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Autor: Siegfried
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Titel: Elfenbein und Palmöl
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aus: Die Gartenlaube, Heft 1, S. 15–17
Herausgeber: Ernst Ziel
Auflage:
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Erscheinungsdatum: 1885
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung: Gewinn und Herstellung von Elfenbein und Palmöl in den deutschen Kolonien in Afrika
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Elfenbein und Palmöl.

Von Siegfried. Mit Orginalzeichnungen von A. v. Roeßler, nach Angaben von E. R. Flegel.

Betender Karavanenführer.

An der langen Westküste von Afrika würde man vergeblich nach Ackerbau-Kolonien suchen, die in anderen Welttheilen den Grund zu der Macht der Weißen gelegt haben. Wohl sind hier und da, am Senegal und in Gabun, Versuche mit Plantagen gemacht worden, aber sie gleichen nur schwachen Pflänzchen, die um ihr kümmerliches Dasein hart ringen müssen, und die Zeit schwebt noch in weiter Ferne, in welcher westafrikanischer Kaffee den Weltmarkt überschwemmen oder von afrikanischen Baumwollenkönigen die Rede sein wird. Nur dem Händler gehört augenblicklich der westafrikanische Boden. Nur ihm blüht das Glück, und getrost segelt er mit europäischen Waaren an die fremde Küste, um mit schwerer Ladung afrikanischer Produkte in den heimischen Hafen zurückzukehren, denn Afrika ist noch reich an natürlichen Schätzen und bietet dem Kaufmann vor Allem zwei wichtige Handelsartikel: Elfenbein und Palmöl.

Daß das erstere eine werthvolle Waare bildet, wem wäre es nicht bekannt? Das Elfenbein findet stets seinen Käufer, denn es wird mit Vorliebe zu vielen Zwecken verwendet. Von dem elfenbeinernen Zahnring, den der Säugling in sein Mäulchen steckt, bis zu dem elfenbeinernen Griff des Stockes, auf den sich der Greis stützt, überall ist es zu finden, es schimmert als Schmuck auf dem Busen der Frauen, es hält als Knöpfe die Manschetten der Herren zusammen, es ziert die Griffe der Messer und Gabeln und rollt in Kugelgestalt auf der grünen Fläche des Billardtisches. Das Elfenbein wird so sehr begehrt, daß man selbst Stoffe aller Art, wie z. B. das Celluloid, erfunden hat, um seinen Mangel zu ersetzen. Die civilisirte Welt verbraucht nach annähernder Schätzung jährlich gegen 16 000 Centner Elfenbein und 51 000 Elefanten müssen jährlich ihr Leben lassen, um diesen Bedarf mit ihren Zähnen zu decken. Und Afrika ist der Hauptlieferant des Elfenbeins. Ostindien, das einst die Welt mit demselben versorgte, macht heute selbst in Sansibar starke Einkäufe an dieser werthvollen Waare, deren Preis je nach der Größe des Zahns schwankt, sodaß man Zähne von etwa 20 Kilogramm Gewicht mit 400 Mark und einen dreimal so schweren Zahn mit der zehnfachen Summe bezahlt.

Diese Ziffern dürften genügen, um die Bedeutung jener Waare verständlich zu machen, und diese Bedeutung erscheint um so wichtiger, als es feststeht, daß der Elfenbeinhandel noch viele Jahre mit großem Erfolg im Innern Afrikas betrieben werden kann. Denn dort, von den Grenzen der Sahara bis zum südlichen Kapland, sind noch die ganzen unermeßlichen Länderstrecken reich an Elefantenheerden, welche das Blei der weißen Jäger noch nicht gelichtet und die den Nachstellungen der Eingeborenen einen ziemlichen Widerstand entgegensetzen. Nur von den Küsten hat sich der kluge Dickhäuter zurückgezogen, aber im Innern des Welttheils fanden alle Reisenden überall, wo günstigere Bedingungen vorhanden waren, noch starke Bestände dieses afrikanischen Hochwilds. Namentlich das Hinterland jener Küste, von der jetzt die deutsche Flagge weht, das Hinterland von Kamerun, sowie von Batanga steht in dem Rufe eines besonderen Reichthums an Elfenbein. Nicht minder die Länder am Niger und Benuë, jenen wichtigen Flüssen, in deren Lauf sich in nächster Zeit der Strom des europäischen Handels ergießen wird. Hat doch Robert Flegel von dort eine große Anzahl von Elefantenzähnen [16] mitgebracht, für die er den Rest seiner Waaren eintauschte, als er gezwungen war nach Europa heimzukehren, und in demselben Sudan machte sich der Sultan von Keffi Rohlfs gegenüber anheischig, ihm binnen weniger Wochen 50 Centner der größten Elefantenzähne zu beschaffen, während Dr. Hutchinson, ein Mitglied der Baikie’schen Expedition, in Gandiko am Benuë an einem gewöhnlichen Markttage 620 Pfund Elefantenzähne kaufen konnte. Gerhard Rohlfs erzählt in seinem Werke „Quer durch Afrika“ eine Episode, die uns einen Einblick in die Einzelheiten des Elfenbeinhandels gestattet und aus der wir Folgendes hervorheben möchten.

Elfenbeinkaravane in Adamaua.

Nachdem Rohlfs bis nach Keffi gekommen war, beschloß er in einem Canoe den Benuë hinabzufahren, und wollte seine drei Pferde bestmöglich verkaufen.

„Das war aber,“ erzählt er, „keine leichte, jedenfalls keine rasch zu erledigende Aufgabe. Geduldig mußte ich von Tag zu Tag auf ein annehmbares Gebot harren, um schließlich doch nicht mehr als 190 000 Muscheln (38 Thaler) für alle drei zu erzielen. Jetzt fragte es sich wieder: was mit den Muscheln anfangen? Da Keffi auch ein bedeutender Markt für Elfenbein ist, das von den Gegenden am Benuë in Masse hierher gebracht wird, kam ich auf die Idee, dieses überall verwerthbare Produkt gegen dieselben einzutauschen. Das lästige und zeitraubende Feilschen ging also von neuem los, und es dauerte wieder mehrere Tage, bis der Handel abgeschlossen war. Für 220 000 Muscheln (44 Thaler) erstand ich zwei Elefantenzähne von je 4 Ellen Länge und zusammen 140 Pfund Gewicht. Ein Händler würde 30, höchstens 35 Thaler dafür bezahlt haben, und in Europa wären sie, zum durchschnittlichen Marktpreise von 150 Thalern pro Centner gerechnet, 210 Thaler werth gewesen. Ich verkaufte sie später in Lokoja um 30 Pfund Sterl. (200 Thaler). Fünf kleine Zähne wurden mir für nur 60 000 Muscheln zugeschlagen.“

Entsprechend dem Werth der Waare, die sie mit sich führen, sind die Elfenbeinhändler die angesehensten Kaufleute im westlichen Sudan und oft so mächtig an Einfluß wie die Sklavenhändler in Ostafrika. Sie sind selbstverständlich geborene Feinde der europäischen Reisenden, und welche Schwierigkeiten sie Ed. Robert Flegel auf seinen Reisen in Haussa und Adamaua zu bereiten wußten, davon hat derselbe im vorigen Jahre (Nr. 43) selbst unsern Lesern berichtet. Dort sind auch die Verdienste der beiden Elfenbeinhändler gewürdigt, die jetzt in Berlin verweilen und denen die Afrikanische Gesellschaft den Dank für ihre Treue und Redlichkeit ausgesprochen hat. Eine Elfenbeinkaravane aus jenem Lande stellen auch unsere Illustrationen dar, die nach Angaben des genannten verdienstvollen Afrikaforschers für unser Blatt gezeichnet wurden. Der beim Sonnenaufgang betende Karavanenführer erinnert lebhaft an orientalische Bilder, und das darf uns nicht verwundern, denn im Sudan hat sich mit dem Vordringen des mohammedanischen Glaubens eine Art orientalischer Kultur eingebürgert, und in den Schilderungen, die uns von dort gegeben werden, finden wir viele Anklänge an Sitten und Gebräuche, deren Kenntniß uns längst geläufig ist.

Lebhaft wird der Elfenbeinhandel auch an der äquatorialen Westküste von Afrika betrieben, in deren Häfen und Flußmündungen die Eingeborenen mit der theuren Waare erscheinen. Hier, namentlich in Gabun, gilt ein gewisses Gewicht von Elfenbein als Wertheinheit, und man bezahlt die Zähne mit einer Kollektion europäischer Waaren, die das „Elfenbeinbündel“ genannt wird. Wie viel Steinschloßflinten, Pulverfässer, Messer, Stücke Zeug etc. in einem solchen Elfenbeinbündel enthalten sind, davon berichtete Hübbe-Schleiden ausführlich in seinem klassischen Werke „Aethiopien“. Dort ist auch die Summe an Zeit und Geduld angeführt, die dazu nöthig ist, einen einzigen Elefantenzahn von den listigen Negern einzuhandeln. Es ist nur allzuwahr, daß hier der Kaufmann nicht auf Rosen gebettet ist. Ueberall in Afrika finden die Worte Anwendung, die Flegel aus Ngaundere nach Europa schrieb: „Von meiner schwarzen Geliebten gilt dasselbe, was Mephisto vom blonden Gretchen sagt, Afrika läßt sich nicht im Sturm entschleiern, nur mit Geduld kommt man hier weiter.“

Die Blüthe des Elfenbeinhandels wird jedoch mit der Zeit schwinden, denn Hand in Hand mit dem wachsenden Export dieser Waare geht die Ausrottung der Elefanten, die sich bekanntlich sehr langsam vermehren und zu ihrem Wachsthum viel Zeit brauchen.

Das Erlöschen der Elefantengattung auf unserm Erdball wird beschleunigt durch die wilde Grausamkeit, mit welcher die Eingeborenen Innerafrikas diese Jagd betreiben. Die muthigsten und verwegensten unter den Elefantentödtern sind die Schwertjäger, die noch heute dasselbe Mittel benutzen, welches schon Strabo im Alterthum erwähnte, da er die „Elephantophagen“ schilderte, die den Dickhäutern die Achillessehne (an der Ferse) mit dem Schwerte zerhauen und die hierdurch gelähmten Thiere leicht in ihre Gewalt bekommen. Die Schwertjäger greifen mit seltener Tollkühnheit die Elefanten in offenem Felde an, und indem die einen das Thier von vorne bedrohen, fallen ihm die anderen in den Rücken, um den verhängnißvollen Schwertstreich zu führen.

Im Nilgebiete werden auf dem Wechsel der Heerden künstlich verdeckte Gruben gelegt, in welche die schweren Kolosse einbrechen.

Im Westen von Afrika überfallen die Neger in großen Massen die in künstliche Einzäunungen getriebenen Elefanten und schleudern gegen ein erwähltes Opfer Hunderte von Lanzen, bis dieses unter zahllosen Wunden zusammenbricht.

Die grausamste Art des Jagens ist jedoch die von den Niamniam ersonnene.

Sie schonen vor dem vernichtenden Feuer einige mit vier bis fünf Meter hohem Grase bewachsene Stellen der Steppe und treiben die Elefanten in das ihnen anscheinend sichern Schutz bietende Grasdickicht, das nunmehr in Brand gesteckt wird. Vergebens suchen die Thiere aus dem Flammenmeer zu fliehen. Eine Kette von zahllosen Jägern wehrt ihnen mit Feuerbränden und Lanzen den Durchbruch, und allmählich fallen die edlen Thiere unter der sengenden Gluth der Flammen oder den Lanzenstichen der Neger.

Das ist das Vorspiel des Elfenbeinhandels.

Es ist traurig, aber wahr: der Mensch hat die stolzen Thierkolosse des afrikanischen Urwaldes auf den Aussterbe-Etat gesetzt. An eine etwaige Elefantenzucht ist nicht zu denken, und so wird früher oder später die Zeit eintreten, in der das Elfenbein zu einer paläontologischen Seltenheit werden wird, ähnlich dem fossilen oder blauen Elfenbein, das namentlich in Sibirien gesammelt wird und aus den Stoßzähnen der vorsintfluthlichen Elefantenarten, des Mammuths und des Mastodons, besteht. Dieses gegrabene Elfenbein ist jedoch von geringem Werth, da der größte Theil dieser Zähne schlecht und unbrauchbar ist; auf die Entwickelung des Elfenbeinhandels wird es schwerlich jemals einen besonderen Einfluß ausüben.

*  *  *

Eine längere Lebensdauer kann ohne Zweifel dem Handel mit Palmöl vorhergesagt werden, da dasselbe das Produkt einer wenn auch primitiven Kultur bildet. Es gehört gleichfalls zu den vielbegehrten Handelsartikeln und [17] wird theils zu Maschinen- und Schmieröl, theils zur Fabrikation von Stearinkerzen und Seife verwandt. Wohl die wenigsten unserer Leser haben gedacht, daß ihr Haus, noch lange bevor die Kolonialfrage die Gemüther in Deutschland beschäftigte, Stoffe afrikanischen Ursprungs beherbergte, daß vielleicht in den Kerzen auf ihrem Nachttische sich Fettbestandtheile befanden, an deren Gewinnung ein Kamerunneger gearbeitet hatte, oder das Rohmaterial zu der weißen, nach Veilchen riechenden Seife einst auf einer Woermann’schen Hulk lagerte und die lange Reise über den Ocean durchgemacht hatte. Wer von uns denkt bei der Benutzung der verschiedensten Gegenstände an die Wanderungen und Irrfahrten, welchen sie in dem großen Getriebe des Welthandels unterworfen sind?

Der Baum, dessen Früchte das Palmöl liefern, ist an der westafrikanischen Küste von Sierra Leone bis tief nach Süden herab verbreitet, und nicht mit Unrecht hat ihm der Neger den Namen „der Vater der Palmen“ beigelegt. Die Oelpalme ist zwar nicht so stolz in der äußeren Erscheinung wie die schlanke Fächerpalme, ihr Haupt gleicht nicht den majestätischen Kronen der Kokospalmen, sie tritt so zu sagen bescheidener in der Vegetation des Urwaldes auf und gelangt nur in der Savanne, wo sie hoch „das Proletariat der Gräser“ überragt, zur vollen künstlerischen Wirkung in dem landschaftlichen Schmuck der Natur, – aber sie ist der nützlichste Baum, den der afrikanische Boden trägt.

Rauh und faserig ist ihr Stamm, mit den höckerigen Stümpfen abgestorbener Blattstiele besetzt. An seiner Spitze in einer Höhe von zwanzig bis dreißig Fuß streben schräg die einzelnen Blattwedel empor, eine Länge von zehn bis fünfzehn Fuß erreichend. Zwischen den Abzweigungen der untersten Blattstiele treibt der Baum seine Blüthe, hier hängt der mächtige Fruchtzapfen, der dreißig bis fünfunddreißig Kilogramm wiegt, einer riesengroßen Erdbeere gleicht und die Oelnüsse birgt. Viermal im Jahre blüht die Oelpalme, und viermal im Jahre hält der Neger die Ernte ab, um seinen eigenen Bedarf an Fett zu decken und für die europäischen Schiffe die willkommene Fracht zu sammeln.

Der „Vater der Palmen“ ist wohl der einzige Baum, dem der farbige Eingeborene einige Pflege angedeihen läßt. Freilich ist diese Kultur äußerst einfach, denn sie besteht nur in der Reinhaltung der Stämme von allen Blättern, welche zum Leben und Wachsen des Baumes nicht unbedingt nöthig sind, dann im Ausbrechen der männlichen Blüthenstände, sobald die Befruchtung vollzogen ist. Und diese geringe Mühe läßt sich der Neger nicht verdrießen. „Allüberall, wo sie ihr königliches Haupt erhebt, sucht der Neger“, wie Soyaux berichtet, „seinen Schritt hinzulenken. Zu jeder einzelnen Palme in der Savanne oder im Urwalde führen schmale Negerpfade, und der Boden um den Fuß des Baumes ist stets mit abgeschälten Blättern und männlichen Blüthenbestandtheilen bedeckt.“ Nur in vereinzelten Fällen findet sie der Reisende noch unberührt von des Menschen Händen.

Und wie lohnt die Oelpalme die geringe Mühe, die man ihr angedeihen läßt! Was braucht der Neger sich um Butter oder Talg zu sorgen! Er klettert einfach auf den Baum, schlägt den reifen Fruchtzapfen ab und trägt die schwere Last in seine Hütte, wo sie für Wochen allen seinen Bedarf an Fett befriedigt, ihm zur Bereitung der Speisen, als Haarbalsam und als einfache Salbe zum Einreiben des Körpers dient.

Ein solcher Fruchtzapfen giebt durchschnittlich ein Liter reines Oel, sodaß von einem Baum jährlich etwa vier Liter gesammelt werden. Die Gewinnungsmethoden der Fettmasse sind nicht in allen Gegenden gleich. In der Regel gräbt man die Früchte in die Erde ein und läßt sie etwa dreißig Tage liegen, damit sie einen Gährungsproceß durchmachen. Hierauf werden die Oelnüsse gestampft, das Fruchtfleisch von den wallnußgroßen harten Kernen getrennt und geschmolzen. Nachdem die Masse nothdürftig gereinigt worden, läßt man sie erkalten und bringt sie in die Faktoreien der Europäer. Das Fett hat jetzt die Dicke grüner oder schwarzer Seife, ist von trüb orangegelber Farbe und zeichnet sich durch einen schwachen veilchenartigen Geruch aus.

Schon in den Faktoreien pflegt man es in der Regel einer neuen Reinigung zu unterwerfen. Es wird in großen Kesseln nochmals geschmolzen und durch Ablaßhähne direkt in die großen Versandfässer geleitet. So wird das Oel am Congo, Ogowe und in Gabun bereitet.

An anderen Orten werden die Oelnüsse zunächst gekocht, dann in Mörsern zerstampft und wiederum in kochendes Wasser gelegt, von dem man das geschmolzene Fett abschöpft.

In Kamerun und an der Küste von Ober-Guinea wird das Oel in ähnlicher Weise gewonnen, ist aber flüssiger als das aus den südlicher gelegenen Faktoreien. Hier wird es in thönerne Kalebassen oder in hohle Kürbisse gefüllt und also zum Kauf angeboten. Ueber den Tauschhandel von Kamerun haben wir in einem früheren Artikel berichtet (vergl. „Gartenlaube“ 1884, Nr. 37) und möchten hier nur noch hinzufügen, daß ein Kru Palmöl (etwa vierzig Kilogramm) mit europäischen Waaren bezahlt wird, deren Werth etwa zwanzig Mark nach den dortigen Preisen beträgt und die in Europa wohl für fünf Mark zu kaufen wären. Die originelle Art und Weise, wie das Oel im Benuëgebiet zur Versendung bereitet wird, veranschaulicht die nebenstehende Illustration.

Nach Europa gelangt das Palmöl größtentheils in ranzigem Zustande und ist darum ungenießbar, als frische Waare soll es selbst von den Weißen, die sich bald an den eigenthümlichen Geschmack gewöhnen, gern genossen werden. So berichtet z. B. Dr. A. Reichenow in seiner vor Kurzem erschienenen trefflichen Schrift „Die deutsche Kolonie Kamerun“ (Berlin, Gustav Behrend): „Das frische Oel hat einen sehr angenehmen Geschmack, und Fische, in Palmöl gekocht, oder Palmölsuppe mit ‚Fufu‘ (aus geschlagenen Yams bereitete Schaumklöße) sind Gerichte, welche auch den verwöhnten Gaumen europäischer Feinschmecker angenehm zu reizen vermögen.“ Dies dürfte jedoch Geschmackssache sein, da andere afrikanische Reisende in ihren Berichten über das auf ihrem Tisch ewig wiederkehrende Palmöl klagen.

Die Palmkerne wurden früher als werthlos bei Seite geworfen, erst in der neuesten Zeit erkannte man ihren Werth und bringt sie in großen Massen nach Europa. Hier wird aus denselben auf hydraulischen Pressen etc. das Palmkernöl gewonnen und zu ähnlichen Zwecken wie das afrikanische Palmöl verwendet. –

Damit ist jedoch die Liste der Wohlthaten, welche die Oelpalme den Bewohnern Afrikas erweist, nicht erschöpft. Dort wo die Weinpalme (Raphia vinifera) fehlt, wird aus dem Safte der Oelpalme der erfrischende Palmwein gewonnen. Er ist in Afrika überall zu haben und wird in jedem Negerdorfe zu Spottpreisen feilgeboten.

Im Vergleich zu den Mühen und Sorgen unserer Weinbauer ist das Loos des afrikanischen Palmweinfabrikanten ein beneidenswerthes. Er schneidet einfach einige Blüthenstiele ab und sammelt den reichlich fließenden Saft des Baumes in eine Kürbisflasche. Wenn er nur die männlichen Blüthen nach der erfolgten Befruchtung der weiblichen abschneidet, so liefert ihm der geduldige Baum Wein und Oel in gleicher Fülle, und der Glückliche kann, wie oben angedeutet wurde, viermal im Jahre Wein- und Oelernte halten.

Allerdings hat der Palmwein mit seinem deutschen Namensvetter wohl nicht mehr als den letzten Theil des Namens und ein wenig Alkohol gemein. Er ist nicht klar, nicht golden, wie der Sohn der rheinischen Weinrebe, sondern molkig, wie Kuhmilch, die man stark mit Wasser verdünnt hat; er muß auch „frisch vom Baum“ getrunken werden und schmeckt dann süßsauer, ist also dem Most ähnlich. Er gährt schnell, schon nach einigen Stunden, und wem es gelingt, den unbändigen Gesellen, der alsdann alle Gefäße sprengt, in der Flasche festzuhalten, der kann sich den Genuß eines afrikanischen Champagners erlauben, der im Geschmack den europäischen Schaumweinen nahe kommt.

Der Palmwein hat schon manchen Reisenden, der im Dienste der Wissenschaft die weiten Gebiete Afrikas durchkreuzte, erfrischt und mit neuer Kraft belebt, er wird auch in Zukunft unsere deutschen Landsleute stärken, die in fernen Ländern arbeiten, um Deutschland die ihm gebührende Stellung im Welthandel zu erhalten.

Und so wollen wir am heimathlichen Herde bei der Jahreswende der Pioniere unsrer Kolonialmacht gedenken und mit goldenem Rheinwein in grünen Römern anstoßen: Auf ein gutes Glück der deutschen Kaufleute in Elfenbein- und Palmölgeschäften für das Jahr 1885!

Gewinnung des Palmöls.