Frau Nachtigall (Kämpchen)
[24] Frau Nachtigall.
Und wieder hab’ ich in Maientagen
Gelauschet dem Nachtigallenschlagen,
Und wieder neu bestrickt mir die Seele
Die Sangeskönigin Philomele
Es rauscht der Born, es blitzt der Schacht. –
Die alten Mären, die alten Sagen,
Sie raunen aus diesem Jubeln und Klagen –
Und wieder hält mich die süße Weise
Ich möchte hinunter ins Gnomenreich
Zur Wassernixe, so kalt und bleich,
An meinem Busen, in meinen Armen
Will ich die Kalte zur Liebe erwarmen. –
Ich möchte zu allem mich unterfangen –
Die Elfen belauschen auf weichen Sohlen,
Die Sterne vom Himmel herunterholen,
Die goldenen Sterne aus ihrer Haft,
Ich sauge sie aus den funkelnden Tönen,
Demantengeschmeide im Reiche des Schönen –
Das ist nicht irdische Melodei,
So klagt die Elfe, so weint die Fei. –
Der große Sänger der Minne, singen,
Mit solchen Tönen die Herzen rühren,
Die Sehnsucht wecken, die Gluten schüren –
So sang wohl Wolfram von Eschenbach
Im Dämmerdunkel, im Waldesschweigen
Vernahm ich wieder den Zauberreigen,
Das Jubelklagen, das Sehnsuchtssingen,
Wie Harfentönen, wie Flötenklingen,
Das war dein Lied, Frau Nachtigall. –