Heinrich Hertz: Untersuchungen über die Ausbreitung der elektrischen Kraft
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10. Ueber elektrische Wellen in Drähten.


erwiesen sich noch als vollkommen schützend. Nun nahm ich Glasröhren, welche auf chemischem Wege versilbert worden waren, und da war es allerdings leicht, Röhren von solcher Dünne herzustellen, dass trotz ihres Schutzes lebhafte Funken im Mitteldraht auftraten. Aber es zeigten sich Funken doch nur dann, wenn die Silberschicht schon nicht mehr völlig undurchlässig für Licht und sicherlich dünner als war. Nicht in der Wirklichkeit, aber in der Vorstellung, können wir die Schutzhülle sich mehr und mehr um den Draht zusammenziehen und schliesslich mit seiner Oberfläche zusammenfallen lassen; wir dürfen wohl sicher sein, dass sich hierbei nichts Wesentliches mehr ändern wird. Wenn also die wirklichen Wellen auch noch so lebhaft um den Draht spielen, so ist doch sein Inneres völlig in Ruhe, und die Wirkung der Wellen dringt kaum viel tiefer in das Innere des Drahtes ein, als das Licht, welches von seiner Oberfläche reflectirt wird. Den eigentlichen Sitz dieser Wellen werden wir also auch nicht im Drahte suchen dürfen, sondern eher vermuthen, dass er in seiner Umgebung sich befindet, und statt zu sagen, dass unsere Wellen sich im Drahte fortpflanzen, werden wir besser sagen, dass dieselben an dem Drahte entlang gleiten.

     Statt in die Drahtleitung, in welcher wir indirect Wellen erregten, können wir die zuletzt beschriebene Vorrichtung auch in den einen Zweig unseres primären Leiters selbst einschalten. In solchen Versuchen erhielt ich die gleichen Resultate wie in den bisherigen. Auch unsere primäre Schwingung erfolgt also, ohne den Leiter, um welchen sie spielt, anders als in seiner äussersten Oberflächenschicht zu betheiligen,[1] auch ihren Sitz werden wir nicht im Inneren des Leiters suchen dürfen.

     An unsere letzten Erfahrungen über die Drahtwellen wollen wir noch eine Bemerkung knüpfen, welche die Ausführung der Versuche betrifft. Wenn unsere Wellen ihren Sitz in der Umgebung des Drahtes haben, so wird die an einem einzelnen Draht entlang gleitende Welle sich nicht allein durch die Luft, sondern,


  1. Die Berechnung der Selbstinduction derartiger Leiter unter der Annahme gleichförmiger Stromdichte im Innern muss also zu ganz unzuverlässigen Resultaten führen. Es ist zu verwundern, dass die unter so fehlerhaften Voraussetzungen gewonnenen Resultate doch annähernd mit der Wirklichkeit übereinzustimmen scheinen.