Eberhard der Gütige
Ach Graf, ihr seyd so bleich und krank,
Euch kann der kühle Felsentrank
Aus unserm Quell nicht heilen!
Nehmt Abschied euch von Berg und Flur,
Sie will von hinnen eilen!
Der Arzt mit traurigem Gesicht
Zum güt’gen Eberhard es spricht;
Mit Lächeln der es höret:
Doch hat mich noch zu dieser Frist
Die Warnung nicht verstöret.“
„„O schmäht nicht, Herr, die treue Kunst!““
„Nicht schmäh’ ich, doch des Himmels Gunst
Wohl fertig bin ich längst zu gehn,
Doch eh’ zwei Dinge sind geschehn
Darf ich noch nicht erbleichen!“
„Du siehst mich an und gläubst mir nicht,
Im Traume mir verheißen:
Die Nachbarin, den jungen Leib,
Das Lebensband nicht reißen.“
Es ruht die Straße breit und lang,
In öder Mittagsstunde,
Nur aus dem stillen Nachbarhaus
Ein grauer Priester wankt heraus,
Der Graf ermannet sich und spricht:
Verbergt mir, frommer Vater, nicht,
Wem habt ihr zugesprochen?
Da ruft ihm zu der ernste Greis:
Der Gärtner abgebrochen!
Und mit dem heil’gen Sakrament,
Und mit dem Docht, der zagend brennt,
Wankt so der Alte weiter:
Und sein betrübtes Antlitz neigt,
Des Grafen Blick ist heiter!
„Ja zarte Blumen welken bald!
Die Bäume stehn und werden alt,
Mein zweiter Traum mir treu verspricht,
Daß meiner Hütte Bau nicht bricht,
Eh’ daß ein Baum verdorben!“
Er grünt vom Fuß zum Gipfel.
Das ist der zweite sich’re Spruch,
Ihr legt mich nicht in’s Leichentuch,
Eh denn verdorrt sein Wipfel.“
Und sieh, die schwüle Windsbraut weht,
Am Himmel zürnt das Wetter,
Der erste Strahl der niederfährt,
Der hat den Eichenstamm versehrt,
Der Graf hebt sich von seinem Sitz,
Er glaubt dem Donner und dem Blitz,
Er hört des Herren Stimme.
„Ich komme bald, ich bin bereit,
Nicht ford’re mich im Grimme!“
Hin wankt er, wo der Quell sich rührt,
Vom Priester und vom Arzt geführt,
Zu beichten und zu lauschen.
Erwachend hört er dann den Quell
Des ew’gen Lebens rauschen.