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Autor: Sophie Hoechstetter
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Titel: Ein Abschied
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aus: Vielleicht auch Träumen. Verse. S. 49–50
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Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1906
Verlag: Müller
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Erscheinungsort: München und Leipzig
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Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Princeton-USA* = Commons, E-Text ngiyaw-ebooks
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[49]

EIN ABSCHIED

Einst war das Wort von Tod und Untergang
Euch nur die Form für letzten Überschwang –
Einst war das Wort, daß nichts mehr bliebe
Euch nur der Lockruf letzter Liebe.

5
Nun steht ihr schweigend – alles ist versunken,

Ihr habt zu früh den Becher ausgetrunken –
Dem Genius eurer Herzen sinkt die rote Fackel
Und eurer Liebe heil’ges Tabernakel.

Liegt euch zertrümmert an der Erde.

10
Was euch undenkbar schien, daß es je werde,

Ist nun geschehn. Die Abendschatten schreiten
Über den Park – des letzten Tags Entgleiten.

Stumm seid ihr, während euer Herz zerbricht
Und euer Mund sinnlose Worte spricht.

15
Ihr geht zur Nacht. Die trank wohl manches Lebens Rot,

Und eure Seele weint um euren jungen Tod.

Ihr geht, und eure Lippen schließt die Scham –
Ihr geht und wißt kaum, waß euch alles nahm.
Ihr geht und wißt, ihr werdet weiterleben

20
Voll Hohn wohl wieder lächeln, lieben, nehmen, geben.


[50]

Ihr geht – und dort, wo euch die erste Stunde,
Und auch die letzte nun verschloß die Munde,
Da klingt das Wort, das ihr jetzt nicht mehr fandet,
Das Wort, das eure Seele einst umbrandet:

25
Es ist das Wort von Tod und Untergang,

Die letzte Form von jungem Überschwang –
Es ist das Wort, daß nichts mehr bliebe,
Der alte Lockruf letzter Liebe.

Die Zeit durchtönt es und die Ewigkeit,

30
Das alte Lied vom letzten Menschenleid,

Das alte Wort vom letzten Lieben:
Es ist kein Rest von uns geblieben