Eine Fürstin unter den Palmen

Textdaten
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Autor: B. Stein
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Titel: Eine Fürstin unter den Palmen
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 21, S. 355–356
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1889
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[341]

Eine Fürstin unter den Palmen. (Bismarckia nobilis).
1. „Baum der Reisenden“. 2. Ausgewachsene, 3. junge „Bismarckia nobilis“. 4. Schraubenbaum.

[355] Eine Fürstin unter den Palmen. (Mit Abbildung S. 341.) Es ist in botanischen Kreisen eine alte gute Sitte, an hervorragende Pflanzen die Namen hervorragender Personen zu knüpfen und so das Eine durch das Andere zu adeln, indem die Pflanze sich von da ab eines tönenden Namens erfreut und der Name des Pathen andererseits für alle Zeiten in die Tafeln der Wissenschaft eingegraben ist.

Nicht immer sind diese so getauften Pflanzen Erscheinungen, welche auch dem Laien imponiren, beispielsweise ist der Name der strahlenden Kaiserin Katharina von Rußland von dem Botaniker Hedwig an eine kleine nordeuropäische Moosgattung verliehen worden, welche der Forscher „Catharinea“ taufte. Als die Höflinge des damaligen Petersburger Regimentes sich mißbilligend darüber äußerten, wie ein Gelehrter es wagen könne, ein solch winziges Pflänzchen nach einer so mächtigen Kaiserin zu taufen, war die Kaiserin selbst es, welche sie zurechtwies und die Widmung der Moosgattung dankend annahm.

Naturgemäß war es, daß die Verehrung, welche dem Fürsten Bismarck als dem Neubegründer des Reiches von allen Seiten entgegen gebracht wurde, ganz besonders aber von denjenigen Deutschen, welche draußen in der Ferne es praktisch kennen lernten, wie seit den Tagen von 1870 der Deutsche hochgeachtet wurde, auch in wissenschaftlichen Kreisen ihren lebhaften Wiederhall fand. Die botanische Wissenschaft hat keine Orden zu verleihen, keine Titel zu vergeben, aber indem sie den Namen des Fürsten Bismarck an eine der herrlichsten Palmen knüpfte, welche der Erdball trägt, sucht sie in ihrer Weise den Kanzler zu ehren. Bismarckia nobilis heißt die wundervolle Palme, welche Hildebrandt 1878 auf Madagaskar auffand und in Samen nach Europa brachte, wo sie im Oktober 1880 von Hildebrandt und dem Gartendirektor Wendland in Herrenhausen, dem ersten Gewährsmann auf dem Gebiete der Palmenkunde, als bisher unbeschrieben festgestellt wurde. Auf die von beiden Forschern dem Reichskanzler unterbreitete Bitte, zu gestatten, daß diese schöne Palmengattung den Namen Bismarckia führen dürfe, erfolgte die Annahme der Widmung durch den Fürsten Reichskanzler, und am 11. Oktober 1880 wurde der Name Bismarckia mit der eingehenden Beschreibung der wissenschaftlichen Charaktere, welche die neue Gattung kennzeichnen, von Wendland in der „Botanischen Zeitung“ veröffentlicht. Bismarckia gehört, wie unsere Abbildung zeigt, in das Geschlecht der Fächerpalmen und wissenschaftlich in die Gruppe der Borassus-Palmen, in welcher zwar fast durchweg gewaltig große Palmenformen der tropischen Gebiete untergebracht sind, des Reichskanzlers Palme aber dennoch die weitaus hervorragendste ist.

Hildebrandt, welcher der Wissenschaft auf seiner zweiten Erforschung Madagaskars leider in so jungen Jahren schon entrissen wurde, schilderte die Bismarckia im mündlichen Verkehr als die eindrucksvollste Pflanzenerscheinung, welche sein an Großartiges so gewohntes Auge sah. Leider wurden seine damaligen Mittheilungen nicht sofort festgehalten, und seither hat keines zweiten Europäers Fuß die Bismarckia-Haine betreten. Hildebrandt ging zum zweiten Male nach Madagaskar mit der besonderen Absicht, Stämme von Bismarckien zu holen, aber mitten im ungastlichen Hochwalde erkrankte er. Die energische Vermittlung des Deutschen Reiches ließ den schwer leidenden Forscher zwar auffinden und ihn so sorgsam wie möglich nach Antananarivo herabbringen, aber dort verschied er trotz bester Pflege.

Die kurzen Worte, welche Hildebrandt über die Bismarckia schon 1880 veröffentlichte (Zeitschrift für Erdkunde XV., Seite 107), berichten über seine Tour durch das von ihm zum erstenmal besuchte West-Madagaskar. Oberhalb Beravi am Flusse Beturéa oder Rano-bé zwischen Ansahasi und Ansunaki sah er die riesige Form zum ersten Male. „Hier mischt sich,“ schreibt er, „unter die Sata-Palmen (Hyphaene coriacea) eine prachtvolle andere Fächerpalme mit kräftigem Säulenstamme. Bis drei Meter spannen ihre derben Blattflächen, die Blattstiele sind weiß gestreift, riesige Trauben pflaumengroßer, dunkelbrauner Früchte hängen herab. Ganze Haine dieses urkräftigen Gewächses passirten wir. Der starke Wind blies in das mächtige Laub, so daß es klappernd und klatschend zusammenschlug.“

Das war Bismarckia nobilis! Nach Hildebrandts mündlichen Mittheilungen an mich überragten die Bismarckien alle anderen Waldpflanzen, und schon auf weite Entfernungen zeichneten sich die mächtigen Kronen in 20 bis 30 Meter Höhe über dem Niederwalde ab. Der kräftige Stamm schießt kerzengerade auf und trägt ein großartiges Blattwerk von blaugrüner Färbung auf mächtigen langen Blattstielen quer ausgebreitet. Charakteristisch sind den Blättern die lang herabhängenden weißen Fasern, welche sich von den einzelnen tief eingespaltenen Abschnitten der bis neun Quadratmeter bedeckenden Blattspreite ablösen. Von den Früchten, welche [356] Hildebrandt sammelte und die später im botanischen Garten in Berlin ausgesät wurden, keimten etwa dreißig Stück. Ein keimendes Exemplar kaufte 1881 der botanische Garten in Breslau, und hier hat es sich inzwischen zu einer stattlichen Pflanze entwickelt, welche zwar noch keine Vorstellung von den riesigen Maßen erwachsener Stämme giebt, aber dafür uns Anhaltspunkte für die sehr charakteristische Blattform geboten hat. Der ganze Farbenton der prächtig gedeihenden Palme ist blaugrün, und die fußlangen und mehr als daumendicken Blattstiele zeigen schon die Anfänge der weißen Streifung, welche Hildebrandts gärtnerischem Sinn sofort auffiel. Zahlreiche weiße Fäden hängen auch schon von den Blättern unseres Pfleglings herab, und wir hoffen, ihn sich kräftig weiter entwickeln zu sehen.

Unser Bild zeigt außer der ragenden Bismarckia nobilis in mächtiger Baumform (Nr. 2) im Vordergrunde das Bild unserer jungen Bismarckia (Nr. 3), rechts (Nr. 4) einen tropischen Schraubenbaum (Pandanus) und links (Nr. 1) den breitblätterigen „Baum der Reisenden“ (Ravenala madagascariensis), welcher in seiner breiten Blattform an eine Banane erinnert. Seinen Namen verdankt er der Eigenthümlichkeit, daß in seinen breiten Blattscheiben sich Wasser ansammelt und erhält, welches den Reisenden zur Erquickung dienen „soll“. In Wahrheit wird es wohl nicht trinkbar sein, und so gehört wieder eine Tugend mehr in das Reich der Legenden. Wenn einst nach langen Zeiträumen die Tradition das Gedächtniß an den Reichskanzler Fürst Bismarck mit den Ranken der Legende umflochten haben wird, wie sie sich heut um die Paladine des Großen Karl winden, dann wird in den ehernen Tafeln der Wissenschaft noch klar leuchten der Name „Bismarckia nobilis“. B. Stein.