Einfluß des Wassers auf die Zähne

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Titel: Einfluß des Wassers auf die Zähne
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aus: Die Gartenlaube, Heft 25, S. 427
Herausgeber: Adolf Kröner
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Erscheinungsdatum: 1895
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[427] Einfluß des Wassers auf die Zähne. Will man der Zahnverderbnis, die in der jüngsten Zeit die weitesten Schichten des Volkes ergriffen hat, Einhalt gebieten, so muß man vor allem über deren Ursachen im klaren sein. Wie sorgfältige Untersuchungen ergeben haben, sind diese Ursachen sehr verschiedenartig. Zunächst kommt unsere Ernährungsweise in Betracht. Pflanzliche Nahrung, deren Ueberreste im Munde Säuren bilden, erweist sich als die Hauptfeindin der Zähne, und sie wird um so verderblicher, je weicher und zuckerreicher sie ist. Mit der Verdrängung des groben schwarzen Brotes durch das weiche Weißgebäck und durch Kuchengenuß gewinnt die Zahnfäulnis an Ausdehnung. Für die Ausbildung und Erhaltung eines guten Gebisses ist aber auch die Zusammensetzung der Nahrung, vor allem ihr Kalkgehalt, maßgebend. In überzeugender Weise hat dies jüngst Dr. Karl Röse in der „Zeitschrift für Schulgesundheitspflege“ nachgewiesen. Er untersuchte eine große Anzahl von Kindern in den Volksschulen Badens und Thüringens und fand, daß die Bewohner von Orten, welche über kalkreiches hartes Wasser verfügen, bedeutend bessere Zähne haben als die Bewohner von Gegenden, in welchen nur kalkarmes weiches Wasser vorkommt. In kalkarmen Orten giebt es doppelt so viel schlechte Zähne wie in kalkhaltigen; in den ersteren waren nach Röses Ermittelung 35% aller Zähne erkrankt, in den letzterem dagegen nur 16%. In den kalkarmen Landorten besaßen nur 1 bis 2% Kinder ein tadelloses Gebiß, während in kalkreichen dies noch bei 17 bis 21% der Schulkinder der Fall war.

Die Ursache dieser Erscheinung kann nur darin liegen, daß in Gegenden mit weichem Wasser der Boden überhaupt arm an Kalk ist. Infolgedessen sind auch die auf ihm gewachsenen Pflanzen verhältnismäßig kalkarm, und auch durch das Trinkwasser wird nur wenig Kalk dem Körper zugeführt. Daraus folgt aber, daß bei der geringen Kalkaufnahme des Körpers die Zähne schon in der Jugend weniger gut verkalkt sind und den schädlichen Einflüssen rascher erliegen. Den endgültigen Beweis für die Richtigkeit dieser Annahme bietet die in Thüringen von Dr. Röse durchgeführte Bestimmung der Zahnfarbe. Es überwiegen nämlich in den kalkhaltigen Orten bei weitem die gut gebauten glänzend gelben, in den kalkarmen Orten dagegen die schlechteren weißgelben und blaugrauen Zähne.

Aus diesen Ermittlungen sind für die Bewohner kalkarmer Gegenden einige hygieinische Lebensregeln abzuleiten. Es empfiehlt sich, daß dieselben viel von denjenigen Nahrungsmitteln genießen, welche bekannterweise einen großen Kalkgehalt besitzen. Das sind aber unter den pflanzlichen Nahrungsmitteln die grünen Gemüse, Kohl, Kraut, Salat, Möhren, Zwiebeln etc., ferner alle Hülsenfrüchte wie Erbsen, Bohnen und Linsen, unter den tierischen Nahrungsmitteln, sind dagegen Milch und Eier besonders reich an Kalk. Dadurch wird jedoch nicht nur die Erhaltung der Zähne, sondern auch der Knochenbau gefördert. Man trifft ja gerade in kalkarmen Gegenden mit weichem Wasser vorwiegend eine Bevölkerung mit zartem Knochenbau, krummen Beinen und sonstigen Verkrüppelungen. Hygieinisch ist darum, für solche Gegenden eine reichliche Kalkdüngung der Gärten und Gemüseäcker sehr zu empfehlen; ja, es wird geraten, daß kalkarme Orte wenigstens das Brotmehl aus kalkreichen Gegenden beziehen sollten. *