Geschichte des Illuminaten-Ordens/Die Wurzeln der Illuminatenverfolgung
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Das äussere Bild, das sich bei Entstehung der Ordensverfolgung ergibt, lässt sich in ein Vorspiel zur eigentlichen Tragödie und diese selbst einteilen. Das Vorspiel bildete einen Kampf mittelst Druckerschwärze, Angriffe in Zeitschriften und durch Broschüren, sowie Büchern, die immer schärfere Anklagen gegen den Orden enthielten. Namentlich war es der Schriftsteller Babo, der zuerst in seinen Gemälden aus dem menschlichen Leben die Illuminaten angriff und dann »Über Freymaurer, Erste Warnung« anonym eine Broschüre gegen diese veröffentlichte. Diese fand ihre Entgegnung durch die Loge Theodor vom guten Rath durch die Broschüre »Nöthige Beylage zur Schrift Über Freymaurer, Erste Warnung«, in der der Anonymus aufgefordert wurde hervorzutreten und seine Anklagen zu beweisen. Babo tat das nicht, infolgedessen fiel der Verdacht, diese Schrift verfasst zu haben, auf die ausgetretenen Cosandey, Grünberger, Renner und Utzschneider, die nun die bereits erwähnte Schrift »Grosse Absichten des Ordens der Illuminaten« herausgaben. Eine ganze Anzahl Fehdeschriften, Anklage und Verteidigung enthaltend, entstand in kurzer Zeit und bildet das erwähnte Vorspiel, bis die bei Lanz gefundenen Listen zur eigentlichen Tragödie überleiteten.
Es liegen die Wurzeln jedoch tiefer, als die Folgen eines Federkrieges zu erzeugen imstande sind. Sie leiten immer wieder auf klerikale Einflüsse, siehe die päpstlichen Briefe, und dann auf jesuitische Umtriebe, die die Katastrophe vorbereiteten. Diese letzteren stehen nun wieder mit dem Orden der Rosenkreuzer in engster Verbindung, dem wir unsere Aufmerksamkeit jetzt schenken müssen.
Wir wissen bereits aus Weishaupts Munde, dass die Gründe zur Ordensbegründung teils darin zu suchen sind, dass er einige junge Leute von der Schwärmerei rosenkreuzerischer Ideen abbringen wollte. Die neueren Gold- und Rosenkreuzer halten sich in jener Zeit durch eine starke Propaganda bemerkbar gemacht und suchten sich durch phantastische Versprechungen, unter denen die Verbindung mit der Geisterwelt, sowie Gold herzustellen eine Hauptrolle spielten, Anhänger zu verschaffen. Diese rosenkreuzerische, mystische Richtung hatte gerade zu derselben Zeit sich wieder Einfluss verschafft als der Jesuitenorden 1773 aufgehoben worden war und die Exjesuiten erfassten die [241] Gelegenheit, um diesen Orden zu einem Mantel ihrer Pläne zu benutzen.
Vehse sagt mit vollem Recht in seiner Geschichte des Preussischen Hofes in Band II, Seite 35:
»In den Ländern nun, wo sie aufgehoben waren, brauchten die Exjesuiten das Mittel in den geheimen Gesellschaften Aufnahme zu suchen. Sie bildeten hier eine schleichende und deshalb um so sichere Opposition gegen alle Aufklärungstendenzen. In dem Freimaurerorden stifteten sie die sogenannten „inneren Systeme". Hier waren sie als Proselytenmacher ganz in der [242] Stille tätig und arbeiteten mit Macht darauf hin, das obscurante Pfaffentum und die despotische Hierarchie in beiden Konfessionen, im Protestantismus sowohl als Katholizismus wieder herzustellen.« —
Jesuiten und diesen unbedingt ergebene Freunde leiteten den Rosenkreuzerorden, standen demnach mit Rom in engster Verbindung und suchten sich bei regierenden Fürsten einen unbeschränkten Einfluss zu verschaffen. Pater Frank, der Beichtvater des Kurfürsten Carl Theodor, war als Exjesuit Haupt der Rosenkreuzer in Bayern und stand mit Wöllner, dem späteren Königl. Preussischen wirkl. Geheimen Staats- und Justizminister in engsten Beziehungen. Letzterer beherrschte den Nachfolger Friedrich des Grossen, den König Friedrich Wilhelm II. schon als Kronprinzen vollständig und er war es, der den Hass und die Verfolgungssucht gegen die Illuminaten in Deutschland möglichst zu schüren suchte, während Pater Frank mehr im Hintergrunde blieb, jedoch in Bayern allein die Verantwortung für die masslose Verfolgung der Ordensangehörigen für alle Zeiten zu tragen hat.
Die versteckten Machinationen dieses allerchristlichsten Vertreters eines verabscheuungswürdigen Pfaffentums werden durch einen authentischen Brief des Paters an Wöllner festgestellt.
Wöllner hatte die Liste der Mitglieder in Baiern ausgewittert und schickte sie an das Gross-Priorat von Süddeutschland. Dieses antwortete am 1. Sept. 1785 mit folgendem Erlass, der einen Einblick in die wahre Gesinnung der R. K. gibt, ihr wahres Tun und Treiben offenbart:
»Wie es dermalen mit der Illuminaten Sekte in Bayern steht und etwa noch weiter gehen möchte, erhellt aus einem Bericht unseres Zirkel-Direktors in München, eines dortigen wichtigen Staats-Mitgliedes, den wir Ihnen aus der Ursache zuerst mitteilen, weil wir die Namenliste der Sektglieder, durch Sie (Ophiron) am ersten erhalten und solchen Anlass genommen haben, dem gedachten Zirkeldirektor (Pater Frank) die ernstlichste Ordre zufertigen zu lassen, solcher mit der ordnungsmässigen engsten Verschlossenheit zu seiner eigenen Deckung, nach Kräften zu widerstehen. Gott hatte seine harten und gefahrvollen Kämpfe gesegnet und wir sind ihm mit Rat, Tat, mancherlei Korrespondenzen
[243] und eifrigen Beten möglichst beigesprungen. Sein des Zirkeldirektor Pater Frank Bericht lautet wörtlich folgendermaassen:
Der jüngste Tag des Illuminaten Systems in Baiern scheint heranzunahen. Seit dem Tode des vom Donner erschlagenen Priesters Lanz zu Regensburg, der neben Weishaupt fiel, und als Emissarius nach Berlin reisen sollte, habe ich mit gespannten Kräften an ihrer Zerstörung gearbeitet, zur Erhaltung der Religion Jesu, zum Heile meines Vaterlandes, zum Heil der Jugend für die gute Ordenssache. Endlich nun ist es dahin gediehen, dass die zwei Rädelsführer zu Ingolstadt kassiert, zum Schrecken anderer mit Weib und Kind brotlos gemacht und fortgeschafft, ferner zehn andere, meist junge frevelnde Edelleute, von der Akademie relegiert, mithin durch verhinderte Absolvierung aller Dienste unfähig gemacht sind. Die Universität selbst hat strenge Befehle und bittere Vorwürfe bekommen, dass dort, wo alles Serenissimum verlachte, nun alles zittert.
Alle Offiziers der ganzen Armee vom Feldzeugmeister bis zum Fahnenjunker, alle hohe, mittlere und untere Gerichtsstellen und Landeskollegien haben sich feierlich gegen die illuminatische Sekte reservieren und cassationem ipso facto incurrendam unterzeichnen müssen. Alle Gouverneurs, Kommandanten Polizeistellen haben ebenfalls bei Kassation ohne Gnade, Ordre, solche Logen ohne Rücksicht der Personen zu arretieren. Die berüchtigten Savioli, Konstanzo und Zwackh sind ab offiziös suspendiert, die Denunzianten bekommen recompense. —
Wegen unseres sehr illuminierten cleri bin ich der Mittelsname zwischen Serenissimo und dem Bischof von Freisingen, der nun bald mit Interdikten, Suspensionen, Hirtenbriefen zufahren wird. Mit der verwitweten Herzogin in Freisingen habe ich alles Übel vorgebogen und kurz, da Herr von Lehrbach abwesend war und noch ist, Himmel und Hölle bewegt, den langmütigen Kurfürsten zu dieser Resolution zu determinieren. Widerrufen aber tut er niemals und so wäre auf eine Zeit Ruhe und Frieden vor ihnen.
Ew. etc. mögen leicht vermessen, wie sehr der Allmächtige meine Bemühungen bisher gesegnet und habe ich mir nicht vorzuwerfen, irgend einem individuo namentlich geschadet zu [244] haben, noch mich von einer Gewalttätigkeit meines Temperaments hinreissen lassen!!
Und nun diesem Allmächtigen zum ewigen Danke, stehet unter so vielen Stürmen, unter so vielen Tausenden, die jetzt die Maurerei in ignorantia zu schmähen wieder Mut haben, unser heiliger Orden wieder aufrecht und auch die Verleumdung nährt sich an keinem unsrer Brdr. Wir gehen zwar still, aber mit mutiger Stirn unter den gefallenen After-Brdrn. herum, gehorchen des guten Beispiels wegen den Befehlen unsers Souveräns und halten jetzt keine Versammlungen, sind aber seiner Gnade versichert.
Etnien non est abbreviata manus Domini Dei omnipotentis. Was ich gewagt habe, noch wage und wagen werde, ermessen Euer, wenn Ihnen Leute und Lokale bekannt sind. Allein spes non constandit etc. und sollte ich auch einst oder bald als ein Opfer fallen, jenseits erwartet mich ein Grad, der hinieden nicht zu erreichen ist.«
Dieser Brief lässt nichts an Deutlichkeit zu wünschen übrig und gibt die Fäden genau an, die gesponnen wurden, um die Anhänger der Aufklärung zu vernichten. Um nachzuweisen, dass diese Fäden schon sehr früh gesponnen wurden, schalten wir hier noch einen Bericht des herzogl. zweibrückischen Residenten in Berlin ein, des Dr. Johann Carl Oelrichs, den derselbe im Interesse des Herzogs Carl II. aus Berlin einsandte. In diesem Bericht vom 12. Juni 1786 heisst es:
»Seit ein paar Jahren ist hier, sowie an anderen Orten in und ausser Teutschland, fürnehmlich in der Schweitz eine Gesellschaft von hohen und geringen Personen zur Beförderung einer Lehre und wahren Gottseligkeit entstanden, dazu auch der verstorbene Gesandte Herr von Pfeil gehört hat, welcher verschiedene geistreiche Schriften herausgegeben und solche einem hiesigen gewesenen Kaufmann Apitsch, welcher nebst dem Oberconsistorialrat Silberschlag Häupter dieser Gesellschaft sind, zugeschickt, um sie an den Prinzen von Preussen, K. H gelangen zu lassen, und wie man sagt Höchstderoselben auch zum Beytritt in die Gesellschaft einzuladen. Man glaubt aber nicht, dass sie sich darauf eingelassen, wenigstens ist es aus der Antwort des Herrn Apitsch nicht zu ersehen, sie lautet also:
[245]
Ich habe sein Schreiben nebst den beygefügten erbaulichen Schriften richtig erhalten und danke ihm für die wohlgemeinte Mittheilung der letztern. Ich wünsche, dass er bey Gelegenheit dem Herrn von Pfeil für die Aufmerksamkeit, die er gegen mich erweiset, danken möge. Es ist sehr rühmlich, dass es noch Männer giebt, die der reinen Lehre und wahren Gottseligkeit nachspüren und sie ausüben — von denen man sagen kann sie wandeln vor dem Herrn und leben im Glauben des Sohnes Gottes. Ihn ermuntere Ich, dass er in dem bisher erwiesenen Gottseligen Eyfer fortfahren, und sich dadurch der Belohnung versichern möge, die der Gemeine Smyrna zugesagt ist: Sey getreu bis in den Tod, so will ich dir die Krone des ewigen Lebens geben. Offenb. 2, 10. Ich bin seyn wohl affectionirter
Potsdam d. 12ten März 1784 |
Prinz von Preussen. |
Solche gottselige Gedanken dieses Herrn werden vielleicht Vielen unerwartet sein: Ich kann aber noch melden, dass S. K. H. mit Ihrem Regt. öffentlich zum Heil. Abendmahl gehen, auch in die Kirche kommen, und wie man mir versichert hat, würden zu seiner Zeit die Neugläubigen Theologen in unserm Lande, welche sich jetzt als Aufklärer der Religion auszeichnen, kein Glück bey ihm machen, weil der gemeine Mann auch selbst der Soldat in seinem Glauben dadurch irre gemacht und treulos wird.« —
Da es nun bekannt ist, dass Friedrich Wilhelm II. schon als Kronprinz ganz in die Hände Wöllners und Bischofswerders geriet, die als echte Rosenkreuzer ihm Geistererscheinungen vorschwindelten und tiefe Kenntnisse der Naturgeheimnisse heuchelten, so ist es nicht verwunderlich, dass dieser auch gegen die Illuminaten, als die entschiedenen Gegner der Rosenkreuzer, durch die Genannten eingenommen wurde. Der König hat denn auch in späteren Jahren versucht, andere Fürsten gegen die Illuminaten aufzubringen; natürlich stecken Wöllner und Pater Frank und durch letzteren die jesuitischen Dunkelmänner hinter diesen Versuchen. Ein interessanter Beweis für die Art und Weise dieses Kampfes besitzt das Dresdener Staatsarchiv. Da- selbst findet sich ein Aktenband, benannt: Verwendungen, Requisitiones und andere officielle Communicationes der Königl.
[246] Preussischen Gesandschaft de ans 1780 u. 1789. Vol. IX, 2975. Dieser Akt enthält einen persönlichen Brief des Königs Friedrich Wilhelm in französischer Sprache an den Kurfürsten von Sachsen. In der Übersetzung lautet dieser:
Ich bin eben von sehr guter Seite benachrichtigt worden, dass eine Freimaurersekte, die sich Illuminaten oder Minervalen nennen, nachdem sie aus Bayern ausgewiesen worden, sich mit einer überraschenden Schnelligkeit in ganz Deutschland und den benachbarten Ländern verbreitet hat. Da die Grundsätze jener Leute durchaus sehr gefährlich sind, denn sie beabsichtigen nichts Geringeres als
- die christliche Religion und jede andere Religion überhaupt abzuschaffen,
- die Untertanen ihres Eides der Treue gegen ihre Landesherren zu entbinden,
- ihren Anhängern unter dem Namen »Rechte der Menschheit« allerlei Extravaganzen gegen die in jedem Lande zur Wahrung der gesellschaftlichen Ruhe und Wohlfahrt eingesetzte gute Ordnung zu lehren, ihre Einbildung durch die Vorstellung einer allgemeinen Anarchie zu erhitzen, damit sie sich jedwedem Gebot unter dem Vorwande und Titel, das Joch der Tyrannen abzuschütteln, entziehen,
- sich schliesslich alle Mittel, die scheusslichsten sogar, zu erlauben, um zu ihrem Ziele zu gelangen, indem sie besonders das aqua tofana empfehlen, dessen vollkommendste Zubereitungsweise sie besitzen und lehren.
glaube ich es meine Pflicht, den Hof von Sachsen unter der Hand davon zu benachrichtigen und ihn zu ermahnen, die Logen der Freimaurer genau beobachten zu lassen, umsomehr als diese Brut nicht verhehlen wird, heimlich in allen Ländern den Geist der Empörung anzustacheln, der Frankreich verwüstet, denn es gibt Freimaurer Logen, wo die Illuminaten sich eingeschlichen haben, um sie mit anzustecken, trotz der Aufmerksamkeit der guten Logen, welche jederzeit diese Ungeheuer verabscheut haben.
Ich würde vielleicht gezögert haben einen solchen Rat zu geben, wenn ich nicht aus sehr guter Quelle (!) geschöpft hätte und wenn die Entdeckungen,[1] welche ich gemacht habe, nicht [247] so entsetzliche wären, dass kein Hof die Illuminaten mit gleichgültigen Augen ansehen dürfte.
NB. Auf der Leipziger Messe findet die Versammlung, der Illuminatenführer aus allen Gegenden statt, um ihre geheimen Beratungen zu halten, man könnte also hier vielleicht einen guten Fang machen. — — —
- Unterzeichnet ist der Brief:
Berlin le 3. October 1789, | Guillaume. |
Die Abschrift dieses Briefes wurde mit einem Begleitschreiben des preussischen Gesandten Grafen von Gesler am 11. Oktob. 1789 überreicht. Am 15. Oktober ergeht ein Communicat zum Geheimen Consilio, mit Vermeidung alles Aufsehens genaue Erkundigungen einzuziehen, über den Erfolg aber Vortrag mit Gutachten zu erstatten. Denselben Tag erhielt der Gesandte die übliche diplomatische Danksagung mit der Versicherung, dass der Kurfürst diesem Gegenstand seine Aufmerksamkeit widmet. Augenscheinlich hat letzterer die Angelegenheit nicht sehr ernsthaft genommen, denn die Sache verlief gänzlich im Sande, endigte also mit einem Misserfolge der Rosenkreuzer, nachdem nachfolgendes Gutachten aus Leipzig einging, das einen gewissen Spott deutlich durchleuchten lässt.
Ew. Excellenz haben mir, dass ich, ob von der Geheimen Gesellschaft der sogenannten Illuminaten in der verflossenen Michaelis-Messe einige der vornehmsten Häupter hier gegenwärtig gewesen und während der Messe Versammlungen gehalten werden, sowohl überhaupt, als auch unter der Hand bey den hiesigen Freymaurer Logen zuverlässige Erkundigung einziehen soll, unterm 22. vorigen Monats anbefohlen.
Nun habe ich mir zwar alle mögliche Mühe gegeben, etwas hierunter ausfindig zu machen, habe auch bei den hiesigen Freymaurer Logen unter der Hand anfragen lassen, ob dergleichen Personen in der letzten Messe bey ihren Logen sich einzuschleichen etwa Versuche gemacht; Allein alle meine bisher angestellte [248] Nachforschungen sind vergeblich gewesen, und die angesehendsten Mitglieder der Logen versichern heilig, dass ihnen davon, dass solche erleuchtete Männer in voriger Messe sich hier sehen lassen oder Versammlungen gehalten hätten, etwas nicht bekannt sey.
Ob ich nun wohl unter diesen Umständen und da vielleicht Illuminaten unter angenommenen fremden Namen hier gewesen seyn und in verschlossenen Wohnzimmern geheime Zusammenkünfte gehalten haben können, ohne dass solches weiter bekannt geworden, ich dermahlen weitere Untersuchungen anzustellen anstehen muss; so werde ich doch von nun an auf diesen Gegenstand meine Aufmerksamkeit zurichten und sobald ich davon etwas in Erfahrung bringen sollte, solches Ew. Excellenz der mir gegebenen gnädigen Erlaubniss gemäss ehrerbietigst anzuzeigen unvergessen seyn. Mit grösster Verehrung habe ich die Ehre zu seyn
Leipzig, d. 4. November 1789. |
gehorsamster Diener Adolph Christian Wendler D. |
Die sächsische Regierung hat jedoch keine Veranlassung gehabt, sich mit den Illuminaten weiterhin zu befassen, es finden sich daher auch keine aktenmässigen Berichte über den Orden oder Mitglieder desselben. Ungünstiges ist niemals in Erfahrung gebracht worden, infolgedessen fand auch der Orden mehr als 100 Jahre später bei den sächsischen Behörden ein Entgegenkommen, das an dieser Stelle hervorgehoben werden muss.
Wie Rosenkreuzer und Illuminaten zu einander standen, geht auch aus einem kurzen Briefwechsel hervor, den Weishaupt in seinem jetzt sehr selten gewordenen Werke: »Vollständige Geschichte der Verfolgung der Illuminaten in Bayern« veröffentlichte. Der uns bereits bekannte Baader, Meister vom Stuhl der Loge Theodor zum guten Rath, war Rosenkreuzer geworden. Dieser Orden suchte gute Chemiker zu werben, um durch diese das Goldmacherrezept zu finden. Baader war als solcher bekannt und bequemte sich nach langer Zudringlichkeit zu diesem bedenklichen Schritt. Er ward aufgenommen und erhielt alsbald vom Direktorium die Nachricht, dass der würdige Bruder Athamas (Baader) sich nicht entsehen solle, in einer feyerlichst misskannten Loge der sogenannten Illuminaten von der Royale York de l'amitié constiuirt, das Direktorium zu führen, [249] ja sogar von ihm Athamas abgeschickten Grafen Constanzo in der Wetterau und anderwärts Proselyten zu machen, und gutwillige leichtglaubige Mitverwandte unserer geheiligten Verbrüderung zum Beytritt in besagte Aftergesellschaft zu bereden, folglich zu verführen suche. Er stände daher so lange unter der Suspension, so lang er nicht ohne weitere Umstände den fatalen Hammer dieser fälschlich also genannten erleuchteten oder vielmehr verblendeten Afterer niederlege, allen Briefwechsel über dergleichen Gegenstände mit dem Emissario Constanzo auf immer abschneide und sich lediglich an die von uns als ächt erkannte 3 Englische Grade der Freymaurerei halte und im übrigen sich als einen wahren und reumüthigen Rosenkreuzer betrage.
Diese Zumutung war dem guten Baader doch zu stark; er liess infolgedessen eine gründliche Epistel los, die an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig lässt und einen Einblick in das Rosenkreuzertreiben damaliger Zeit zulässt. Diese lautet:
Sollte ichs Erstaunen oder Verwunderung nennen, was sich meiner Seele bemächtigt hat, da nur der C. Director N. den Auftrag des Oberdirectorii bekannt gemacht, und im Beysein des Bruders N. und N. vorgelesen hat.
Wie sehr musste mich die Verachtung einer Sache befremden, die Sie gar nicht kennen, von der Sie nichts als den Namen durch die Niederträchtigkeit eines gezeichneten Verrathers wissen.
Wie auffallend müssen einem constituirten Maurer die Ausdrücke Aftergesellschaft, verblendete Afterer seyn?
Was muss ein Mann der auf Ehre hält, fühlen, wenn man ihm sagt: Er suche Leichtgläubige zu bereden und zu verführen.
Wie lächerlich dreist muss einem der gebieterische Auftrag klingen: Er solle den fatalen Hammer niederlegen.
Wer in der Welt kann mir die Correspondenz mit einem innigst verbundenen Freunde, den nicht nur ich, sondern jedermann als den rechtschaffendsten, ehrlichen Mann kennt, verbieten, in Sachen verbieten, die man nicht einsieht, in Sachen, die nicht mein Geschäft, sondern das Geschäft mehrerer und meiner Obern sind.
[250] Welche ausgeschämte Grobheiten, einen Cavalier und Maurer, der in Geschäften von Freunden und mehreren Logen reiset, mit dem erniedrigenden Namen Emissarius zu entehren.
Es wäre ja doch entsetzlich, wenn Mangel an eigener innerer Ehre und Rechtschaffenheit, sie an Ehre und Rechtschaffenheit anderer zweifeln machte, da Sie von Verführern und Emissarien reden. Und endlich Himmel, welch eine elende Schreibart ganz eines angehenden Musterschreibers, oder eines Stadtprocurators aus dem vorigen Jahrhundert würdig!
Dieses beyläufig waren meine Empfindungen, die ich mit der grössten Aufrichtigkeit niederschreiben und damit den Brief beschliessen wollte; aber einige Umstände nöthigen mich noch mehr zu sagen.
Da Sie die sogenannte Logen der Illuminaten höchlichst misskennen, muss ich Ihnen hierüber einige Nachricht geben.
Zum voraus aber bezeuge ich, dass nicht ich das Directorium in derselben führe, sondern dass ich andere als Obere erkenne, so, wie der M. von St. immer wieder von andern dirigirenden Br.-Br. Befehle empfängt und ausführt.
Illuminati heissen erleuchtete, sie können also das seyn, was bei der stricten Observanz graduirte Maurer sind. Da sie mehrere Einsicht haben, so kann ihnen die Bildung, die Zubereitung jüngerer Br.-Br. anvertraut werden. Die Illuminaten sind also — — — doch, das müssen ja die Herren Rosenkreutzer per magiam divinam selbst wissen, oder heraus caballistisiren können, was sie sind. — Davon bin ich überzeugt, dass sie nicht verblendete Afterer (wie Hochdieselben wohlweiss in einem plausiblen Stuhlschreibertone zu spassen belieben) sondern wirklich erleuchtet sind; denn von ihnen und durch sie wusste ich im voraus, dass ich bey Ihnen, meine Herren Rosenkreuzer, nichts von allem dem, was sie vorgeben und versprechen, antreffen würde. Ich trat auch bloss nur um Ruhe und Einigkeit in unsrer Loge zu erhalten (obwohl ich nicht nöthig hätte, dergleichen unnütze Ausgaben zu machen) bloss des Friedens wegen in diese Gesellschaft der Rosenkreuzer; aber wie starrte ich vor Erstaunung, als ich sah, dass Leute von denen ich glaubte, dass sie auf Eidschwüre hielten, Winkel-Logen halten, Maurer Grade ertheilen, selbst Maurer aus andern Logen zu höhern Graden befördern. So etwas verträgt sich mit meinem Amte in der Loge, mit der Stelle eines Repräsentanten von der erhabenen Mutterloge, und mit meinen Pflichten nicht.
[251] Ich ergreife also aus obigen mehrern Gründen diese Gelegenheit begierig, um mit Vergnügen wieder auszutreten, mit der theuersten Versicherung eines ewigen Stillschweigens. — Besonders in Betreff der Geheimnisse, von deren Verrath ein hohes Oberdirectorium noch lange gesichert bleiben wird, denn unter uns gesagt, Hochdieselben haben — — — keine.
Übrigens verbitte ich mir alle ihre Canzleystil duftende beleidigende Ausdrücke, und versichere sie, dass weder unsere erhabene Mutterloge, noch unsere Loge hier, noch weniger ich, der ich ein blosses Mitglied und zeitlicher Mr. vom Stuhl dieser Loge bin, Emissarius brauche um Leichtgläubige zu bereden oder zu verführen, am wenigsten von ihrer sogenannten geheiligten (sollte gewiss heissen nicht heiglichen) Verbrüderung, denn Leute, denen Sie einmal das Gehirn verbrannt, und den Verstand verrückt haben, die sind zu andern Gesellschaften, wo Wahrheitsliebe und Wissensbegierde herrscht, meistens schlechterdings untauglich.
Ich bitte ein hochwürdiges Oberdirectorium, wenn sie die Verblendete seyn sollten, diesen meinen Aufsatz bis an die Verblender laufen zu lassen.
Dass nach diesem abfälligen Urteile die Illuminaten-Freimaurer durch die Häupter Pater Frank und Wöllner erst recht mit grimmigen Hass beehrt wurden, ist sehr einleuchtend und gibt auch dem Urteile des Preussischen Gesandten Schwartzenau eine besondere Stütze, das den Hinweis auf persönliche Rache enthält.
Jedenfalls waren die Münchener Illuminaten, die dem Regimente Baaders unterstanden, am meisten gefährdet, namentlich je näher sie Weishaupt standen. Einer dieser Vertrauten war, wie bereits bewiesen, Zwackh, auf diesen richtete sich nun besonders der Zorn der versteckten Feinde in der gehässigsten Weise.
- ↑ Was für Entdeckungen könnten es sein, die der König selbst gemacht hat? Hier liegt Wöllners Einfluss klar zutage.
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