Ermahnt zum Turnen wird man alle Tage

Textdaten
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Autor: Rudolf Lavant
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Titel: Ermahnt zum Turnen wird man alle Tage
Untertitel:
aus: Eichenlaub und Fichtenreis
Herausgeber: Wilhelm Achilles
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1901
Verlag: Verlag von Wilhelm Achilles
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Erscheinungsort: Leipzig-Eutritzsch
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans auf Commons,
S. 74–78
Kurzbeschreibung:
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[74]

51.


     Grundmel.: Kommt mich einmal ein guter Freund etc.

     1. Ermahnt zum Turnen wird man alle Tage; es heißt erstaunt: „Da bist du nicht dabei?“ Doch ist mir eben viel zu arg die Plage, denn grenzt sie nicht bereits an Schinderei? Die Hand, gepflegt und weich, wird schleunigst schwielenreich, in allen Muskeln ist ein schmerzhaft Zieh’n; wenn weh der Rücken thut, so ist das Übermut – ich werde sicher stets den Turnplatz flieh’n.

     Mel.: Turner, auf zum Streite etc.

Raste ruhig weiter in der Trägheit Bann; froh ist doch und heiter nur der Turnersmann! [75]  :,: Straffer Arbeit Lust weitet ihm die Brust. :,:

     2. Ich kann und kann euch Turner nicht begreifen – bald seid ihr ein Aal, bald wie ein Stock. Mir scheint an Spleen die Wurzelei zu streifen an Reck und Barren, wie an Pferd und Bock. Mir wird schon grün und blau, seh’ ich das Klettertau, verdächtig sind mir Tisch und Trampolin, schwingt an den Ringen man, halt’ ich den Athem an – ich werde sicher stets den Turnplatz flieh’n!

     Mel.: Auf ihr Brüder, laßt uns wallen etc.

Wer vor Kippe und vor Stemme und vor Überschwüngen bebt, bleibt zeitlebens eine Memme und hat stets nur halb gelebt. Nimmer kommst du in die Klemme, wenn du froh mit uns gestrebt! Turnen weckt verborg’ne Gaben, turnen strafft uns die Gestalt, nur die flinken Turner haben jedes Glied in der Gewalt; selber wenn sie uns begraben, sind wir darum noch nicht alt!

     3. Daß wir durch Geh’n Bewegung uns bereiten, daß wir uns selbst in einem Tänzchen dreh’n, daß wir auf Pferden und auf Rädern reiten, kann ein vernünft’ges Menschenkind versteh’n. Doch bleibt mir rätselhaft das Ideal von Kraft, nach dem die deutschen Turner sich erzieh’n; da ich als Kautschukmann mich mir nicht denken kann, werd’ ich beharrlich stets den Turnplatz flieh’n.

     Mel.: Brüder, weihet Herz und Hand etc.

Uns’res Wesens bester Kern, unser Stolz und unser Stern, in dem wirren Weltgetriebe [76] unser Trost und uns’re Liebe, bleibt, wie auch die Mode sei, wandellos die Turnerei! Ihr gehört in Ernst und Scherz unser Hirn und unser Herz; daß in dem gesunden Leibe auch gesund die Seele bleibe, mannesstolz und kühn und frei, dienen wir der Turnerei.

     4. Auch von der Turnfahrt unter kluger Leitung wird ganz entschieden zu viel Summs gemacht; man lebt von Bemmen, die in einer Zeitung man für den ganzen Tag sich mitgebracht. Es geht bergauf, bergab in sanftem Hundetrab, am Wolfe leiden die beleibtern Herr’n, und endlich kommt bei Nacht zurück man abmaracht – ich bleibe lieber auch der Turnfahrt fern!

     Mel.: Wohlauf, die Luft geht frisch und rein etc.

Wie grüßen Aue, Wald und Strom an linden Maientagen, wenn in dem grünen Buchendom die Finken lustig schlagen! Im Wandern quillt, von selber fast, das Marschlied uns vom Munde und zwischen Farnen halten Rast wir auf bemoostem Grunde. Valleri, vallera, valleri, vallera, wir auf bemoosten Grunde. Wer träg und ängstlich ein sich schloß in engen, dumpfen Mauern und solche Lust nicht mit genoß, den müssen wir bedauern. Wir kehren heim mit frohem Mut, mit Lachen und mit Scherzen, den bunten, wilden Strauß am Hut, den Sonnenschein im Herzen. Valleri, vallera etc.

     5. Am Turnen selbst läßt man sich nicht genügen, obwohl man häufig Vater und beweibt, [77] und man beschloß, das Spiel hinzuzufügen, das bis in den November man betreibt. Oft tritt auf grünem Grund man sich das Schienbein wund, bringt seinen Leib beim Stürzen in Gefahr, jagt, wird’s auch noch so schwer, verzweifelt hin und her und hinkt nach Hause wie ein kranker Staar.

     Mel.: Du mein Deutschland, schirm dein Haus etc.

Auf, ihr Spieler, strömt zu Hauf’, stellt die Mannschaft doppelt auf, daß zum Ziele Jeder strebe, stets zu Lauf und Sprung bereit! Um des Gegners Mal erhebe, reich an Wechsel, sich der Streit, daß ein Bild das Spiel uns gebe von dem Sturm und Drang der Zeit! Flinke Stürmer, brechet vor! Treibt den Ball durch’s off’ne Thor! Doch bedenkt, es stehen drüben Männer, rüstig und gefeit! Mag sich auch der Himmel trüben, nichts trübt uns’re Heiterkeit, wenn auf grünem Plan wir üben Kühnheit und Besonnenheit.

     6. Ja, soweit mag es ja ganz leidlich klingen, was so ein toller Muskelhuber spricht, doch in Bewegung einen Herrn zu bringen, der seine Ruhe liebt, genügt das nicht. Nein, mit vergnügtem Sinn zieh’ ich zur Kneipe hin und sitz’ ich erst, so bringt mich Keiner ’raus. Gemütlich wird gekohlt, ein Dummer wird versohlt und so um Zweie schlängl’ ich mich nach Haus.

     Mel.: Frei und unerschütterlich etc.

Heil’ges Erbe Vater Jahn’s, stets bleibst du uns teuer! Was er sinnend uns gegeben, hüten durch das ganze Leben wir voll Jugendfeuer! [78] Echter, schlichter Turnergeist wolle bei uns walten, daß in gut’ und schlimmen Tagen freudig wir die Farbe tragen jenes tapfern Alten! An dem Hut das Eichenreis, ziehen wir durch’s Leben, und wir bleiben ohne Wanken so in Thaten wie Gedanken Turnen, dir ergeben!