Geographie und Statistik Wirtembergs (Röder): Gmünd

Textdaten
Autor: Philipp Ludwig Hermann Röder
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Titel: Gmünd
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aus: Geographie und Statistik Wirtembergs, Bd. 2,
S. 79–109
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Erscheinungsdatum: 1804
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Erscheinungsort: Ulm
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Quelle: Scans auf Commons
Kurzbeschreibung:
Siehe auch Schwäbisch Gmünd
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Das Oberamt Gmünd.

[79] Die Stadt und das Oberamt Gmünd liegt um die Flüsse Leine und Remse. Es grenzt nördlich an Limpurg und Ellwangen, östlich an Aalen, südlich an Heidenheim und Rechberg, und westlich an das Amt Lorch.

Von dem Stadt- und Oberamt ist eine gute Beschreibung, und kleine aber nicht richtige Karte erschienen, die von Hrn. Pfarrer Rink in Böhmenkirch, einem aufgeklärten und fleissigen Mann verfaßt ist[1]. Nur vermißt man daran das vorzüglichste nehmlich statistische Nachrichten und Kameralnotizen, die gänzlich fehlen.

Das Amt Gmünd ist 5 Stunden lang, und 1 bis 3 Stunden breit. Der Flächeninhalt ist demnach ungefehr 3 Quadratmeilen.

Klima und Luft sind gemässigt, denn nur eine kleine Meile westwärts wächset noch Wein, doch ist im Oberamt selbst kein Weinwachs zu finden.

Es ist stark gebirgig, mit angenehmen niedrigen schönen Hügeln, auch hohen und schroffen [80] Bergen besezt, die meist mit Wald bewachsen sind.

Die höchsten Gebirge sind gegen Süden eine Abstufung der Alpen, wo sich die hohen Bergspitzen Rechberg, Bernhardsberg, Rosenstein erheben.

Die merkwürdigsten Thäler sind das Remsethal und Leinthal, deren ersteres breit ist, viele kleine schöne Nebenthäler hat, und meist mit Wiesen, theils auch Aekern angebaut ist. Beide Thäler haben ihre Namen von den durchlaufenden Flüssen Rems und Leine, und sind mit vielen schönen Dörfern und Höfen bebaut. Durch das Remsethal läuft auch der ganzen Länge nach, die schöne Landstrasse von Stuttgart nach Nürnberg und Augsburg.

Die beiden kleine Flüßchen des Landes sind die Remse und Leine.

Die Remse entsteht bei Essingen, wird durch viele kleine Bäche verstärkt, durchfließt das Ländchen der Länge nach, und fließt von hier ins Amt Lorch.

Sie ist nur ein mässiger Bach, läuft aber oft stark an. Die Leine entsteht in der Gegend des Amts Murrhard und fließt von Westen nach Osten, da die Remse von Osten nach Westen fließt, und fällt in den Kocher.

Unten den vielen kleinen Bächen, die bei Gmünd in die Remse fallen, sind der Thierbach, Betringerbach, [81] und vorzüglich der Rinderbach zu bemerken, lezterer nicht wegen seiner Mühle bei der Stadt oder wegen Beträchtlichkeit, sondern weil er den Namen eines längst zerstörten Schlosses, und einer ehmals blühenden, uralten, aber ausgestorbenen Familie von Rinderbach erhält, die ehmals in dieser Gegend begütert und angesessen war.

Von diesen Flüßchen hat das Land ausser der Wässerung keinen Nuzen, denn sie sind weder zum Kommerz zu benuzen, noch wegen des Fischfangs vorzüglich.

Die Waldungen sind ansehnlich, theils Nadelholz, theils Laubholz. Das Nadelholz ist häufiger und an den Bergen und Hügeln meist zu finden. Auf den höchsten Bergen des Albuchs aber, bei Minhof und Kizing, sind schöne Buchenwaldungen, so wie überhaupt südlich auf diesem Gebirge.

Ausser dem Bau- und Brennholz werden die Wälder nicht benuzt, z. B. zu Holzarbeiten, Schnittwaarenhandel, wie in Ellwangen, Adelmannsfelden und mehr. Die Waldunge sind sehr unwirthschaftlich behandelt und schändlich ausgehauen worden. Die Gegend ist auch reich an Waldungen.

Wildpret giebt es keines, und da bisher freie Pürsch war, so konnte auch das fremde, das hieher sich verlief, nicht aufkommen.

Die Fruchtbarkeit ist mittelmässig, die Berge und Hügel sind meist mit Holz bewachsen, in den Thälern sind viele Wiesen, auch findet man [82] noch Heiden und unfruchtbares Land, daher der Akerbau in enge Grenzen zusammen getrieben ist, das Land mit hinlänglichem Getreide nicht versehen kann, und Früchte aus den alt wirtembergschen Aemtern eingeführt werden. Auf dem sogenannten Wald der hohen Gegend zwischen der Remse und Leine ist gar wenig und geringer Akerbau, man baut da nur Haber, Roggen, Flachs und Erdbirn. In dem Remserthal hingegen, in der Gegend der Dörfer Hussenhofen, Bettringen, Bebingen, Möklingen, und bis an das Gebirge hin südlich, ist guter Akerbau, schwerer Boden und fruchtbares Land, welches Dinkel, Roggen und andere Früchte hervorbringt. Der Akerbau wird meist mit Rindvieh bestellt.

Gartenfrüchte gerathen schön im Remsethal und in den schönen Gärten um die Stadt.

Die Baum- und Obstkultur ist geringe, es sind zwar in neuern Zeiten glükliche Versuche gemacht worden, die Baumkultur, besonders um die Stadt, zu vervielfältigen, allein weit ist man damit nicht gekommen. Um den Mangel des Weins zu ersezen, sollten die Einwohner häufige Baumschulen und Obstplantagen anlegen, wozu ihre Hügel, abhängige Berge, selbst die Thäler sehr gelegen wären, denn die Gegend ist zum Obstbau nicht zu rau, und wie die Gärten um die Stadt beweisen, so geräth das Obst gut. Allein diese, und die Bäume um die Orte ausgenommen, sieht man auf den Feldern keine fruchtbaren Bäume, wo doch Gelegenheit und Einladung dazu genug wäre.

[83] An Mineralien und mineralischen Wassern ist Mangel. Man hat zwar 1794 bei Dewangen Eisenminen entdekt, auch angefangen, sie zu bearbeiten; allein der Krieg und Geldmangel hinderten bisher die Ausführung.

Da die Waldungen noch nicht Mangel haben, die Menschen nicht mit Feldbeschäftigungen zu sehr überladen sind, so wären Eisenwerke nicht am unrechten Orte gewesen, sondern würden der Nahrung einen höhern Schwung gegeben haben.

Die Viehzucht, besonders des Rindviehs, ist stark, und eine Hauptnahrungsquelle der Einwohner. Es wird nicht nur vieles Rindvieh gezogen, sondern es werden auch viele Ochsen gmästet und verkauft, womit das Gleichgewicht gegen die Einfuhr der Früchte erhalten wird.

In der Stadt, die meist vom städtischen Gewerbe lebt, ist der Viehstand sehr geringe, denn man rechnet nur 200 Melkkühe darin.

Pferde werden weit weniger gehalten, sie sind auch nicht so ansehnlich wie die benachbarten Ellwangensche. Auch die Schaafzucht, die ganz ansehnlich sein könnte und sein sollte, ist geringe, ungeachtet die vielen öden, ungebauten Pläze, Hügel, Abhänge der Berge, Brachfelder u. m. Einladungen genug wären, die Schaafzucht zu begünstigen und zu befördern. Besonders auch würde Wollenspinnerei und Weberei für die Einwohner dieses Ländchens ein wahrer Gewinn sein, welches sich mehr zur Industrie und Manufaktur Arbeit neigt, als zum Feldbau. Aufmunterung, Aufklärung [84] und Unterstüzung würden gewiß ihren Zwek erreichen.

Die Bevölkerung dieses Oberamts ist nicht schwach, sondern im Verhältniß mit Ellwangen, Heidenheim und andern angrenzenden Ländern, recht stark; denn es enthält auf seinen 3 Quadratmeilen und in seinen 13 Pfarreien 15000 Menschen, also auf jede Quadratmeile 5000 Personen, da das angrenzende Ellwangen auf eine Quadratmeile 2500, also die Hälfte, und die Herrschaft Heidenheim nur 2000 Menschen hat.

Die Nahrung und Beschäftigung der Einwohner ist in der Stadt Industrie und Handwerk, auf dem Lande Feldbau, Viehzucht und Baumwollespinnen. Der Geist der Industrie ist ehmals viel stärker gewesen, welches die Grösse der Stadt Gmünd und der noch übrige Rest ihrers Handels und ihrer Nahrung beweißt. Aber die Einwohner sind in ihrem Fleiß und Gewerbsamkeit, und damit auch in ihrem Wohlstande und Nahrung weit herab gekommen, welches besonders in der Stadt fühlbar ist. Nirgend wird man mehr Bettler finden, welche die Fremden haufenweise anfallen, als in Gmünd, und gewiß nirgends mehr müssige Leute, als eben da. Der Bettel scheint her in ein Sistem gebracht worden zu sein, und die Bettler ihre eigene Posten besezt zu haben; denn man findet solche auf der Brüke, Landstrasse, in den Gassen und in den Kirchen. Eine besondere Art von Bettlern findet man hier, dieses sind die Kirchenbettler, welches Amt meist alte, häßliche Weiber versehen. [85] Diese kommen, mit dem Rosenkranz in der Hand, zu dem Fremden, fordern ein Almosen, und versprechen dafür ein Vater unser zu beten. Diese Art von religiösen Bettlern hat Gmünd mit Italien gemein. In den Kirchen, bei den Wallfahrten, auf den öffentlichen Pläzen und Häusern um die Stadt, in den braunbier Gärten und Häusern, findet man immer Leute, die wohl arbeiten könnten und sollten. Die verderblichste Art des Luxus hat eingerissen, nemlich die, wenig zu arbeiten, und dann den Verdienst schnell wieder zu verzehren. Die meisten Handwerker arbeiten nur den Vormittag, des Nachmittags sind sie beim braunen Bier oder auf Wallfahrten. Sogar der gottesdienstliche Luxus muß dazu Veranlassung geben. In der Stadt Gmünd sind zu 5600 Seelen 18 Kirchen, von deren Thürmen ein immerwährendes Geklingel ertönt, welches die Leute einladet, von der Arbeit weg, und in die Kirchen zu laufen. Dieses behagliche Nichtsthun wird endlich zur Gewohnheit, und zur Veranlassung, auch andere Zerstreuung aufzusuchen, wozu die Religiosität, die Möncherei und Fanatismus die Hand bieten. Nirgends sind wohl auf einem Punkt so viele berühmte Wallfahrten, als um Gmünd. Der berühmte Rechberg, Bernhardusberg, Beiswang, St. Salvator, auch der Minhof, sind Gegenstände, die von ganzen Schaaren, nicht wegen der Andacht, besucht werden, sondern um die Zeit zu verderben und sich Vergnügen zu machen. Werden nun nicht diese Quellen des Müssiggangs verstopft, diese 18 Kirchen bis auf 2 [86] oder 3 geschlossen, und die Wallfahrten, Prozessionen und Feiertage aufgehoben, so wird Gmünd auch bei allen Bemühungen für die Industrie nie wieder zu seinem ehmaligen Wohlstande kommen. Doch ist es ein Beweis von Aufklärung, daß seit dem Jahr 1801 hier Pahls Nationalchronik der Teutschen erscheint, die starke Wahrheiten ohne Rükhalt sagt, und besonders auf die Verbreitung der Aufklärung berechnet ist.

Die Volksaufklärung ist noch in der Wiege, und erwartet erst von der neuen Regierung ihre glükliche Wendung. Denn noch nicht gar lange wurden Jesuitische Religionskomödien auf offenem Plaz gespielt.

Die Kleidung der Gmünder, besonders der Weibsleute mittlern Standes, ist noch nach Reichsstädtischem Schnitt, und auffallend steif und ekigt.

Das Getränke ist gewöhnlich Bier, welches in der Stadt Gmünd gut gemacht und stark getrunken wird.

Das ganze Oberamt Gmünd enthält 1 Stadt, 13 Pfarrdörfer, viele Benefizien, 6 Klöster, 30 andere Dörfer und Weiler, und 30 Höfe, zusammen 74 Orte.

Die Gmündischen Dörfer sind gröstentheils schön und gut gebaut, und dieses vorzüglich die, welche an der Landstrasse liegen. Die Dörfer Hussenhofen, Möklingen und Bebingen enthalten so schöne und grosse Wirthshäuser, als man sie nur in Städten erwarten kann. Die Bauart ist meist Holz, doch trift man nicht nur in der Stadt, sondern auch auf den Dörfern steinerne Häuser an, [87] und sehr viele, deren unterstes Stokwerk von Stein ist. Die Dächer sind meist mit Ziegeln gedekt, doch siehet man auch Schindeldächer.

Fabriken und Manufakturen sind keine im Lande, doch werden viele baumwollene Müzen, Strümpfe, Handschuhe, baumwollene Tücher, hölzerne Tabakspfeifen, viele Messing-, Silber- und Goldarbeiten verfertigt, und damit ein Handel in entfernte Gegenden geführt, wofür vieles Geld ins Land kommt. Der Handel mit gesponnenem und gebleichtem baumwollen Garn ist ganz beträchtlich. In der Stadt Gmünd sind auch viele einzelne geschikte Meister, die in Metall arbeiten. In neuern Zeiten hat der Handel mit diesen Waaren abgenommen.

Die einzuführenden Waaren sind ausser Getreide und Metallen, Kaufmannsgüter, Wein, Tücher u. m.

Bibliotheken und Leihbibliotheken finden sich nicht. Seit Jahr und Tagen existirt hier eine Lesegesellschaft im Kronenwirthshause, die sich aber bereits wieder zum Sterben neigt.

Für die Armen sind die 2 Spitäler in der Stadt Gmünd.

Die Erziehungsanstalten sind vorzüglich in der Stadt verbessert worden. Es ist auch nöthig, zur Beförderung der Aufklärung den Grund dazu in den Schulen zu legen, vorher aber die Lehrer selbst aufzuklären. Es ist zu hoffen, daß auch dieser wichtige Punkt werde berichtigt werden.

[88] Die mitten durch das Land laufende Landstrasse von Lorch her nach Aalen ist in sehr schlechtem Stande, von den andern Landwegen ist keiner chaussirt.

Die Einwohner bekennen sich zur katholischen Religion, nur in den Condominialorten sind auch evangelische Einwohner.

Im Geistlichen macht das Oberamt Gmünd ein eigenes Ruralkapitel aus, zu welchem die Stadt, die 12 Pfarreien der Dörfer und noch etliche auswärtige gehören. Es hat in der Stadt Gmünd seinen Siz. Das dreizehente Pfarrdorf der Stadt, Dewangen gehört in das Ellwanger Landkapitel.

Das ganze ehmalige Gmünder Gebiet macht jezt in politischer Hinsicht ein Oberamt aus, zu welchem noch die Herrschaft Waldstetten, die dem Kapitel zu Ellwangen gehörte, gezogen worden ist.

Für die Gesundheitspflege sind zwei Stadt- und Landphysici aufgestellt. Der gegenwärtige erstere Hr. Doktor Stütz, ein Mann von vielen Kenntnissen, ist eine wahre Zierde der Stadt. Stütz ist ein philosophischer Arzt, der die Erscheinungen in der Natur mit dem Totalblike der spekulirenden Vernunft würdigt.

Die Besazung, die in der Stadt liegt, macht einen Theil des wirtembergischen Bataillons Erbprinz aus.


Die Stadt Gmünd.

Gmünd, die Hauptstadt und einzige Stadt des Oberamts, liegt an der Remse, zwischen Aalen [89] und Schorndorf, von der Landstrasse von Stuttgart nach Nürnberg und Augsburg. Sie liegt in einem schönen, bewässerten Thale, zwischen zwei Bächen, mit niedlichen Gärten umgeben, weiterhin sind Wiesen, in der Entfernung waldige Hügel, und den Gesichtskreis schliessen schroffe, hohe Berge des dahin streifenden Alpengebirgs. Die ganze Gegend ist gut angebaut, durch die Remse und kleine Bäche bewässert, und mit dem schönsten Grün der Wiesen und Wälder bemalt. Viele Häuser, Häuschen, Landgüter, Gartenhäuser, die Wallfahrt St. Salvator, die schöne Remsebrüke, viele umliegende Hofgüter, machen diese Gegend anziehend genug, obgleich nur Waldungen und keine Rebenhügel die Berge bedeken.

Besonders niedlich und romantisch ist vor der Stadt das Thälchen, welches sich von Strasdorf über den Schirrenhof gegen die Landstrasse ziehet. Im Vordergrunde sind etliche Mühlen, die Remse, eine Anzahl niedlicher, im Thale einzeln stehender hübscher Häuserchen, deren gelben Anstrich mit dem lebhaften Grün des Thals absticht. Im Hintergrunde sind Tannenwälder, und das enge Thal, aus welchem Strasdorf ein wenig hervorschaut. Eine zwekmässig ausgesuchte Anlage könnte nicht niedlicher sein!

Die Stadt mit ihren soliden Mauern, vielen schönen Kirchen, Thürmen und ansehnlichem Umfang, zeigt sich auch von aussen gut. Sie ist mit schönen Mauren von gehauenen Steinen, tiefen Graden und vielen Thürmen umgeben, wodurch sie in jenen alten Zeiten des Faustrechts [90] und des Städtebundes, wo Gmünd auch eine bedeutende Rolle mit in den Städtekriegen spielte, zu einem haltbaren Orte gemacht wurde. Gegenwärtig ist diese Befestigung von keinem Nuzen mehr.

Ueber die Remse führt eine sehr schöne Brüke von rein gehauenen Steinen, die mit hübschen Bildsäulen besezt ist. Gleich an dieser Brücke liegt der sehr schöne Garten des von Storr, der zwar von mässigem Umfang und im französischen Geschmak angelegt ist, aber sehr viel äusserlich schönes hat, und mit vielen Bildsäulen geziert ist, die deswegen merkwürdig sind, weil sie nicht von Stein, sondern von gebrannter Erde gemacht worden sind.

Der Umfang der Stadt ist ansehnlich, und Gmünd ist eine der grösten Reichsstädte Schwabens gewesen, die aber von ihrem Flor und ihrer ehmaligen Einwohnerzahl vieles verlohren hat. Ihr Umfang, innerhalb der Mauer, beträgt 3500 Schritte. Sie hat fünf Thore, das Untere oder Ledergassenthor, das Obere oder Boksthor, das Schmidthor, Rinderbacherthor und das Waldstätterthor.

Die Bauart der Stadt ist zwar nicht regulär, doch sind die Strassen ziemlich breit, lichte und mit guten Häusern bebaut, die zum Theil Palästen gleichen, und in jeder Stadt schön sein würden. Unter diesen Gebäuden zeichnen sich das Rathhaus, die Post, das Dominikanerkloster und noch mehrere modern und solide gebaute Häuser aus. Es fehlt aber auch neben diesen schönen [91] Häusern nicht an solchen, die nach Art der katholischen Reichsstädte, wie Augsburg, geschmaklos bunt bemalt sind, gegen alle Regeln einer reinen Baukunst, und nicht an sturzdrohenden Hütten, an denen man mit Angst vorüber geht.

Die Einwohnerzahl dieser ansehnlichen Stadt ist nur noch 5600 Seelen stark, wovon über 5000 in der Stadt, und 550 ausser den Mauern wohnen. Seit etlichen zwanzig Jahren sind etliche hundert Menschen beiderlei Gechlechts, meistens Goldarbeiter, nach Wien und Oesterreich ausgewandert, welches zur Abnahme der Bevölkerung vieles beitrug. Im Jahr 1800 sind hier 213 Kinder gebohren worden, und 323 Personen sind gestorben. Ehen wurden 58 geschlossen. Diese Sterblichkeit ließ auf eine viel stärkere Bevölkerung schliessen, da Heilbronn bei einer viel kleinern Anzahl der jährlichen Todten, und viel kleinerm Stadtumfang, über 7000 Einwohner hat.

Die Nahrung der Einwohner ist wenig Feldbau, wenig Viehzucht, desto mehr aber Kunstfleiß. Man rechnet unter den 1200 Bürgern 300 Goldschmiede, Silber- und Bijouteriearbeiter, welche allerhand nüzliche und unnüze Arbeiten von Gold, Silber, Tombak, Semilor, Zinn, Blei, Glas, Bein u. m. verfertigen. Diese Arbeiten, die ehmals starken Absaz hatten, werden nun nicht mehr so häufig verschlossen, da ihnen nicht nur der Absaz in die österreichischen Staaten und in andere Länder verwehrt ist, sondern auch jezt an vielen andern Orten diese und ähnliche Waaren verfertigt werden. Nöthigere und nüzlichere Arbeiten machen [92] die Roth- und Gelbgiesser und Messingarbeiter, dergleichen das übrige Wirtemberg keine hat, denn alles, was fein und künstlich zu Instrumenten, selbst zu Stuttgart nöthig ist, wird in Gmünd gegossen. Neben der Akkuratesse hat man noch die billigsten Preise und guten Messing. Diese Arbeiter werden also ihre Nahrung nicht sobald verlieren, als die Bijouteriearbeiter. Sie verfertigen auch sehr viele Knöpfe, Schnallen, Beschläge, Ringe, messingne Küchengeräthe und mehrere nüzliche Dinge.

Baumwolle wird hier und in der Gegend viel gesponnen, gebleicht und ausgeführt, auch gestrikt und gewoben zu Müzen, Strümpfen, Handschuhen, baumwollenen Tüchern, zum Druken u. m. Mit dem gebleichten baumwollenen Garn wird noch ein ansehnlicher Handel getrieben, auch mit hölzernen Tabakspfeifenköpfen, welche im Rechbergschen und Gmünder Oberamt geschnizelt, und zu Gmünd mit Silber, Tombak und Messing beschlagen werden. Die Stadt hat nicht nur 4 Jahrmärkte, sondern ihre Krämer und Handwerksleute besuchen auch mit ihren Waaren fremde Messen und Jahrmärkte.

Man kann behaupten, daß Gmünd gröstentheils von der Handlung ins Ausland lebe, der ausser dem Handel mit baumwollenem Garn und den daraus gestrikten Müzen, Strümpfen u. dgl. ganz allein in Galanteriewaaren aus Tombak, Semilor, Silber und Gold bestehe. Es giebt Krämer, die mit schlechten Ringen und Halskreuzen, wovon sie das Duzend dem Arbeiter für einige [93] Kreuzer abkaufen, handeln, hin und wieder aber auch Silberwaaren mit sich führen. Diese gehen zu Fuß, allein, oder mit Trägern in Schwaben herum, gehen nach Franken, in die Rheinländer, in die Schweiz und weiter, und sezen daselbst ihre Waaren ab. Dann giebt es grössere Handelsleute, die nach Sachsen, Baiern, Schlesien, Preussen, Polen, Rußland, nach Italien, Spanien, Holland, und selbst bis nach Amerika mit den verschiedenartigsten Tombak-, Silber- und Goldwaaren handeln, wovon diese leztern, je nachdem sie von den Käufern verlangt werden, theils von geringerem, theils von besserem; und vom besten innern Gehalt sind. Es werden die niedlichsten Arbeiten von den hiesigen Silber- und Goldarbeitern verfertigt, und stets auf neue Erfindungen in den gangbaren Modewaaren, z. E. den Ohrgehängen, Fingerringen, Schnallen, Halszierden, Vorsteknadeln, Prätensions u. dgl. gesonnen, wozu die hiesige Zeichenschule, in welcher Knaben und Mädchen Klassenweise im Zeichnen Unterricht erhalten, sehr viel beiträgt. Man sehe das 32ste Stük des schwäbischen Landboten von 1802, worin eine kurze Nachricht dieser Zeichnungsschule enthalten ist.

Bei allem diesem ist aber der Wohlstand dieser Arbeiter nicht gros. Sobald es an Bestellung mangelt, so mangelt auch die tägliche Nahrung; ihr Arbeitslohn ist äusserst gering, auch müssen sie oft anstatt der Zahlung Waaren nehmen, die sie nur im grossem Verlust in baares Geld umsezen können.

[94] Zu den öffentlichen Gebäuden der Stadt gehören:

1) Das Rathhaus, ein neues, schön errichtetes Gebäude, welches die eine Seite des hübschen und regulären Marktplazes einnimmt. Dieser ist ein länglichtes Vierek, enthält die Hauptwache, Post und etliche schöne Häuser.

2) Das Geräthhaus, worin die Stadtwaage, Feuereimer und andere Geräthschaften der Stadt sind.

3) Das Kornhaus, worin die Korn- und Getreidemärkte gehalten werden.

4) Die Werkhäuser für die Zimmerleute und Maurer.

5) Die Schmelzgrube, in welcher im obern Stok die lateinische Schulen, ein kleines Theater, unten aber Gefängnisse sind.

6) Das gut gebaute Waisenhaus, in welchem die teutschen Schulen, auch Zimmer für Züchtlinge, Tolle und andere unglükliche Personen sind. Dieses Gebäude ist im September vorigen Jahrs bei dem Einmarsch der wirtembergischen Truppen fast ganz ausgeräumt, und zu eine Caserne eingerichtet worden. Die teutschen Schulen hat man in die Fuggerei, auch ein öffentliches Gebäude, übersezt.

7) Das Armenhaus, in welchem gegenwärtig ein Magazin ist.

An Kirchen, Kapellen und Klöstern hat Gmünd einen desto grössern Ueberfluß, denn es sind hier 18 Kirchen und 6 Klöster. Wenn Kirchen und Klöster den Wohlstand einer Stadt befördern [95] würden, so müßte Gmünd im auffallendsten Wohlstande sein.

Diese 18 Kirchen und Kapellen sind folgende:

1) Die Hauptkirche der Stadt ist die Stifts- und Pfarrkirche zum heil. Kreuz. Sie ist ein altes, in Gothischem Geschmak, aber sehr solide, ganz von schönen Quadern ausgeführtes, Gebäude, zu welchem den 16ten August 1351 der erste Stein gelegt wurde. Vormals hatte dieser Tempel 2 Thürme, die aber 1479 eingefallen sind, weil ein ungeschiktes Bauwesen am innern der Kirche vorgenommen wurde. Auffallend ist es, daß an einem Orte, wie Gmünd, wo die Einwohner so viel auf Religiosität und äusserliche Zierde des Gottesdiensts halten, diese Thürme, oder wenigstens einer derselben, nicht wieder hergestellt worden sind. Denn bis jezt hat die Hauptkirche Gmünds keinen Thurm. Das Gewölbe der Kirche ruhet auf 22 kolossalischen Säulen, und zwischen diesen sind 16 Altäre. An dieser Kirche steht der Stadtpfarrer, welcher zugleich die Oberaufsicht über die andern Kirchen hat, an welchen Weltgeistliche stehen. Vormals standen nur Benefiziaten, als Gehülfen des Stadtpfarrers, in dieser Kirche, 1761 aber wurden sie zu Korherren erhoben, die einen Probst zum Vorsteher haben, welcher jezt zugleich Dekan des Kapitels und Stadtpfarrer ist.

Die Beschäftigung dieser Korherren ist die Haltung des öffentlichen Gottesdienstes, Predigten, Beichthören, Meßlesen, Krankenbesuche und Religionsunterricht [96] der Kinder. Der Stadtpfarrer unterrichtet die Erwachsenen. Auch haben noch einige besonders den Gottesdienst in Nebenkirchen zu halten. Bei der Wallfahrtskirche sind 2 Benefiziaten angestellt.

2) Die St. Johanneskirche, eine uralte, aus den Zeiten des 11ten oder 12ten Jahrhunderts noch herkommende, Kirche, war vormals eine Pfarrkirche, und als solche dem Kloster Lorch einverleibt, so, daß die Benediktiner dieses Klosters den Gottesdienst versehen mußten. Wahrscheinlich ist auch die Kirche von den Herzogen in Schwaben erbaut worden, und älter als das Kloster Lorch, oder doch mit diesem gleichzeitig. Die Bauart der Kirche zeugt auch von einem hohen Alterthum. Eben so der hohe, an der Kirche stehende schöne Thurm, der Schwindelstein genannt. An der Kirche selbst sind mehrere alte Bilder in Stein ausgehauen, deren Bedeutung schwer zu errathen ist. Die Kirche ist ein Filial vom Stift.

3) Die kleine St. Veitskirche, bei der Johanniskirche, ist von noch höherem Alterthum, als jene, und man kann mit Recht glauben, daß sie aus den Zeiten des 8ten oder Anfang des 9ten Jahrhunderts sei, denn sie hat mit der uralten Kapelle an der Klosterkirche zu Murrhard, die aus diesem Zeitalter ist, einerlei schwerfällige Bauart. Nach dem Beatus Rehnanus ertheilte Karl III. im Jahr 804 dem Abbt Vollrad die Erlaubniß, ein Kloster ihm zu Gamundia zu errichten. Und wahrscheinlich ist diese Kirche noch ein Ueberbleibsel desselben. Unter der Kirche ist eine alte Gruft, [97] in welcher die in den Turnieren gebliebenen Ritter sollen begraben worden sein. Ein Kanoniker des Stifts versieht den Gottesdienst dieser Kirche.

4) Die Spitalkirche zum heil. Geist und heil. Nikolaus ist klein, und steht bei dem weitläufigen Gebäude des Spitals. Ein Kanoniker versieht den Gottesdienst für die Spitalbewohner.

5) Die St. Katharinakirche bei dem Spital ausser der Stadt, an der Remse, ist zum Gottesdienst für die Bewohner dieses Spitals bestimmt. Ein Kanoniker versieht den Gottesdienst derselben.

6) Die St. Leonhardskirche steht ausser der Stadt auf dem Kirchhofe. Ein Kanoniker versieht den Gottesdienst.

7) Die Kapelle zu St. Michael dem Erzengel, steht bei der Stiftskirche, und ist ein Filial derselben.

8) Die Kapelle zu St. Georg dem Märtirer bei dem Ledergassenthor, ist ein Filial des Stifts.

9) Die Kapelle zu St. Sebald, in der Waldstätter Gasse, ist ebenfalls ein Filial der Stiftskirche.

10) Die Kapelle zu St. Josef, ausser der Stadt, ist ein Filial vom Stift.

11) Die Kapelle zu unsers Herrn Ruh ausser der Stadt, ist im Anfang des 17ten Jahrhunderts erbaut worden.

12) Die Kirche St. Salvator steht ausser der Stadt, auf einem Hügel, jenseits der Remse, an der Landstrasse nach Lorch, und giebt [98] der Gegend mit ihren mancherlei abwechselnden Gebäuden ein hübsches Ansehen. Sie ist ganz in Felsen gehauen, welcher Epperstein heisset, und besteht eigentlich aus zwei Kapellen, die übereinander liegen, und mit Einem Dach bedekt sind. Die obere ist der Maria, die untere der Verklärung Christi gewidmet. Bei der Kirche steht ein schöner Thurm. Sie ist eine Wallfahrtskirche, zu welcher aus der Stadt und der Gegend häufig gewallfahrtet wird, und man siehet beständig Leute herab und hinauf steigen. Denn vom Wallfahrten und Prozessionengehen sind die Gmünder grosse Freunde.

In der untern Kapelle ist das eigentliche Wallfahrtsbild auf dem Seitenaltar in Stein gehauen, Christus am Kreuz mit Maria und Johannes. Die Kapelle wird durch die in den Felsen gebrochene Fenster erleuchtet. Gegenüber ist ein bedekter Ort für die Zuhörer der Predigt, und rükwärts ist eine Eremitage in Felsen gehauen, welche ehmals ein Einsiedler bewohnte. Denn bis auf das Jahr 1616 war dieser Ort blos eine Eremitenwohnung, bis in diesem Jahr ein gewisser Pfarrer, Pfenningmann, 200 fl. zur Verbesserung dieses Felsen stiftete. Der Magistrat zu Gmünd nahm sich auch der Sache an, und durch fromme Gaben der Wallfahrtenden kam endlich dieser Wallfahrtsort in seinen gegenwärtigen Stand. Vorne an der Kirche stehen das Meßnerhaus und die Wohnung des Benefiziaten, welcher den Gottesdienst dieser Kirche versiehet. Der Hügel ist zugleich ein Kalvarienberg, an welchem die Stationen [99] den Hügel hinauf, mit verschiedenen Statuen, in zierlichen Häuschen angebracht sind.

13) Die Dominikanerkirche ist die schönste in der Stadt, von moderner Bauart, mit schönen Verzierungen, Gipsarbeit, Platfond und Altarblättern, deren 2 von dem ehmaligen Hofmaler Guiball in Stuttgart[2] sind. Sie wird von den Mönchen des dabei stehenden Klosters versehen. Dieses ist 1284 zur Ehre der Maria von Magdala von verschiedenen Wohlthätern, welche die Gebäude und den Plaz zusammen kauften, gestiftet worden. In den neuern Zeiten wurden Kirche und Kloster neu gebaut. Es enthielt zulezt 12 Dominikaner und eine nicht zahlreiche Bibliothek, und ist jezt aufgehoben.

14) Die Augustinerklosterkirche zum heil. Augustin ist bei dem hiesigen Augustinerkloster, in welchem zulezt noch 8 Patres und Brüder waren, die aber ehmals stärker waren, und 18 Personen ausmachten. Der Stifter des Klosters ist ungewiß. In alten Kroniken wird K. Konrad III. ums Jahr 1140 als Stifter angegeben. Dieses Kloster ist ebenfalls aufgehoben worden.

15) Die Franziskanerklosterkirche zum heil. Ludwig von Touluse ist bei dem Franziskaner-Minoritenkloster, welches noch zu Lebzeiten des Paters Franz 1270 durch Freigebigkeit der Bürger, und besonders des Walther von Rinderbach, gestiftet worden ist. Es entstand aus einem Bernhardinerhaus, welches diese den ankommenden Minoriten überliessen. Mit diesen vereinigten [100] sich mehrere, die ihre Lebensart erwählten, daher mußte das Bernhardinerhaus erweitert werden, und so entstand das Minoritenkloster, welches von den Wolfen von Wolfsthal begabt worden ist. Der vorzüglichste Stifter, Walther von Rinderbach, welcher dem Kloster auch einige Einkünfte verschaffte, ist in der Klosterkirche begraben. Das Kloster enthält 10 Patres und Fratres. Die Minoriten geben auch durch 3 ihrer Mitglieder Unterricht in der lateinischen Sprache, und einer besorgt den Gottesdienst der Kirche des Franziskaner-Nonnenklosters.

16) Die Kapuzinerkirche zum heil. Ulrich, bei dem Kloster der Kapuziner, ist 1652 erbaut worden. Der Augsburgische Weihbischoff legte den 2ten Junius dieses Jahrs den ersten Stein zu dieser Kirche. Die Kapuziner sind 1644 in die Stadt aufgenommen worden, und wohnten zuerst bei den Bürgern, bis ihr Kloster gebaut war. Dieses geschah 1653 durch Unterstüzung des Magistrats. Die Kirche wurde den 26ten Oktober 1654 eingeweiht. Das Kloster enthält 14 Kapuziner, ehmals waren es mehr. Es ist jezt ebenfalls aufgehoben.

17) Die Kirche des Franziskaner-Nonnenklosters zum heil. Ludwig von Touluse ist 1701 erbaut und 1719 eingeweiht worden. Das Kloster nahm seinen Anfang 1445, da eine Witwe, Anna Hammerstätterin, sich mit einigen andern frommen Weibern verbunden hat, die ihre Güter, Gebäude und Gärten, um in Gemeinschaft zu leben, stifteten, mit Einwilligung [101] des Magistrats, daß in Zukunft Personen und Güter von den öffentlichen Lasten befreit wären. Hammerstätterin und ihre Schwestern übernahmen zuerst das Amt, den Kranken und Sterbenden abzuwarten, und wurden Seelenschwestern genannt. Wahrhaftig ein humanes Unternehmen für die damaligen Zeiten, dessen Geist sich aber späterhin ganz verlohren hat! 1487 traten die Schwestern in den Orden der Franziskaner dritten Ordens. Ehmals waren es nur 4 Personen, gegenwärtig sind es 12. Die Nonnen geben den Mädchen Unterricht im Nähen und Striken. Das Kloster selbst ist jezt aufgehoben, und die Nonnen sind nach Gotteszell übergesezt worden.

18) Die Kirche des Klosters Gotteszell zur heil. Maria, ausser der Stadt, an der Landstrasse nach Aalen, ist eine der schönsten Kirchen der Stadt, und zugleich Kirche des Klosters Gotteszell oder Gotthardszell, welches 21 Nonnen, nemlich 14 Klosterfrauen und 7 Schwestern enthält. Ehmals war es stärker besezt.

Das Kloster ist 1240 von 2 Wittwen, die Schauppen genannt, gestiftet worden. Die Urkunden des Klosters und der Stiftungsbrief sind bei der dreimaligen Einäscherung des Klosters verlohren gegangen. 1546 ist es von den Hessen verbrannt worden. Es besaß die Patronatrechte über Iggingen, Herlighofen, Zimmerbach, Spraitbach, und abwechslungsweise mit dem Magistrat, auch Muthlangen, Rechte, welche natürlich jezt dem Landesherrn zufallen, auch Güter, die in Aekern, Wiesen und Waldungen bestehen. Den [102] Gottesdienst der Kirche besorgt ein Dominikaner. Das Kloster stand seit 1382 unter dem Schuze des Magistrats, wofür es einen jährlichen Kanon an die Stadt entrichten mußte. Es hat auch einen eigenen Beamten, welcher Hofmeister genannt wird.

Für die Erziehung und den Unterricht der Jugend sorgt eine Deputation des Magistrats von 4 Mitgliedern und dem Stadtpfarrer, welcher Direktor der Schulanstalten ist. Diese Deputation soll des Jahrs viermal zusammenkommen, sie entscheidet über die vorkommenden Schulsachen, hilft den Mängeln ab, und befördert ihre Aufnahme.

In den teutschen Schulen ist schon seit 1778 eine bessere Lehrmethode eingeführt, und zu diesem Endzweck sind sie 1779 in gewisse Klassen eingetheilt worden. In der ersten und zweiten Klasse unterrichten zwei weltliche Lehrer, in der dritten und vierten aber zwei Geistliche. Ausser diesen giebt es noch ein Schreibmeister Unterricht. Dieser besteht im Lesen, Schönschreiben, Rechtschreiben, Rechnen, Religion, Zeichnen, Musik, biblische Geschichte, Naturlehre, Sittenlehre und Geographie. In dieser Zeichnungsschule wird wochentlich 8 Stunden Unterricht ertheilt. Dieses Institut ist nicht nur für die hiesigen Goldschmiede, sondern auch für jeden Handwerker von grossem Nuzen, und daher verdient es die reellste Unterstüzung und Aufsicht.

Die Mädchen werden im Nähen und Striken von den Franziskanernonnen unterrichtet.

In der lateinischen Sprache ertheilen 3 Patres des Franziskanerklosters Unterricht.

[103] In den teutschen und lateinischen Schulen könnten wesentliche Verbesserungen angebracht werden, an welche auch schon gedacht worden ist, deren Ausführung aber die leidigen Kriegsunruhen der vergangenen Jahre verhindert haben. Für die teutschen Schulen ist ein zwekmässiger neuer Schulplan entworfen worden. Hauptsächlich wird hier der Mangel eine Schullehrerseminariums, dieser zur Anlegung guter Schulen so höchst nothwendigen Anstalt, gefühlt, denn es ist keinem Zweifel unterworfen, daß gute Lehrer zuerst müssen gebildet werden, wenn die Schüler gut unterrichtet werden sollen.

Gmünd besizt auch ein eigenes Wochenblatt, in welchem, ausser den Zeitungsnachrichten, andere gemeinnüzige Aufsätze, obrigkeitliche Verordnungen, Verzeichnisse der Gestorbenen, und die Frucht- und Brodpreise vorkommen. Besonders läßt Stütz aber mehrere zu schöne populäre Aufsätze über medizinische Gegenstände in das Wochenblatt einrüken.

Auch eine Zeitung von nicht gewöhnlichem Schlag erscheint hier unter den Titel: Nationalkronik der Teutschen, an welcher Inhalt und Einkleidung, selbst Druk und Papier, gleich vorzüglich sind. Der Verfasser derselben, der sich schon durch mehrere Schriften dem Publikum beliebt gemacht hat, ist Hr. Pfr. Pahl[3]. Schade, daß dieses Blatt, wegen unsrer elenden Zeitungs-Sündfluth, gegenwärtig noch nicht so allgemein verbreitet ist, als es verdiente. Der Buchdruker Ritter, der diese Blätter drukt, erhebt sich mit seinem schönen, modernen Druk, mit Cottaschen [104] Schriften, weit über seine Kollegen, und beschämt manche mit grossen Freiheiten versehene Drukerei.

Für die Armen ist durch zwei reiche Spitäler gesorgt, deren einer zum heil. Geist in der Stadt, der andere bei St. Katharina ausser der Stadt stehet, wo die Armen theils mit Viktualien, theils mit Geld versorgt werden.

Im erstern Spital werden 100 Arme unterhalten, deren jedes wochentlich 12 ½ Pfund weisses Brod, 10 Loth Schmalz und 23 kr. an Geld empfängt. Sechszig Personen von diesen wohnen im Gebäude selbst, und haben noch ausser jenem Naturalempfang Wohnung, Holz und Licht frei. Die Kranken erhalten auch die Arznei unentgeldlich vom Spital. Drei Weibspersonen kochen und bedienen die Kranken und Schwachen. Ein vom Magistrat aufgestellter Verwalter, Spitalmeister genannt, hat die Oberaufsicht über diese Anstalt, und die Rechnung über die Einnahme und Ausgabe.

Im Spital bei St. Katharina erhalten 32 Arme jedes wochentlich 15 Pfund Roggenbrod und 3 kr. Geld. Drey- und zwanzig davon wohnen im Spital selbst, und erhalten noch Holz und Licht. Für die Kranken sorgt eine Person, und die Aufsicht über diese ganze Anstalt hat ein Hausmeister. Auch arme kranke Reisende erhalten aus dieser Anstalt in einem besondern Häuschen eine Herberge und Verpflegung. Für die häufigen Hausarmen wird durch eine wöchentliche Sammlung bei den Bürgern gesorgt, auch hierzu werden einige milde Stiftungen verwendet.

[105] Da der Flor der Stadt Gmünd hauptsächlich von dem Flor und der Verbreitung der Handlung abhängt, so kann der Wohlstand der Stadt, durch die Begünstigung des Handels und Wegräumung aller der Hindernisse, welche der Thätigkeit des Kaufmanns auf der einen, und des ihm arbeitenden Künstlers oder Handwerksmanns auf der andern Seite entgegen stehen, sehr befördert werden. In beider Hinsicht ist auch bisher manches gethan worden; es ist aber nicht zu mißkennen, daß noch vielmehr geleistet werden könne, besonders wenn die beiden sich hier durchkreuzenden Interesse des Handelsmanns und des Arbeiters ein ordentliches Regulativ erhalten. Dann würde man von Betrug und von schlechtem Gmünder Silber, wie es im Auslande im Rufe steht, weniger sagen hören. Indessen sind schon seit längerer Zeit in Rüksicht des Silbers gute Vorkehrungen, z. B. durch das Probeschlagen, getroffen worden, daß nun nicht mehr so leicht Betrügereien unterlaufen können. Gleiches kann aber von den Goldarbeitern nicht gesagt werden.

Um den Wohlstand dieser gesunkenen Stadt und der armen meist brodlosen Arbeiter wieder herzustellen, sind 3 Stücke wesentlich nöthig: 1) die Abschaffung aller Hindernisse der Arbeitenden, als Feiertage, Prozessionen, Wallfahrten, Messelaufen und andern Dingen, 2) die Anlegung einer Handlungsbank oder anderer Mittel, wo der bedrängte Arbeiter einen Vorschuß auf seine Waaren bekommt, oder sie ihm abgenommen werden, wenn ihm der Absatz fehlt, dieses wäre um so [106] wichtiger und nöthiger, da durch die Ausführung desselben die Arbeiter von der jüdischen Tirannei der Kaufleute befreit werden, unter der sie jezt seufzen; denn die Gmünder Kaufleute gehen sündlich mit den dortigen armen Goldschmieden um, und 3) spekulative Handelsleute, welche die Arbeiten der Künstler und Handwerker von den Quinquallerie- und Bijouteriekleinigkeiten und Kinderei abziehen, und auf etwas nüzliches leiten. Unser Zeitalter kommt immer mehr von dem tändelnden und unnüzen ab, und wird auf das zwekmässige geleitet. Die Kindereien und Spielwerke werden seltener gesucht, als ehmals, daher kommt der Verfall solcher Arbeiter und die verminderte Abnahme ihrer Fabrikationen. Die geschikten Gmünder Künstler würden bei Anleitung, Unterstüzung und gesicherter Abnahme, gewiß lieber nüzliche, brauchbare und daher verkäufliche Waaren liefern, als solche, die ihnen sizen bleiben.

Man verfertigt in den sächsischen, niederländischen und engländischen Fabriken so viele brauchbare Waaren von Messing, Kupfer, Zinn, Eisen und Stahl, die in jeder Oekonomie nöthig, und also des Verschlusses und Absazes gewiß sind. Würden nun die Gmünder Künstler anstatt ihrer Bijouteriearbeiten eben solche nüzliche und unentbehrliche Waaren liefern, so dürften sie sich immer auf baldigen Verschluß sichere Rechnung machen.

Den Ursprung der Stadt Gmünd weiß die Geschichte nicht zu bestimmen, er steigt ins graue Alterthum hinauf. Eben so wenig weiß man etwas von ihrem Namen und ältesten Schiksaalen. [107] Was davon gesagt wird, beruht auf ungewissen Sagen, Legenden und Meinungen, nicht auf dokumentirten Urkunden! So viel sichere Urkunden beweisen, steigt ihr Alter weit hinauf bis ins 8te Jahrhundert, in die Zeiten Karls des Grossen. Dieser ertheilte dem Abbt Vollrad zu St. Denis im Jahr 804 die Erlaubniß, zu Eßlingen und Gmünd Klösterchen zu errichten, welches auch der Abbt auf seine Kosten that. Es war demnach schon damals ein Ort mit dem Namen Gmünd da, der wahrscheinlich der alten Familie von Beuren oder Bürren gehörte, deren Stammschloß nur eine Stunde von der Stadt lag, und der in der Folge, als die Hohenstaufen die Enkel der von Beuren, zum Herzogthum in Schwaben gelangten, ein Eigenthum dieser hochberühmten Familie wurde. Herzog Friedrich von Schwaben erweiterte die Stadt, umgab sie 1090 mit Mauren, und beförderte ihren Wohlstand. Mithin muß sie damals ein Eigenthum der Hohenstaufen gewesen sein.

Gmünd blieb ein Eigenthum dieser Familie, sowohl der herzoglichen, als nachgehends der kaiserlichen, und in diesem Zeitraum blieb sie diesen auch getreu. Kaiser Friedrich der Rothbärtige, aus eben diesem Stamm, ertheilte Gmünd das Stadtrecht mit gewissen Freiheiten, und gab ihr das Wapen, welches sie noch führt: ein silbernes Einhorn im rothen Schilde.

Nachdem die Hohenstaufensche Familie mit Konradin ausgestorben, und ein völlig anarchischer Zustand im Reich eintrat, so machte sich auch Gmünd mit vielen schwäbischen Städten unabhängig, [108] und behauptete auch durch Privilegien K. Karls IV, und des elenden Wenzels unterstüzt, diese Unabhängigkeit bis aufs vorige Jahr 1802.

Anfangs war die Regierung in den Händen des Adels, von welchem sich viele Familien in die Stadt gezogen hatten, aber die Bürger nahmen dem Adel 1284 das Regiment ab, erregten eine Aufruhr, jagten den Adel zur Stadt hinaus, und zerstörten die nahen adelichen Schlösser um die Stadt. Der Adel wurde bald wieder aufgenommen, und ihm auch wieder obrigkeitliche Stellen ertheilt.

In diesen alten Zeiten nahm Gmünd immer im Flor zu, und konnte auch noch Erwerbungen machen, weil Gewerbe und Handel dazumals allein in den Städten war, und darin sich vorzüglich die Reichsstädte, vor den Städten der Fürsten hervorthaten. Gmünd hatte hier keine Ausnahme gemacht, denn von dem ehmaligen Flor und Wohlstande zeugen noch die solide Mauren und Gebäude, die Erwerbungen und Käufe, welche die Stadt machte, wodurch sie ein schönes Gebiet zusammen brachte, das auch die mancherlei Unglüksfälle nicht zertrümmern konnten. Denn die Stadt hatte auch viel Unglük mit Krieg, Pest und Feuer zu erdulden. 1546 wurde die Stadt von den verbündeten protestantischen Fürsten beschossen und eingenommen.

1552 ist das bisherige Zunftsistem mit den Zunftmeistern abgeschafft worden, wofür das Regiment mit 3 Bürgermeistern eingeführt wurde, [109] wobei es auch mit einigen Abänderungen bisher geblieben ist.

Im dreissigjährigen Krieg wurde Gmünd von den Schweden etlichemal besezt, auch durch die Pest hart mitgenommen. 1703 und 1796 nahmen sie die Franzosen ein, und 1800 war sie von ihnen vom August dieses Jahrs bis zum Frieden 1801 besezt. In diesem Frieden zwischen Teutschland und Frankreich wurde auch Gmünd als Entschädigung dem Kurhause Wirtemberg mit seinem Gebiete zugetheilt. Und so kam dann nach einer 500jährigen Reichsunmittelbarkeit Gmünd wieder unter die Regierung eines schwäbischen Regenten.

Es ist bei dieser Veränderung zu hoffen, daß Gmünd durch die Bemühungen seines neuen Regenten zu dem alten Flor kommen werde, wenn die Industrie noch mehr gewekt, die Handlung begünstigt, die Hindernisse derselben gehoben, neues Leben und vorzüglich Thätigkeit unter die Einwohner, und eine feste Norm und Ordnung zwischen den Handelsstand und die arbeitende Klasse wird gebracht worden sein.

Bei der Stadt liegen verschiedene Mahlmühlen und 2 Sägmühlen.

Die Amtsorte, die zu Gmünd gehören, sind in 4 Aemter eingetheilt gewesen, wovon immer 2 zusammen vereinigt waren, und unter einem Amtsvogte stunden.

Anmerkungen (Wikisource)

Die kritische Aufnahme der anonym erschienenen Ausführungen Röders in Gmünd und anderwärts dokumentieren die Rezensionen, die in der Chronik Dominikus Deblers (Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd) abgeschrieben sind (Bd. 1, S. 106-118 mit Textverlusten). Siehe auch: Berichtigungen und Streitigkeiten. In: Kaiserlich privilegirter Reichs-Anzeiger vom 26. März 1804, Sp. 1081-1086 Google.

Anstoß erregten in Gmünd die freimütigen Ausführungen über die Arbeitsscheu der Gmünder und ihre religiöse Kultur. Sie wurden zitiert in der Besprechung in: Allgemeine Geographische Ephemeriden Bd. 13, Weimar 1804, S. 308-330 Google, hier S. 323f.

  1. Joseph Alois Rink: Kurzgefaßte Geschichte, und Beschreibung der Reichsstadt Schwäbisch Gmünd. Schwäbisch Gmünd: Johann Georg Ritter, 1802
  2. Nicolas Guibal
  3. Johann Gottfried Pahl