar zergangen seind vnnd so wenig noch vnder den Teutschen gespört werden. Darumb auch so vil gelerte menner sich alhie nit ein wenig bemühen, do sie vnder ston anzuzeigen, wo vnd an welchem ort ein ietlich volck sich gehalten hab, vnd wie es ietzunt den namen verendert hat. Aber sie seind der sachen nit eins, dann einer landet vff Ptolemeum, der ander vff Cornelium vnd der dritt glaubt [286] Straboni, vnnd so die selbigen ersten beschreiber nit gar einhellig seind in beschreibung disser völcker, magstu wol erachten, daß ire nachfolger auch nit in allen dingen zusammenstimmen werden. Weren aber disse scribenten geborne Teutschen gewesen, so hett es hie gar kein not, es were auch kein zweyfel erstanden in den namen. Nun aber so sie von außen in das Teutschland gucket hand vnd das angeschriben, das man inen fürgesagt hat vnnd darzu einer wol zwei hundert jar nach dem andern geschriben hat, magstu wol bey dir ermessen, was grosses mangels do sey gewesen.
  147. [286] 145) F. 147: Den Berosus wöllen etlich verwerffen, darumb das er oder das buch, so vnder seynem namen außgangen ist, mit den andern nit gleich zustimpt. Darzu weiß ich nit zureden. Aber das weiß ich wol, so viel antrifft die hebreischen wörter, deren vil seind, find ich kein impostür oder trug darin, ia sie zwingen mich dem buch glauben zu geben, besunder die weyl zu der selbigen zeyt, do Berosus bey uns durch ein münch herfür kommen ist, niemand vnder den Christen gewesen ist, der in der hebreischen sprachen ein bericht hab gehabt. Wer wolt den ongelerten münchen gesagt han, was Estha, Maia, Arecia vnnd Ruha were gewesen, die der frembden sprachen gar onwissen seind gewesen? Doch will ich nit darwider fechten, das nit vnder das gut etwas letzes vermist sey worden durch ein fräuelen menschen.
  148. [286] 146) Über den Schwarzwald s. F. 401: Es seind zimlich vil stett, dörffer, schlösser vnd clöster darin kommen, daß einen wunder möchte nemen, wie sie sich in der ruhen art alle betragen möchten. Über die Brennerstraße F. 436.
  149. [286] 147) WW VI, 79: Et quamquam Turcae impium atque ignobile vulgus, theologicus furor, tumultus populares, fanatici fatui omnia perturbent ac plane non solum litteratis omnibus, verum eciam ipsis litteris exicium comminitentur, tamen ego more cygnorum, qui morituri dulcissime cantitant, imitabor sanctissimos atque eloquentissimos pontifices et vates . . ., qui Rhomano imperio sensim labente hostibus undique circumstrepentibus inte arma nunquam tamen a scribendo cessarunt, immo magis litteris incubuere et communi pesti morboque publico huiuscemodi remedio occurrerunt.