Ein englisches Geschäftshaus

Textdaten
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Autor: Unbekannt
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Titel: Ein englisches Geschäftshaus
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 5, S. 78–80
Herausgeber: Ferdinand Stolle
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1861
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung: Das Comptonhouse in Liverpool
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Ein englisches Geschäftshaus.

Comptonhouse ist eine der größten Merkwürdigkeiten Liverpool’s, ja durch seinen Umfang, die Zweckmäßigkeit und Großartigkeit seiner Einrichtungen sicher eines der Wunderwerke dieser reichen Handelsstadt, wenn nicht der Welt. Manche der schönen Leserinnen werden schon von Waterloohouse in London gehört oder es selbst zu besuchen vielleicht Gelegenheit gehabt haben. In Waterloohouse kann man Alles erhalten und zwar keineswegs zu außerordentlichen Preisen, sondern im Gegentheil zu den niedrigsten festen Ansätzen, was den weiblichen Anzug, den weiblichen Putz betrifft. In Waterloohouse findet eine elegante Dame Alles vereint, was die Industrie, die Kunst, der Geschmack und der Luxus aller Völker und aller Länder der Welt für die Erhöhung weiblicher Schönheit und weiblicher Reize hervorzubringen vermögen. In Waterloohouse sind sechszig Commis angestellt, und wenn eine Dame dort einmal ihre Einkäufe gemacht, so kann sie gewiß sein, daß sie bei folgenden Besuchen stets von demselben Angestellten umhergeführt und bedient wird, der dies das erste Mal gethan. Aber was ist Waterloohouse in London gegen Comptonhouse in Liverpool, wo nicht weniger als achtundzwanzig große Säle für die verschiedenen Geschäftsabtheilungen bestimmt sind, deren Betrieb mehr als vierhundert Personen beiderlei Geschlechts besorgen. Es verlohnt sich schon der Mühe, etwas länger bei Comptonhouse und dessen Merkwürdigkeiten zu verweilen.

Der Begründer dieses umfangreichen Geschäftshauses, Mr. J. R. Jeffery, kam vor ungefähr achtundzwanzig Jahren nach Liverpool. Er fing mit einem einzigen ganz kleinen Laden an, fügte nach und nach Laden an Laden hinzu, änderte und verbesserte, bis er in den Besitz einer ganzen Reihe von Häusern und Grundstücken gelangte, die sich zwischen drei der Hauptstraßen Liverpool’s ausdehnen. Nun errichtete er ein kolossales Gebäude von den großartigsten Verhältnissen, dessen Aeußeres allein jeder größern Stadt zur höchsten Zierde gereichen würde. Der Bau wurde im September begonnen, die alten Häuser mit unglaublicher Schnelligkeit niedergerissen und das neue Gebäude, an dem unausgesetzt Tag und Nacht mit der größten Ausdauer gearbeitet wurde, ebenso schnell errichtet. Während der langen Winternächte wurde der ganze Bauplatz durch große Gasflammen erleuchtet, die jede Nacht zahlreiche Zuschauer anzogen. Mit der größten Anstrengung und Beharrlichkeit gelang es, diesen ausgedehnten Bau binnen sechs Monaten auszuführen, und Mitte April vorigen Jahres stand dieses bewundernswerthe Bauwerk vollkommen vollendet und ausgerüstet da, und konnte dem öffentlichen Verkehr übergeben werden.

Die äußern architektonischen Verhältnisse von Comptonhouse sind allerdings bedeutend und geschmackvoll, vermögen indeß doch nicht ein solches Interesse zu erregen, als die inneren Einrichtungen. Treten wir daher unverweilt ein. Jeder Besucher wird sofort über die außerordentliche Ausdehnung des Raumes, die Klarheit der Beleuchtung sowohl am Tage wie bei Nacht, und die überall hervortretende Eleganz der geschmackvollen Anordnung erstaunt sein, er wird sich zuerst wie durch Zauberei in den Hauptraum des Glaskolosses zu Sydenham oder etwa in die Rotunde des Museums zu Berlin versetzt glauben, und in der That kann die große Kuppel, durch welche das Licht mitten in den Laden fällt, nur mit einem jener riesenmäßigen und einfach edlen Bauwerke verglichen werden. Das Auge übersieht nach rechts wie nach links einen hundertundsechszig Fuß langen Raum, an dessen beiden Seiten sich die Eingänge zu den verschiedenen Sälen erstrecken. Der Hauptanblick aber ist die große Kuppel selbst, und zu ihr wird die Neugierde des Besuchers gewiß zuerst hingezogen. Diese Kuppel erhebt sich weit über das Dach des übrigen Gebäudes, augenscheinlich eine höchst beträchtliche Höhe. Sie ist vom ersten Stock an mit prachtvollen Fenstern von bedeutender Größe umgeben, die von dem dicksten Spiegelglas gebildet werden, während das obere Dach mit angemessenen cassettirten Verzierungen geschmückt ist. Diese Kuppel ist vollständig so angelegt, daß durch alle Räume des großen Gebäudes ein reiches, überall genügendes, aber nirgend blendendes Licht verbreitet wird. Nebenbei dient sie außer zur größten Zierde auch noch als ein die Luft stets trefflich reinigender Abzug. Ueber dem Kranzgesims, das den untern Theil der Kuppel umfaßt, geht eine ununterbrochene Reihe von Gasflammen, ungefähr sechs Zoll von einander entfernt und nach einem neuen System eingerichtet, so daß Nachts die Hellung der des Tages fast gleichkommt.

Das Gebäude soll eine Grundfläche von mehr als sechstausend Quadratfuß bedecken, und wenn man nun bedenkt, daß es sechs Stockwerke hoch ist, so ist es leicht zu begreifen, daß der ganze Raum, den es umfaßt, ungeheuer ist. Einigen englischen Rechenkünstlern zufolge würde der für’s Geschäft bestimmte Raum, wenn man sich ihn als einen drei Fuß breiten Fußsteig denkt, sich drei englische Meilen oder zwölftausend Fuß lang erstrecken, während derjenige Theil des Gebäudes, der lediglich für häusliche Zwecke bestimmt, von gleicher Ausdehnung ist und beide zusammengelegt eine Länge von anderthalb deutschen Meilen erreichen.

Der größte Theil des Erdgeschosses ist nur durch Fächerschränke abgetheilt. Die Schränke sind neun Fuß hoch, mit Fächern inwendig an beiden Seiten und gänzlich von polirtem Mahagoinholze. Diese Anwendung ist vollständig genügend, die verschiedenen Abteilungen von einander zu trennen, da jede Abtheilung unter ihrer bestimmten Verwaltung steht. In dieser Weise ist der von Adam Smith ausgestellte große Grundsatz aller Nationalökonomie, das Princip der Arbeitstheilung, hier durchgeführt. Dabei mögen die schönen Leserinnen nicht vergessen, daß, wie schon bereits erwähnt, Comptonhouse achtundsechszig verschiedene Abtheilungen mit vierhundert Angestellten aus beiden Geschlechtern enthält.

Nach diesem ersten Ueberblicke des Erdgeschosses möge der Besucher noch einmal zurückkehren, um den Hauptsaal ein wenig genauer zu untersuchen. Sicher bewundert er die überall vorherrschende edle Einfachheit des Styls und den durch alle Anordnungen absichtlich hindurchblickenden Grundsatz, allen überflüssigen Prunk zu vermeiden, um von vorn herein zu verhindern, daß die Pracht des Gebäudes nur irgend den Glanz der ausgelegten reichen [79] Fabrikate beeinträchtige. Das fünfzehn Fuß hohe Tafelwerk, womit die Wand bekleidet, ist durch Gesimse und erhabenes Maßwerk geschmackvoll in große Felder eingetheilt, während sechs schlanke prachtvolle Säulen, welche den Oberbau sammt der Gallerie zu stützen bestimmt sind, der ganzen Baulichkeit eine höchst geschmackvolle architektonische Zierde verleihen. Nachdem die großartigen untern Fenster mit ihren mächtigen Spiegelscheiben und der schimmernden Auslage von Shawls, Mänteln, Phantasiekleidern, Seidenstoffen, Bändern etc. genügend betrachtet worden, kehren wir wieder zu den allgemeinen Einrichtungen des Hauptsaals zurück. Ein prachtvoller, fünfzig Fuß langer Fächerschrank theilt ihn in zwei Theile, und rund um diesen Schrank geht ein schöner Ladentisch. Schränke umschließen auch den ganzen Saal, und unmittelbar vor ihnen sind zu jeder Seite bequeme Tische gereiht. Beim Eintreten von der Straße wird man sofort von unverdrossenen, zuvorkommenden Aufsehern nach der gewünschten Abtheilung hingeführt und dort sieht man junge Personen beiderlei Geschlechts, alle auf’s Eleganteste gekleidet, die Männer in schwarzem Frack und weißer Halsbinde, die Frauen im modernsten Vollputze, mit der größten Aufmerksamkeit und Höflichkeit vor der Herzogin wie vor der Hausmagd, vor dem Geistlichen wie vor dem Arbeiter, die neuesten Neuigkeiten auskramen, an Bändern und Sonnenschirmen wie an Modegegenständen, Besätzen, köstlichen Wollen-, Baumwollen- und Seidenwaaren.

Zur Rechten tritt man nun in den für Tücher, Mäntel und Shawls bestimmten Saal, der, mit hohen, geräumigen Fenstern versehen, das schönste Licht für die genaueste Betrachtung der mannigfaltigen hier versammelten Schätze gewährt, die Alles umfassen, was in dieser Art nur irgend Schönes und Reiches in der Welt vorhanden. Hier reichen sich Orient und Occident die Hand, oder vielmehr, sie wetteifern mit einander. Hier liegen Shawls in den prächtigsten, verschiedenartigst strahlenden Farben und Nuancirungen aus, deren Preis sich von funfzehn Pfund Sterling (hundert Thaler) bis auf dreihundert Pfund (zweitausend Thaler) und darüber steigert, die Erzeugnisse vor Allem Frankreichs, Persiens, der Türkei und Indiens. Es ist das Kostbarste, dabei aber auch Strahlendste, Leichteste und Heiterste, was die menschliche Hand, beseelt von der schaffenden Kraft eines erfindungsreichen Geistes, für die Verzierung und Einrahmung des Schönsten, was die Erde besitzt, der weiblichen Schönheit, hervorgebracht hat. Allgemein wird behauptet, daß dies unbezweifelt die reichste und prachtvollste Ausstellung von Shawls in England sei, was gewiß viel sagen will, wenn man bedenkt, welche großartig kostbaren und reichen Lager dieser Art London allein enthält.

Durch einen Raum hinschreiteud, welcher der Ostflügel (east transept) genannt wird, der 55 Fuß lang und 21 Fuß breit, und worin die Abtheilungen für Leinen, Flanelle, wollene Decken, Spitzen, Musseline und andere feine wollene Stoffe, gelangt man in den Saal für Seidenstoffe, ein unübertroffenes Muster in seiner Art, das in England, dem Lande der reichsten Verkaufsläden, jetzt nicht seines Gleichen haben soll. Höchst bemerkenswerth ist hierbei, daß diese wunderbaren Seidenstoffe, meistens das Erzeugniß Lyons, obgleich auch England und selbst Deutschland hier vertreten sind, von Zeit zu Zeit immer wieder in andrer das Auge und die Kauflust auf’s Höchste reizenden Weise mit der größten Farbenkenntniß und der geschmackvollsten Benutzung der Lichtstrahlen frisch geordnet und drapirt werden, zu welchem Geschäfte eigens ein hierin gewandter und erfahrener Pariser angestellt ist. Am Westende dieses durch seinen reichen Inhalt prachtvollen und gleichsam das Heiligthum des ganzen Geschäftes vorstellenden Saales steht ein kolossaler Spiegel in einem reich verzierten goldnen Rahmen, ein wahres Wunderwerk von Spiegel, wie man ihn bisher nur auf der Pariser Industrieausstellung gesehen. Dieser Saal wird am Tage durch Kuppellicht erhellt, bei Nacht durch strahlende Gassonnen. Obgleich die Meubles hier ebenfalls äußerst reich und kostbar, so herrscht doch durchaus kein leerer Prunk, sondern Alles ist in Uebereinstimmung mit dem früher angeführten Grundsätze einfach und in vollkommener Harmonie.

Am Nordende des Erdgeschosses befindet sich der Saal für Kidderminster-Teppiche, eine sehr große und weitläufige Abtheilung, worin eine so große Masse dieser reichen und prachtvollen Erzeugnisse der englischen Industrie oder vielmehr Kunstthätigkeit aufbewahrt wird, daß sie den Uneingeweihten in wahrhafte Verwunderung zu versetzen vermag. Nahe diesem Saale nach Westen zu ist eine sehr ausgedehnte Reihe verschiedener Säle, die alle für Dinge bestimmt sind, welche zum Ameublement dienen, wie Tapezierarbeiten, Damaste, Gobelins, Gardinen u. s. w.

Eins der größten Wunder von Comptonhouse ist aber unbezweifelt sein Keller, der von ungeheurer Ausdehnung. In ihm sind mannigfache Räumlichkeiten, die für alle die verschiedenen Arbeiten in den verschiedenen Geschäftszweigen bestimmt sind, welche zu einem großen Bekleidungsmagazin gehören. Ein Fremder würde sich ohne einen Führer in den unterirdischen Gängen verirren müssen. Hier sind große Zimmer für die schwereren und gewöhnlicheren Sorten von Teppichzeugen, Strohdecken, Matten u. s. w. Ein niedliches Gemach im Keller muß hier jedoch besonders erwähnt werden, da es die Vollständigkeit und Voraussicht beweist, mit welcher Alles angeordnet. Dies Gemach ist nämlich nur mit Gas beleuchtet, damit Damen sich auch am Tage von der Wirkung der Farben beim Einflusse künstlicher Beleuchtung überzeugen können.

Zunächst nun die Neugierde anregend, fällt die Pack- und Versendungskammer auf, wo Alles, was aus dem ganzen großen Geschäfte fortgesandt werden soll, hingebracht wird, um es an die ausgegebene Adresse abzuliefern, was täglich drei Mal zu bestimmten Stunden geschieht. Von der Packkammer führt ein eigener langer unterirdischer Gang auf eine entfernte Straße, so daß jede Verwechslung oder Verwirrung mit den übrigen Geschäftszweigen zur reinen Unmöglichkeit wird. Eine andere große Räumlichkeit ist dagegen zum besondern Empfang- und Annahme-Zimmer bestimmt. Hierher werden alle die Ballen, Kisten, Koffer und Packete, die für das Geschäft ankommen, hingebracht, um sie auszupacken und dann die erhaltenen Waaren in die verschiedenen für sie bestimmten Geschäfts-Abtheilungen zu schicken. In der Nähe dieses Zimmers liegt eine Anzahl großer Vorrathskammern, wo die Rohstoffe für die Anfertigung der verschiedenen Gegenstände aufbewahrt werden. Um die ungeheure Ausdehnung des Riesengeschäftes zu bezeichnen, möge noch erwähnt werden, daß hier vier Vorrathskammern lediglich für die Schreibmaterialien vorbanden, welche in diesem Geschäft selbst verbraucht werden.

Der mächtige Kellerraum unter dem Hauptsaale ist ein außerordentlich großes Zimmer, das als Lager und Vorrathskammer für schwere Tuche verschiedener Art benutzt wird.

Endlich aus den Kellerräumlichkeiten wieder im Erdgeschoß unter der Hauptkuppel angelangt, wird man eine schöne sieben Fuß breite höchst bequeme Wendeltreppe hinaufgeführt. Jetzt befindet man sich auf der Gallerie und hat einen wunderbaren sehr interessanten Blick auf das ganze ausgedehnte Geschäftsleben unten im Erdgeschosse, das einem keineswegs ganz geringfügigen Jahrmarkte gleich kommt. Dieser Rundblick ist allenfalls dem zu vergleichen, welchen man in Hamburg während der Börse von der Gallerie hat, aber für Damen unbedingt sehr viel interessanter. Hier auf dieser Gallerie ist die Abtheilung für Damenhüte und Putzwaaren, hier auch die für Kinderzeug und Knabenanzüge, hier auch für Alles, was Damen an kleinen niedlichen Sächelchen zum Anzuge nöthig haben, und eben so eine Abtheilung für die von den Engländerinnen so sehr begehrten und von ihnen mit dem Ausdruck Berliner Wollen (Berlin wools) bezeichneten Waaren, die hauptsächlich angefangene und vollendete Stickereien sowie Alles, was hierzu gehört, begreifen und zum größten Theile wirklich von Berlin selbst nach England eingeführt werden. Hier ist dann noch eine Abtheilung für alle jene hübschen Dinge, welche die Engländer mit dem Namen fancy articles bezeichnen und wozu auch Alles gehört, was wir Nippessachen nennen, Statuetten und Figuren in Marmor und Alabaster sowie Vasen und dergleichen mit inbegriffen. Die Abtheilung für Putz, der größtentheils aus dem hierin durch Geschmack, Erfindungsgabe, Grazie und leichte Eleganz die unbestrittene Weltherrschaft ausübenden Paris herstammt, ist ganz vorzüglich bemerkenswerth wegen ihrer glänzenden Schönheit und reichen Vollständigkeit. Jetzt die Abtheilung für Meubles und was dazu gehört, die einen großen Vorrath der ausgewähltesten und in Styl wie Ausführung vollendetsten Mobilien enthält, durchschreitend, gelangt man zu der Abtheilung für Damenschuhe und Stiefeln, angefüllt mit allen möglichen hierher gehörenden Erzeugnissen der herrschenden Mode.

Nachdem nun so die Geschäftsabtheilungen von Comptonhouse nur flüchtig durcheilt, bilden die häuslichen Einrichtungen einen eben so interessanten Gegenstand der Betrachtung, indem in [80] Comptonhouse, ganz entgegen der sonstigen Gewohnheit englischer Geschäftshäuser, ein großer Theil der Angestellten im Hause selbst wohnt und dort verköstigt wird. Die häuslichen Anordnungen sind ganz so vortrefflich, in ihrer Art ganz so vollkommen, wie alle bereits beschriebenen des ausgedehnten Geschäftes. Sie beabsichtigen alle bis in die kleinste Einzelheit die Gesundheit und das Wohlbehagen der vielen Angestellten zu fördern. Sämmtliche Zimmer des ganzen großen Gebäudes, die höher als eine Treppe liegen, sind den häuslichen Zwecken der umfänglichen Anstalt vorbehalten, und wenn man alsdann erwägt, daß mehr als dreihundert Personen im Hause selbst wohnen und beköstigt werden so wird man leicht begreifen, daß die Einrichtungen hiefür nach einem großartigen Maßstabe sein müssen. Die Zimmer der weiblichen und männlichen Handelsgehülfen liegen vollkommen getrennt von einander auf verschiedenen Seiten des Hauses; die Küche ist mit einem ausgedehnten Gasapparat zum Kochen versehen und ist an und für sich schon eine Merkwürdigkeit, wie man sie auf dem Continente schwerlich findet; die weitläufige, im einfach reinlichsten Style gehaltene, aber trefflich gelüftete Speisehalle faßt bequem über zweihundert Personen an der Eßtafel; mannigfache Zimmer sind auch bestimmt für die Aufseher wie für die Bedienung; gut gelüftete Schlafgemächer werden mit Gas erleuchtet und durch Kamine erwärmt; die vortrefflichsten Waschanstalten auf jedem Stockwerke sind mit heißen, kalten und Regen-Bädern versehen; eine ausgewählte Bibliothek von mehr als zweitausend Bänden kann von allen Hausgenossen nach Belieben benutzt werten; und, was für die jetzt mit besonderem Eifer sich des Rauchens befleißigenden Engländer vom höchsten Werthe, ganz oben im Hause ist ein besonderes Rauchzimmer mit einer hübschen Vorrichtung zum Lüften eingerichtet, das durch eine kleine Treppe mit dem flachen Dache in Verbindung steht, von wo aus man eine prachtvolle Aussicht auf die Mersey, die kolossalen Docks und die vielen Hunderte der größten nach Amerika, Indien, China und Australien fahrenden Schiffe genießt. Durch eine mechanische Vorrichtung werden jede Nacht um halb zwölf Uhr sämmtliche Gasflammen des ganzen ungeheueren Hauses mit wenigen Ausnahmen ausgelöscht.

Der Leser oder die schöne Leserin werden schließlich wissen wollen, wie es möglich, eine so verwickelte Maschinerie in Bewegung zu setzen und in ihrem sichern, ungehemmten und ununterbrochenen Gange zu erhalten und zu überwachen. Dennoch ist die Sache sehr einfach auseinander zu setzen, grade wie das System der ganzen Anordnung auf’s Höchste wirksam. Die ganze Anstalt ist wie eine Anzahl verschiedener Kaufläden unter einem gemeinsamen Haupte; jede Abtheilung ist dem Wesen nach ein besonderes Geschäft, hat ihren besonderen Geschäftsführer, ihr besonderes Betriebscapital und ihre besondern Bezugsquellen. Die Verkäufe eines jeden Tages werden in jeder Abtheilung besonders berechnet, ganz wie der Betrag der auf dem Lager in Vorrath verbliebenen Güter. Auf diese Weise ist der Geschäftsführer zu jeder Zeit im Stande, den Ersatz der eigenen Bedürfnisse genau anzugeben, überflüssige Ankäufe zu verhüten und das Gewinn- oder Verlust-Conto auf’s Genaueste abzuschließen. Dabei verhütet das System der Anweisungen alle Betrügereien und Unterschleife von Seiten der Verkäufer. Es ist nämlich ganz bestimmt vorgeschrieben, daß der verkaufende Gehülfe für jeden verkauften Artikel eine Rechnung geben muß, indem kleine Bücher mit Rechnungen jedem Gehülfen zu diesem Zwecke eingehändigt werden. Jede solche Rechnung trägt ihre fortlaufende Nummer. Beim Ausschreiben einer Rechnung wird aber auch immer mittelst einer eigenen sinnreichen Vorrichtung sofort eine Copie angefertigt. So sind die Copie und die Nummer gleichsam eine Anweisung auf die Einnahmen. Der Verkäufer überliefert die copirten Rechnungen sammt dem eingenommenen Gelde jeden Abend dem Cassirer, und die Bücher werden danach während der Nacht geordnet. Alle Rechnungen werden den nächsten Tag genau geprüft, und in dieser Weise wird die großartige und anscheinend höchst verwickelte Maschinerie des ungeheueren Geschäftsbetriebes in fortwährender Thätigkeit und regelmäßigster Ordnung erhalten.

Wohl wären noch manche interessante und belehrende Einzelheiten über Comptonhouse zu bemerken, aber aus dem Beschriebenen wird bereits Jeder ersehen haben, daß es in der That nicht zu viel war, Comptonhouse als eines der Wunderwerke Englands zu bezeichnen.