Textdaten
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Autor: Carl Ernst Bock
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Titel: Ekliches am Menschen
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 47, 50, S. 676–677, 719–720
Herausgeber: Ferdinand Stolle
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1858
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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Ekliches am Menschen.

Rümpfe Dein Näschen nicht gleich, liebe Leserin, über die Ueberschrift dieses Aufsatzes; Du kannst gar nicht wissen, ob Du nicht auch etwas Ekliches an Dir hast und ob Du nicht durch diesen Aufsatz davon befreit wirst. Du meinst, das würdest Du schon wissen? Da irrst Du aber! Viele sind ganz unbewußt recht ekelhaft, und solche gute Freunde gibt es nur selten, die auf die Gefahr hin, sich Haß oder vielleicht gar dauernde Feindschaft von unserer Seite zuzuziehen (weil die Wahrheit selten gern gehört und oft falsch ausgelegt wird), uns auf Eigenheiten und Fehler aufmerksam machen, welche durch widerwärtigen Eindruck auf die Sinne Ekel einflößen und Andere von uns abstoßen. Gerade das weibliche Geschlecht, welches doch anziehend sein muß, wird gar nicht selten durch manches Ekelhafte abstoßend. Vorzugsweise ist es hier der Mund, welcher die Veranlassung dazu gibt. Wie oft hört man nicht: welch’ eine schöne Frau, aber – sie riecht aus dem Munde; welch’ ein reizendes Mädchen, nur – muß sie den Mund nicht öffnen (denn anstatt auf Perlen hinter den Korallenlippen fällt der Blick auf gelbliche, grün- und schwarzberänderte Stifte). Kurz, es kann nicht weggeleugnet werden, daß an vielen Menschen Ekliges existirt und daß, wenn dieses nicht existirte, viele Menschen angenehmer wären. – Trennen wir das Ekliche in solches, was unsern Geruchsinn und in das, was den Gesichts- und Gehörsinn beleidigt.

Unser Geruchsinn wird am meisten durch solche üble Gerüche verletzt, welche der Fäulniß thierischer Stoffe ihren Ursprung verdanken, wie der üble Geruch des Mundes, der Nase und des (hauptsächlich Fuß- und Achsel-) Schweißes. Auch können von außen in den Körper gebrachte schlechtriechende Stoffe (wie Käse, Zwiebeln, Meerrettig, Knoblauch u. s. f.) einen Menschen in übeln Geruch bringen. Schlimm ist’s hierbei, daß diejenigen, welche übel riechen, dies gewöhnlich selbst gar nicht bemerken und ihre Nächsten aus nächster Nähe anduften.

Der üble Mundgeruch ist am verbreitetsten und widerwärtigsten; er wird in der Regel, gewissermaßen zur Entschuldigung des Riechenden, Uebeln der verschiedensten Art zugeschrieben und soll bald aus dem Magen, bald aus der Lunge stammen. Er hat aber fast immer, wenigstens bei sonst gesunden Menschen, seinen Grund in Unreinlichkeit und falscher Behandlung der Mundhöhle. Er ist dann nämlich das Product der Fäulniß thierischer Nahrungsmittel, die sich in den Lücken zwischen den Zähnen oder in den Höhlen hohler Zähne verbergen. Auch bei dem sorgfältigsten Putzen mit Zahnpulver, Ausstochern, Ausspülen und Bürsten der Zähne lassen sich diese Speisereste nicht vollständig entfernen und deshalb ist es die Aufgabe einer richtigen Behandlung der Mundhöhle, die Fäulniß jener Stoffe zu verhindern. Dies läßt sich aber, auch bei falschen Zähnen, durch tägliches (ein- oder mehrmaliges) Putzen der Zähne mit reinem Spiritus, dem eine geringe Quantität Essig- oder Schwefeläther zugesetzt ist, oder auch durch Bürsten mit Eau de Cologne recht leicht ermöglichen. Jedenfalls wird die Reinlichkeit dadurch noch vermehrt, daß man die hohlen Zähne öfters vom Zahnarzte reinigen und ausfüllen läßt. Zum Putzen der Zähne wähle man eine recht scharfe Zahnbürste und führe dieselbe nicht blos horizontal, sondern auch senkrecht über die Zähne, damit die Borsten derselben besser in die Lücken zwischen den Zähnen eindringen können. Hohle Zähne müssen natürlich vorzugsweise gut gereinigt werden und das Zahnausstochern nach dem Essen ist sicherlich sehr empfehlenswerth, nur muß man Andern nicht eklich damit werden, wie dies so oft geschieht. Vor Gesellschaften, Bällen und Gelegenheiten, wo man Leuten nahe treten muß oder wo es vielleicht gar zum Kusse kommen kann, sollte von jedem reinlichen Menschen die Mundhöhle stets einer sehr sorgfältigen Reinigung unterworfen werden. Hauptsächlich ist dies Tabaksrauchern (zumal aus dem ärztlichen Stande) anzurathen, denn der üble Geruch von im Munde faulenden Stoffen bildet mit dem der Tabakssauce eine böse Melange. Der Eltern Aufgabe ist es, bei ihren Kindern schon in der frühesten Jugend auf die gehörige Reinigung der Zähne zu sehen, weil dadurch gleichzeitig die Zähne für das Alter gesund erhalten werden.

Die Stinknase (Ozäna, Punaisie), bei welcher sich aus der Nase ein übler, den Umstehenden und bisweilen auch dem Kranken selbst sehr lästig fallender Geruch entwickelt, kommt am häufigsten bei jungen Mädchen vor, und ist das eine Mal mit Ausschnäuzen übelriechender, bisweilen blutiger und jauchiger Flüssigkeiten und Krusten verbunden, das andere Mal dagegen ohne allen Ausfluß. Es scheint dieses, in der Regel schmerzlose und sehr langwierige Uebel, bald von Geschwüren in der Nasenschleimhaut, bald nur von Fäulniß eingesperrter Schleimpfröpfe herzurühren. Wohl immer ist aber der Sitz desselben hoch oben in der Nasenhöhle. Von den gegen die Punaisie empfohlenen innern und äußern Arzneimitteln (z. B. Chlorkalkflüssigkeit, 1 Th. auf 6 Th. Wasser) hat man keine besondere Hülfe zu erwarten, wohl aber vom häufigen Reinigen der Nase mit lauem Wasser. Nur muß dasselbe sehr oft (wo möglich alle Stunden und noch öfter) des Tages hoch hinauf und durch die Nasenhöhle hindurch in den Mund gezogen werden.

Uebelriechende örtliche Schweiße, wie der Füße und Achselhöhlen, beruhen auf Erweichung und Schmelzung der Oberhautschichten durch den faulenden, ammoniakalischen, specifisch riechenden Schweiß. Das Hauptmittel gegen solche Schweiße ist natürlich große Reinlichkeit, häufiges Waschen und Baden der schwitzenden Theile, öfterer Wechsel der betreffenden Wäsche, Vermeiden einer allzuengen, den Luftzutritt und das Ausdunsten des Schweißes ganz hemmenden Bekleidung. – Gegen übelriechenden Fußschweiß nützt das Einstreuen von Weinsäure in die Strümpfe oder das Tragen von Strümpfen und Leinwandlappen, die in eine Lösung dieser Säure getaucht und dann getrocknet wurden. Auch ist das tüchtige Einreiben der Fußzehen mit frischem Talge und das Bestreichen der Strumpfsohle mit Thonlösung heilsam. Ebenso wird gegen Fußschweiß eine Salbe aus gleichen Theilen Leinöl und Bleiglättenpflaster (Empl. diachylon simplex) empfohlen. – Bei übelriechendem Achselschweiße sind in der Achselhöhle Schweißblätter von Leinwand zu tragen, die entweder eingethont oder mit einer Weinsäurelösung getränkt und dann getrocknet sind. – Uebrigens soll hier auch noch die von den Meisten arg vernachlässigte Pflege der Haut (durch Bäder, Abreibungen etc., s. Gartenl. 1854. Nr. 46) dringend anempfohlen werden.

Unser Gesichtssinn wird durch unsere Mitmenschen am meisten dann beleidigt, wenn diese die Vorbaue und Eingänge ihrer Sinnesorgane, der sogenannten Pforten des Geistes, in Unordnung halten. Man bedenke doch: daß das Auge der Spiegel der Seele (des Geistes) sein soll, in welchem Verliebte ihren Himmel sehen wollen; daß die Nase, durch welche der Charakter des menschlichen Antlitzes am entschiedensten bezeichnet wird, gewissermaßen der Ausläufer der Stirn und des hinter der Stirn in der Schädelhöhle geborgenen Verstandestheiles des Gehirnes ist; daß der Mund als Dolmetscher des Geistes und Herzens angesehen wird und daß das Ohr, nach Carus, das wichtigste und vielsagendste Organ der psychischen Entfaltung genannt werden darf, daß es der Sinn des Tiefinnerlichen ist, der Sinn des Geheimnisses, der Sinn, welcher die Welt in den Menschen hineinzutragen bestimmt ist.

Am menschlichen Auge bildet oft die entzündliche Röthung des Augenlidrandes, sowie die vermehrte Absonderung von Schleim und Augenbutter, die sich durch gelbliche Klümpchen oder weißliche eiterige Tropfen im innern Augenwinkel und durch Grindchen um die Wimpern bemerklich macht, einen eklichen Rahmen um den Spiegel der Seele. Oft trägt die Einwirkung von Zugluft, Staub, Rauch, scharfen Dünsten und großer Hitze die Schuld an diesem [677] Leiden. Merkwürdig ist, daß manchmal auch kleine Läuschen die Ursache der schleichenden Entzündung des Augenlidrandes sind. – Bei diesen Augenleiden ist zuvörderst die gehörige Schonung (Pflege) und Reinigung des Auges (s. Gartenl. 1854. Nr. 40.) von der größten Wichtigkeit. Man wasche die Augen nicht etwa des Morgens gleich nach dem Erwachen und ja nicht etwa mit kaltem Brunnenwasser, sondern mit lauem weichem (Regen- oder reinem Fluß-) Wasser. Auch bediene man sich zum Waschen der Augen nicht eines Schwammes, sondern der bloßen Hände oder eines leinenen Tuches. Das Baden der Augen in kaltem Wasser, sowie das Oeffnen derselben beim Eintauchen in kaltes Wasser ist sehr schädlich. Wenn nun auch jene schleichend entzündlichen Zustände der Augenlider Jahre lang bestehen können, ohne große Beschwerden zu machen und nachtheilig auf die Sehkraft einzuwirken, so ist doch Jedem, der daran leidet, auf’s Dringendste an’s Herz zu legen, sich mit einem Sachverständigen darüber zu berathen. Denn abgesehen davon, daß solche Augen nicht schön sehen und immer in Gefahr sind, bei irgend einer Verkältung durch Zugluft oder durch scharfen Wind u. dgl. in starke und gefährliche Entzündung versetzt zu werden, so wird der Zustand bei längerem Bestehen dem Auge und der Sehkraft sicher nachtheilig. und nicht blos für den Kranken allein droht Gefahr, auch für die ihn Umgebenden, wenn das Leiden mit reichlicher Absonderung von Schleim verläuft-, und zufällig, z. B, durch den gemeinschaftlichen Gebrauch eines Handtuches, desselben Bettzeuges, oder sonst auf eine Art von dem Kranken auf irgend ein gesundes Auge übertragen wird. Ganz vorzüglich muß auch vor der Anwendung von Augenwässern oder Salben, ohne Zuziehung eines Augenarztes, gewarnt werden; schon oft ist durch solche Mittel das Augenlicht verloren gegangen.

[719] Durch der Sinne Pforten zieht der Geist in unsern Körper (und zwar in das Gehirn) ein. Darum sind auch diese Pforten, diese Zubringer der geistigen Nahrung, mit der größten Sorgfalt zu behandeln, vorzugsweise der Gesichts- und Gehörsinn. Doch dürfen auch Nase und Mund, wenn sie auch weniger wichtig als Auge und Ohr, nicht geschändet werden, da sie mehr noch wie jene für das Menschliche charakteristisch sind.

Wie sogar eine gesunde Nase, wenn sie häßlich geformt oder widernatürlich colorirt ist, auch ein sonst hübsches Gesicht unhübsch machen kann, ist bekannt. Nichts entstellt ferner das menschliche Antlitz mehr und ist abstoßender, als Verlust und grobe Verunstaltung der Nase, und nichts fällt mehr in die Augen, als Ungehörigkeiten gerade an der Nase. Schon aus den Nasenlöchern hervorwuchernde Haare, zumal wenn ihnen, was so leicht geschehen kann, getrockneter Nasenschleim anklebt, machen einen widerwärtigen Eindruck, und wenn sie gar, wie bei Schnupfern der Sitz von Schnupftabak und braunen Tabakstropfen werden, dann gibt das einen sehr eklichen Anblick. – Wegen der vielen Talgdrüsen in ihrem Hautüberzuge wird die Nase, besonders an den Flügeln, und zwar in Folge der Talgverhaltung innerhalb der Bälge oder Ausführungsgänge der Drüschen, sehr häufig der Sitz von Ausschlägen, Mitessern, Finnen, Blüthchen und Flechten. Um nun seine Nase vor solchen, die Nase durchaus nicht verschönernden schwarzen Punkten, rothen Knötchen, weißen Eiterbläschen und nässenden Geschwürchen, die nicht selten blatterähnliche Narben hinterlassen, sowie vor harten braunrothen Knoten zu bewahren, muß man aus den Talgdrüsen den Talg öfters auf mechanische Weise herausbefördern und zwar durch derbes Ueberstreichen der Nasenhaut mit einer starken Nadel oder einem Messerrücken. Die Mitesser entferne man durch Ausdrücken zwischen zwei Daumennägeln, oder mittels eines Uhrschlüssels, oder durch Aufsetzen eines trockenen Schröpfkopfes. Zur Vorbereitung, d. h. zur Lockerung der Talgpfröpfe können angewendet werden: warme Breiumschläge, örtliche Dampfbäder, oder Auflegen (über Nacht) eines Breies aus Sauerteig, Mehl und Honig. Entzündete und eiternde Hautstellen bestreiche man fleißig und dick mit frischem Rindstalge (s. Gartenl. 1858. Nr. 44.). – Die Kupfer- oder Burgundernase ist eine harte knotige Schwellung von kupfrig glänzender, bläulicher Röthe an der Spitze und zu beiden Seiten der Nase, hervorgerufen durch Erweiterung und Blutüberfüllung der kleinen Hautblutadern, sowie durch Ausschwitzung in und um die großen Talgdrüsen. Dieses langwierige und schwer heilbare Uebel besteht bisweilen ohne alle Beschwerden, erzeugt aber auch manchmal ein Gefühl von Spannen und Brennen. Bei dem höchsten Grade nimmt die Nasenspitze einen monströsen Umfang ein, wobei sich Höcker auf Höcker aufthürmen und die Haut immer dicker, runzliger und dunkelblauer wird. Die Burgundernase ist oft die Folge einer schwelgerischen Lebensweise, namentlich des Genusses schwerer Weine (Burgunders) oder überhaupt starker Spirituosa, besonders bei sitzender Lebensart. Doch kommt sie auch ohne das bei Ausschweifenden beider Geschlechter und bei Frauen in den späteren Lebensjahren vor. Um Heilung dieses Uebels zu erzielen, muß man so zeitig als möglich dazu thun, da höhere Grade desselben gar nicht heilbar sind. Deshalb vermeide man schon beim Beginn der Röthung der Nase Alles, was Blutandrang nach dem Gesichte machen kann, wie: starke Hitze und Kälte, Spirituosa, aufregende Gemüthsaffectionen und überhaupt Erhitzungen aller Art. Oertlich salbe man tüchtig und fleißig frischen Rindstalg ein. – Schließlich darf nicht unerwähnt bleiben, daß das Schnäuzen und Ausputzen der Nase von Manchen viel zu auffallend und ungeschickt vorgenommen wird, so daß diese Reinigung mit ihren Folgen ziemlich eklich wird, zumal bei Schnauzbärtigen. Auch überwache [720] man das Niesen in Gesellschaft ja gehörig, denn nicht selten sprudelt die Nase Partikel ihres Inhaltes dahin, wo diese den Blicken Anderer leicht begegnen und unappetitlich werden können.

Der Mund, d. i. die von der Ober- und Unterlippe eingegrenzte, dicht vor den vordern Zähnen befindliche Spalte, welche in die Mundhöhle führt, dient ebenso der Nahrungs- wie Luftaufnahme, kommt bei der Sprache wie beim Gesange in Thätigkeit und hat selbst eine gewisse geschlechtliche Bedeutung. Daß ein in so vieler Hinsicht bedeutungsvolles Organ, durch welches eine Menge von Regungen, Gefühlen, Eindrücken und Leidenschaften mehr oder minder ihren Ausdruck finden, die größte Aufmerksamkeit, die sauberste Behandlung und Gewöhnung verlangt, lehrt das gewöhnliche Leben. Denke Dir nur, Du müßtest einen zahnlosen Mund küssen, dessen wunde Ecken schmutzig und dessen Lippen trocken, rissig und braun berändert. Denke Dir einen Tischnachbar, dem beim Essen zwischen den schmatzenden Lippen Speichel aus den Winkeln auf den Teller herabspinnt. Denke Dir einen Redner, aus dessen Munde beim Oeffnen dem Zuhörer grüne, gelbe und schwarze, kurze und lange Zahnsturzel entgegenstarren. Denke an einen Sänger, der „seinem süßen Lieb’“ mit fratzenhaft verzerrtem Munde „hin nimm die Seele mein“ zusäuselte. Kurz Mund und Zähne können viel zum Angenehm- und Unangenehmsein eines Menschen beitragen. Herder sagt: „Jedermann weiß, wie viel die Oberlippe über Geschmack, Neigung, Lust und Liebesart eines Menschen entscheide; wie diese der Stolz und Zorn krümmen, die Feigheit spitze, die Gutmüthigkeit runde, die schlaffe Ueppigkeit welke, wie an ihr mit unbeschreiblichem Zuge Liebe und Verlangen, Kuß und Sehnen hange, und die Unterlippe sie umschließe und trage, ein Rosenkissen, auf dem die Krone der Herrschaft ruht.“ Derselbe behauptet ferner auch: „Ein reiner zarter Mund ist vielleicht die schönste Empfehlung im Leben, denn wie die Pforte, so, glaubt man, sei auch der Gast, der heraustritt, das Wort des Herzens und der Seele.“

Die Zähne machen den Mund, wenn sie weiß, reinlich gehalten und gut gereiht sind, äußerst appetitlich. Das wissen Alle und trotzdem vernachlässigen die meisten Menschen die Pflege derselben doch so sehr oder fangen dann erst damit an, wenn nichts mehr daran zu pflegen ist. Namentlich sind die Mütter, zumal von Mädchen, sehr tadelnswerth, wenn sie nicht schon dem kleinen Kinde das gehörige Reinigen der Zähne zur andern Natur machen. Die richtige Pflege der Zähne besteht nun aber hauptsächlich darin, daß man die Bildung von Zahnthierchen, Zahnpilzen und Zahnstein soviel als möglich zu verhindern und diese zahnzerstörenden Schmarotzer so schnell als möglich zu entfernen sucht. Zu diesem Zwecke ist zuvörderst das fleißige Bürsten der Zähne mit Spiritus (s. Gartenl. 1858. Nr. 47.) nöthig, damit die Speisereste nicht zum Faulen kommen, denn in faulenden (übelriechenden) thierischen Stoffen bilden sich und gedeihen jene Zahnschmarotzer am besten, während der fäulnißwidrige Spiritus die Wiege und das Leben derselben zerstört. Das Bürsten der Zähne mit Spiritus allein wird nun aber das Anlegen von grünlichen und schwärzliches Massen an die Ränder und auf die Kauflächen der Zähne nicht verhindern, deshalb wird noch das Abscheuern der Zahnkrone mit einem feinen Pulver (Cigarrenasche, Bimsstein, Zahnpulver) unentbehrlich. Von Zahnpulvern sind die rothen den schwarzen (aus Holzkohle) darum vorzuziehen, weil sich letztere zwischen Zähne und Zahnfleisch eindrängen und so den Zahnfleischrand grau färben. Wenn sich dann, trotz des Putzens der Zähne mit Spiritus und Pulver, doch noch hier und da schwarze Stellen an den Zähnen zeigen, so müssen diese mit einem spitzigen oder scharfen Instrumente abgekratzt werden. Man fürchte dabei durchaus nicht, dem Schmelz der Zahnkrone Schaden zu thun. Denn wenn sogar ein Stückchen davon abspringt, so hat dies nichts auf sich, da der Schmelz zur Erhaltung des Zahnes nicht so unentbehrlich ist, als man gewöhnlich glaubt. Es lassen sich ja auch die Zähne ohne allen Nachtheil abfeilen und bei einigen wilden Völkerstämmen (an der Küste von Guinea und Sumatra) ist es üblich, den Schmelzüberzug ganz oder theilweise abzusprengen. – Allerdings gibt es noch andere Ursachen des Zahnfraßes, als jene Schmarotzer, z. B. Entzündungen in Folge heftigen Druckes oder starker Kälte- und Hitzeeinwirkung auf die Zähne, allein in den allermeisten Fällen rührt die Verderbniß der Zähne von jenen Pilzchen und Thierchen her. Wer nun von den Lesern dieses Aufsatzes garstige Zähne hat, der eile sofort zum Zahnarzte, lasse retten und reinigen, was noch zu retten ist und behandle dann seine Ueberbleibsel auf die angegebene Weise. – Was das Ausstochern der Zähne und das Ausspülen des Mundes nach einem Gastmahle betrifft, so scheint es zur Zeit zum guten Tone zu gehören, dies recht auffallend und öffentlich zu machen; mir erscheint’s eklich.

Das äußere Ohr, obschon den Blicken Anderer weniger als die übrigen Sinnesorgane ausgesetzt, verlangt doch auch für sich und seine nächste Umgegend die gehörige Abwartung, wenn es nicht unangenehm auffallen soll. Die Sprüchwörter: „noch nicht trocken hinter den Ohren sein“, „es faustdick hinter den Ohren haben“ und „sich’s hinter die Ohren schreiben können“, müssen ja nicht zu Thatsachen werden. – Gegen Ausschläge, die häufig am Ohre nässende sind, dient am besten frischer ausgelassener Rindstalg. Die Entfernung vertrockneten Ohrenschmalzes aus den tieferen Partien des äußeren Gehörganges darf nicht unsanft geschehen, weil sonst leicht ein von Entzündung und Eiterung der Gehörgangshaut abhängiger Ohrenfluß entstehen kann. Uebrigens muß bei allen Ausflüssen aus dem Ohre das Innere desselben von einem Arzte genau untersucht werden, weil ein solcher Ausfluß in Folge von Zerstörung des Trommelfelles gar nicht selten Taubheit nach sich zieht. – Wie bei der Nase kann sich übrigens aus dem Ohre übler Geruch entwickeln (Stinkohr) und dies ebenfalls in Folge von Anhäufung und Fäulniß des Gehörgangs-Inhaltes. Häufige Einspritzungen mit lauem Wasser helfen hier. Bisweilen werden etliche Ohrübel dadurch hervorgerufen, zumal bei Kindern, daß fremde Körper (Erbsen, Bohnen u. dgl.) in den Gehörgang gesteckt und nicht wieder herausgezogen wurden.

Was nun schließlich die unserm Gehörsinn eklich werdenden Erscheinungen an Anderen betrifft, so sind dies in der Regel üble Angewohnheiten, meistens Geräusche, welche in der Nasen- und Mundhöhle erzeugt werden. Wie widerwärtig das Schnüffeln, Schnieben, Rülpsen, Racksen, Spucken und Schmatzen beim Essen ist, zumal wenn man öfters und längere Zeit Solches hören muß, hat gewiß schon Jeder erfahren.

Daß diesen meinen Aufsatz Manche und Mancher tadeln werden, weiß ich; Diesen sei hiermit aber gesagt: zur Unterhaltung und für prüde Klugthuer schreibe ich nicht, ich will durch Belehrung nützen. Vielleicht haben gerade manche dieser Tadler Etliches an sich.

Bock.