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Titel: Ein Meister dreier Künste
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aus: Die Gartenlaube, Heft 23, S. 391–392
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1876
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[389]

August von Kreling.
Originalzeichnung von G. Krämer in Nürnberg.

[391] Ein Meister dreier Künste. (Mit Portrait S. 389.) Des Reiches alter Schmuckkasten hat Trauer anzulegen. Wir sehen mit doppelter Klage nach der einst geliebtesten deutschen Stadt hin, zu welcher Jeder mit Ehrfurcht im Herzen wallfahrtete, wenn er das treueste Bild alter deutscher Städteherrlichkeit vor Augen haben wollte. Dieser unvergleichlichen Zierde geschichtlicher Einzigkeit beraubt Nürnberg sich selbst, um dafür das gleichgültige Ansehen von hunderten anderer Städte modernen Styls einzutauschen, und im Innern hat abermals der Tod ihm den Schmuck eines über Viele hervorragenden Mannes und Künstlers entführt.

August von Kreling, der Regenerator und vieljährige Vorstand der Nürnberger Kunstgewerbeschule, ist am dreiundzwanzigsten April, achtundfünfzig Jahre alt, gestorben. Er war ein Osnabrücker Kind, hatte in der Vaterstadt die ersten Stufen wissenschaftlicher und künstlerischer Bildung erreicht und in früher Jugend (erst siebenzehn Jahre alt) in Baiern seine zweite Heimath und 1853 in Nürnberg die Stätte seines vielseitigen Kunstwirkens gefunden. Kreling gehörte zu den wenigen Meistern der Gegenwart, welche in allen drei bildenden Künsten zugleich thätig waren; denn er war ebenso bedeutend als Bildhauer wie als Maler und decorativer Architekt. Dahin gelangte er ebenso durch seine Begabung und inneren Drang, wie durch den äußeren Bildungsgang. Sein erster Schritt in München führte ihn in Schwanthaler’s Atelier. Schloß er sich dem romantischen Zuge desselben und der, wie Pecht sagt, „am liebsten skizzirend spielenden Behandlung der Dinge“ mit dem Eifer der Jugend an, so bewährte er doch schon eine Selbstständigkeit, die ihn befähigte, die eigenen Wege nach dem erkannten Bedürfniß zu suchen. Nachdem er sich in der Beherrschung des Technischen der Bildhauerkunst fest fühlte, sah er sich nach „reicherem Inhalt, als ihn Schwanthaler bieten konnte“, um und ging, den Meißel mit der Palette vertauschend, zu Cornelius, und als dieser im Jahre 1841 München verließ, schlug er abermals seinen eigenen Weg ein, indem er „das plastische Formgefühl ebenso in seine Malerei, wie die malerische Behandlung in die Plastik trug“. Und als damals als Drittes von Belgien und Frankreich her der Realismus in [392] der Kunst sich Eingang erzwang, öffnete er sich auch diesem und „so spielen denn Cornelianischer Classicismus, Schwanthaler’sche Romantik und moderner Realismus in Kreling’s sämmtlichen Werken oft wunderlich, aber immer anziehend und meistens gefällig durch einander“. Auch ward er zugleich das Haupt einer ganzen Schule, umringt von zahlreichen, zum Theil hochbegabten Schülern.

Nachdem Kreling viele plastische Arbeiten, namentlich reich verzierte Pokale, und ebenso viele Oelbilder meist romantischen Inhalts geliefert und bereits großen Ruf erworben hatte, lenkte seine erste große Arbeit, der Freskenschmuck an der Decke des neuen Theaters in Hannover, die Aufmerksamkeit auf ihn, als nach Reindel’s Tod die Nürnberger Kunstgewerbeschule ein neues, mit organisatorischer Kraft ausgerüstetes Haupt bedurfte. Unter seiner Leitung erhob diese Anstalt, nach dem kaiserl. königl. österreichischen Museum für Kunst und Industrie in Wien, sich zum Range der zweiten in Deutschland, deren auf der Pariser Weltausstellung von 1867 ausgestellte Arbeiten sich eine goldene Medaille verdienen konnten.

Von eigenen größeren Arbeiten Kreling’s seit dieser Zeit sind besonders hervorzuheben die Historienbilder, welche die Geschichte Karl’s des Großen für den Speisesaal eines reichen Hamburger Kaufmanns darstellen; ferner begann er die Restauration und Möblirung der alten Burg von Nürnberg, für welche er als Wandschmuck des großen Saales die überlebensgroßen Standbilder all der deutschen Kaiser, welche in der Burg gewohnt, componirte, die aber leider unausgeführt geblieben sind, weil nach dem Tode des Königs Max die Weiterarbeiten in der Burg eingestellt wurden. An plastischen Arbeiten vollendete er unter Anderem das Standbild des Heinrich Posthumus in Gera und den großen figurenreichen Brunnen für Cincinnati, in Erz gegossen von Miller’s Söhnen in München. Sein letztes großes Werk war die bei Bruckmann in München erschienene illustrirte Prachtausgabe von Goethes „Faust“.

Die wahrhaft glänzende, anmuthende und fesselnde Persönlichkeit Kreling’s und, nachdem er Kaulbach’s schöne Tochter als Gattin heimgeführt, sein häusliches Glück werden Allen, die dem Künstler wie dem Manne näher getreten sind, lebenslang in Erinnerung bleiben.