Textdaten
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Autor: Alois Wilhelm Schreiber
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Titel: Feldberg. Der Jäger
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aus: Badisches Sagen-Buch I, S. 434–436
Herausgeber: August Schnezler
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1846
Verlag: Creuzbauer und Kasper
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Erscheinungsort: Karlsruhe
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Quelle: Commons und Google
Kurzbeschreibung:
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[434]
Feldberg.
Der Jäger.

Nicht ferne vom Feldberg, über einer der einsamsten Schluchten des Schwarzwaldes, sieht man noch das zerbröckelte Gemäuer einer alten Burg, deren Namen verloren gegangen ist. Doch hat sich noch folgende Sage davon erhalten.

Der letzte Bewohner des Schlosses war ein reicher Graf, der jedoch, außer dem Waidwerk, keine andere Lust und Beschäftigung kannte. Er hegte das Wild in seinen Forsten so reichlich, daß es die Felder der umwohnenden Bauern gänzlich verwüstete und viele armen Leute darüber Hungers starben.

[435] Einst, am Vorabend eines kirchlichen Festes, trieb er sich, wie gewöhnlich, bis tief in die Nacht im Walde herum, kam dabei ab von seinem Gefolge und verirrte sich in eine ihm völlig unbekannte Gegend. Umsonst gab er sich alle Mühe, einen Pfad zu entdecken; die Wildniß wurde immer verwachsener und ihm blieb zuletzt kaum so viel Kraft, sich durch das dichte Gestrüpp hindurch zu arbeiten. Endlich um Mitternacht kam er auf einen freien Platz im tiefsten Forste, wo er sich auf den Rasen niederwarf, um auszurasten. Da vernahm er ein Rauschen und Stöhnen in den Gebüschen und griff rasch nach seinem Jagdspieße; doch seine Hunde begannen so ängstlich zu winseln und sich hinter ihm zu verkriechen, daß es ihm selbst, so beherzt er sonst war, ganz unheimlich zu Muthe wurde. Plötzlich stürzte ein hoher stattlicher Mann, einen Schießbogen in der Hand und ein Hifthorn an der Seite, aus dem Walde hervor auf den freien Platz, und hinter ihm drein klappernd und rasselnd eine Schaar von Todtengerippen, sämmtlich auf gewaltigen Sechzehnendern daherjagend. Der Mann suchte ihnen, so schnell ihn seine Füße tragen konnten, zu entrinnen, aber wohin er sich auch wenden mochte, von allen Seiten kam ihm ein Trupp solcher mit langen Spießen bewaffneter knöcherner Reiter entgegen und hetzte ihn wohl über eine Stunde lang auf dem Platze hin und her, bis der Graf in der Angst seines Herzens mit lauter Stimme den Namen des Erlösers anrief, worauf im Nu die Gerippe auf ihren Hirschen nach allen Richtungen auseinanderstoben und verschwanden. Der Mann aber, den sie so herumgejagt hatten, trat zum Grafen und sagte im hohlen Tone:

„Ich bin der Geist deines Urgroßvaters und habe, wie du, mein Lebenlang Wild und Menschen zu Tode gequält. Wohl hundert arme Wilderer, die sich in meinen Bann wagten, ließ ich lebendig auf Hirsche schmieden und diese dann durch meine Hunde hetzen, bis sie dem Tode nah zusammenstürzten, während die Unglücklichen, die darauf saßen, unter langen Qualen ihren Athem verhauchten. Zur Strafe muß ich nun jede Nacht in diesen Wäldern umherirren; jede Nacht werde ich nun selbst verfolgt und gehetzt von dem Schwarme der von mir Gemordeten und ich büße tausendfach für das, was ich an ihnen verübt. [436] Laß dich mein jammervolles Beispiel warnen: gehe nach Hause und werde menschlicher, als ich es war!“

Mit diesen Worten verschwand die Erscheinung. Der Graf aber war so vom Schrecken gelähmt, daß er sich nicht von der Stelle zu bewegen vermochte. Erst am Morgen fanden ihn seine Leute dort liegen, allein seine Züge waren so sehr entstellt, daß sie kaum ihn mehr noch erkannten. Sie wollten ihn auf seine Burg tragen, aber er that ihnen seinen unerschütterlichen Entschluß kund, an diesem Orte eine Klause zu bauen, und bis diese fertig seyn würde, einstweilen in einer nahegelegenen Felsenhöhle zu wohnen. Seine bewegliche Habe ließ er unter die Armen vertheilen und alle Zugänge zu seiner Burg vermauern, damit kein menschliches Wesen dieselbe mehr betreten könne, und der Name seines Geschlechtes verschwinde unter den Menschen.

Nach Aloys Schreiber.