Textdaten
<<< >>>
Autor: Bn.
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Geächtet
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 29, S. 497, 500
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1893
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
unkorrigiert
Dieser Text wurde noch nicht Korrektur gelesen. Allgemeine Hinweise dazu findest du bei den Erklärungen über Bearbeitungsstände.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite
[497]

Geächtet.
Nach einem Gemälde von H. Gillard Glindoni.

[500] Geächtet! (Zu dem Bilde S. 497.) Mit welcher Wollust mag der rohe Pöbelhaufe in den Aristokratensalon eingebrochen sein, welchen Spaß mag er sich davon versprochen haben, die Bewohner, denen das Aechtungsdekret der französischen Revolutionsbehörde gegen den angeblich geflüchteten Hausherrn mitgetheilt werden, sie mit seinen Drohungen in Todesschrecken zu versetzen und sie am Ende vor dem „souveränen Volk“ am Boden kriechen zu sehen!

Aber merkwürdig – diesen Anblick erlebte das „souveräne Volk“ nicht oft. Der ehemals so frivole und gewissenlose Adel verstand es jetzt, ebenso wie das Königspaar, dem Tod mit Hoheit ins Auge zu sehen. Wie verächtlich wendet die junge Herzogin auf unserem Bild das schöne Haupt von der Pöbelrotte ab, einzig bemüht, durch ihre Haltung denjenigen zu decken, welchem der Aechtungsbefehl gilt, den alten Gemahl, früher für sie der gleichgültigste der Menschen jetzt durch die Gefahr ihrem Herzen heilig und theuer. Sie hat ihn hinter den Schirm gedrängt – wenn alles glücklich abgeht, wird er als Bedienter verkleidet heute nacht mit ihr über die Grenze fahren und dem Emigrantenheer zur Rettung des Königs zueilen.

Diese Erwägung allein ist es, die den alten Edelmann unbeweglich hinter dem Wandschirm hält. Aber seine Faust umklammert den Degen: eine Zügellosigkeit des rohen Soldaten oder seines Gassengesellen gegen die zarte Frau, und er wird hervorbrechen, um sein und ihr Leben theuer zu verkaufen.

Der Künstler giebt außer diesen Hauptfiguren mit treuer Charakteristik den Haufen der Schreier, der Anstifter und Verführten. Er zeigt uns auch im Vordergrund den ehemaligen Diener des Hauses, nunmehrigen Freiheitsmann, dem beim Anblick seiner alten Herrschaft übel zu Muthe wird. Er kennt den Wandschirm, aber die anderen darauf aufmerksam zu machen – nein, das vermag Baptiste nicht. Er wünscht jetzt im stillen, die beiden, die er im Herweg mit den anderen Schreiern als schändliches Aristokratengezücht verflucht hat, möchten doch lieber gerettet werden.

Ein charakteristisches Bild aus furchtbarer Zeit. Man wird es neben dem künstlerischen Interesse mit der tiefen menschlichen Theilnahme betrachten, welche alle Darstellungen aus jener Zeit unwillkürlich in uns erwecken. Bn.