Eine Bergfahrt durch die Luft

Textdaten
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Autor: G. R (Gustav Rasch)
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Titel: Eine Bergfahrt durch die Luft
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 44, S. 628–631
Herausgeber: Ferdinand Stolle
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1858
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[628]
Eine Bergfahrt durch die Luft.
Von G. R.

Wenn ich Jemandem erzähle, daß ich in zwei Stunden einen Berg erstiegen habe, der eine Meereshöhe von 8660 Fuß hat, so erwidert er mir entweder: „Das ist nicht wahr!“ oder, wenn er viel gesellschaftlichen Takt hat, hört er mit zuweilen etwas lächelnder Miene meine Erzählung ruhig an, zuckt schließlich unmerklich die Achseln und denkt: „Das ist eine Geschichte, wie sie Münchhausen zum Besten gibt. Der setzte sich auf eine Kanonenkugel und ließ sich auf derselben in die Luft schleudern.“

Und dennoch ist die Erzählung vollständig in der Wahrheit begründet. Es gibt in den Alpen einen Berg, der 8660 Fuß in die Luft hinaufragt und den man, ohne Zauberkünste und ohne in einem Luftballon hinaufzusteigen, in der Zelt von zwei Stunden besteigen kann. Der Gipfel des Berges bietet eine prachtvolle Gebirgsrundsicht, welche der Aussicht vom Faulhorn in die schweizer Alpen wenig nachgibt, und nebenbei kann man bei seiner Ersteigung noch eine Menge Wunderdinge sehen. Und dennoch ist es, wenn man auch nur zwei Stunden Zeit braucht, nicht so leicht, diesen Wunderberg zu ersteigen! An Schwindel darf man nicht leiden, an Athem- und Brustbeschwerden auch nicht, vor Geistern und Kobolden darf man sich nicht fürchten, man muß überhaupt ein muthiges Herz haben und einen schwindelfreien Kopf. Eine einzige Eigenschaft, welche bei jeder andern Bergbesteigung ein unbedingtes Requisit ist, ist indeß nicht nöthig. Man braucht gerade kein guter Fußgänger zu sein. In der Mitte des Sommers, wenn es warm ist und nicht geregnet hat, so daß der Regen auf dem Gipfel des Berges sich nicht in Schnee verwandelt, wenn der Berg nicht, wie man in den Alpen sagt, angeschneit ist, kann man bei dieser sonderbaren Bergbesteigung sogar gute Toilette machen und Lackstiefeln anziehen. Man kommt ganz sauber und ohne daß die Kleider derangirt und die Stiefeln zerrissen sind, wieder am Fuße des Berges bei seinem Wagen an.

„Was ist das nur für ein Berg?“ höre ich meine Leser fragen. „Wo liegt er und wie kommt man hinauf?“

Der Berg erhebt sich auf dem zweiten Thalboden eines Querthales der Alpen, welches der Wunderdinge überhaupt viel und einen besonderen Reichthum an großartigen Landschaftsbildern hat, wie wohl wenig andere Querthäler in den Alpen. Es ist das Gasteinerthal, mit seinem eigentlichen Namen: „die Gastein“ genannt. Den Hintergrund seines zweiten Thalbeckens, des Thalbeckens von Böckstein, welches bereits 3456 Fuß über dem Meere liegt, bildet der Rathhausberg, ein Berg, der durch seinen früheren Goldreichthum, durch seine Mineralien und durch seine Pflanzen in der Tauernkette berühmt geworden ist. Er bildet einen mächtigen, umfangreichen Gebirgsstock, der im Osten das Anlaufthal, im Westen die hochgelegene Mulde des Naßfeldes umgibt, sein Fuß ruht bei Böckstein und mit vier Kuppen ragt er in die blaue Luft hinauf. Die höchste Kuppe ist der Kreuzkogl, der eine Meereshöhe von 8660 Fuß hat. Schon in den ältesten Zeiten war der Berg Sitz des Goldbergbaues. Taurisker, Noriker und Römer durchwühlten bereits seine Eingeweide nach Gold, und während alle Gruben der umliegenden und angrenzenden Thäler nach und nach eingingen, hat er noch allein bis heute seinen Ruf bewahrt, denn noch heute wird in seinen silber- und goldführenden Gneis- und Quarzgängen nach Gold und Silber gegraben. Stollen und Gruben durchziehen ihn nach allen Richtungen, so daß die ganze Gipfelmasse des Berges so untergraben ist, daß sie gleichsam nur auf Pfeilern ruht; Zechenhäuser, Bergstuben, Bergschmieden, Erzkammern und Pochwerke, in denen über vierhundert Knappen beschäftigt sind, sind neben den Hauptgruben auf halber Höhe des Berges angelegt, bis dann und wann die Gipfel eine Lawine hinabsenden, welche Bergstuben, Pochwerke und Menschen in den Abgrund fegt.

Drei Wege führen auf diesen Berg, ein breiter, langsam ansteigender und durch seine Steine und sein Geröll recht unbequemer Saumweg, ein kürzerer, schmaler und sich an den Abgründen steil emporwindender Fußsteig, der sogenannte Knappensteig, und ein dritter, wunderbarer und, wenn man will, auch gefährlicher Weg; er führt durch die Luft. Die beiden ersten Wege erfordern zwei bis drei Stunden, der letztere zwanzig Minuten. Es ist der Weg, auf dem man mehr wie die Hälfte des Berges, eine Meereshöhe von 5973 Fuß also, in nur etwas mehr als einer Viertelstunde ersteigt.

Neben den Grubengebäuden steht oben auf dem Rathhausberge eine Aufzugsmaschine. Sie besteht aus einem mächtigen, oberschlächtigen Kehrrade, welches einen Durchmesser von 50 Fuß hat, einem liegenden Korbe und einer 800 Klafter langen Tonnenfahrt. Das große Rad wird durch Wasser getrieben, welches von oben hinaufgeleitet wird, und hebt vermittelst eines 800 Klafter langen Seiles einen kleinen, niedrigen Wagen 2161 Fuß hoch auf den Berg hinauf. Die Tonnenfahrt besteht aus zwei Holzbahnen, welche gerade so breit sind, daß die Wagenräder mit ihren Radfelgen auf ihnen Platz haben, und theils auf Holzpfeiler gestützt, theils an den Felsen und Abhängen hinaufsteigend, von der Höhe der Aufzugsmaschine bis zum Sturzplatze reichen. Die Bodenfläche des Wagens ist 6 Fuß lang und 4 Fuß breit. Er hat vier kleine, rollenähnliche, mit Eisen beschlagene Räder, vier senkrechte Leitwalzen und an seinen vier Enden vier Stricke, zwischen denen die Last gepackt wird; abwärts ist zu größerer Sicherheit noch ein Bret vorgelegt, damit, wenn der Wagen hinaufgezogen wird, die Last nicht herunterrutscht. Der Strick, welcher den Wagen auf der hölzernen Bahn in die Höhe zieht, wird eigens zu diesem Behufe angefertigt. Er ist ganz aus Hanf gedreht, aus acht Stücken zusammengesetzt, 11/2 Zoll dick und dreißig Centner schwer. Seine Stärke wird jedes Mal, bevor er angewendet wird, durch eine Last von achtzig Centner geprüft; dennoch ist er seit den letzten zwanzig Jahren mehrere Male gerissen. Der zu schnelle Umschwung des großen Wasserrades kann durch einen Bremsenbaum und durch eine Wasserbremse gehemmt werden. Dies ist die Zusammensetzung einer Maschine, welche vom Auf- und Abladeplatze, dem sogenannten Sturzplatze, die Erze und andere Lasten auf den Berg und wieder herunterhebt und mit deren Hülfe man in wenigen Minuten einen mühsamen Weg von mehreren Stunden, liegend oder sitzend, zurücklegen kann. Gefährlich ist diese Reise nur in dreierlei Beziehung. Der Strick kann reißen. Sieht man freilich diesen nur wenige Daumen dicken, aber eisenfesten Strick an, so sollte man dies für unmöglich halten. Aber der Fall ist vorgekommen und die Möglichkeit, daß der Strick reißt, kostet unbedingt das Leben. Die Bahn, welche der Wagen zu durchlaufen hat, ist so steil, daß, wenn er sich von dem Stricke losgelöst hat, ein Aufhalten desselben unmögllch ist. Er würde von der Bahn in Sprüngen und Schwingungen in den Abgrund geschleudert und an dem Felsen mit demjenigen, der auf ihm fährt, in tausend Stücke zerschmettert werden.

Eine zweite Möglichkeit ist die, daß der Bergknappe, welcher mit dem Bremsenbaum das große Rad der Aufzugsmaschine zu reguliren hat, damit es in einen nicht zu schnellen Umschwung geräth, nicht aufpaßt. Er wird freilich beim Antritt seiner Stelle vereidigt; er muß schwören, alle nöthige Aufmerksamkeit auf seinen Posten zu verwenden; indeß – eine Vernachlässigung seinerseits, eine Indolenz kostet wahrscheinlich auch das Leben; denn wenn der Wagen in ein windschnelles Rollen geriethe, würde der Strick durch den plötzlichen Ruck wahrscheinlich auch zerreißen. Diese beiden Gefahren sind indeß sehr in die Ferne gerückt, es sind Zufälligkeiten, die äußerst selten passiren, und auf die man nicht rechnen kann. Nur eine dritte Gefahr ist unvermeidlich, und Jeder muß sie aushalten, der auf diese merkwürdige Weise den Rathhausberg ersteigt; sie besteht darin, Schwindel zu bekommen, und von dem Wagen in den Abgrund zu stürzen. Die senkrechte Höhe des Aufzugs mißt nämlich 2161 Fuß, und die Holzbahn, welche in dieser Höhe an den Wänden und Felsen über Abgründe und Thäler hinanführt, läuft oft so steil an den Wänden hinan, daß derjenige, der sich unten auf dem Sturzplatz der Länge nach in den Wagen legt, auf der Fahrt mehrmals ganz gerade auf die Füße zu stehen kommt. Er muß sich dann mit den Füßen auf das untere an dem Wagen befindliche Bret stützen, um nicht hinabzugleiten. Ein ganz schwindelfreier Kopf ist also zu dieser Luftfahrt ein absolut nothwendiges und das Hauptrequisit. Die dritte Gefahr ist also nicht zu vermeiden, und wenn man ihr nicht tapfer entgegentritt, so kostet sie wahrscheinlich auch das Leben.

Mit diesen Gedanken im Kopf, ging ich an einem heitern, sonnigen Augustmorgen zum Sturzplatz. Der Sturzplatz ist von [629] Wildbad Gastein ein und eine halbe Stunde entfernt; ich hatte also Zeit genug, mir die Fahrt ordentlich zu überlegen. Mein Weg führte durch ein sonniges, stilles Hochalpenthal. Das Donnern und Toben der Wasserfälle war verschwunden, eine Sonntagsruhe lag über den grünen Matten ausgebreitet, zwischen denen die silberhelle Ache langsam dahinglitt. Nur der Rathhausberg, der im Hintergrunde aufstieg, blickte mich mit seinen schneegefleckten Kuppen recht ernst an. Links über dem Anlaufthal blickte der Schneegipfel des Ankogl über die braunen Gneis- und Granitwände hervor, und über die Schultern des Rathhausberges schaute das eisige Haupt des Scharecks in das Thal hinein. Bald sah ich das Poch- und Almalgamierwerk und die kleine weiße Kirche mit der runden Kuppel vor mir; der Verwalter schrieb mir auf ein Blatt Papier die Worte: „Vorzeiger dieser benutzt die Maschine,“ und nach einer halben Stunde stand ich auf dem Sturzplatz.

Der Wagen war gerade oben auf dem Berge. Er wurde mit Erzstufen beladen, welche zum Ausschmelzen hinabgeschafft werden sollten, und einige Arbeiter standen mit einem Wagen unten, um die Stufen aufzuladen. Ein neues Ende Tau, ein Stück desselben Taues, womit der Wagen hinaufgezogen wird, lag auf der Erde. Ich betrachtete mir das Seil, es war freilich dünn, aber so fest und aus so starkem Hanf gedreht, daß es mir fast wie von Eisen vorkam. Meine Besorgniß, daß es reißen könne, verschwand nach und nach ganz. Die Holzbahn zog sich in einer geraden Linie zu dem Gipfel des Berges empor. Ich konnte sie von Anfang bis zu Ende mit den Augen verfolgen; sie schien mir, im Profil betrachtet, beinahe in senkrechter Linie in die Höhe zu steigen. Ich kann nicht leugnen, die Sache sah äußerst gefährlich aus, und der Gedanke, in einigen Minuten, auf einem Bret stehend, auf dieser abschüssigen Bahn einige tausend Fuß in die Höhe gezogen zu werden, machte mich ängstlich. Jetzt ging ich einige Schritte zur Seite, und sah mir die Holzbahn nochmals an. Ich bemerkte, was ich im Profil nicht gesehen hatte, daß die Richtung der Balken keine ganz senkrechte war, sondern daß sie in verschiedenen Neigungswinkeln hinaufstiegen, oft einen großen, oft einen geringen Neigungswinkel mit den Felswänden beschreibend. In der Höhe konnte ich freilich die Stärke der Neigungswinkel nicht messen; jedenfalls beruhigte mich meine Bemerkung nur noch mehr. Durch den Ruf eines der Arbeiter, denen ich gesagt hatte, daß ich mich hinaufziehen lassen wollte: „der Wagen kommt!“ wurde ich in meinen weiteren Betrachtungen gestört, und ich eilte schleunigst, um die Ankunft des Wagens zu beobachten, zum Sturzplatze zurück.

Ich sah in die Höhe und zog die Uhr.

Ein kleiner, dunkler Punkt erschien oben am Gipfel des Berges auf der Bahn. Er sah aus, wie ein Stein, der hinabrollt. Der Punkt rückte mit einer enormen Geschwindigkeit auf seiner Bahn vorwärts. Ich sah ihn plötzlich größer und plötzlich kleiner, je nachdem die Bahntrace eine größere oder geringere Neigung machte. Er rückte immer schneller vorwärts. Endlich erkannte ich einen kleinen, mit Erzstufen beladenen Wagen, die mit Eisen beschlagenen kleinen Räder blitzten, wie zwei funkelnde Streifen, in der Sonne. Immer rückte der Wagen näher, immer schien seine Geschwindigkeit, je näher er heranrollte, zuzunehmen, dann sah ich ihn mit der Schnelligkeit eines Wurfgeschosses durch die Luft fliegen, nun hörte ich das Geräusch der Räder auf den Bahnen, noch einige Secunden, und der Wagen schoß an mir vorüber, erst eine weite Strecke hinter dem Sturzplatze anhaltend.

Der Wagen hatte die 2000 Fuß in zehn Minuten zurückgelegt.

Ich kann nicht leugnen, es war mir eigenthümlich zu Muthe. Es war nicht das Gefühl der Furcht, was mich erfaßte, aber es erfaßte mich ein Schwindel, wenn ich daran dachte, daß ich mit derselben fabelhaften Geschwindigkeit in die Luft gehoben und aus der Waldregion eines tiefen Thales mit unsichtbarer Hand so auf einmal in die Alpenregion versetzt werden sollte.

„Nun, Herr, der Wagen muß bald wieder hinauf,“ unterbrach die Stimme eines Arbeiters, der die Erzstufen abgeladen hatte, meine Betrachtungen.

Ich sah den Wagen an, den der Mann eben von Schmutz und Staub reinigte. Es war ein Bret, welches auf einer Achse und zwei kleinen, dicken Rädern ruhte. Abwärts war ein ungefähr einen halben Fuß breites Bret vorgelegt, an den vier Ecken dieses sogenannten Wagens waren vier kurze, dicke Stricke befestigt.

Ich entschloß mich kurz und legte mich mit dem Rücken auf das Bret, die Füße gegen das untere Bret stemmend. Sodann ersuchte ich die Arbeiter, die beiden Ketten, welche die Erzstufen auf dem Wagen festgehalten hatten, mir über der Brust und über den Füßen zu befestigen. Ich prüfte mit der Hand, ob die Ketten eingehakt waren. Alles war in Ordnung. Der Strick fing an, straff angezogen zu werden. Das große Wasserrad oben am Berge war also in Thätigkeit. Die Fahrt begann. Der Wagen rollte aufwärts.

Die erste Steigung der Bahntrace war eine allmähliche, und die Geschwindigkeit, mit welcher der Wagen in die Höhe gezogen wurde, war anfänglich keine sehr große. Ich lachte über meine eigene Aengstlichkeit. Nach und nach gerieth das große Wasserrad oben indeß mehr in Schwung, die Geschwindigkeit vergrößerte sich und die Steigung der Bahntrace nahm zu. Dann und wann war meine Stellung noch eine horizontale, aber je höher ich mich über das Thal erhob, desto öfter richtete der Wagen sich in die Höhe und desto öfter kam ich in eine mehr gerade Richtung zu stehen. Die Arbeiter auf dem Aufladeplatze, der Wagen, die Pferde dort unten erschienen mir in immer mehr verkleinertem Maßstabe. Gerade vor mir erhob sich die Wand des Hirschkahrs. Als ich unten auf dem Sturzplatze stand, schien sie mir nicht höher zu sein, als die Thalwand, an der ich hinaufgezogen werden sollte. Jetzt hatte ich die ganz umgekehrte Erscheinung. Je höher ich stieg, desto höher schien mir die Wand zu wachsen. Es mußte eine Täuschung meiner Sinne sein, ich konnte mir die Täuschung nicht erklären, aber die Wand erschien mir riesengroß. Der untere Theil der Wand ist mit Waldung, mit dunkeln Tannen und Fichten bedeckt; wo die Waldung aufhört folgen die grünen Alpen und Matten mit ihren braunen Sennhütten; über ihnen erheben sich die nackten Gneisfelsen und die Felsenhörner der Wand sind bereits schneegefleckt. Ueber die Waldregion war ich bereits hinaus, die Matten und Sennhütten lagen gerade vor mir, aber statt kleiner zu werden, schien mir die Wand immer noch in die Höhe zu steigen.

Ich blickte wieder nach unten. Pferde, Wagen und Arbeiter auf dem Ausladeplatze erschienen mir wie schwarze Punkte. Ein Sonnenfunke blitzte in der Ferne auf der kupfernen, runden Kuppel der Böcksteiner Kirche. Ich mußte bereits an die tausend Fuß gestiegen sein, wenn ich mich nicht in der Entfernung täuschte. Ich hielt mich nur mit der einen Hand, zog mit der andern die Uhr und hielt sie mir vor die Augen; denn ich lag wieder horizontal auf dem Rücken. Die Fahrt hatte erst acht Minuten gedauert, ich konnte mich also noch nicht tausend Fuß erhoben haben. Ich steckte die Uhr wieder ein und ergriff die für einen Augenblick losgelassene Leitwalze. Ich hörte nichts, als das Rollen der Räder auf den Bahntracen und das Rauschen des Windes in den Bäumen, welche auf den Felsgipfeln standen, an denen ich vorübersausete.

Plötzlich erhob sich der Wagen ganz vertical. Ich lag nicht mehr auf dem Rücken, sondern ich stand ganz gerade auf den Füßen. Mein einziger Stützpunkt war das Wagenbret, auf welches ich die Füße stemmte. Es war die erste steile Wand, die ich zu passiren hatte, die Bockmahldwand. Unwillkürlich schaute ich hinab. Die Pyramide des Cheops, das höchste Bauwerk der Erde, ist, wenn ich nicht irre, 431 Fuß hoch. Es waren wenigstens wieder fünf Minuten verflossen, seitdem ich nach der Uhr gesehen hatte; ich mußte jetzt drei Mal so hoch über dem Boden stehen, wie die Spitze der höchsten Pyramide. Gerade unter mir blickte ich in eine entsetzliche Tiefe. Den Boden, das Ende der Tiefe sah ich nicht, der Blauduft des Schattens verbarg es mir. Von dieser Tiefe trennte mich nur ein schmales, dünnes Bret, auf dem meine ganze Last ruhte. Wenn das Bret bräche –!

Ein Schwindel ergriff mich. Die Sennhütten drüben auf der Hirschkahrwand bewegten sich, sie schwankten hin und her. Ich konnte sie nicht mehr ansehen und blickte nochmals abwärts. Noch immer stand ich ganz gerade und der Wagen schien mir pfeilschnell aufwärts zu fliegen. Krampfhaft umfaßte ich die Leitwalzen und hob die Füße unwillkürlich etwas über das Bret empor, um dasselbe so wenig, wie möglich, zu belasten. Noch ein Blick in die Tiefe. Der Schwindel nahm zu. Ich verlor die Besinnung. Die beiden Ketten, mit denen ich um die Brust und an den Füßen befestigt war, hielten mich fest. Ich schloß die Augen.

Dann fühlte ich, wie der Wagen langsamer rollte. Die steile Wand war überstanden; ich lag wieder in meinem Wagen auf dem Rücken. Ich schlug die Augen auf und schaute in die azurblaue Luft. Der Blick stärkte mich. Nach und nach schwand der Schwindel. [630] Ich erinnerte mich, daß ich ja mit den beiden eisernen Ketten fest auf dem Wagen befestigt war, daß ich also selbst in dem Falle, wenn ich das Bewußtsein verlöse, gar nicht fallen könnte. Der Gedanke beruhigte mich einigermaßen und mit mehr Ruhe sah ich der zweiten, ebenso steilen Stelle an der Längenwand entgegen.

Wieder blickte ich abwärts. Das ganze Thal lag in tiefem Schatten. Ich unterschied gar nichts. Die gegenüberliegende Wand war in ihrer oberen Hälfte von der Sonne, welche gerade über dem Rathhausberge emporstieg, hell beleuchtet. Auch die Matten- und Sennhüttenregion lag bereits unter mir. Ich befand mich in der baumlosen Region; einzelne verkümmerte Tannen und sibirische Cedern rankten sich drüben noch an den nackten Gneisfelsen empor. Ich mußte bereits fünftausend Fuß über der Meeresfläche sein. Aber immer schienen mir die Felshörner der Hirschkahrwand noch an Höhe zuzunehmen. Plötzlich fühlte ich einen Ruck. Der Wagen stand wieder ganz gerade; ich war also an der Längenwand, an der zweiten steilen Stelle. Vorsichtigerweise schloß ich die Augen; ich fühlte nur, daß ich mit großer Schnelligkeit meinen Flug aufwärts fortsetzte. Diesmal ergriff der Schwindel mich nicht. Nach einigen Secunden schlug ich die Augen auf; noch stand ich steil an der Wand und sah auf die mir gegenüberliegenden, schneegefleckten Felshörner. Sie lagen mit mir in einer Linie. Ich mußte die Höhe der Hirschkahrwand erreicht haben. Noch einige Momente und ich war über derselben; aber plötzlich sank die Wand, die früher immer so riesengroß und so gespensterhaft gewachsen war, mit den Felshörnern, mit den Matten und den Sennhütten zugleich in den Abgrund.

Zum zweiten Male ergriff mich der Schwindel. Ich sah nichts mehr und schloß wiederum die Augen. Der Wagen senkte sich mehrmals. Neben mir hörte ich das Brausen eines Wasserfalles, ich hörte das Geschrei eines Geiers, welcher mir an den Ohren vorüberflog; dann schlug ein regelmäßiges, tempoartiges Geräusch an mein Ohr. Das konnte nickts Anderes sein, als das Geräusch des großen Wasserrades, welches meinen Wagen durch die Luft führte. Ich öffnete die Augen und blickte in die Höhe. Ich lag auf dem Rücken und sah ein fortwährendes Blinken in der Luft. Es waren die von dem Rade umhergeschleuderten Wasser. Ich war also oben. Noch wenige Secunden, dann erblickte ich das große Rad gerade über mir. Noch einen Moment, und mein Wagen rollte aufwärts in das Maschinenhaus. Die Fahrt hatte zwanzig Minuten gedauert.

Ein Bergknappe löste die Ketten, welche mich an das Wagenbret befestigten. Ich sprang auf; meine Füße berührten wieder festen Boden. Ich stand auf dem Rathhausberge, 6078 Fuß über dem Meere. Welche Ueberraschung hatte ich, als ich aus dem Hause auf das Plateau des Berges trat! Vor den Augen meiner Seele stand noch lebendig das Landschaftsbild, was ich unten gesehen hatte, bevor ich mich auf den Wagen legte, ein stilles, grünes Alpenthal, von hohen, mit dunkeln Waldungen bedeckten Wänden eingerahmt, der Thalboden, grüne, duftige Matten, mit weißen Häusern übersäet, von den klaren, silberhellen Wellen der Ache durchrieselt, im Hintergrunde einige Schneespitzen und Schneefelder über die braunen Felswände hineinblickend. Jetzt stand ich plötzlich mitten in der baumleeren Alpenregion. In hügeliger Form dehnte sich das Plateau des Berges rund um mich aus. Die Sträucher, die Bäume waren verschwunden. Nicht eine sibirische Ceder wuchs auf diesem hügeligen, mit einem matten Grün bedeckten Boden. Bergschmieden, Bergstuben, Erzkammern und ein großes Pochwerk standen mit ihren grauen, von Ruß und Rauch geschwärzten Mauern rings umher. Das Geräusch der Feueressen, des Blasebalgs und der Hämmer erfüllte die Luft und geschäftige Bergknappen gingen hin und her. Gerade vor mir lag ein wüster Platz; er sah aus, wie eine Brandstätte. Es war die Stelle, wo früher der Floriansbau stand. Zwei Lawinen waren zu gleicher Zeit vom Gipfel des Kreuzkogl herabgestürzt und hatten den ganzen Bau nebst den darin beschäftigten Knappen in die Tiefe geschleudert, aus der ich so eben auf meinem luftigen Wagen in die Höhe gestiegen war.

Rings um das Plateau des Berges, ganz in meiner Nähe, strecken die Schneeriesen ihre weißen Häupter in die Höhe, rechts über ihnen allen erhob sich die braune Granitwand des Kreuzkogl. Ein steil ansteigendes Schneefeld führte auf seinen Rücken hinauf. Seinen schneegefleckten Kopf sah ich nicht, weil ich gerade unter ihm stand und der vorspringende Felsrücken ihn verdeckte. Einige hundert Fuß über mir an der braunen Felswand erblickte ich den Christophsbau, von dem ein sogenannter Schneekragen zu dem höchsten Stolln, zu dem Christophsstolln führt. Dort hinauf ging mein Weg; denn vermittelst dieses Stollns mußte ich den ganzen Gipfel des Kreuzkogl durchschneiden, um auf seine andere Seite zu kommen. Der Eingang des Stollns liegt 6544 Fuß über dem Meere.

In einigen Minuten war ich oben. Ein Bergknappe nahm mich in Empfang, zog mir einen Bergmannskittel an und setzte mich auf einen niedrigen, vierräderigen Wagen. Ein Anderer gab mir eine aus drei Bretern bestehende Holzlaterne in die Hand, in deren vorderer Oeffnung ein brennendes Talglicht steckte, ein Knappe spannte sich vor den Wagen, zwei schoben, und nun ging’s in den dunkeln Stolln hinein. Nach wenigen Augenblicken umgab mich eine tiefe Dunkelheit. Das Licht meiner Laterne warf im Vorbeifahren schwache Streiflichter über die schwarzen Wände zu beiden Seiten und auf den den Wagen ziehenden Knappen. Ich hörte nichts mehr, als das Knirschen der Räder auf ihren Holzbahnen und die Tritte der im Trabe laufenden Bergleute. Die Straße war zuweilen recht eng und niedrig. Ich mußte mich oft ganz auf meinem Wagen zusammenkauern, die Arme eng anziehen und den Kopf so tief wie möglich hinunterneigen, um nicht an der Decke und an den Wänden anzustoßen. Dann hörte ich das Rieseln der Wasser. Es waren die Bergbäche, welche den Schneefeldern über meinem Kopfe entströmten und welche im Innern des Berges durch Schichten und Risse sich einen Weg bahnten. Jetzt ging der Wagen in einem etwas gemäßigteren Tempo vorwärts. Ich fühlte, der Stolln ging langsam hinan. Nun passirten wir ein eisernes Thor. Dann ertönten einige dumpfe Schläge und ein Rollen, wie entfernter Kanonendonner. Der ganze Berg schien zu beben und zu zittern. Ein fast erstickender Pulverrauch drang in meine Nase. In einem andern Stolln wurde gesprengt und die Pulverdämpfe drangen durch die Bergadern in den Stolln, wo ich fuhr. Ich hielt mir das Taschentuch vor Mund und Nase, um nicht diesen erstickenden Dampf einzuathmen. Der Wagen rollte jetzt wieder schneller vorwärts, die Luft wurde immer drückender und der Aufenthalt in dem engen, niedrigen Stolln höchst unangenehm.

„Sind wir denn noch nicht bald aus diesem Höllenloche heraus?“ rief ich dem ziehenden Knappen zu.

„Nein, Herr,“ war die Antwort, „noch eine halbe Stunde.“

„Wie lange fahren wir denn schon?“

„Auch eine halbe Stunde. Bei dem eisernen Thore war die Hälfte des Weges.“

Das war eine Aussicht! Noch eine halbe Stunde in dieser miserabeln Stellung! Ich war oft gezwungen, mich wie eine Schnecke in ihrem Hause zusammenzuziehen, oder ganz auf den Boden des Wagens hinabzurutschen, um nicht mit dem Kopf oder mit den Armen an die Wände anzustoßen. Fast war mir die Fahrt, wie ich auf meinem Wagen durch die Luft sauste, angenehmer gewesen. Plötzlich hörte ich gerade über meinem Kopfe einige tempoartige Schläge, und jedem Schlag folgte ein dumpfes Donnern, welches in der Ferne zu verhallen schien.

„Was ist denn das wieder?“ rief ich.

„Eine Lawine, Herr, die oben vom Kreuzkogl auf das Schneefeld fällt. Sie geht uns nichts an.“

Der Wagen rollte unaufhaltsam weiter. Nun erblickte ich in weiter, weiter Ferne vor mir einen hellen Punkt. Er leuchtete wie ein Stern. Wir fuhren gerade auf diesen leuchtenden Punkt zu. Immer wurde er größer, immer heller und klarer, ein Lichtglanz schien von ihm auszugehn, und sich durch den schwarzen Stolln zu verbreiten. Das Licht, das meine Laterne ausstrahlte, wurde immer schwächer und schwächer, während der Stern an Farbe und Glanz zunahm, je näher wir kamen. Ich konnte mir selbst sagen, was es war. Der Stern war das jenseitige Stollnmundloch. Sein Leuchten[WS 1] war das Leuchten des in der Augustsonne glänzenden Sommermorgens. Jetzt konnte ich deutlich die Oeffnung unterscheiden. Noch einige Minuten, und Ströme von Sonnenlicht und Alpenluft drangen in den Stolln. Mein Licht erlosch. Der Wagen rollte hinaus. Was sah ich?

Ein Hochgebirgsbild, nein, ein neues Zauberbild der Wunderfahrt auf und durch den Rathhausberg! In Morgenroth gekleidet, lag das ganze Felsenamphitheater des Naßfeldes mit seinen glänzenden Schneefeldern und seinen funkelnden Gletschern vor mir. Zu meinen Füßen sah ich einen duftigen, grünen Rasenteppich, mit Tausenden rothblühender Alpenrosen geschmückt, ausgebreitet. [631] Die ganze, wohl eine Stunde breite Fläche schimmerte in Roth und Grün. Das frische, kräftige Grün, wie man es nur in den letzten Kesseln der Hochgebirgsthäler sieht, bildete die Grundfarbe. Das Roth der Alpenrosen überhauchte es mit einem zarten, duftigen Schimmer, mit einem rosigen Hauch. Kein Baum breitete sein grünes Blätterdach über diesen Rasenteppich aus; ihn schmückten nur Rosenblüthen und Rosenknospen. Auf ihm weideten Hunderte von buntgefleckten Kühen und weißen Schafen, und das melodische Geläute der Heerdenglocken tönte durch den stillen Morgen zu mir herauf. Wie ein weißes, glänzendes Silberband schlängelte sich die Ache durch diesen blühenden Wiesenteppich. Rings um ihn baute sich in grünen und braunen Strebepfeilern die Tauernkette vom Malnitzerthal bis zum Sieglitzthal in der Form eines imposanten Felsenamphitheaters auf. Kein Strauch, kein Baum zeigte sich mehr an den braunen, steil in die Höhe steigenden Felswänden. Ihre scharfzugeschnittenen Bergrücken waren grün übermattet, und über den grünen Matten erschienen die majestätischen Massen der Eisberge, die weißen Schneefelder und die grünschimmernden Gletscherabstürze. Eine feierliche Ruhe lag über dem ganzen großartigen Hochgebirgsbilde ausgebreitet. Der betäubende Donner der Ache und der Wasserfälle war hier verklungen; nur ein tiefes, fernes Rauschen verkündete das Leben der Staubbäche, welche wie Silberstoffschleier, oder wie Lichtraketen, oder wie wehende, glänzende Bänder und Streifen überall von den Höhen hinabflatterten, und vermischte sich mit den Glockentönen der weidenden Heerden. Es war das Blld eines Hochgebirgsthales in seiner Sommerfrische und in seiner Sonntagsruhe.

Gerade über mir erhob sich das weiße Haupt des Kreuzkogl. Der achttägige Regen, der kurz vorher im Gasteinerthal gefallen war, hatte sich hier oben in Schnee verwandelt, und ein großes Schneefeld stieg von meinem Standpunkt bis zum Kopf meines weißhäuptigen Riesen hinauf. Ohne mich umzuschauen stieg ich in Begleitung eines der Knappen hinan. Der Schnee lag tiefer, je höher ich stieg, und der Weg wurde recht beschwerlich. Zuletzt sank ich bei jedem Schritt bis über das Knie in den frischgefallenen, lockern Schnee; es war ein fortwährendes Hineinstecken und Herausziehen der Beine. Der Schnee, auf dem die Sonnenstrahlen reflectirten, flimmerte vor den Augen, ich hatte vergessen, mir einen grünen Schleier um den Gebirgshut zu binden. Dazu wurde es unerträglich heiß. Recht mühsam stieg ich mit meinem Begleiter hinan. Der Weg bis zum Gipfel erforderte fast zwei Stunden; endlich hatte ich ihn erreicht – ich athmete lang und tief. Die Rundsicht war groß und erhaben. Ich stand in der Mitte einer Reihe der höchsten Gipfel der östlichen Alpen, und nach Süden baute sich die ganze Tauernkette rund um mich auf, übereinandersteigende Bergketten, in blendendes Weiß gehüllt, weite Eisgefilde, Felsenmulden, in denen sich die Gletscher gebettet hatten, langgestreckte Eismeere, schneegefleckte, braune Felsenzüge, alle in einer Höhe von 9–10,000 Fuß aufsteigend; über ihnen erhoben sich die hohen Gletscherfirsten, ganz in weiße, glänzende Schneemäntel gehüllt, die Zackengipfel der Glocknergruppe, die weiße Pyramide des Großglockners, die sanftgewölbte Kuppel des Hohen Narren, der Obelisk des Ankogl, das Fuscher Eiskahr mit dem Wiesbachhorn, welche mich noch um mehrere tausend Fuß hoch überragten. Unten aus der Tiefe blickten aus ihren grünen Waldbergen die Bockhartseen mit ihren grünschimmernden Seeaugen zu mir herauf.

Es war mir nicht möglich, nach diesem großartigen Blick in die Hochgebirgswelt und in die Welt des Erstarrtseins wieder durch meinen dunkeln Stolln zu kriechen. Nach dem Dunkel kann das Auge wohl in das Licht sehen, die umgekehrte Folge ist unerträglich. Noch einen langen, langen Blick, und ich stieg rückwärts den Gipfel hinab. Nach einigen Minuten standen wir auf der Höhe der Schneewand, welche sich in fast horizontaler Richtung zum Christophsbau hinabsenkte. Die Wand bildete eine einzige glatte, glänzende Fläche. Wir steckten den langen Alpstock zwischen den Beinen durch, streckten die Füße gerade hinaus, und, uns ganz rückwärts überneigend, mit den Händen den Stock umklammernd, fuhren wir in wenigen Minuten mit Blitzesschnelle hinab. Der Wagen stand gerade zum Abfahren bereit. Ich legte mich auf das Bret, ließ mich festbinden, das Wasser fiel auf das Rad, ich hörte seine tempoartigen Schläge, der Wagen stürzte aus dem Maschinenhause, und ich rollte hinunter. Ich hörte wieder den Wasserfall brausen, die Winde rauschen, vor mir erschienen die braunen Felshörner der Hirschkahrwand, und nun sauste ich durch alle Regionen der Alpenwelt, indem ihre Bilder abwärts an mir vorüberflogen, durch die Luft. Kühn schaute ich, als der Wagen senkrecht stand, und ich stehend an der Felswand schwebte, in die dämmernde Tiefe. Bevor der Schwindel meinen Kopf ergriff, hatte der Wagen bereits die Wände übersprungen. Seine eisernen Räder schienen die Bahntrace kaum zu berühren. In zehn Minuten stand ich unten am Sturzplatz.



Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Leuten