Ein fürstlicher Mäßigkeitsverein im sechzehnten Jahrhundert

Textdaten
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Titel: Ein fürstlicher Mäßigkeitsverein im sechzehnten Jahrhundert
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 37, S. 592
Herausgeber: Ferdinand Stolle
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1860
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[592] Ein fürstlicher Mäßigkeitsverein im sechzehnten Jahrhundert. Als in unserer Zeit die Stiftung von Mäßigkeitsvereinen Mode wurde, und sogar Fürsten an die Spitze derselben traten, vernahm man oft im Volke die zwar nur halbwahre Behauptung: „Die Großen können leicht das Versprechen ablegen, sich des Branntweins zu enthalten, so lange ihnen Portwein, Madeira und Champagner bleiben.“ Allein es hat auch Zeiten gegeben, wo Fürsten Deutschlands aus freiem Antriebe, bewogen vom Ernste der Zeit, zusammentraten, um ein sittigeres und mäßigeres Leben bei sich und bei ihrer Umgebung einzuführen. Als nämlich im Jahre 1524 die Fürsten Richard, Erzbischof von Trier, Pfalzgraf Ludwig vom Rhein, Herzog von Baiern, Pfalzgraf Friedrich, Herzog von Baiern, Pfalzgraf Wilhelm, Herzog in Ober- und Niederbaiern, die Bischöfe Konrad von Würzburg, Wilhelm von Straßburg, Philipp von Freisingen, Georg von Speier, Markgraf Kasimir von Brandenburg, Otto Heinrich, Pfalzgraf und Herzog von Baiern, Philipp, Landgraf von Hessen, u. A. sich zu Heidelberg zu einem sogenannten Gesellenschießen mit der Armbrust versammelt hatten, und manche Stimme über die sittlichen Gebrechen und Mängel der Zeit unter ihnen laut wurde, vereinigten sie sich zur Besserung der Sitten an den fürstlichen Höfen und unter den höheren Ständen in folgenden Bestimmungen: Jeder von ihnen, Kurfürst oder Fürst, geistlich oder weltlich, solle in eigner Person sich alles Gotteslästern und alles Zutrinkens zu ganz oder halb völlig enthalten, Jeder es auch seinen Amtleuten, Hofgesinde, Dienern und Unterthanen bei namhafter Strafe, desgleichen auch der Ritterschaft und den Landgesessenen in jedem Fürstenthum verbieten; wer von jenen sich diesem Gebote nicht füge, solle mit Ausrichtung seines Lohnes vom Amte entlassen und vom Hofe entfernt werden, und kein Fürst solle ihn je wieder zu Amt und Hof zulassen. Den Adel und die Landgesessenen in einem Fürstenthume solle man auf alle Weise und Wege an dieses Verbot zu weisen suchen.

Wenn aber einer der Fürsten in die Niederlande, nach Sachsen, in die Mark, nach Mecklenburg, Pommern oder andere Lande käme, wo zu trinken Gewohnheit ist, und sich dort bei aller Weigerung des Trinkens nicht erwehren möchte, so solle er dann mit seinem Hofgesinde und seinen Dienern an diese Ordnung nicht gebunden sein. Da ferner bisher, wenn ein Fürst in eigener Person zu dem andern an seinen Hof oder anderswo zum Besuche kam, oder seine Botschafter und Räthe sandte, durch Gastauslösung mit Prassen und Auftischen viele Kosten aufgingen, da man desgleichen an den fürstlichen Höfen von den Trompetern, Boten, Schalksnarren, Sängern und andern Spielleuten häufig mit Bitten um Gaben und Geschenke angelaufen wurde, so hat man sich dahin vereint und durch diesen Beschluß vertragen, daß kein Fürst den andern oder des andern Botschafter und Räthe, wenn sie an fremde Höfe kommen, forthin mehr aus der Herberge lösen oder etwas weiter als Futter und Mahl geben solle; es soll auch kein Kurfürst oder Fürst beim geselligen und freundlichen Zusammenkommen dem andern über acht Essen zu einer Mahlzeit geben, es wäre denn bei einer Hochzeit oder dergleichen, wo sich jeder nach Gebühr zu verhalten weiß. Man solle auch keinem Trompeter, Boten, Schalksnarren, Sänger oder dergleichen Spielleuten fernerhin mehr Schildgeld oder etwas anderes geben, sondern sie abweisen. Bei Kurfürsten und Fürsten, welche Frauenzimmer am Hofe haben, solle man nicht mehr, wie bisher geschehen, Ringe an sie vergeben. Jeder Fürst solle seine Trompeter, Boten, Schalksnarren mit so viel Besoldung versorgen, daß sie sich daran genügen lassen müssen. So beschlossen zu Heidelberg am Sonntag Erasmi des Jahres 1524.