Geschichte der Stadt Basel. Erster Band/3. Die Entwickelung der Stadt zur Herrschaft/1. Peter Reich. Peter von Aspelt. Otto von Grandson

Geschichte der Stadt Basel. Erster Band/3. Die Entwickelung der Stadt zur Herrschaft
von Rudolf Wackernagel
Gerhard von Wippingen. Johann von Chalon
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Erstes Kapitel.
Peter Reich. Peter von Aspelt. Otto von Grandson.



Das Regiment des am 15. Mai 1286 durch Papst Honorius zum Bischof von Basel erhobenen Peter Reich ist durch nichts Eigenartiges und Mächtiges ausgezeichnet. Ihn charakterisiert vor allem sein wiederholtes Unterliegen gegenüber Heinrich von Isny.

Aber er hielt doch die guten Traditionen dieses Amtsvorgängers fest. In den wälschen Gebieten des Bistums durch den Ausbau der Feste Schloßberg und die Kämpfe gegen Graf Reinald von Mömpelgard. Bei diesen genoß er die Unterstützung des Königs Rudolf, der ihm überhaupt, vielleicht schon um seiner Zugehörigkeit zur alten Königspartei der Sterner willen, gewogen war; Rudolf rühmte von Peter Reich, daß er dem Morgensterne vergleichbar allen Fürsten des Reiches durch Tüchtigkeit und Treue voranleuchte, und noch in den letzten Tagen seines Lebens, zu Germersheim, hatte er diesen Basler bei sich. Andere Unternehmungen Peters knüpften an das durch seinen Vorgänger bei den Hauensteinpässen Begonnene an. 1277 hatte Graf Ludwig von Froburg die Schlösser Waldenburg und Olten vom Bistum Basel zu Lehen genommen; sein Sohn Graf Volmar mußte sich, nachdem er vergebens Widerstand versucht hatte, diesem Verhältnis aufs neue fügen und 1295 die Oberherrlichkeit des Bischofs anerkennen. Gleich ihm unterlag auch sein Vetter Graf Hermann von Honberg dem Basler Fürsten; nach erfolglosem Kampf hatte er sich zum Ersatze des Schadens zu verstehen und das Versprechen zu geben, daß er nach Teilung des Honbergischen Erbes das ihm Zufallende, Liestal oder Honberg, dem Bistum aufgeben und von ihm zu Lehen nehmen werde.

Neben dem Bild dieser Kämpfe steht aber als Zeugnis dessen, was dem Bischof doch das Willkommenste gewesen zu sein scheint, sein Freiheitsbrief für Delsberg 1289. Aus dem gewohnten Urkundenstil heraustretend preist er da dieses reclinatorium deliciosum, den wonnigen verborgenen Ort [221] der Ruhe, an dem er sich von der Mühsal des Herrschens erholen könne; zum Danke hiefür gibt er dem Burgflecken die Rechte und Freiheiten der Stadt Basel.

Für uns von Wichtigkeit sind nun die Erlebnisse dieser Stadt. Sie empfing 1292 den Besuch des Königs Adolf, der hier Weihnachten feierte. Im Oktober des folgenden Jahres war auch sie, wie ihr Bischof, an der Belagerung Colmars durch den König beteiligt. Aber vor allem der Beachtung wert ist, wie bei den vorhin erwähnten Unternehmungen des Bischofs gegenüber den Honberger und Froburger Grafen auch das Interesse der Stadt in Frage steht.

Allerdings handelte es sich dabei zunächst um die gräflichen Gebiete selbst. Aber wenn das Hochstift diese erwarb, so erwarb es damit zugleich die Beherrschung der beiden Pässe über den Hauenstein und zumal durch Honberg und Olten die Beherrschung eines Stückes der Gotthardstraße. Dies war von hohem Werte auch für die Stadt. Ihre Streitigkeiten mit Luzern in diesen Jahren, die Inhaftierung ihrer Burger Zebel, Meier von Hüningen u. A. durch die Luzerner, die Forderungen Einzelner auf beiden Seiten deuten doch wohl auf Verhältnisse, die sich aus dem Verkehr auf dieser Straße ergaben. Der Erwerb von Land in Zofingen durch den Basler Peter Münzer, die Zerwürfnisse zwischen Basel und Freiburg wegen des Prozesses ihrer Angehörigen Thüring und Simon und der Entscheid dieses Prozesses durch Podesta und Gericht zu Como sind weitere Zeugnisse solchen Verkehres. Ihre bestimmteste Ergänzung finden sie darin, daß 1295 die Stadt Basel selbst das Recht der Birsfähre und zugleich das Recht, zwischen Münchenstein und dem Rheine die Birs zu überbrücken, von den Honberger Grafen erwarb. Nicht um der paar nächsten Dörfer willen, sondern um die Bahn des großen Weltverkehrs zu verbessern, kaufte die Gemeinde das Recht des Brückenbaus. Wir erkennen hierin das erste Greifen der städtischen Kraft über ihre angeborne Grenze hinaus.


Am 3. September 1296 starb Bischof Peter Reich, und das Domkapitel, seines lange nicht geübten Rechtes sich erinnernd, schritt zur Wahl eines Nachfolgers. Aber die auch im Kapitel wirkenden Parteiungen führten zu einer Doppelwahl: der Dompropst Lütold von Röteln wurde von den Einen, von den Andern der Domherr Berthold von Rüti, Propst von Solothurn, zum Bischof gewählt.

Bei dieser Lage war ein Eingreifen der päpstlichen Regierung leicht. Sie verwarf die beiden Gewählten und gab ihrerseits das Bistum dem [222] Peter von Aspelt. Am 31. März 1297 stellte Papst Bonifaz diesen dem Volke von Stadt und Diözese Basel vor.

Der im Flecken Aspelt bei Luxemburg geborene Peter hatte dem König Rudolf als Arzt gedient, war Dompropst von Trier und 1296 Kanzler des Königs Wenzel II. von Böhmen geworden. Jetzt erhob ihn der Papst zum Bischof von Basel; zehn Jahre später wurde Peter Erzbischof von Mainz. Als solcher ward er der Leiter der deutschen Politik; großartig zeigt der Grabstein im Mainzer Dome sein Bild, wie er drei Königen die Krone aufs Haupt setzt.

Dieselbe Erscheinung eines mächtigen Menschen tritt uns auch aus den Denkmälern seiner Basler Regierung entgegen, so wenig zahlreich sie sind. Sein Kanzleramt in Böhmen und eine rege politische Tätigkeit hielten ihn oft lange Zeit von seinem Bistum fern; der Dompropst Lütold von Röteln, der Propst Martin von St. Leonhard, die Ritter Mathis Reich, Peter Schaler, Johann Macerel funktionierten dann als seine Vertreter. Dennoch hat er kräftig gewirkt. Die Synodalstatuten von 1297 und 1299, die Schaffung der unter dem Namen codex Basiliensis bekannten Sammlung von Urkunden und Rechtstiteln des Bistums, die Reservation der Einkünfte aller vakanten Pfründen zur Tilgung der Schulden des Hochstifts, bezeugen seine organisatorische Tätigkeit und die Energie seines Eingreifens. Beim Münster baute er eine Kapelle. Den durch frühere Bischöfe veräußerten hochstiftischen Besitz in Riehen kaufte er zurück, die Forderungen zahlreicher Gläubiger des Hochstifts löste er ein.

Das Wichtigste aber ist, daß unter ihm eine gegen Habsburg gerichtete Politik hier auftrat. Peter von Aspelt war seiner Zeit Kanzler von Böhmen geworden, um den habsburgischen Einfluß in diesem Lande zu stärken; als dann, nach der Wahl Albrechts zum deutschen König, der Gegensatz zwischen Oesterreich und Böhmen wieder hervortrat[WS 1], blieb Bischof Peter auf der Seite Böhmens. Er wurde zum größten Gegner des Habsburgischen Hauses.

König Albrecht hat in den frühern Jahren seiner Regierung wiederholt in Basel geweilt, zuerst im Oktober 1298, wenige Monate nach seiner Wahl. Da bestätigte und erneuerte er den Bürgern die Privilegien seines Vaters über Lehensfähigkeit und Hofgericht. Bei einem dieser Besuche geschah es, daß er persönlich in den Saal des Domkapitels eintrat und von den Domherren die Wahl des Hartung Münch an ein Canonicat erzwang. Es geschah dies der Partei zu Liebe. Denn jetzt gab es in Basel zwei Parteien, eine bischöfliche und eine österreichisch gesinnte; in Kapitel [223] und Ritterschaft lebten die alten Sonderungen wieder auf. Zum Bischof hielten die Geschlechter der Zerkinden, Vorgassen, Rotberg, Lörrach, Schönenberg, Schenk. Die Schaler, die Münche, die Kraft u. A. waren auf Habsburgs Seite; in dem stattlichen Hof der Münche auf St. Petersberg pflegte Albrecht Quartier zu nehmen. In seinem Heere hatte bei Göllheim, als die Könige um das Reich fochten, der Basler Ritter Lütold Münch den Tod gefunden; Konrad Münch war der vertraute Ratgeber Albrechts und diente ihm als Gesandter an Papst Bonifaz; den Domsänger Rudolf Kraft bestellte der König zu seinem Kaplan.

Nicht mehr wie einst bei Stern und Psittich handelte es sich um momentane Rivalitäten, um Glanz, Gunst und Ansehen; jetzt ging es um die großen Fragen der Macht, und die von den zwei starken und heftigen Naturen des Königs und des Bischofs getragenen Gegensätze sprachen sich aufs schärfste aus. In den Sisgauer Angelegenheiten trafen sie aufeinander.

Was die Basler Bischöfe Heinrich von Isny und Peter Reich hier unternommen hatten, war im Einverständnis mit König Rudolf geschehen, dessen eigene Pläne dadurch nicht gefährdet schienen. Jetzt war es anders. Der Konflikt der beiden Machthaber kam auch hier wieder zur Geltung. Albrechts Gedanken galten nicht allein einer Beherrschung der Gotthardstraße; als Oesterreich 1299 von Graf Volmar von Froburg die Herrschaft Arburg erwarb und damit einen ununterbrochenen Zusammenhang seines Gebietes vom Vierwaldstättersee bis zur Aare herstellte, so war dies allerdings von hohem Wert für die Verhältnisse des Verkehrs; aber die noch höhere Bedeutung dieses Erwerbs lag darin, daß er die transjuranischen Territorien Habsburgs seinen sundgauischen Aemtern um einen Schritt näher brachte. Vereinigung dieser beiden Gebietskomplexe war ein Ziel, das die Politik Habsburgs das ganze vierzehnte Jahrhundert hindurch nicht aus den Augen ließ. Ihm sollte nun auch der Erwerb der Herrschaften im Sisgau dienen.

Aber diesen Plänen kam der Basler Bischof zuvor. Graf Hermann von Honberg war am 19. November 1303 gestorben, und die Herrschaften Liestal und Honberg waren an seine Schwester Ita, Gattin des Grafen Friedrich von Toggenburg, gefallen. Im Dezember 1305 verkaufte diese die beiden Herrschaften um zweitausendeinhundert Mark an Bischof Peter.

Mit besonderer Feierlichkeit wurde dieser Kauf verbrieft. Die Urkunde trägt fünfundzwanzig Siegel; auch das Siegel der Stadt ist darunter, neben ihm hängen die Siegel zahlreicher Bürger. Man sieht deutlich, daß das große Geschäft im vollen Einverständnis von Bischof und Stadt geschehen [224] ist; letztere hat vielleicht, wie einst beim Kaufe der Herrschaft Pfirt, zur Beschaffung des Kaufschillings geholfen. Und dieses Einverständnis spricht sich auch in der Erklärung aus, die am Tage nach diesem Kauf Bürgermeister und Rat dem Bischof gaben; sie verpflichteten sich, keine Leute aus den soeben erworbenen Herrschaften zu Bürgern oder „zu irgend einem bürgerlichen Rechte“ anzunehmen ohne Konsens des Bischofs. Die Stadt fügte sich ganz den Interessen des in diesem Moment von einer mächtigen Politik belebten Hochstifts. Sie diente diesen Interessen auch bei einer zweiten Unternehmung.

Die ältere Linie der Grafen von Honberg besaß die Herrschaft Wartenberg, die Burgen, den Dinghof Muttenz und den Hardwald umschließend. Sie war Lehen vom Hochstift Straßburg. Wie bei Liestal und Honberg mußte sich auch hier die Rivalität Oesterreichs und Basels geltend machen. Da erwarben 1301 die Brüder Hugo und Kuno zur Sonnen, Bürger von Basel, diese Herrschaft von den Honberger Grafen zu rechtem Lehen. Die zur Sonnen hatten, um dies Lehen zu erhalten, den Grafen dreihundert Mark Silbers gezahlt und zwar aus der Kasse der Stadt Basel. Diese stand hinter dem Handel. Wie sie 1295 sich in den Besitz des Brückenrechts an der Birs gesetzt hatte, so gab sie jetzt die Mittel, um die ganze Herrschaft in die Hände zweier ihrer Bürger zu bringen, und ließ sich von diesen versprechen, den Erwerb nicht fahren zu lassen. Der eine der Erwerber, Hug zur Sonnen, der schon 1283 ein großer Kreditor des Hochstifts gewesen war, erscheint jetzt auch an einem andern Geschäfte mit den Honbergern beteiligt. Er erwarb 1302 von diesen und dem mitberechtigten Graf Volmar von Froburg den Zoll zu Liestal, zusammen mit Ritter Matthias Reich, der dem Bischof völlig ergeben war, ihm als Kämmerer und gelegentlich als Vikar diente und in demselben Liestal auch ein Burglehen besaß.

Alles dies zusammengehalten zeigt ein planmäßiges und gemeinsames Handeln des Bischofs und der Stadt. Der heftige Zorn König Albrechts über Vereitelung seiner Absichten auf Liestal und Honberg richtete sich daher auch gegen die Stadt, und diese war empfindlich getroffen, als es Albrecht gelang, jenen Mißerfolg wett zu machen. Er erwarb die Herrschaft Wartenberg 1306 von den Honbergern.

Durch diesen Kauf, der allerdings erst 1330 zur Wirkung gelangte, war Basel aus einer Position verdrängt, die es innegehabt, und vor seinen Thoren faßte Oesterreich Fuß. Es war das erste direkte und unverhohlen feindliche Hereinwirken der Herrschaft in die städtische Politik.

[225] Von der Erregung, die in Begleitung aller dieser Ereignisse durch Stadt und Land ging, geben uns vereinzelte Nachrichten ein Bild. Der Adel war durch Parteiung zerrissen, desgleichen das Domkapitel. Auch der Klerus wurde in den allgemeinen Hader hineingezogen. Schon 1297 wurde an der Synode geklagt über die Gewalttaten, denen die Geistlichen ausgesetzt waren; Laien aller Gattungen, oft verlarvt, fielen über sie her, mißhandelten sie, setzten sie in Haft, ja es kam bis zu Todschlag. Der Klerus begann Waffen zu tragen und zu gebrauchen, bis der Bischof dies verbot. Aber daß er selbst durch Hartung Münch ins Gesicht geschlagen wurde, zeigt, wie viel man sich erlaubte. Dem allem gegenüber sehen wir seine umfassenden kriegerischen Maßnahmen. Die Befriedigung der Schuldforderungen zahlreicher Adliger, die Aufnahme von Gütern solcher zu Lehen, der Bau eines Kastells auf dem Vollenberg oberhalb Kleinkems am Rheine, die Austeilung zahlreicher Burglehen in Schloßberg, Pruntrut, Istein, vor allem in Liestal, wo eine Art Garnison eingerichtet wurde, — alle diese Maßregeln des Bischofs waren Rüstungen für einen Krieg, der täglich losbrechen konnte.

Uns ist von Wert zu sehen, daß die Stadt nicht unberührt von diesen Händeln blieb. Sie sekundierte den Bischof in allem, und seine Feinde waren auch die ihren. Daher die Gefangennahme des Baslers Niklaus Stehelin durch den Grafen von Pfirt, andrer Bürger durch Herrn Thüring von Ramstein 1303. In Folge hievon aber auch ein kriegerischer Auszug der Basler; sie eroberten und zerstörten Schloß Ramstein, und nun ging das Erobern und Zerstören weiter; im Verlaufe von zehn Wochen brachen die Basler fünf Adelsschlösser. Aber wir erfahren nicht, welche.


Mitten in diesen Kämpfen geschah auf dem Bischofsstuhl ein Wechsel. Der große Peter von Aspelt erhielt das Erzbistum Mainz, am 10. November 1306; an seine Stelle in Basel trat durch päpstliche Ernennung Otto von Grandson. Dieser war seit dem Februar desselben Jahres Bischof von Toul, hatte aber schon in dieser kurzen Zeit sich mit der dortigen Bürgerschaft völlig überworfen und trat nun, leidenschaftlich in seinem Wesen und von Grund aus Wälscher, das Regiment zu Basel in einem Augenblicke an, da hier Alles in höchster Erregung war.

Nichts verlautet diesmal von einem Versuche des Domkapitels, selbst die Bischofswahl vorzunehmen. Ohne daß ein Gegner sich zeigte, in Uebereinstimmung mit der in Kapitel, Adel und Stadt herrschenden Partei [226] übernahm Otto die Herrschaft. Es blieb bei der bisherigen Richtung der Politik Basels. Und die Gegnerschaft gegen Albrecht wurde noch verschärft dadurch, daß in der Wahl Ottos ein nationaler Gegensatz und der bei den Entschlüssen des Papstes mitwirkende Wille Philipps von Frankreich zum Ausdrucke kam.

Von Bedeutung für Otto mußte namentlich die Haltung der Stadt sein. Daß sie gegen Habsburg gerichtet war, stellt diese Zeit in einen merkwürdigen Gegensatz zu den noch nicht so weit zurückliegenden Tagen König Rudolfs. Albrecht vertrat doch im Grunde dieselbe Politik wie sein Vater, und sein Streben nach Schaffung einer großen Hausmacht war nichts Neues. Aber was er jetzt mit dieser Tendenz im Sisgau unternahm, traf hier auf ein Beginnen des Basler Bischofs, der gleichfalls auf ein Territorium ausging, die Pläne seines großen Vorgängers Heinrich von Neuenburg wieder aufzunehmen schien. Daß aber die Stadt zum Bischof hielt, darf nicht befremden. Auch sie hatte Pläne im Sisgau, und auch diese wurden durch den König in Frage gestellt. Und überdies fand sie ein Zusammengehen mit dem Bischof ihren Interessen förderlicher als den Kampf. Die Methode, die später die Beziehungen zum Hochstift beherrschte, — dieses zu unterstützen, es der Stadt zu verpflichten, um zu gelegener Zeit einen Vorteil hievon zu ziehen — mochte Einzelnen schon damals als eine Möglichkeit vorschweben. Diese Politik setzte das Bestehen einer auswärtigen Macht voraus, die dem Hochstift und durch dieses der Stadt gefährlich war. Eine solche Macht zeigte sich jetzt offen: Oesterreich. Und so war der Stadt ihr Handeln vorgeschrieben.

Das enge Vertrautsein, das sie mit Peter von Aspelt verband, tritt in der Sisgauer Sache deutlich zu Tage. Deutlicher noch in dem Erlaß Peters vom 27. März 1305, durch den er den Bürgermeister und den Oberstzunftmeister ermächtigte, Geistliche, die auf frischer Tat bei Vergehen ertappt würden, zu ergreifen und gefangen zu halten, bis er selbst oder sein Vikar sie beurteilen könne. Im Vergleich mit spätern Protesten der Bischöfe gegen Ausdehnung städtischer Gerichtsbarkeit auf Geistliche ist dieser Erlaß bedeutsam; er gibt Zeugnis von der damals waltenden Stimmung.

In diese hinein trat nun Bischof Otto, und die Feindschaft Albrechts gegen ihn offenbarte sich sofort dadurch, daß er ihm die Investitur mit den Regalien versagte. Einige höchst lebendige Züge sind uns überliefert: die Audienz des Bischofs beim König im Münchenhof zu St. Peter, da Jener Diesen zu töten im Sinne trägt, der König ihn höhnisch als Scholaren [227] behandelt und nur die Geistesgegenwart des Dolmetschers Hugo zur Sonnen einen schlimmen Ausgang verhindert; oder wie die Königin Elisabeth, am Tage vor der Ermordung ihres Gemahls, diesem entgegen nach Rheinfelden reist, bei Kleinbasel der Bischof Otto an ihren Wagen tritt, um sich beim König empfehlen zu lassen, durch die Tücke des Konrad Münch aber von den eilenden Pferden mit Kot beworfen wird. Vor allem aber jene prächtig bewegte Szene, da die Kunde von Albrechts jähem Tode in Basel eintrifft, zur gleichen Zeit die Besatzung des rotbergischen Schlosses Fürstenstein, das durch die Truppen Albrechts belagert gewesen, hier einzieht, und nun ein Krawall entsteht, bei dem Niklaus Zerkinden durch Peter Schaler verwundet wird; Bischof Otto stellt sich an die Spitze des wild erregten Volkes, greift zum Stadtbanner und führt den ganzen Haufen gegen den Hof der Münche; das Gebäude wird erbrochen, geplündert und verwüstet, und als die Königlichen, die sich auf dem Münsterplatze gesammelt, heranrücken, kommt es zum Straßenkampf, das Volk dringt ihnen nach in die Häuser, treibt sie über die Dächer; zuletzt müssen sie die Stadt räumen.

Albrechts Nachfolger am Reiche war Heinrich VII. von Luxemburg, seine Wahl zum größten Teil das Werk des frühern Basler Bischofs Peter von Aspelt. Daß sie geschah im Sinne einer gegen Habsburg gerichteten Politik, entsprach den Wünschen Ottos von Grandson und stellte diesen ohne Weiteres auf die Seite des neuen Königs.

Am 6. Januar 1309 wurde Heinrich in Aachen gekrönt; im April verweilte er in Basel, mit einem mächtigen, mehr als tausend Pferde führenden Gefolge. Hier bestätigte er am 26. April die vor kurzem durch den Ritter Otto Münch geschehene Stiftung des Klosters Himmelspforte, neben Bellelay die einzige Niederlassung des Prämonstratenserordens in der Basler Gegend. Eine Folge dieses Aufenthaltes war auch, daß Bischof Otto zum Mitgliede der Gesandtschaft ernannt wurde, die nach Avignon gehen sollte, um vom Papste die Approbation der Wahl Heinrichs und die Zusage der Kaiserkrönung zu erlangen. Zu Avignon, im Juli 1309, starb Otto.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: hevortrat