Funde von Hirschgarten bei Köpenick, Prov. Brandenburg
Hr. Kunst- und Handelsgärtner P. Krause in Hirschgarten hatte im vergangenen Herbst bei der Bearbeitung seines Gartens eine Anzahl von Urnen und Thonscherben, sowie verschiedentliche kleine Bronze-Beigaben gefunden und davon dem Königl. Museum Anzeige gemacht. Ich wurde in Folge dessen beauftragt, nach Hirschgarten zu fahren, um die Lokalität in Augenschein zu nehmen.
Hr. P. Krause hatte mit anerkennenswerther Sorgfalt die Sachen ausgegraben und in seinem Gartenhause aufbewahrt; auch die einzelnen Grabfunde waren sorgsam auseinander gehalten, nur hatte er von den schon in der Erde zerbrochenen Gefässen nicht so viel gesammelt, wie es bei einer systematischen Ausgrabung geschehen wäre, so dass von einer ziemlich grossen Menge von Scherben doch kein vollständiges Gefäss mehr zusammengebracht werden konnte.
Der hervorragendste Grabfund besteht aus einer vollkommen intakten, grossen, zweihenkligen Urne aus hellbraunem Thon (Fig. 3), 26,7 cm hoch, 15,7 cm im oberen, 23,5 cm im grössten und 10,7 cm im unteren und kleinsten Durchmesser haltend. Dieselbe war fast bis oben an den Rand mit Knochen gefüllt, welche theilweise noch so gross und wenig durchgebrannt waren, wie es selbst in der vorrömischen Zeit selten vorkommt. Ganz oben auf den Knochen lagen 2 sehr schöne Bronze-Fibeln von seltener Form (Fig. 1 und 2). Den Bügel bildet eine breite Platte aus Bronzeblech, die auf beiden Seiten spitz zuläuft und in einen dünnen Bronzedraht endigt, welcher letztere erst zur Aufnahme des Dorns öhsenartig gebogen und dann zu kleinen Scheibenspiralen zusammengerollt ist. Der eine Bügel ist mit fein eingeritzten Linien, der andere mit vielen kleinen eingestanzten Vertiefungen und 4 kleinen, nach oben getriebenen Buckeln verziert. Bei letzterem Stück fehlt der Dorn.
Die zweite Urne (Fig. 4) ist aus mehreren Stücken zusammengesetzt. Sie ist 34 cm hoch, misst im oberen Durchmesser 28,2 cm, im grössten 33 cm, im unteren [5] und kleinsten 13,5 cm. Sie ist deshalb merkwürdig, weil sie, obwohl sehr sorgfältig und regelmässig gearbeitet, aussen gar nicht geglättet ist, so dass man noch deutlich[WS 1] die einzelnen, dicht nebeneinander liegenden Furchen erkennen kann, welche die Finger des alten Töpfers beim Modelliren in dem weichen Thon hinterlassen haben. Vielleicht sollte auch so eine Art von Ornament, wenn man es so
nennen darf, hergestellt werden, da diese von den Fingern herrührenden Furchen in regelmässigen Reihen, oben horizontal um den Hals herum und darunter vertikal über das ganze Gefäss hin, verlaufen. Nur ganz unten, gleich oberhalb der Standfläche, läuft ein etwa einen Finger breiter, glatter Streifen herum. Der Inhalt bestand nur aus den vom Leichenbrand übrig gebliebenen Knochen.
Eine dritte Urne, im Allgemeinen gut erhalten, zeigt annähernd dieselbe Form, wie Fig. 3, nur dass sie etwas mehr in die Breite gedrückt erscheint, 23,5 cm hoch, 29,5 cm im grössten Durchmesser haltend. Sie enthielt ausser den Knochen eine bis zur Unkenntlichkeit beim Leichenbrand geschmolzene Bronze-Nadel, ein dünnes, etwas verbogenes Messer, einen Fingerring und eine in 2 Stücke zerbrochene Armspirale aus dünnem, einfachem Bronzedraht.
Eine vierte Urne zeigt die gewöhnliche doppelkonische Form, ist jedoch oben am Rande ziemlich defekt. Sie enthielt ausser den Knochen 2 kleine, zusammengebogene Stücke von Bronzedraht, die vielleicht als Fingerringe gedient haben mögen.
Ausserdem hatte Hr. P. Krause noch eine Menge von Scherben von verschiedenen Gefässen aufgehoben, die jedoch, wie bereits gesagt, nicht mehr restaurirt werden konnten.
[6] Chronologisch dürften die Fundstücke in den Ausgang unserer märkischen Bronze-Zeit zu setzen sein, vielleicht in das vierte Jahrhundert v. Chr. Die Form der Urnen, die Construktion der beiden Fibeln und der Kopf der angeschmolzenen Nadel mit den herumlaufenden Wülsten repräsentiren noch deutlich die Cultur in der Hallstatt-Zeit, während das dünne Bronze-Messer in Urne 3, die kleinen, eingestanzten Ornamente und die halbkreisförmigen Einritzungen auf den Fibeln an Motive der sogenannten älteren La Tène-Zeit erinnern.
Die einzelnen Urnen waren zum Theil mit einigen Steinen umgeben, zum Theil standen sie ganz frei in der Erde. Am meisten auffallend war mir der gänzliche Mangel an Beigefässen, die doch sonst bis in noch spätere Zeit hinein auch in diesen Gegenden auf fast allen Gräberfeldern sehr häufig vorkommen. Ich habe auch unter den Scherben kein einziges Stück von einem kleineren Gefäss gefunden, alle rührten von grossen und dickwandigen Urnen her.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: eudtlich