Textdaten
<<< >>>
Autor: E. O. N.
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Ernst Kraus
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 1, S. 36
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1898
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger G. m. b. H. in Leipzig
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite

[36] Ernst Kraus. (Mit Abbildung.) Nicht allen Künstlern ist es vergönnt, sogleich bei der ersten Berufswahl das Ziel ins Auge zu fassen, auf das ihre besondere Begabung sie hinweist. So hat die Geschichte der Bühne von vielen zu berichten, die erst auf dem Umweg durch einen anderen Beruf zu dem Entschlusse gelangten, ihr Leben der Kunst zu widmen. Auch der neuerdings in kurzer Zeit zu Ruhm gelangte Heldentenor Ernst Kraus, der seit anderthalb Jahren der Berliner Hofoper angehört und inzwischen zum erklärten Liebling des Publikums der Reichshauptstadt wurde, mußte dieses Schicksal erfahren. In Erlangen geboren, hatte er sich anfangs dem Kaufmannsstande gewidmet. Er besuchte die Münchner Gewerbeschule und trat dann in ein Geschäft als Lehrling ein. Unbefriedigt von dieser Thätigkeit, gab er dieselbe nach kurzer Zeit auf; er besuchte nun zwei Jahre lang die Brauerakademie in Worms, worauf er nach München zurückkehrte und dort den neuen Beruf im Bürgerlichen Bräuhaus auszuüben begann. Ein günstiges Geschick fügte es, daß jetzt der bayrische Kammersänger Schuegraf auf die herrliche Tenorstimme des jungen Brauereitechnikers aufmerksam wurde. Die Folge war, daß Ernst Kraus von dem damaligen Generalintendanten des Münchner Hoftheaters v. Perfall die Aufforderung erhielt, vor ihm Probe zu singen. Dadurch gewann auch Heinrich Vogl, der meisterliche Heldentenor der Münchner Oper, Kenntnis von der neuentdeckten schönen Stimme; er interessierte sich für Kraus und erkannte zu seiner Freude, daß hier ein wirkliches Gesangstalent der Ausbildung und sachverständigen Pflege harre. Er nahm sich des vielverheißenden Talents an und schickte Kraus mit warmer Empfehlung zu Cesare Gallieri, dem namhaften Gesangsmeister in Mailand. Als der letztere nach einiger Zeit München zum Aufenthalt wählte, kehrte sein neuer Schüler mit ihm dahin zurück. Beim Rollenstudium genoß Kraus die Anleitung der erst kurz zuvor von Leipzig an das Münchner Konservatorium berufenen Frau Professor Anna Schimon-Regan. Die plötzliche Erkrankung eines für ein Kaimkonzert angekündigten Solisten gab ihm Gelegenheit zum ersten öffentlichen Auftreten. Es war von solchem Erfolge begleitet, daß er bald unter außergewöhnlich günstigen Bedingungen an das Mannheimer Hoftheater engagiert wurde. Von dort aus drang der Ruhm des jungen Künstlers, gefördert durch größere Gastspielreisen, in immer weitere Kreise. Sein nach drei Jahren erfolgter Eintritt in den Verband der Berliner Hofbühne machte der dort herrschenden empfindlichen Tenornot mit einem Schlage ein Ende. Zunächst wurde Kraus als Gast gewonnen; von nächsten Ostern ab, nach Beendigung des erfolgreichen Gastspiels, das ihn in Amerika festhält, wird er dem Institute mit einem Jahresgehalt von 48000 Mark als Mitglied angehören. Bei der soliden Schulung, welche seine glänzenden Naturanlagen erfuhren, ist Kraus ein Heldentenor, der auch höhere musikalische Ansprüche in seltenem Maße befriedigt. Von einer prächtigen Bühnenerscheinung unterstützt, ist er ganz besonders befähigt, Richard Wagners jugendliche Heldengestalten in echter Lebensfülle zu verkörpern. Zu seinen schönsten Leistungen zählt sein „Lohengrin“, in welcher Rolle ihn unser Bild den Lesern vorführt. E. O. N.     

Ernst Kraus als Lohengrin.
Nach einer Aufnahme von Hofphotograph J. C. Schaarwächter in Berlin.