Frühlings Erwachen im Hochgebirg

Textdaten
<<< >>>
Autor: V. d. Needer
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Frühlings Erwachen im Hochgebirg
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 18, S. 305, 307, 308
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1895
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite
[305]

Frühlings Erwachen im Hochgebirg.
Nach dem Gemälde von Mathias Schmid.

[307] Frühlings Erwachen im Hochgebirg. (Zu dem Bilde S. 305.) Eisumpanzert standen die Berge, als sollte es kein Entrinnen aus den strengen Fesseln des Winters mehr geben. Starr und kalt umschlossen sie das enge Thal, in dem unter der lastenden Schneedecke alles Leben erloschen schien. Da kam ein frischer Gesell aus dem Süden. Ungestüm zauste er an dem dichten Schneemantel, in den sich der grausame Despot gehüllt hatte. Wohl schleuderte dieser dem kecken Eindringling mächtige Lawinen und Felsblöcke entgegen – aber der Jugendfrische und sonnigen Kraft desselben konnte er nicht stand halten; er wurde zurückgedrängt – immer höher und höher, bis in die Regionen des ewigen Eises. Nun gab es kein Halten mehr; von allen Höhen rieselte es, neues Leben entsproß der freudig spendenden Mutter Erde. Mit zartem grünen Flaum schmückte sich der kräftigen Erdgeruch ausatmende Boden; das war ein Drängen und Treiben, Knospen und Blühen in Flur und Feld und Wald, im Thal und auf den Höhen! Und in all’ dem Jubel der neuerwachten Natur, im goldenen Sonnenschein wandelt ein glücklich Menschenpaar, Frühling im Herzen. Wie vieles haben sie sich zu sagen, was sie in der Brust verschließen mußten, wie es die Sitte verlangt; denn mit Gefühlen zu prunken, ist dort nicht Brauch. Diese Scene stellt unser Bild dar, das wir der Kunst des selbst aus solcher Bergwelt stammenden Münchener [308] Meisters Mathias Schmid verdanken. Aber der Gegenstand des Bildes hat für den Maler noch ein ganz persönliches Interesse.

Gar oft war Hannes die steilen Höhen des Langesthayer Berges hinaufgewandert in die „Gufel“, wo die blonde Annamarie weilte. Die ruhige Heiterkeit ihres Gemütes, ihre kräftige blühende Erscheinung hatten es dem schmucken Burschen angethan, und wenn er ihrem emsigen Schaffen zusah, sagte er sich, die Annamarie wäre für ihn das richtige Weib. Aber wie sie gewinnen? Anders wie in den Städten gestaltet sich Leben und Charakter der Menschen, die von Jugend auf zu hartem Kampfe mit der Natur gezwungen werden, die machtlos zusehen müssen, wie Werke jahrelangen Fleißes und mühevoller Arbeit in wenigen Minuten durch die Allgewalt der Elemente zerstört werden. Gute Gesundheit und körperliche Kraft stehen hier in hohem Ansehen. Unserm Hannes kam ein Zufall zu Hilfe, seine außergewöhnliche Kraft beweisen zu können. An den steilen Abhängen des Langesthayberges war eine Kuh abgestürzt, die nun wieder hinaufgeschafft werden mußte. Hannes packte sich das drei Centner schwere Tier auf den Rücken und stieg mit dieser Last den steilen Berg eine Stunde hinan. Noch heute erzählen die Bewohner des Thales von dieser außerordentlichen Leistung. Auf Annamarie machte sie solchen Eindruck, daß sie dem Werben des jungen Mannes Gehör schenkte und ihm versprach, sein Weib zu werden. Seiner Kraft und Ausdauer, verbunden mit großer geistiger Begabung, vertraute sie, daß er ihr auch im schweren Kampf ums Dasein ein starker Helfer und Berater sein werde, und ihre Hoffnung hat sie nicht betrogen. Glückliche friedevolle Jahre verlebte das junge Paar im „Voräule“ (siehe „Gartenlaube“ 1885, Seite 348) in dem Häuschen, das Hannes für sein junges Weib erbaut hatte. Die trefflichen Eigenschaften der Eltern vererbten sich auf eine zahlreiche Kinderschar. Einer der jüngsten aus derselben aber ist Mathias Schmid, der mit diesem Bilde seinen Eltern ein Erinnerungsmal widmen wollte. V. d. Needer.