Drei Sommer in Tirol/Bozen — Eppan — Sarnthal

« Passeyer und Ulten Drei Sommer in Tirol Gröden und Enneberg »
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Bozen – Eppan – Sarnthal.


O lege dich nicht wenn’s Abend wird,
Auf die Höhen im Rebenthale!
Da steiget leise der Weinduft auf,
Den Perlen gleich im Pocale.

Ich glaube, mich hat der Duft berauscht,
Daß ich zu träumen wagte,
Als wäre ein Neubruch das schöne Land,
Darüber die Freiheit tagte.
Münchner Dichter.

Nach dem langen Winter 1843 fand ich mich wieder auf einer Blumenterrasse im Etschland, in einem schönen Garten bei Bozen. Hier am Lorbeerbusch träumt Schiller im bleichen Marmor, dort erhebt sich Goethe’s gebieterisches Haupt, und in der Geisblattlaube ist der verständige Nestor aus Prinz Zerbino aufgemalt wie er im Garten der Poesie, mit den Dichtern wortwechselt – alles freundliche Wahrzeichen, daß auch um diese letzte Stadt deutscher Zunge der deutsche Genius ein geistiges Band geschlungen habe, das sie dem großen Ganzen vereint. Ringsherum wiegen sich im Morgenwinde mannichfaltige Rosen, Georginen und Azaleen, während seltsame Cactusgesträuche, Aloën und andere exotische Gewächse in unbewegter Ruhe prangen. Gegen die Höhe steigen, das liebliche Plateau umfassend, cyklopische Mauern auf, welche Weinlauben, Oelbäume, nebst manchem Belvedere tragen und sich in den grünen Buschwald verlieren, der die ungeheure Porphyrwand weich wie Sammet überkleidet. Aus den Ritzen dieser Steinlager wachsen wilde Opuntien empor, welche, so ärmlich sie herumkriechen, doch an die blauen Berge erinnern [371] die ihren Scheitel im jonischen Meere spiegeln. In der Niederung liegen Weingüter; sammt und sonders in zierlichen Bogengängen, und aus den Weingütern steht die Stadt auf, im dünnen Morgenflore, mit dem braunen feinen gothischen Pfarrthurm, der sein fleißiges Geläute erbauend herüber hallen läßt. Ueber der Stadt hinaus führt das Thal an der schlängelnden Etsch hin nach Italien, eine schmale Ebene, die sich im engen Einfange senkrechter Felsenmauern hinunterstreckt bis an die Clause von Verona. Man sieht da in viel blaues Berggeschiebe, das sich geheimnißvoll in einander drängt. Zur rechten Seite in ziemlicher Nähe schießt die rothe Wand der Mendel auf, und ihr zu Füßen dehnen sich lockend die milden Höhen von Kaltern, voll Dörfer, Höfe, Landsitze und Burgen. Dort drüben, an den Pforten der Weinkammer von Tirol, ragt die stolze Ruine von Sigmundskron, und vom steilen Berghang herab glänzt Hohen-Eppan, die glorreiche Veste, jetzt zwar gebrochen, aber noch immer bedeutsamen Ansehens, fast wie ein galiläisches Bergstädtchen in Merians Bilderbibel. Neben ihr liegen noch andere Burgen, diesseits der Etsch Haselburg und Weinegg, weiter oben Carneid, da wieder eine Veste, dort noch ein paar und wieder ein paar. – An dieser schönen Landschaft ergötzte ich mich oft stundenlang in dem Garten, dessen lieber Herr mich gastfreundlich zu sich geladen, um den Herbst mit ihm zu verleben. Da erfreute mich auch noch der Umgang einer liebenswürdigen Familie und das Labsal einer trefflichen Bibliothek, für die der Hausherr alles gesammelt hatte, was die Literatur europäischer Völker Schönes hervorgebracht. Das war ein selig stilles Musenleben, an das ich mich meiner Tage mit Dankbarkeit erinnern werde.

Gehen wir jetzt aus der heimlichen Abgeschiedenheit unsers Gartens hinunter in die lauten Gassen der Stadt, welche die reichste ist in Tirol, nach allgemeiner Annahme auch die heißeste, da der enge Bergkessel die Hitze mehr zusammen hält als die luftigern Lagen von Trient und Roveredo. Die Stadt ist ohne viele Zierlichkeiten, aber gut gebaut, voll hoher fester Häuser, mehr alterthümlich als neumodisch. Die [372] Hauptstraße, schon in der ersten Anlage auf die Hitze des Sommers berechnet, ist etwas eng und finster ausgefallen, hat aber geräumige Bogengänge, Lauben genannt, unter denen auch in der wärmsten Jahreszeit eine kellerliche Kühle duftet. Fast an allen Häusern sind Erker angebracht, zur luftigen Aussicht Straß’ auf und ab. Im Innern dieser Gebäude überraschen die großen Räume: die weite Hausflur, die mächtigen Stuben und insbesondere die eigenthümliche Lichthaube, ein mitten im Hause stehender Hof, oben mit schwebendem Dach überlegt, unten durch sprudelnde Brunnen belebt, eine nothwendige Vorrathskammer, von wo aus Kühlung und frischer Luftzug in alle Gänge und Gemächer sich ergießt. Die italienischen Landleute die auf dem Markt sitzen oder unter den Lauben rasten, die italienischen Aufschriften über deutschen Waarengewölben, das offene Leben vor den Kaffeehäusern, die zerlumpten Jungen die sich dienstfertig um den ankommenden Fremden drängen, und manches andere erinnert daß man an den Thoren von Wälschland steht.

Auch die Fauna erhebt sich mit mit geilem Schwunge bis zur Erzeugung des Scorpions. Ferner gibt es etwas tödtliche Vipern, die man hier zu Lande schlecht und recht Beißwürmer nennt. Im Pflanzenreiche kommt fast alles fort, was in Hesperien wächst. Wer die Süßigkeiten des hiesigen Herbstes gekostet, die wonnevollen Trauben, die feinen Pfirsiche und alles was mit ihnen aus den Gärten kommt, der wird immer mit Sehnsucht daran denken, wie die reisenden Matrosen von Ithaka an die Lotosfrucht. Sehenswerth sind auch die Bozner Gärten. Wenn zu den warmen Lüften noch die Kunst des Blumenwärters und der Reichthum gartenfreundlicher Familien kömmt, so muß Flora allerdings ihr ganze Pracht entfalten.

Die günstige Lage hat die Stadt schon in frühen Zeiten zu großer Wohlhabenheit geführt. Gerade hier, in die Landzunge zwischen Etsch und Eisack mündet der befahrenste Straßenzug aus Italien nach Deutschland, um sich da in zwei Arme zu theilen, von denen der eine über den Brenner nach Bayern, der andere über Finstermünz und den Arlberg nach [373] Schwaben geht. Beide Pässe, die niedersten, die über die Alpen führen, waren von jeher für Römerfahrten, für Heereszüge, für Pilgerschaft und Handelsverkehr stark benützt. Die uralten romanischen Kirchlein in der Stadt und der Umgebung, mit ihren massiven weißen Thurmhauben erinnern noch an die lombardischen Zeiten, wo die Stadt auch schon ihre Bedeutung hatte. Uralt sind auch die vier Bozner Messen, die jetzt freilich sehr herabgekommen.

So ist die Stadt, obgleich an Umfang immer klein, doch schon im frühen Mittelalter sehr wohlhabend geworden und muß immer noch dafür gelten, obgleich in dem letzten halben Jahrhundert der Reichthum eher ab- als zunahm. Die heutigen Bozner wissen auch, daß sie viel Geld besitzen und sie sollen sich sogar etwas darauf einbilden. Noch vor etlichen Jahrzehnten hat sich die Stadt nach bewährten Angaben einem sehr ungebundenen Sybaritenleben[WS 1] überlassen, zur Zeit aber geht ein zwiespältiger Ton durch ihre Gesellschaft; Weltlichkeit und Andacht sind sichtlich mit einander zerfallen. Bozen hat jetzt nämlich nicht ohne Grund den Ruhm der frömmsten Stadt im frommen Tirol. Eine bedeutende Anzahl von Weltpriestern und Mönchen übt großen Einfluß auf das Familienleben der bessern und unwiderstehliche Gewalt auf die mindern Leute. Man geht alle Tage zur Messe, alle Tage zum Rosenkranz, alle acht Tage zu Beicht und Abendmahl. Die Gebote der Kirche werden nicht allein ängstlich gehalten, sondern, mehr als anderswo, mit sinniger Strenge ausgelegt. So zum Beispiel weiß man vielleicht nirgends in der Welt als hier, daß das Spundloch eines Fasses, wenn auch Freitags Wein daraus gezogen werden soll, mit Schmalz vermacht seyn muß, aber nicht mit Speck, da der Wein außerdem, als mit einer Fleischspeise in Berührung, an Fasttagen nicht erlaubt wäre u. s. w. Viele Familien zeigen einen feurigen Eifer sich durch äußere Frömmigkeit hervorzuthun, und wie sich an andern Orten vornehme Damen ihr Putzzeug aus Paris verschreiben, so beziehen sie hier Fastendispensen u. dgl. unmittelbar vom päpstlichen Stuhl zu Rom und sind wahrhaft stolz auf den kräftigen Zettel, während der gemeine Pöbel [374] sich mit der ordinären Erlaubniß des Landesclerus begnügen muß. Amulete, Medaillen und derlei Haus- und Heilmittel, die man anderswo der frommen Einfalt des Landvolks überläßt, sieht man hier am Halse der Elite; auch Rosenkränze mit ausgespannten Händen und derlei starke Andachten kommen vor. Der gottselige Ausbund der Bozner hatte auch seinen guten Antheil an dem Aufkommen der Jesuiten in Tirol und das ist ihm übel notirt im Lande. Gebet- und Kochbücher bilden in manchem Hause die einzige Lectüre, denn die deutsche Literatur gilt in solchen als verdächtig, weil sie lutherisch (spr. lutt’risch) sey, und man freut sich, nichts davon zu wissen. Selbst über den lieben, freundlichen Erzvater schöner und edler Gefühle in deutscher Jugend, über den Herrn Friedrich Schiller aus Marbach in Schwaben, hat man hier seine eigenen Ansichten. Als man sein Bild in jenem Garten aufstellte, fragte zum Beispiel eine zürnende Stimme: warum diesen Mann vergänglichen Namens und nicht den heiligen Paulus? Ja es ist noch gar nicht lange her, daß einer der Geistreichen von Tirol, zwar kein Bozner, aber unter den Augen und der Inspiration einer tugendhaften Bozner Dame schreibend, in einer katholischen Zeitschrift gegen Schiller Verwahrung einlegte, und seiner Bildsäule nicht einmal einen Garten den er nicht hat, öffnen zu wollen erklärte, weil er fürchte, seine oder andrer Leute Kinder möchten ihn fragen, ob dieser Mann, dessen Bild sie umspielen, für die katholische Religion, sein höchstes Kleinod (?) gestritten in Wort und That. Nein, sagt er, wir wollen unsere Gärten unentweiht besitzen. O, über eure unentweihten Gärten mit ihren aspasischen Mysterien!! – Einige Ehrenmänner von dieser Seite, die gleichwohl eine mäßige Bekanntschaft mit Büchern als eine dem Zeitgeist gemachte Concession ansehen, behaupten, Herr Anton Passy, ein Jesuit zu Wien, der Verkünder Filumenens, sey der beste deutsche Stylist und könne für gute Christenleute insbesondere den heidnischen Goethe ganz ersetzen. Geistiges Leben und ästhetischer Bildungstrieb sind daher unter den Frommen zu Bozen jedenfalls auf ganz andern Bahnen als sonst im deutschen Vaterlande, und eine Ausgleichung scheint [375] um so weniger nahe, als man sich nicht ohne einige Eitelkeit der hohen Stellung rühmt, die man in der streng katholischen Welt verdientermaßen einzunehmen vermeint.

Anders dagegen denkt der Bozner Handelsstand, zumal die Männer. Diese verbringen ihre Jugend zu Wien, zu Triest und in den lustigen Handelsstädten Italiens, und fügen sich nach der Rückkehr ungern in das klösterliche Leben der Vaterstadt. Da aber gleichwohl eine öffentliche Trübung des städtischen Hausfriedens lieber vermieden wird, so finden auch sie sich bald in die selbstvergnügte boznerische Behaglichkeit hinein und freuen sich den Hafen gefunden zu haben, ohne ihren Weltansichten zu entsagen. Die strengen Arbeiten des Comtoirs erheischen ausgiebige Erholung und so vergeht denn des Winters viele gute Zeit im Kaffeehause und die warmen Monate nimmt die Sommerfrische hinweg. Die leibliche Erquickung ist auf diese Art so wohlbedacht, daß die geistige daneben fast zu Schaden kommt. Ein Lesecabinet, wie im Casino des reichen Bozens, findet sich in solcher Armuth gewiß in keiner andern deutschen Stadt von neuntausend Einwohnern. Freilich sagt man die Andächtigen seyen schuld an dieser Misere, da sie vieles, was die andern wünschen, als lutherisch nicht vertragen wollen. Immerhin beziehen mehrere Privatmänner anziehende Erscheinungen der deutschen Presse auf eigene Rechnung. Man sieht daraus, daß auch hier noch Leute zu finden, die etwas daran setzen mit dem Vaterlande in literarischer Verbindung zu bleiben. Im Allgemeinen aber haben es die weltlichen Bozner dahin gebracht, daß sie im ganzen Lande als klug, wohlbedacht und berechnend, aber auch als materielle Herren gelten, die sich zu sehr in ihre Kirchspielinteressen und altherkömmliches Wohlleben verloren haben. Andrerseits erkennen viele Bozner im Stillen die Gebresten ihrer Stadt wohl an und deuten mit Bitterkeit dahin, wo nach ihrer Ansicht deren Quelle ist, auf die dicke, frömmelnde Scheinheiligkeit, die über ihnen liegt und jede freiere Regung verketzert.

Da sie nun auch mit Witz und körnigem Salz wohl ausgestattet sind, so rächen sie sich heimlich an dem frommen [376] Frauenvolk und seinen männlichen Patronen durch beißende Satire und dieß um so lieber, als ihnen nicht gestattet ist, öffentlich ihre Meinung an den Tag zu legen. Von der andern Seite will man auch nichts schuldig bleiben und man hat daher beständig den schönsten Stadtklatsch. Diese Eigenthümlichkeit des Bozner Lebens wissen insbesondere die Innsbrucker hervorzuheben, die freilich den Boznern überhaupt nicht grün sind.

Wäre ich nun ein Bozner, so würde ich dich, lieber Leser, vor allem in die schöne alte Pfarrkirche, oder auf den neuerbauten preiswürdigen Friedhof mit der Pforteninschrift: Resurrecturis, dann allenfalls in den gräflich Sarntheinischen Garten führen, dann in die Privatsammlungen u. s. f., würde dabei bedacht seyn dir den bestmöglichen Begriff von hiesiger Stadt beizubringen und ihre vorragende Bedeutung im Verkehr, die angenehme Gesittung und hohe Achtung vor Kunst und Wissenschaft, so wie auch das durch den Blüthenduft feingebildeter Geselligkeit gehobene Daseyn in ihrem Schooß nach Verdienst zu rühmen haben. Dasselbe ungefähr würde ich thun müssen, wenn ich ein amtseifriger, auf das Gesetz der Reise-Handbücher verpflichteter Wandersmann wäre. Nachdem ich aber weder ein Stadtkind bin, noch auch nach dem Buchstaben der Handbücher lebe, vielmehr durch gewissenhafte Beobachtung ihrer Vorschriften zu andern Zeiten die Freiheit errungen habe, hier nach meinem Belieben schlendern zu dürfen, so führe ich dich meine eigenen Wege. Wir gehen schweigend etliche Gassen ab und verschwinden unvermerkt im Hause Meister Moosers, des Gerbers, das nahe an der Pfarrkirche in einer Seitengasse steht. Meister Mooser nimmt’s sehr freundlich auf, wenn fremde Leute bei ihm zusprechen, und er darf’s den Nordländern nicht verdenken, wenn sie sich über seinen gerühmten Garten recht herzlich verwundern. Es ist auch in der That ein wunderlieblicher Erdenwinkel, nur etwas zu eng um in horazischer Weise als wonniger Ruhesitz und süße Altersrast von Land- und Seefahrten ersehnt zu werden. In der Mitte steigt ein hoher Springbrunnen auf, ringsum sind Lauben und dichte dunkelgrüne Wände von auserlesenen [377] Gewächsen und in den Beeten hin und her die seltensten Blumen, während auf ragenden Schäften verschiedene weißblinkende Bildsäulen sich erheben, welche eine Anzahl christlicher Tugenden darstellen. Der Garten ist sehr schön zu sehen, aber in seinen vielen Reizen schwer zu beschreiben, und daher erwähnen wir schleunigst daß Meister Mooser neben der Kunst des Häutegerbens noch, wie so unendlich viele von seinen Landsleuten, ein Geheimtalent, eine Liebhaberei zur linken Hand ausübt, vielleicht schon die zweite, wenn wir seine allerdings endemische Gartenmeisterschaft als die erste gelten lassen wollen – er ist nämlich ein vortrefflicher Schnitzler und zwar im Architektonischen. So arbeitet er nun schon seit langen, langen Jahren an einer Weihnachtskrippe, welche die kunstreichste werden muß die seit Christi Geburt errichtet worden. Mit den Männchen und Weibchen die da eines Tages die biblische Geschichte in plastischen Darstellungen vorüberführen sollen, beschäftigt er sich der angegebenen Richtung nach zwar nicht selbst, sondern läßt sie herstellen von andern ausgezeichneten Händen, aber desto emsiger baut er an der Stadt Jerusalem, die den breiten Hintergrund der Krippe in nie gesehener Pracht und Herrlichkeit einnehmen wird. Sklavische Nachahmung einer ohnedem längstvergangenen schwer zu bestimmenden Wirklichkeit hat er dabei nie angestrebt – er handelt im Geist der altdeutschen Maler, die ja auch nicht gefragt wie die heilige Stadt etwa ausgesehen. Sie malten sie in ihrer Sinnigkeit gothisch, wie Köln am Rhein, und so wird auch sein Jerusalem nicht das Jerusalem von Anno 1, sondern der Inbegriff und Ausbund von allem Schönen und Großartigen was die Baukunst, so weit sie dem Meister durch Selbstsehen oder bildlich zu Gesicht gekommen, bis auf den heutigen Tag geschaffen hat. Als er das Kunstwerk begann, hatte er lauter moskowitische Ideen im Kopf, moskowitische Ideen mit stark mohammedanischem Anflug, und er schnitzte Tempel und Burgen wie im Kreml, mit wunderlichen Thürmen und birnförmigen Kuppeln, über denen der rechtgläubige Halbmond prangt, und mit Fenstern und Portalen wie an den Moscheen zu Konstantinopel. Dann befiel ihn aber eine [378] gleiche Scheu vor Moskau wie vor Stambul; er versetzte sich mit jähem Sprunge nach Italien, und schuf im Geiste Palladio’s etliche herrliche Paläste. Endlich – und dieß ist die Einkehr ins germanische Bewußtseyn und die späte, aber in unsern Zeiten unausbleibliche Manifestation seines boznerischen Deutschthums – endlich fing er an nach den Geheimnissen der altdeutschen Bauhütte zu forschen, und nun erstehen gothische Gebäude von unübertrefflicher Großartigkeit des Entwurfs und solcher Feinheit der Ausführung, daß sie ohne Wagniß selbst der kunstreichen Sammlung Hrn. Kallenbachs, die wir seiner Zeit so sehr bewundert haben, an die Seite treten dürfen. Derowegen ist die Mooser’sche Krippe gewissermaßen auch eine Monographie des localen Volksbewußtseyns im letzten Decennium, und daher sogar für den denkenden Staatsmann vielleicht nicht ohne wichtige Belehrung; sintemalen sie zeigt wie vor zehn Jahren etwa der Czaar und der Großtürke mit ihren Siebensachen noch in abenteuerlichem Wunderglanze vor dem innern Auge dieses Bozner Bürgers standen, wie dann sein Geist, zwar losgemacht von Kreml und Bosporus, doch noch immer scheu vor dem Vaterland und seiner eigenen Kunst, einen Zug nach Wälschland that, in den leichten italischen Formen gleichsam den Uebergang suchend von phantastischer Barbarei zum heitern Tiefsinn der Heimath, bis dann derselbe Geist, nach langem Irren, im Lande der Väter sich selbsten findet und durch die heimische Mutter Erde gekräftigt in urschönen Ideen schöpferisch aufschlägt. So läßt der Meister also unter den moskowitisch-türkischen Kuppelbauten und den italienischen Palästen altdeutsche Bauwerke sich erheben mit mystischen Spitzbogen, geschmückten Erkern und ragenden Mauerthürmchen, mit all dem zierlichen Ernst unsers Mittelalters, und vornehin an den Hauptplatz stellt er eine Residenz oder Königsburg, die dem Rathhause zu Brüssel oder sonstwo nachgedacht ist, in grandioser Schönheit aufsteigend, mit einem Glockenthurm, der nach meinem Augenmaß verhältnißmäßig der höchste ist in Europa. Stellen wir uns nun vor daß nicht allein für diesen, sondern auch für zwölf andere der wichtigsten Thürme die Thurmuhren schon fertig sind, [379] deren Hämmer auf tiefliegenden harmonisch gestimmten Stahlfedern für Jerusalem verkündigen werden wie viel es geschlagen hat, ungefähr so daß die letzte kaum die ganze Stunde erledigt, bis die erste schon wieder das nächste Viertel durch die Stadt hallen läßt! Und damit diese unter der glühenden Sonne Palästina’s der Kühlung nicht entbehre, so ist auch für Wasserkünste gesorgt, und der Talferbach muß seine frischesten Fluthen hergeben zu einem steigenden Springquell auf dem Residenzplatz, welcher mit einer ehernen Reiterstatue König Davids geschmückt wird, wie er zu seinen Psalmen die Harfe schlägt. Es wäre indessen Unrecht, wenn man hier allen Nachdruck nur auf die Stadt legen wollte, denn es kommen auch ländliche Darstellungen vor wie die Geburt Christi, die Hochzeit zu Cana u. dgl., wo die Erfindungslust des Meisters fast noch maßloseren Raum hat. Für solche Fälle – es versteht sich von selbst – werden dann die Gewässer der Talfer noch ausgiebiger benützt, um von dem erhabenen Hochgebirg, das hinten in sehnsuchtweckender Ferne dahinzieht, in tosenden Wasserfällen niederzustürzen, klappernde Mühlen zu treiben, rauschende Flüsse zu bilden und in den stillen mit Trauerweiden umbuschten See von Genezareth zusammenzuströmen, auf welchem ein rasches Dampfboot, mit Namen: der Fortschritt, dem Verkehr zu dienen bestimmt ist. Die Wahl möchte schwer werden, wenn einst die Krippe in vollständiger Herrlichkeit zusammengestellt ist, was vorzuziehen, eine ländliche Scene oder eine Festlichkeit in der Hauptstadt. Dort im Abendlichte der heilige Libanon, voll Schneefelder, voll Cedern und Steinböcke, das anmuthige Mittelgebirge mit den lieblichen Einzelnheiten wie sie die Alpenhöhen von Südtirol so nachahmenswerth darbieten, auf den sonnigen Auen Sennhütten, in schattigen Hainen Sommerfrischhäuser, wo das Leben zwischen Spadill und Rosenkranz sanft dahinfließt, Einsiedeleien für verkannte Seelen die dieser Welt zu fromm geworden, und unten in der biblischen Ebene eine Landschaft wie ein Park, Rosengebüsche unter uralten Bäumen, Wiesen und Wald von heimlichen Pfaden durchschnitten, Dörfer aus denen die grünen Spitzthürme himmeldeutend aufsteigen, am See die Fischerhäuser [380] und überall die rührigen Geschäfte des unschuldigen Landlebens – hier aber in der Stadt z. B. die drei Potentaten aus dem Morgenlande mit ihren Decorationen auf der Brust, König Melchior, der Weißbart, von Arabien und Nubien; König Balthasar von Godelia *)[1] und Saba; Caspar, der Mohr, ein König von Tharsis und Egriskylla, sämmtlich auf ihren Apfelschimmeln über den Residenzplatz courbettirend, nach Bethlehem zu, wo die neue Zeit in der Wiege liegt, voran die Läufer von Madian und Epha, hinterdrein unendliches Gefolge, die Ritter auf schäumenden Rossen, das reisige Gesinde auf Kamelen, Elephanten und Nilpferden; ferner Herodes auf dem Söller der gothischen Königsburg, umgeben von dem großen Cortege und seiner Schweizergarde, von Hohenpriestern und Schriftgelehrten, Zeichendeutern, Astrologen, Wunderdoctoren, von Derwischen aller Art, Herodes, der Conservative, etwas unangenehm berührt durch den Stern der Zukunft der über dem Lande steht, gleichwohl aber die drei weisen Souveräne, welche ihm nachgehen, listig becomplimentirend – auf den Balconen der Palazzi halbmaskirte Contessen aus Judäa, welche mit der mohrischen Ritterschaft und einem hohen Adel aus Nubien kokettiren; unzähliges Volk von Jerusalem in den verschiedenen malerischen Trachten die es damals trug – dieß Alles um Mittag betrachtet, wenn die dreizehn Thurmuhren nacheinander zwölf Uhr schlagen, während die hierosolymitanische Wachparade musicirend aufzieht und der Brunnen Davids in orientalischen Cadenzen niederplätschert – das muß seyn um zu vergehen vor lauter Sehnsucht nach dem Morgenlande!

Es ist schwer einem vertrockneten Herzen den Eindruck zu schildern, den diese geschnitzelte Poesie auf ein empfängliches Gemüth macht. Wer es nicht selber erlebt, der enthalte sich wenigstens aller Bitterkeit, und wenn etwa einer mäkelt daß sich da laut Beschreibung manch Unverträgliches [381] zusammenfinde, so belächelt ihn! In der Poesie gibt’s keine Anachronismen, nur die Wirklichkeit ist voll davon; für Autoritätsmenschen haben wir sogar den Trostspruch zur Hand daß schon die größten Baulichter der Gegenwart bewundernd vor der Krippe gestanden sind.

Wohin aber jetzt, um den mächtigen Eindruck ruhig auswirken zu lassen? So großartig schön der Thalkessel von Bozen auf allen Seiten ist, so fehlt doch jene angenehme Bequemlichkeit, seine Reize lustwandelnd einzuschlürfen, und jener leichte Zugang, der die Gegend von Meran doppelt anziehend macht. Außerhalb der Stadt, jenseits der Talferbrücke ist ein kurzes Lustwäldchen, wo an Sonntagen die Jägermusik aufspielt, zu gleicher Zeit ein Sammelplatz der schönen Welt; sonst ist in der Ebene wenig zu finden. Die Weingärten sind nach italienischer Sitte mit hohen Mauern umgeben die den Ausblick hindern, und zwischen diesen Wänden gehen die Wege durch in langweiligster Begleitung. Andrerseits steigen die Porphyrwände allenthalben steil hinan, so daß sie bei der Hitze der guten Jahreszeit nur in früher Morgenstunde und am späten Abend mit erträglichem Schweiß und Herzklopfen zu erklettern sind. Der mildeste solcher Steige etwa zieht zum Calvarienberge hinauf, wo das Kirchlein zum heiligen Grabe auf mäßiger Höhe über dem Eisack liegt; beschwerlicher schon ist das Aufklimmen nach dem alten Schlosse Haselburg oder Küepach, das jetzt allmählich zerbröckelt. Von beiden geht eine herrliche Aussicht über die Stadt hin, auf die Weinhügel von Kaltern und die rothe Mendel welche darüber aufsteigt, ins Meranerthal aufwärts und gegen die blauen Anfänge von Italien abwärts. Auf dieser Seite des Eisacks führt auch ein schmaler Pfad, zwischen Wasser und Berg eng sich hinwindend, nach dem Dörfchen Campill, eine halbe Stunde weit entlegen, wo in der alten Kirche alte Wandmalereien italienischer Schule zu sehen sind, die derselben Zeit angehören wie jene welche die stille Kirche St. Johann am obern Ende der Stadt ausschmücken. So viel uns bekannt, sind diese Werke alten etschländischen Pinsels von Kunstverständigen noch nicht [382] näher besprochen worden; sie sind unsers Bedünkens nicht später als im vierzehnten Jahrhundert gemalt.

Noch einen Spaziergang haben wir zu erwähnen, den lieben, einsamen Gang über die Wassermauer, an der Talfer von der großen Brücke hinauf bis zum Schlosse Klobenstein, jetzt St. Antoni genannt. Die Wassermauern sind in Tirol ein Ding das viel Sorge und viel Geld kostet, feste dicke Wehren gegen die tückischen Wildbäche, die zu einer Zeit so unschuldig vorbeimurmeln, in andern Tagen wieder mit vollem Rasen daherstürmen, menschenfeindlich, zerstörungslustig, fast unbezähmbar. Wie die Meraner ewig mit der Passer kämpfen, so die Stadt Bozen seit sie auf Erden ist, mit der Talfer. Das Bett des Baches liegt um einige Fuß höher als die Grundfläche der Stadt, und wenn jener einmal so viel Wasser aufbrächte um die Dämme zu überfluthen, so würde sich ein See durch die Gassen ausbreiten bis hinüber zum Eisack. Man behauptet dieses Flächenverhältniß habe sich erst mit der Zeit gebildet, indem die Talfer alle Jahre neuen Schutt aus dem Gebirge herauswälze und so ihr Bett fortwährend erhöhe; gleichwohl ist schon einmal vor sechshundert Jahren Graf Meinhard von Tirol auf den Gedanken verfallen, zum Schaden des Bischofs von Trient, der die Stadt inne hatte, die Wassermauer zu durchbrechen und die Talfer in die Straßen von Bozen zu senden; wonach man annehmen möchte daß es wenigstens damals schon so gewesen wie jetzt. Wie dem auch sey, die Erhaltung der Talferdämme liegt seit alten Zeiten verschiedenen Genossenschaften anwohnender Besitzer ob, welche sich nach dem romanischen Worte liga, lega Legen nennen.

Auf der Wassermauer hinauf ist also ein stiller Spaziergang, fern vom Staub der Straßen und die Aussicht ist offen nach allen Seiten. Herüben wieder Weingärten aus denen die Häuser der Stadt sich erheben, und das Schloß Maretsch, anziehend in alterthümlicher Einfachheit, mit gethürmter Ringmauer und einem Ziegeldache, gelb und schwarz geschacht; über dem Bache der schlanke, runde Thurm der „der gescheibte“ heißt und dessen Erbauung in die Zeiten gesetzt wird, als [383] Drusus und Tiberius die Rhätier unterjochten. Weiter draußen zeigt sich Gries, die Bozner Vorstadt, mit dem ehemaligen Chorherrenstift welches in römischen Zeiten eine feste Burg gewesen seyn soll, nunmehr aber den Benedictinern von Muri übergeben ist. Auch die alte gothische Kirche der Grieser ist zu beachten. Abwärts gegen Süden liegt die Eppaner Hochebene vor Augen mit ihren Burgen und Dörfern. Wer aber über St. Antoni, das eckig, zinnenreich und wehrhaft an dem Damme steht, weiter aufwärts geht, gelangt zum Schlosse Rendelstein und dann auf schattigem Wege, an rothen Felsen hin die das frischeste Grün übertäubt, nach Rungelstein zum alten Schlosse, das in unsrer Zeit wieder berühmt worden ist wegen seiner aus dem vierzehnten Jahrhundert stammenden Malereien, über die wir übrigens, da sie schon von Andern oft besprochen worden sind, nur bemerken wollen, daß sie die Geschichte von Tristan und Isolde und Darstellungen aus dem Sagenkreise König Artus bieten. In ersteren hat eine prüde Hand erst seit drei Jahren die Liebesscenen schamhaft überschmiert.*)[2] Die Burg steht auf schroffem Felsen über der [384] Talfer, in einer einsamen, von hohen Wänden überragten Heimlichkeit, die schauerlich wäre wenn nicht alles in der Runde, Gras und Baum und Stein so lebhafte Farben trüge, wenn nicht der Blick in das thurm- und häuserreiche Stadtgebiet die Nähe der Menschen zeigte. Innerhalb findet man ein halbwohnliches Haus das den Bauleuten zum Aufenthalte dient, und ferner sind noch etliche Kammern erhalten, dieselben nämlich in denen besagte Schildereien aufgemalt. Sonst klaffen die braunen Mauern in gräßlichen Breschen und langen Rissen von oben bis unten, gleichwohl mehr malerisch als schreckhaft, da überall und allenthalben Gewächs und Laub, Schlingpflanzen und Epheu darüber hinwachsen und aus den hohlen Fenstern neugierige Nußbäume schauen. Es ist bezaubernd aus der Burg hinaus in das warme Thal und aufwärts ins zerrissene Talferbett zu spähen, dort die Glückseligkeit des südlichen Himmels, hier der wilde Runst eines Bergbachs und die verfallenden Zeugen vergangener Jahrhunderte. Dieser Winkel sammt seinen Zugängen ist so stark besetzt mit Vesten als wäre es um die Bewachung eines unermeßlichen Horts zu thun gewesen. Maretsch, Klobenstein, Rendelstein, Rungelstein haben wir schon genannt; schauen wir nun gegen Sarnthal zu, so steht unten am Gries der Talfer das graue Schlößchen Ried und weiter hinten an der Felswand die schöne Ruine von Langeck, über dem Bache aber in schwindelnder Höhe, scharf abstechend vom blauen Himmel, erscheinen die weißen Mauern von Ravenstein, mit überlegenem Stolze herunterblickend vom erhabenen Söller, obgleich sich an den Namen keine ritterliche Erinnerung knüpft, derowegen es der Mühe werth wäre so vornehm darein zu schauen.

Zur wonnigen Zeit der Sommerfrische verlassen die Bozner gerne alle diese Schönheiten und reiten an der rothen Porphyrwand vierhundert Klafter hoch hinauf, um sich auf der kühlen Hochebene gütlich zu thun. Sie haben dort zwei größere Niederlassungen. Die eine, Oberbozen, liegt am Rande des Tafellandes, gerade ober der Stadt. Es ist eine liebliche frische Ansiedlung von Landhäusern unter großen Lindenbäumen. Die niedlichen Villen sind zierlich in ihre Gärtchen eingestellt, [385] und die Gärten selbst voll schöner Blumen. Da und dort findet man auch Lauben, beschattete Tische, anmuthige Gesellschaftsräume im Freien. Zum beliebten Bocciespiel sind glatte Bowling-greens eingerichtet und durch den nahen Wald führen ebene, bequeme Gänge. Vom Gloriett, vom Merltennen blickt der Sommerfrischler vergnügt hinunter in das heiße Thal und freut sich täglich, daß er nicht unten seyn muß. Die ständige Belustigung der Männer ist das Scheibenschießen und es knallt daher den ganzen Tag. Der Schießstand ist schon von Alters her sehr stattlich eingerichtet; er prangt mit Fähnlein und mit mancher sinnreich bemalten Scheibe, die schon bald im zweiten Jahrhundert dahängt. Von dieser Zeit her stammt auch das Schützenbuch, wo jedes „Best“ eingeschrieben ist, das seitdem die Schützen gegeben zur Feier ihrer Hochzeit, zur Geburt des ersten Buben, oder die geistlichen Herren, wenn ihnen eine neue Würde angewachsen. In demselben Raum wird auch der Ball gehalten zur Oberbozner Kirchweihe am Sonntag nach Mariä Himmelfahrt. Dazu kommen dann die Sommerfrischler vom Ritten herüber und mancher Nachzügler aus der Stadt. Da tritt auch namentlich die sommerliche Gastfreundschaft der Bozner gewinnend an den Tag. Kaum ist der Fremde angekommen, ist er auch schon bekannt, kaum bekannt auch schon eingeladen zu Dach und Fach. In Oberbozen, sagt ein witziger Schilderer dieses Sommerlebens, in Oberbozen ist man gastfrei wie nirgends in der Welt, wie selbst nicht in Bozen.*)[3]

In einer Stunde gelangt man von Oberbozen nach Lengmoos und Klobenstein, in einer Landschaft, die der Ritten heißt. Nicht weit davon liegt auch das Wirthshaus zu Salrain, eine treffliche Herberge in dieser Höhe. Die meisten Sommerfrischhäuser finden sich zu Klobenstein, hart über dem Abgrund, der an den Eisack hinunterführt. Während die Aussicht von Oberbozen nach Süden geht, ist sie hier gegen Osten geöffnet.

[386] Die Gegend beherrscht der Schlern, ein Berg von höchst eigenthümlicher, prächtiger Gestaltung, welchen Lewald sehr glücklich einem ungeheuern ruhenden Wallfisch verglichen hat, der aus seinen Nüstern zwei dicke, achtausend Fuß hohe Wasserstrahlen in die Lüfte sendet. Der Schlern ist so zu sagen der Liebling der Bozner Gegend, und wird sehr häufig bestiegen. Neben ihm zeigt sich die grüne Höhe der Seiseralpe. Ueber dieser ragen die weißen Zacken der Dolomitgebirge von Gröden auf; rechts vom Schlern aber die wilden Gabeln aus den Thälern von Fleims und Fassa. Eine Reihe davon heißt der Rosengarten, was den Kennern der deutschen Sage Anlaß geben mag ihn mit dem König Laurin zu verbinden. Die schönste Ansicht dieses Gegenübers bietet das gastfreie Landhaus des Herrn Apothekers Haas, wo auch Fernröhre zur Hand sind, um die entlegenen Schönheiten näher herzuziehen. Der Ritten ist übrigens eine sehr buckelige Gegend, und die Spaziergänge sind daher bergig und mühsam. Man beschränkt sich auch gerne auf die nächste Nähe, und wenn weitere Ausflüge unternommen werden, so geschieht es meistens zu Pferde.

Eine sehr besuchte Stelle ist der Horn, eine Höhe, etwa dritthalb Stunden von Klobenstein gelegen mit einer unermeßlichen Rundsicht auf die Bergzüge, welche das Flußgebiet des Eisacks und der Etsch umzäunen. Eine Fahrt auf den Horn wird mit aller boznerischen Behaglichkeit unternommen. Die Träger schleppen schwere Lasten von Mundvorrath und Wein. Auf allen schönen Plätzen wird getafelt und die Mühsal so sorgfältig in Erholung eingehüllt, daß fast nichts von ihr zu spüren.

Die Landhäuser auf dem Ritten und zu Oberbozen sind gewöhnlich denen, die dort die Sommerfrische zubringen, eigenthümlich. Jene Stadtleute, denen ein solcher Besitz versagt ist, genießen ihre Sommerluft an Orten, wo ihnen Miethwohnungen zu Diensten stehen. Dergleichen sind Jenesien, ein lustiges Bergdorf auf der Hochebene jenseits der Talfer oder Kollern, Oberbozen gegenüber, jenseits des Eisacks. Während der ganzen Zeit kommen die Frauen selten oder nie zur Stadt, die Männer nur, wenn dringende Geschäfte sie rufen. Der [387] Verkehr wird durch die Träger unterhalten, welche täglich auf- und abgehen.

Die Landschaft von Kaltern, deren Thürme, Ansitze und Schlösser überall verschönernd in die Gegend von Bozen hereinblicken, wird trotz ihrer Reize wenig besucht. Sie ist zu warm, um als Sommerfrische zu dienen, zu ländlich, um viel Zeitvertreib aufzubringen. Gleichwohl war sie im letzten Jahrzehnt mehrere Monden lang durchwallt von vielen Tausenden, die zu Fuß und zu Wagen, allein und in Processionen mit Kreuz und Fahnen daherkamen, um ein altes Herrenhaus aufzusuchen und eine kleine Kammer, in welcher eine lebendige Heilige lag, nämlich Fräulein Maria v. Mörl. Wir werden sie auch noch sehen, aber vorher schlendern wir gemächlich aus Bozen heraus und zwischen langen Mauern durch auf der Straße nach Eppan, wie man mit einen Namen die beiden nachbarlichen Dörfer St. Paul und St. Michel nennt. So gelangen wir zur Etsch, die in rauschendem Bogen um den Felsstock herumzieht, auf dem die Veste Sigmundskron erbaut ist. Diese, das alte Schloß Formianum, Formicaria, von Erzherzog Sigmund neu hergerichtet und in wehrlichen Stand gesetzt, ist zwar jetzt abermals verfallen, aber gleichwohl noch eine sehenswerthe Ruine. Sie liegt in üppigem Buschwerk von jungen Eichen, durch welches ein angenehmer Pfad vor die Burgpforte führt. Darüber sind die Wappen von Oesterreich und Tirol ausgehauen, ersteres mit dem vielberühmten Schmuck der Pfauenfedern auf dem Helm. Im untern Theile der Veste steht an der Ringmauer ein hoher Wartthurm, jetzt als Pulverkammer benützt, im obern Theile sind die verfallenen Gebäude, die ehemals von dem Burghauptmann bewohnt waren, allenthalben zerrissen und zerspalten, voll Schutt und Mauergebröckel; gegen die Etsch hin stehen noch dicke Thürme mit Schießscharten. Es liegen jetzt ein paar Invaliden in der stillen Veste.

Weiter gegen Eppan ziehend, gelangt der Wanderer ins Paulser-Loch, eine tiefe Schlucht durch Sandhügel gebrochen, an zwei kleinen Vesten hinziehend, Wart und Altenburg, beide halb verfallen, die eine fast ganz von Epheu überwachsen. [388] Zur Rechten auf einem Bergerker sitzt die Burg von Hohen Eppan, die schon Paul Diaconus als Appianum kennt, die jetzt noch weidlich prangt auf ihrer Höhe, obgleich längst von allem ritterbürtigem Geschlecht verlassen und nur mehr der unheimliche Aufenthalt einer Baumannsfamilie. Es ist der Mühe wohl werth, den alten Horst zu erklimmen und sich der Wartenaussicht zu erfreuen, die einst die alten Eppaner dort genossen. „Ergriffen von allen Schönheiten des Geländes, sagt Freiherr von Hormayr, und dem Ehrwürdigen des Alterthums dünkt dem Wanderer, er sehe hier auf dem Luginsland einen der Burgherrn spähen und die mächtigen Vorwerke rings um das Hauptschloß gelegener Vesten seiner Lehensritter zählen: Boimond, das Stammhaus des alten Geschlechtes dieses Namens; Altenburg, Wart, Korb, Festenstein, Payrsberg, dann jenseits der Etsch, an der Stirne eines wolkennahen, frei vorragenden Felsens gleich einem Adlerneste klebend, das trotzige Greifenstein, Altenberg, Oberglanig, des Bischofs von Trident und des Grafen von Tirol seines Vogtes Mannen und Söldnern in Bozen ein gewaltiger Kappzaum. Aber zur Linken sah er auch seines Gegners nie bezwungene Veste Tirol in ungeschwächter Kraft, vor sich zur Rechten seines Erbfeindes, des Trienter Bischofs, Lieblingsburg, das gewaltige Formigar, Neuhaus und Maultasch, von dem sich hernach Margaretha benannt, Siebeneich, die Heimath treuer Dienstmannen von Tirol, aus welchen Hartmann 1168 Friedrich den Rothbart zu Susa von Meuchelmördern errettet, und von neuerm Bau die Edelsitze Freudenberg, Fuchsberg, Gandeck, Gleif, Haslach; Bozen, die emsige handelsbelebte Stadt, aus der die Kirche von Trient die Grafen nach Eppan vertrieben; im Hintergrunde das vielbestiegene Rittengebirge, Vels, Steineck, Karneid; – die Etsch hinab das fruchtbare Thal bis Salurn, eingeschlossen von den waldigen[WS 2] Bergen von Buchholz, Deutschenofen, Aldein; die Etsch hinauf die Bergfirsten von Passeyer, Algund, Lana, Mölten.“

Nach Freiherrn v. Hormayr sind die alten Eppaner welsischen Geschlechts gewesen. Ursprünglich zu Bozen seßhaft wurden sie im eilften Jahrhundert durch den Bischof Gebhard [389] von Trient daraus vertrieben und nahmen ihren Sitz auf Hohen Eppan. Ihre nächsten Nachbarn, die Grafen von Tirol und die Bischöfe von Trient, waren ihre ärgsten Feinde. Dazu weckten sie auch noch den Grimm Heinrichs des Löwen, als sie einst zwei Cardinäle, die jener nach Deutschland berufen, überfielen und auf ihrem Schlosse ins Verließ warfen. Heinrich überzog sie dafür und brach ihnen eine Burg nach der andern. Die Eppaner unterlagen und nahmen ihre Schlösser von der Kirche zu Trient zu Lehen. Dieß geschah im Jahre 1158, und damit hatte Ruhm, Größe und Ansehen der Eppaner ihre Endschaft erreicht. Einer der letzten war Bischof Egeno von Trier, der nach unruhiger Vorsteherschaft im Jahre 1273 auf der Flucht zu Padua verschied. Bald darauf, nämlich 1300, starb das Geschlecht aus.

Die Dörfer, die wir nun durchwandern, sind voll städtischer Häuser mit großen Portalen, mit Erkern und Thürmen, mit romanischen Doppelfenstern und grünen Jalousieläden, zumeist von lachenden Gärten umgeben, aus denen dunkle Cypressen aufspitzen. Die Landschaft gehört zu den schönsten in ganz Tirol – eine Höhe, die sich nur wenig über die Fläche des Etschthales erhebt, lange nicht so, daß ein merklicher Unterschied des Klima’s, eine mindere Vortrefflichkeit der Trauben und der andern Früchte zu gewahren wäre. Ehemals war der Weinhandel der Eppaner, zumal derer von Kaltern, die an ihrem See eine der beliebtesten Sorten ziehen, sehr beträchtlich, und die Menge und Ansehnlichkeit der Ansitze und der Landhäuser mag zum Theil auf die süße Frucht der Rebe gegründet seyn. Die Eppaner Flur und die sonnige Berghalde von Obermais waren von Alters her die liebsten Siedelstätten für den Adel, der sich zahlreich aus den oberdeutschen Ländern an die Etsch zog. Aus allem diesem, aus der grünen, rebenreichen Hochebene, aus den stattlichen, stadtmäßigen Dörfern, aus den unzähligen neuern Ansitzen, aus den grauen verfallenen Burgen und den hohen Porphyrfelsen, die auf einer Seite steil emporsteigen, während auf der andern dunkler Wald, aus diesem allem soll sich der Leser, den schönen blauen Himmel dazu gerechnet, das reizvolle Bild zusammenstellen, das [390] dem Pilger, der da zwischen den Dörfern von Eppan hinzieht, beständig vor Augen liegt.

In Kaltern lebte also Fräulein Maria von Mörl, das fromme, kranke Mädchen, das in den Jahren 1833 und 1834 in ihrem Vaterlande und weit darüber hinaus so viel zu sprechen machte. Da ihre Lebensverhältnisse schon mehreremale ausführlich in Druck gegeben worden sind, so wäre es überflüssig, hier weitläufiges davon zu melden. J. Görres hat ferner ihren Zustand in seiner christlichen Mystik vom übernatürlichen, Professor Ennemoser in dem Buche über den Magnetismus vom natürlichen Standpunkte aus besprochen. Görres hat dazu die Mittheilungen von Personen benützt, die dem Fräulein von Jugend auf nahe gestanden. Es sind davon mehrere in der Gegend, die in ihren Angaben wenig abweichen. Auch eine geschriebene Erzählung ihrer Lebens- und Leidensgeschichte von vertrauter Hand haben wir durchgesehen. Fräulein Maria, die im Jahre 1812 geboren ist, war ein frommes, liebenswürdiges Kind, immer mehr leidend als gesund. Schon im fünften Lebensjahre stießen ihr bedenkliche Hämorrhagien zu und bis in ihr zwanzigstes hatte sie mehr als eine lebensgefährliche Krankheit überstanden. In diesem Alter traten jene innerlichen Plagen bei ihr ein, die man die tentatio diabolica nennt. Sie wurde ohne Unterlaß durch scheußliche Gestalten gequält, die sie bei Tag und Nacht durch das Zimmer schreiten sah, arme Seelen schleppend, die sie anschrien und ihr zuriefen: du bist verworfen und verdammt. Von denselben Phantomen, schwarzen, wilden Männern, meinte sie auch körperlich geplagt, geschlagen und gemartert zu werden. Diese Gesichte verschwanden indessen, als man im Jahre 1833 ganz in der Stille den kirchlichen Exorcismus angewendet hatte. Im nämlichen Jahre zeigte sich bei ihr auch die erste Ecstase, ein Zustand psychischer und physischer Abgezogenheit von äußern Einwirkungen. Damals blieb sie sechsunddreißig Stunden lang in solcher Verzückung. Der Ruf dieser wunderhaften Erscheinung verbreitete sich schnell über Nachbarschaft und Ferne, und im Jahre darauf schon war der Zulauf ungeheuer. Von Ende Julius bis zum 15 September sollen über 40,000 Menschen [391] in dem Dorfe gewesen seyn und an manchen Tagen zogen über 3000 Gäste durch das enge Zimmer der Kranken; ja, wie wir schon gesagt, manche Gemeinden kamen in Processionen mit ihren Priestern mit Kreuz und Fahnen. Zu damaliger Zeit trat auch eine geistliche Untersuchung ihres Zustandes und ein strenges Verhör aller nahestehenden Personen ein. Der Fürstbischof Luschin von Trient, ein geistreicher und aufgeklärter Mann, war selbst gekommen, um diesen Augenschein einzunehmen. Er soll nach reiflicher Prüfung seine Meinung dahin abgegeben haben: Ihre Krankheit ist kein Wunder, aber ihre Frömmigkeit ist keine Krankheit.

Im folgenden Jahre erschienen auch jene Blutmale an den Händen, an den Füßen und an der Seite, welche man die Stigmata nennt; seit dieser Zeit aber dauert ihr Zustand, getheilt zwischen Ecstase und Wachen, ohne neue Phänomene fort.

Seit längern Jahren ist der freie Besuch nicht ohne Schmerz der Kälterer aufgehoben und der Zutritt findet nur mit großer Beschränkung statt. Nachdem die Erlaubniß erwirkt war, fand ich mich – im Mai 1844 – mit einem Bozner Freunde und einem Franciscaner-Pater vor den Pforten des Nonnenklosters, welches sich Fräulein Maria seit mehreren Jahren zum Aufenthalte ausersehen. Beim Eingange wurde uns bemerkt, daß der kleine Anbau, den wir betraten, von der Kranken auf eigene Kosten zu ihrer Wohnung aufgeführt worden sey. An der Pforte hatte sich auch eine reisende Französin zu uns gesellt, eine ältliche Dame, die so eben einschicht von Rom und Loreto kam, in einer Kreuzfahrt auf Mirakel begriffen, wie sie denn auch von Kaltern gleich wieder nach Capriana zog, um die dortige noch merkwürdigere Heilige zu besehen. Wir standen also an der Thüre, die in ein halbdunkles Zimmer führte, aus dem uns Pater Capistran, der Beichtvater, einzutreten winkte. Die Französin hatte als Dame den Vortritt, lehnte ihn aber ab, weil sie sich auf ihre Nerven nicht verlassen könne. Ging also unser einer zuerst hinein und fand sich in einem kleinen schlichten Gemach, in das durch zugezogene Jalousien nur dämmerndes [392] Licht fiel. Einfaches Hausgeräthe, etliche Bilder an den Wänden, links am Fenster ein kleiner Altar, diesem gegenüber das Bett, auf diesem und zwar auf dem untern, dem Altare zugewendeten Rande das Fräulein in weißem Gewande, selbst weiß wie Marmor, lange, schwarze Haare über den Nacken, kniend, die Hände gefaltet zum Kinn emporgehoben, die großen Augen regungslos aufwärts gerichtet, sie selbst ohne Regung und scheinbar ohne Leben. Eine stille Feierlichkeit lag über der jungfräulichen Gestalt und hielt uns Mannsbilder in bescheidener Entfernung, bis uns der Pater an das Lager führte. Wir sollten nur strenge Hinsehen, es rühre sich kein Augenlid, was wir auch richtig so befanden. Nach allen den Leiden, dem Brustweh und Halsübel, die sie in letzterer Zeit wieder dem Tode nahe gebracht, war die Verzückte eine überraschende Erscheinung, denn sie war zwar bleich, aber im Gesichte voll, was Ennemoser freilich aufgedunsen nennt. Von ihrer Stellung wird behauptet, sie berühre die Unterlage nur mit den Zehen, zwischen jener aber und den Knien könne man ein Kartenblatt leichtlich durchschieben. Nach einer Weile rief sie Pater Capistran leise beim Namen, um die Ecstase zu enden, und augenblicklich sank sie rückwärts und lag auf dem Kopfkissen, milde lächelnd, mit einem kindlichen Ausdrucke in den muntern Zügen. „Sie mag es nicht gerne leiden, sagt Görres, wenn der Ernst des Eindruckes, den die Scenen, von denen die Anwesenden Zeugen gewesen, hervorgebracht, in ihrem Ausdruck noch allzu sichtbar ist, oder wenn man ihr mit einer Art von Feierlichkeit und Verehrung naht und sucht dann durch ein ungesuchtes, fröhliches Benehmen diesen Eindruck zu verwischen.“ Seit dem Jahre, wo die erste Ecstase eingetreten, spricht das Fräulein mit Niemand mehr als mit ihrem Beichtiger und auch mit diesem nur, wenn dritte Personen nicht zugegen sind. Doch nimmt die Kranke wohl Antheil an dem was man ihr sagt. Die Fremden werden ihr vorgestellt und sie lächelt ihnen dann bewillkommnend entgegen. Wir Herren, wie es von unsrer Wohlgezogenheit nicht anders zu erwarten, hielten uns unaufdringlich, rückten nur so nahe heran, als uns die beiden Patres führten, und betrachteten mit [393] schweigender Theilnahme das kranke Mädchen – recht unbequem dagegen machte sich die wallfahrende Dame aus Frankreich. Nachdem sie einmal ihrer Nerven sicher war, trat sie keck voran, begehrte mit Ungestüm die Wundmale zu schauen und suchte die Hände des Fräuleins auseinander zu zwängen, weil sie auf der innern Fläche deutlicher sind als auf der äußern. Nach diesem zog sie kleine Bildchen heraus, wie man sie in Rom und Loreto kauft, und schenkte etliche der Kranken, worauf diese den Pater Capistran durch ein Zeichen bat, er möge ihr auch ihre Bilderschachtel geben. Darauf tauschten sie beide ihre Kupferstiche und Maria mußte alle diejenigen küssen, die die Französin behielt; auch an die Wundmalen wollte diese sie drücken, weiß aber nicht, ob es gelang. Endlich machte sie mit den beiden Fingern der rechten Hand gegen die Mönche, die kein Französisch verstanden, die Bewegung einer Scheere, um anzudeuten, daß sie etliche Haare von dem schönen Reichthum des Fräuleins abschneiden wollte. Mein Gott, sagte dagegen Pater Capistran, wenn wir dieß erlaubten, hätte sie schon lange kein Härchen mehr im Schopfe. Während wir nun allesammt etwas ärgerlich über diese Begehrlichkeiten am Bette standen, war das Fräulein wieder ecstatisch geworden und lag theilnahmslos mit starren Augen vor uns. Als die reisende Dame den Zustand bemerkte, bat sie um Erlaubniß die Verzückte küssen zu dürfen, und als ihr dieß ungern gestattet worden, drückte sie etliche schnalzende Küsse auf die bleichen Lippen, war auch nur durch entschiedenes Zurückziehen von der Fortsetzung dieser frommen Uebung abzubringen. Ich meinte, das müßte dem Fräulein lästig fallen, allein man entgegnete, sie fühle jetzt nichts und die Frau werde sie sogleich nicht wieder zu sich selber bringen. Es gelang ihr aber dennoch; auf einmal drehte sich Marie herüber, und lächelte ihr wieder anmuthig zu. Endlich als man sich zu gehen anschickte, begehrte jene noch zu bleiben und zwar allein bei ihr, so daß man zuletzt fast sanfte Gewalt anwenden mußte, um sie weiter zu treiben. Uns andern kam diese andächtige Neugier etwas roh vor, die Franciscaner aber versicherten, derlei Leute seyen schon oft dagewesen.

[394] Wenn man sich nun erkundigt, wie das innere Leben Mariens während ihrer Verzückungen beschaffen sey, erfährt man „daß sie sich, nach Görres’ Worten, mit einer fortlaufenden innern Anschauung des Lebens und Leidens Christi, mit Anbetung des heiligen Altarsacraments und mit einem wohlgeregelten, betrachtenden Gebete nach der Ordnung des Kirchenjahres beschäftige.“ Am Donnerstage und Freitage folgt sie der Leidensgeschichte und am letztern Tage um drei Uhr tritt der ecstatische Todeskampf ein, der in der christlichen Mystik beschrieben ist. Ein fröhliches Begängniß wird der heiligen Zeit um Weihnachten zu Theil, wo Marie laut jubelt über die Geburt des Herrn und das Kindlein mit den Armen freudig wiegt; auch geht es lustig zu, wenn die Hochzeit zu Cana gefeiert wird. Dann jubilirt sie mit den Hochzeitgästen und gibt durch freudenvolle Gebärden ihre mystische Theilnahme an dem biblischen Vorgange zu erkennen.

Auffallend war, daß der Zustand des Fräuleins bald nach seiner Epiphanie endemisch zu werden drohte. Ueberall in der Runde standen Mädchen auf, die von der tentatio diabolica zu leiden haben wollten und daraus als Heilige hervorzugehen gedachten. Von den Frommen zu Bozen wurde die hysterische Legion besonders gehätschelt, als eine Gnade des Himmels, der das gottselige Etschland vor allen andern Ländern auszeichnen wolle. Man muß der Geistlichkeit die Anerkennung zollen, daß ihr diese Ehre zu groß schien. Sie trat zweifelnd dazwischen und verwies die Aspirantinnen an die Aerzte. Manche gaben dann die Sache wieder auf; andre siechen noch jetzt ohne Nimbus fort. Die bedeutendste dieser unächten Nebensonnen war die Heilige von Tscherms, einem Dörfchen bei Löwenberg. Sie war die Pflegetochter eines wohlhabenden Bauern und fühlte die Gnade zuerst im Jahre 1836. In ihrem Beichtvater, dem Curaten, fand sie endlich den Gönner, der ihren Zustand zur Kenntniß der Christenheit brachte. Im Jahre darauf zeigte sich die Gabe der Weissagung; damit wuchs auch die Berühmtheit und der Besuch. Der Geistlichkeit der Nachbarschaft mißfiel jedoch das Verhältniß der heiligen Jungfrau zu ihrem Gewissensrath. [395] Verlässige Zeugen wollten gesehen haben, wie der junge Mystagog die junge Sibylle „gebußt.“ Man entsandte daher das Mädchen zu den Klosterfrauen in Zams. Sie konnte es aber dort nicht aushalten, weil sie vom Teufel in ihrer Zelle allzuheftig bedrängt wurde. Im Sommer 1838 ging man damit um, die Prophetin zur Aufsicht in den Pfarrhof von Marling zu bringen, denn der damalige Pfarrer, der jetzige Decan zu Meran, ist ein Gegner der Wunder wie der Weltlust, und man hoffte daher viel von der geistigen Diät, die ihr bevorstand. Als der Pflegvater vorgerufen wurde, um sie zu schaffen, war indeß die Heilige fort und er wußte nicht wohin. Bald darauf wurde auch der Tschermser Curat versetzt. Man sagt, die Jungfrau lebe jetzt in der Verborgenheit in Wälschtirol. Böse Zungen sprechen auch von einem kleinen Kinde, mit dem die Prophetin niedergekommen und lassen sich’s nicht ausreden, obwohl die Unterrichteten nichts davon wissen wollen. Das verdächtige Auftreten der Tschermserin hat den Glauben an die Uebernatürlichkeit solcher Erscheinungen sehr erschüttert. Die Weltkinder zu Bozen glaubten nie daran, schon aus Pique gegen ihre frommen Mitbürger, welche darüber jubelten. Sie halten auch die Heilige von Kaltern für ein Blendwerk der Mönche, lassen diesen aber die Ehre, daß sie es verständig angegangen. Ja, sagte ein kaustischer Bozner, als davon die Rede war, ja die Heilige von Kaltern, das ist eine solide Unternehmung, aber bei der zu Tscherms ist die Dividende großer geworden, als die Aktionäre gewünscht haben.

Anstrengender als nach Kaltern, vielleicht auch nicht so genußreich, doch immerhin nicht zu widerrathen ist ein Gang von Bozen ins Sarnthal. Da muß nun zuerst das Schloß Ravenstein erstiegen werden, auf einem rauh, verrenkten Pfade, dessen Steilheit oft zum Rasten nöthigt. Bei heißer Tageszeit wird der Steiger oft sehnsüchtig in die Höhe blicken zur alten Burg, die das Ziel der Anstrengung scheint, denn dahinter, denkt er, werde sich der Weg sanft und linde ins Thal hinunter senken. Unterdessen nützt er die kurzen Rastzeiten, um den Windungen der Etsch nach unendlich [396] weit hinunterzusehen, bis in die Gegend von Salurn, wo die Bergseiten verschwimmend in einander treten, ohne kennbaren Höhepunkt bis zu dem blauen, riesenhaften Monte Gazza, der in der Gegend von Trient steht. Unten an der Talfer liegt das Schloß Rungelstein, verfallen und dachlos, von hier aus mit seinen offenen Gemächern ein gar trauriges Trümmerwerk. Auch die Mauern von Ravenstein lassen durch die leeren Fenster in den offenen Burghof schauen. Selbst der bescheidene Baumann hat in dem Schlosse keine Stelle mehr gefunden, wo er sein Haupt in ärmlicher Gemächlichkeit zur Ruhe legen konnte, und baute sich sein Häuschen, außerhalb der ungastlichen Pforten. Die Stuben, wo Marx Sittich von Wolkenstein mit der Geschichte seines Landes beschäftigt war, sind längst eingefallen. Damals, in der ersten Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts, wo Mathias Burglechner, Maximilian von Mohr, die Grafen von Brandis und andere mit neuerwachtem Eifer ihre historischen Studien pflogen, waren schöne Zeiten für literarische Bestrebungen in Tirol. Die traurigen Schicksale, die lebenslängliche Kümmerlichkeit, welche die Resch und die Roschmann auf ihren Wegen begleiteten, zeigen wie sehr Geschmack an den Wissenschaften und Achtung für ihre Pfleger innerhalb eines Jahrhunderts gesunken waren.

Aber die Höhe des Schlosses, das von unten auf anzusehen so erhaben, so stolz in den blauen Himmel eingezeichnet ist, die Höhe des Schlosses ist noch lange nicht das Ende der Mühsal. Der Weg geht noch immer auf Halden, die von der Ebene aus nicht zu erschauen sind, steil und rauh hinan, so daß man zuletzt Ravenstein tief zu seinen Füßen sieht. Die Schönheit der Aussicht ist dabei immer in steigendem Wachsthum und ferne Bergreihen im Fleimserthale und auf dem Nonsberg treten mächtig auf. Und endlich, nachdem aller Schmuck der Ebene, Weingärten, Kasianienbäume und alles was mit und unter ihnen blüht und wächst, längst abgestreift, wandelt man hoch oben in nordischer Vegetation unter Eichen und Fichten, an Kornfeldern vorbei, kühl angeweht von der Sarnerluft, die im Bozner Sommer den Stadtleuten ihrer Frische wegen so willkommen ist. Unten [397] in schauerlicher Oede über dem Bache hängt die verlassene Veste Langeck. Auf den Halden ferne Höfe, Kornfelder, Wiesen, auch ein paar Dörfer, Oberrinn und Wangen. Am Sarner Wege selbst liegt in dieser Gegend der Gruber, oder Gruebar, wie die Sarner sprechen, ein einsames Wirthshäuschen, zunächst auf die Träger eingerichtet, die da regelmäßig Nachtruhe halten. Da über diese steile Höhe kein Fuhrwerk zu bringen ist, so muß alles, was das große Dorf Sarnthein tagtäglich an städtischen Erzeugnissen bedarf, auf dem Rücken hereingebracht werden. Mir waren etwa ein halbes Duzend Träger begegnet, von allen Lebensaltern, vom weißhaarigen Siebenziger bis herunter zum achtzehnjährigen Jüngling, darunter auch ein starkes, wohlgeschlachtes Mädchen von neunzehn Jahren. Alle waren schwer beladen, alle mit zwei Stöcken versehen, und alle in Schweiß gebadet. Sie steigen einen Stock nach dem andern einsetzend, langsam aufwärts und müssen wegen der schweren Belastung wohl alle hundert Schritte rasten. Es ist im heißen Sommer ein jämmerliches qualvolles Tagwerk; nicht einmal der tröstliche Aufblick in den blauen Himmel ist ihnen gegönnt, denn die Krakse geht weit über den Kopf herein und der Träger zieht gesenkten Hauptes seufzend seinen rauhen Weg.

Die Gruberin hatte für mich nur etliche Eier und erträglichen Wein. Allmählich sammelten sich die Träger um den Wirthstisch und begannen ihr Abendessen zu halten, welches Jahr aus Jahr ein in Plentenknödeln besteht. Die Sarnerleute hatten diesesmal nicht viel Lust zu plaudern. Die Betten wurden zu guter Stunde aufgesucht. Meines war sehr hart, aber reinlich.

Der Eingang in das Sarnthal bis etwa auf eine Stunde von dem Hauptorte ist ein großartiger Tobel. Der Weg führt bis dahin wohl ein paar Tausend Fuß über dem Rinnsal des Baches an rothen Porphyrwänden entlang, und nur selten fällt ein Blick hinunter in die schäumende Fluth. Auf der andern Seite sieht man die Felsenwände mächtig aufgeschoben, in schmalen Thälchen eingerissen, bald steil abfallend, bald lang hingestreckt und wohlbebaut. Auf der Seite [398] des Pfades liegt das Dorf Afing, etliche weiße Häuser und ein weißes spitzthurmiges Kirchlein. Eine Stunde hinter Afing droht am Wege das Marterloch, ein rother Felsenriß, der ohne Widerspruch sehr schauerlich ist, da das verklüftete, zerspaltene und zerschnittene Porphyrgestein in grausen Ueberhängen zu Häupten des Wanderers steht. An derselben Stelle geht über den Weg ein hölzernes, auf dicken Balken stehendes Dach, über welches ein Bach herunter kömmt, der aber nur zur Regenzeit fließt. Es mag ein grausiges Gefühl seyn, unter dem Dach durchzugehen, während der von Wettergüssen geschwellte Wildbach, polternde Steine wälzend, darüber rast. Die Sarner nennen die Stelle scherzweise die größte Denkwürdigkeit des Thales, da der Mensch hier unter dem Wasser leben könne. Allmählich führt der Weg an den Wänden niederwärts und langt zuletzt in der Thalfläche an. Damit hat denn auch die großartige Wildheit der Landschaft ihr Ende erreicht und man findet sich in einer freundlichen wohlbewohnten Gegend. Die Nähe des Hauptortes Sarnthein verkündet das prangende Schloß Reineck, während die Häuser des Dorfes, das zu seinen Füßen liegt, noch verborgen sind. Zur rechten Seite steigt die Sarnerscharte auf, ein Gebirge, das gegen 8000 Fuß Höhe mißt, hier gegen das Thal zu in grausen Wänden abfällt, rückwärts aber, wo es sich gegen die Rittener Höhen hinzieht, auf breitem langsam sinkendem Rücken weite Wiesen und Almen trägt.

Sarnthein, der Hauptort der Sarner, ist ein großes Dorf mit ansehnlichen Häusern und einer schönen Kirche, die wie jene in der Gegend von Bozen eine massiv steinerne Thurmspitze hat. In diesem Orte war einmal Aeneas Sylvius Piccolomini, später Papst Pius II, wohlbestellter Landpfarrer. Ehedem muß es hier sehr ritterlich zugegangen seyn, denn noch stehen die drei Schlösser Reineck, Kränzenstein und Kellerburg in anstandvoller Haltung als Zeugen vergangener Herrlichkeit. Kränzenstein ist jetzt zur Frohnveste herabgewürdigt, Kellerburg, ein großes Haus mit nicht sehr verlässiger Ringmauer, bewohnt der gräflich Sarntheinische Verwalter, Reineck endlich, das ritterlichste von allen, sitzt über dem [399] Dorfe auf einem waldigen Bühel und kehrt ihm eine stolze Stirnseite zu. Die schöne tiefgelbe Farbe, die sein Gestirn durch das Alter angenommen, die maßlose Dicke seiner Mauern und die romanischen Doppelfenster mit den zierlichen Mittelsäulchen geben ihm ein tiefeindrückliches Ansehen – ja die Doppelfenster, welche, obgleich in Südtirol häufig und sogar jetzt noch in Bauübung, hier mit besondrer Schönheit auftreten, erinnern an die alten Palazzi, die am Canal grande zu Venedig stehen. Das Gebäude sieht so ganz lombardisch aus, was hier in dem abgelegenen stockdeutschen Seitenthal noch mehr auffällt, und mag wohl sehr alt seyn, doch fehlen die Nachrichten über die Zeit der Erbauung, welche wahrscheinlich ein wälscher Meister geleitet. Es ist das eigentliche Sarntheiner Schloß, der Sitz der alten Ritter von Sarnthein, die übrigens nicht die Ahnen der jetzigen zu Bozen seßhaften Grafen dieses Namens sind; die alten Sarentheiner, die zuerst im zwölften Jahrhundert vorkommen, sind 1646 zu Wien ausgestorben. Der berühmteste Sprosse des Gechlechts war Cyprian von Sarenthein, Hofkanzler von Tirol, Kaiser Maxens geheimer Rath, ein nüchterner, unermüdlicher, unbestechlicher, verschlossener Mann, mit den wichtigsten Geschäften betraut und den schwierigsten gewachsen, in den Händeln damaliger Zeit vielfach thätig († 1524). Ein hoher starker Thurm steht in dem Schlosse und wird für eine römische Warte gehalten. Er hat die Aussicht nach Wangen, dem hochgelegenen Dorfe gegenüber von Afing, wo vor langer Zeit die Burg der mächtigen Herren von Wangen stand und man meint, diese Castelle seyen auf gleiche Weise in absichtlich gewählter Schauverbindung gewesen, wie man solche z. B. zwischen Rungelstein und Hohen Eppan oder Jaufenburg und Löwenberg annimmt. Auch in ein Burgverließ und an das darüber befindliche Fallbrett wird man geführt und nicht minder in die Burgcapelle, wo ein schönes altes Schnitzwerk, St. Georg und der Lindwurm und ein noch älteres, aber nicht schönes Crucifix etliche Aufmerksamkeit verdienen.

Obgleich, der Mächtigkeit der Mauern nach zu urtheilen, das Schloß von Anfang an zu einem uneinnehmbaren Trutzhort [400] bestimmt gewesen, so hat man sich doch nie die Mühe genommen, es völlig auszubauen. Es ist viel leerer Raum da, leer vom Grund bis zum Dache ohne Zwischenböden und Gebälk, daher wohl nie bewohnt, wogegen der brauchbaren Gemächer nur sehr wenige sind. In ihnen hat sich jetzt der Baumann zu recht gesetzt.

St. Vigil, des Trientner Kirchenheiligen abgewürdigter Festtag, wurde mit einer Procession gefeiert, welche Gelegenheit bot, den Leibesschlag der Sarner zu mustern. Der Stamm gehört nach allgemeiner Anerkennung zu den rein deutschen oder mindestens zu den am wenigsten gemischten in Südtirol. Die Sarner sollen ja eine Sage haben, daß sie einst aus Schwabenland kommend über Passeyer und die Möltenerhöhe in ihr Thal gewandert. Daß sie es nicht unbewohnt getroffen, zeigt der rhätische Name Sarnthein, der in den Urkunden Sarentinum lautet. Wie übrigens so viele Sagen jetzt nur mehr in den Büchern leben, so wohl auch jene von der Wanderung der Sarner; wenigstens wollte sich unter einem Duzend bejahrter Männer, die ich darnach gefragt, auch nicht einer erinnern, je etwas derartiges gehört zu haben. Die Deutschheit des Volkes erweist indessen deutlich sein Aeußeres, das dem der Passeyrer zu vergleichen ist. Die Männer sind stark und kräftig gewachsen, ziemlich hoch, in den Gesichtern durchaus von deutschem Ausdrucke. Die hellen Haare tragen sie kurzgeschoren, ziehen aber am Rande herum kleine krause Löckchen, die einen niedlichen Kranz um das Haupt bilden. Die Weiber und Mädchen von Sarnthein, wenigstens jene, die bei der Procession erschienen, sahen gesund aus, aber meines Bedünkens war keine darunter, die der Schönheit wegen eine Ehrenerwähnung verdiente. Die Tracht sowohl der Männer als der Weiber gleicht in der Hauptsache jener am Lande, zunächst der bei Meran, doch fehlt bei jenen der rothe Aufschlag an der Jacke, bei den Weibern mangeln die rothen Strümpfe, statt deren man die innthalischen Beinhöslen findet. Ehemals trugen die Sarner weite rothe Röcke; wir haben aber dieses Zeug nur mehr an ein paar Knaben bemerkt, denen, wie es schien, die letzten [401] abgetragenen Reste dieser Tracht für ihr Werktagsgewand zugeschnitten worden. Auch die Sprache scheint, abgesehen von größerer Rauhheit, von der Bozner Mundart nicht verschieden. Ein kleines Mädchen das ich gefragt, ob sie in der Schule etwas gelernt habe, antwortete mit schwäbelnder Naivität: Ja, a Fetzele (ein Bischen). Denkungsart, Sitten und Lebensweise betreffend ist zu bemerken, daß Sarnthal in eifriger Kirchlichkeit mit der Stadt Bozen wetteifert, weßwegen die Thälerer auch je nach verschiedener Ansicht von den einen die frömmsten, von den andern die bigottesten in Deutschtirol genannt werden. Auch wirft man ihnen eine über ihren Stand hinausgehende Rohheit und schwer versöhnliche Rachsucht vor; wir bekennen aber gerne, daß wir auf derartigen obenhin und allgemein ausgesprochenen Tadel nicht viel Gewicht legen. Der Lebensunterhalt wird zumeist aus Viehzucht und Ackerbau geschöpft. Getraide wird mit großem Fleiße gebaut und um Sarnthein herum wogten dazumal alle Hügel von schweren Aehren. Doch reicht das Ergebniß nicht aus und es muß alle Jahre noch eine beträchtliche Menge Korn von Bozen hereingeschleppt werden. Einen guten Namen haben die Artischocken, die um Sarnthein ganze Felder bedecken und in den Küchen zu Bozen sehr gesucht sind, wohl eben so sehr, als die Sarntheiner Forellen, welche man mitunter für die besten des Landes hält.

Nachdem ich beim Schweizerwirth zu Sarnthein mit den freundlichen Herren vom Landgericht zu Mittag gegessen, alles in hohem Maße genießbar, denn die Wirthin ist in der Kochkunst ungemein bewandert, läugnet auch selbst nicht, etwas Tüchtiges leisten zu können „wenn sie’s nur hatt“ d. h. wenn nur immer das Zeug zu bekommen wäre – nach dem Mittagessen wurde der Gesundheit halber ein Spaziergang nach Nordheim unternommen, einem Dörfchen, das eine kleine halbe Stunde weiter oben an der Talfer liegt. Auch hier war einst ein ritterliches Geschlecht wohnhaft, obgleich keine Spuren mehr von seinem Schlosse vorhanden sind. Wie uns Freiherr von Hormayr belehrt, so war indeß die Burg zu Nordheim ein Sitz der Sarentheiner, von der sie sich im vierzehnten und fünfzehnten Jahrhundert nannten, wie Heinrich von Nordheim [402] der Sarentheiner und Johannes von Nordheim, Erzherzog Sigemunds gehaimber Secretarj und sein Wortführer auf dem Landtage von 1474 zu Bozen, der, wie ein schöner Grabstein an der Kirche zu Sarnthein besagt, 1475 gestorben und dort begraben ist. In den Fenstern des gothischen Kirchleins zu Nordheim sind etliche verblichene Glasgemälde. Ueber der Kirchenpforte zur rechten Hand hängt – in allem Ernste – ein geistliches Kartenspiel. Es sind nämlich in einem unscheinbaren Säckchen alle sechsunddreißig deutsche Karten beisammen, Schell-Aß, Herz-Aß, Eichel-Aß, Gras-Aß u. s. w. Eine jede enthält außer der Figur auch noch einen frommen Spruch, z. B. Gedenk, o Mensch, an die letzten vier Dinge und du wirst in Ewigkeit nicht sündigen – und unten die Pön: z. B. Bet’ drei Vater Unser und drei Ave Maria, jedoch wechselnd, so daß etliche ganze Rosenkränze von Vater Unsern verhängen. Aus diesem Säckchen ziehen nun die Landleute, wenn sie eines Tages nicht mit sich einig sind, wie viel sie beten sollen eine Karte, und verrichten dann die Aufgabe. Wer da, um mit den Studenten zu reden, Pech hat, der kann sich arg hineinsetzen, ein glücklicher Spieler kommt aber auch hier leicht weg, wie in jedem Hazardspiel. In etlichen Kirchen zu Bozen sollen auch noch solche Spiele zur Hand seyn – die Leute fangen aber allmählich an, sich dieser Recreation zu schämen.

Der Weg von Sarnthein nach Meran führt über das Kreuzjoch in fünf bis sieben Stunden, also ungefähr in derselben Zeit als man aufwendet, um von Sarnthein nach Bozen zu kommen. Ich verließ um vier Uhr Früh den Schweizer, um mit einem der Sarntheiner Herren, der sich zuvorkommend als Führer angeboten, aufwärts zu steigen. Die Witterung schien günstig, doch lag eine dichte Wolkenschichte auf der Sarnerscharte. Wir wanderten ziemlich steil in die Höhe durch Wiesen und Felder, getröstet durch den Rückblick ins milde Thal und kamen dabei auch in Ansicht eines im Winter abgebrannten Hofes, den die Sarnthaler dem Besitzer durch unentgeltliche Lieferung des Bauholzes, des Weines für die Arbeiter u. dgl. in gutchristlicher Weise wieder haben [403] aufbauen helfen. Etwa nach anderthalb Stunden gemeinschaftlichen Steigens nahm der Begleiter Abschied. Ich setzte meinen Weg, der vor der Hand nicht zu verfehlen war, allein fort, ging in ein kleines, von zwei niedern Büheln gebildetes Thälchen ein und kam auf eine Galthütte zu, die zur Zeit verschlossen war. Den braunen Hirten sah man fern an des Hügels Rand seinen Ochsen nachgehen. Die Gegend war baumlos und traurig, die Aussicht genommen, die Wolken lagen tief und drohten zu regnen.

Nach kurzer Rast brach ich wieder auf und kam ans Joch, an die Schneide des Ueberganges, wo eine Rinderheerde weidete. Hier bot sich eine herrliche Umschau; nur schade, daß viele Nebel auf den Höhen lagen. Ein ungeheurer Bergkranz schlang sich um mich her. Ganz nahe zur Rechten standen düstergrau und unheimlich die Zacken des Ifingers, der sich über Meran erhebt. Vor allem anziehend war das große Dolomitenreich im Osten, seiner ganzen Länge nach übersehbar, in feuchter verklärender Beleuchtung einer durch Gewitterwolken brechenden Morgensonne. Der Schlern, das breite Meerthier, wird von seinen Hinternachbarn rückwärts mächtig überragt. Die Dolomiten stehen in langen Reihen drei und vier Mann hoch über einander und strecken ihre Haifischzähne in die Wette empor, um sich gegenseitig zu ergänzen. Nichts Prächtigeres als diese über einander liegenden, aus einander sich erhebenden und in einander sich verlierenden Ungethüme, die ersten blaugrün, dann blau, dann bleich und geisterhaft und fast verschwimmend in der Luft. Die Mendel, die rothe, im tiefen Etschland überall eine bedeutende Erscheinung, ist hier ein bescheidenes Bergbuckelchen, das sich neben den mächtigen Eisbergen, die die südlichen Hintermänner sind, nur für seine Freunde und Bekannten geltend machen kann. Diese italischen Ferner, die hinter dem Sulzberg (Val di Sole) in ewig weißem Mantel aufsteigen, wenig besucht und umgangen, kaum irgendwo genannt, vielleicht nie bestiegen, unbekannte Größen selbst für die menschlichen Nachbarn, erschienen mir jeweils, so oft sie an verschiedenen Orten vor meine Augen traten, in einem mystischen Schimmer. Es ist eine Spitze darunter, die von hier besehen, obgleich weiter [404] entlegen als der Ortles, gleichwohl höher erscheint, als dieser, und ich habe eine leise, vielleicht grundfalsche Ahnung, es könnte ihm einmal da drinnen bei genauer Messung selbst ein kleiner Nebenbuhler erstehen. Das bewohnte Land von Südtirol ist auf dem Kreuzjoche nur dürftig vertreten. Kollern, die kühle Sommerfrische mit ihren weißen Häuschen, die den Boznern so hoch über dem Scheitel leuchten, zeigt sich hier in beträchtlicher Tiefe. Darüber hinaus ist Deutschenofen und die weitgesehene Wallfahrtskirche von Weißenstein, und gegen Fleims hin sind etliche andre weiße Pünktchen wahrzunehmen; tief unten aber zur Linken ein grünes Stückchen Etschland mit dem schlängelnden Strom, ein weißer Streifen – Neumarkt – ein kleiner Abschnitt von Kaltern. Zur Rechten zeigt sich unten an der Töll neben der weißschäumenden Etsch in lieblicher Schönheit das frische Partschins – Meran aber ist noch verdeckt.

So schön die Aussicht hier oben, so wird sie doch, wie man in Meran versicherte, von jener auf dem Hirzer an Umfang und Großartigkeit noch weit übertroffen. Der Hirzer liegt nicht ferne vom Kreuzjoche, leider aber wußte ich damals noch nichts von seinen Vorzügen. Hier herum zeigten sich etliche von Wind und Wetter abgeschälte Fichtenbäume, mit zerknickten und gebrochenen Armen, durch Stürme und Alter gebückt – eine traurige Schau, wie sie fast auf allen Jöchern vorkömmt, um uns zu zeigen, daß der Holzwuchs von oben herunter absterbe und daß jetzt keine Bäume mehr aufkommen, wo ehedem noch stolze Fichten die Luft zu leben fanden.

Vom Joche weg erreichte ich bald wieder eine Almhütte, wo etliche betagte Weiber walteten in schlechter Vergnügtheit über das Sommerwetter, das ihnen in den letzten vier Wochen die Alm dreimal mit Schnee belegt hatte. Gleichwohl zeigten sich die Wiesen herum im schönsten Alpenschmucke. Gelb ist die Hauptfarbe solcher blühender Bergmähder und das machen die Ranunkeln, die die Laien Todtenblumen heißen; dazwischen aber mischt sich das Weiß der Dolden, das tiefe Himmelblau der Enzianen, das lebhafte Rosa des Speiks und so entsteht jener zauberhafte Blumenteppich, der den [405] Alpenbesucher so höchlich ergötzt. Von der Hütte an ging’s immer sachte abwärts durch lichten Wald, bis ich den Weg verloren hatte. Glücklicherweise hörte ich hier etliche ferne Schläge im Gehölz. Diesen ging ich nach und kam zu einem Haufen Holzarbeiter, die einen Fichtenstamm nach dem andern zur Erde brachten. Sie wiesen mich zurecht, aber es vergab nicht viel, denn es gelang mir immer nicht, einen getretenen Pfad herauszufinden. Nach längerem Umherirren zwischen Sumpf und Alpenrosenhecken, die eine jähe Felsenwand verdecken mußten, da aus fast senkrechter Tiefe eine grüne Wiese heraufschimmerte, nach manchem vergeblichen Versuche, einen nahen Ausweg zu erspähen, gewahrte ich endlich den Runst eines lärmenden Baches, in den ich mich hinunterließ. Ich verfolgte ihn von einem trockenen Stein auf den andern springend, bis ich unter seiner Leitung ans erste Haus von Hafling kam und damit aller Fährlichkeit und allem Bangen vor Verirrung entrissen war.

Stellung und Lage dieses Dörfchens sind ungemein lieblich, und so zu sagen elegant, gebirgisch elegant. Unten in der Schlucht, die hin und wieder Düsterheit gewährt, ein rauschender Bach, begrüßt von dicken Büschen, daneben ein Häuschen, eine Mühle, vor der Thüre eine Schützenscheibe, ein steinbelegtes Dach, ein silberner Wasserguß. Ueber diesen Bildchen ein ansehnlicher Stoß Felsen, nicht ohne Bäume, nicht ohne Wasserfall. Ueber den Felsen hin und wieder ein breites Kornfeld, anmuthig umgrünt, Häuser, Obstgärten, zwischen Lärchenbäumen ein Kirchenthurm, Strohdächer, die aus schmalen Thälchen hervorragen, da und dort eine Capelle, ein Bildstöckel. Weiter oben das Geschröff, auf dem ein dunkler Schopf von würdevollen Tannen, auf den Höhen Wälder, dick und licht; überall Wege und Stege, Geländer, Brückchen, Zäune, arbeitende Landleute, wandernde Pilger – kurz alles zusammen so niedlich, reich und bunt, daß ein Süddeutscher es nicht anders nennen kann, als eine Gegend wie in der „Krippe.“

Am andern Ende des Dörfchens steht die alte Kirche St. Katharina, zubenannt „in der Scharte,“ schon 1251 von [406] Bischof Egno von Brixen eingeweiht, dicht am Abgrunde, der sich in die Thalgegend von Meran hinabsenkt. Sie erscheint, von unten auf gesehen, frei und schlank, wie in einer Waldlücke stehend, den blauen Himmel hinter sich – davon ihr Name. Mir schien sie immer wie das Wahrzeichen der Meraner Gegend, in ihrer ausgezeichneten Lage auf der ragenden Höhe mit dem röthlichen Thurm, den die Abendsonne am letzten küßt, Sehnsüchtiges Schauen für den lungenschwachen Curgast, der des Abends zu Meran auf der Wassermauer sitzt, wie die Schatten an den rothen Felsen so leicht und sicher hinansteigen und an dem Thurm hinaufklettern, zu dessen Füßen die frischen Bauernjungen von Hafling lustig spielen. There are the young barbarians all at play – aber ihr fröhliches Rufen hallt nicht ins Thal herunter – das Kirchlein steht still in abendlicher Einsamkeit am hohen Horizont.

Hier oben in der Scharte ist eine herrliche Aussicht über das Thal von Meran, von Lana aufwärts bis nach Partschins, das so sommerfrischlich herauf winkt. Die tiefgrünen Matten an der weißen Etsch, die aus dem engen Rachen des Vintschgaues heraus stürzt, die Rebenhügel auf den Halden, die Dörfer, die Häuser und die Burgen, die Stadt mit ihrem hohen Thurm, alles liegt so schön gestickt, so reinlich abgemalt, so frisch und wonnig vor dem Auge, und die hohen kalten Jöcher stehen schützend um das kleine Paradies. Der Einblick in nahe, deutliche Gartengelände trifft den Beschauer oft viel freudiger als das Erspähen kolossaler Erhabenheiten, die in blauer Ferne verschwimmen.

Im übrigen ist das Dorf wenig besucht, vielleicht weil das Wirthshaus schlecht ist, vielleicht ist auch das Wirthshaus so schlecht, weil wenig Gäste kommen. In der Bozner Gegend sind auf gleicher Höhe die früher genannten Sommerfrischen; in Hafling dagegen ist ungemischte Bäuerlichkeit ohne städtische Zuthat. Die Meraner haben für ihren Bedarf Anstalten genug im Thale. Der Menschenschlag ist stark und wohlgebaut, gleich dem im Sarnthal und dem um Meran, zwischen welchen beiden er seine Wohnungen erbaut hat.

[407] Zu Thale steigt man auf einem Bergpfad, der im Walde steil herab führt. Ich ging auf Fragsburg zu das von Meran aus so schön sich darstellt. Ungeheure Kastanienbäume erheben sich ringsherum auf dem Bühel. Das Gebäude ist leer, seitdem es der vorige Besitzer an einen Bauern, verkauft, der die Burg nur betritt, wenn er sie einem Fremden zeigen soll, sonst aber außerhalb wohnt in seinem Bauernhause. Der frühere Besitzer war der mit einer Norddeutschen vermählte Sänger Cornet, bei welchem einst Lewald seine Sommerfrische hielt. Das Schloß hat ein malerisches Aussehen; übrigens ist des Merkwürdigen nicht viel. Etliche Familienporträte der Grafen und Gräfinnen von Manning sind noch vorhanden, an welchen Lewald jene gelungenen Wahrnehmungen über Veredlung der Race gewann, welche man ihm zu Meran noch immer übel nimmt. Auch das Zimmer wurde gezeigt, wo er, von unheimlichen Winden bedrängt, eine schlaflose Nacht zubrachte. Die Gnädige, sagte die Bäuerin, die Gnädige ist nie gerne hier gewesen; wenn Mais Braunschweig und Meran Hamburg wäre, hat sie oft gesagt, dann möchte sie’s wohl aushalten in dem alten Nest, aber so nicht. Darum hat sie auch schon lange wieder das stille Land um Meran mit dem lauten Hamburg vertauscht. Ueber das Burgleben zur selben Zeit, als diese gebildete Gesellschaft hier oben weilte, verweisen wir auf die freundliche Schilderung, die Lewald selbst davon gegeben hat.

Hinter der Fragsburg ist eine ziemlich geräumige Ebene, die hier an diesem Platze gar nicht vermuthet wird, zum Theil Wiese, zum Theile Kornfeld. Drüber hingehend erreicht man bald den Tobel, in welchen der Fragsburger Wasserfall herabstürzt – eine schöne wilde Landschaft mit wogenden Büschen und ragenden Felsen. Am Rande des Tobels fort führt der steile Steig jetzt schon wieder mit allen Reizen südlicher Vegetation verkleidet in das Thal hinab – zuerst noch an einem lieblichen Teich vorbei, der einer Muschel gleich, voll krystallklaren Wassers in kühlem Helldunkel verborgen liegt, regungslos, nur zuweilen von irrenden Sonnenstrahlen gestreift oder von einem verschlagenen Zephyr, ein [408] Platz, wie ein heidnisches Heiligthum oder wie die heimlichen Stellen, wo geschmackvolle Romanschreiber ihre Mädchen baden lassen. Von dem kleinen Teiche abwärts immer steil und schroff nach Katzenstein, einer Veste, verfallen wie die andern, dann in die Ebene und nach Mais, wo ich fast erdrückt von der Hitze, in der ich seit der Fragsburger Höhe gewandert, ins kühle Wirthshaus trat, um die trockene Kehle zu netzen und mir die Schuhe bürsten zu lassen zum anständigen Eintritt in die alte Landeshauptstadt Meran.


  1. *) Ueber die Gelegenheit dieser und der nächstgenannten Ländereien siehe: Gustav Schwab, die Legende von den heiligen drei Königen von Johannes v. Hildesheim. Stuttgart und Tübingen, 1822. J. G. Cotta’sche Buchhandlung.
  2. *) In die Anmerkung wenigstens wollen wir das schöne Lied aufnehmen, das der Münchner Dichter zu Rungelstein gedichtet hat.

    Am Rungelstein, auf dem alten Schloß,
    Wo die Talfer rauscht im Thale,
    Hält König Artus Tafelrund
    Und die Ritter sitzen beim Mahle.

    Die Becher kreisen, es schäumt im Pokal,
    Die Zecher wollen nicht altern;
    Wie könnten sie auch bei Terlanermost,
    Beim feurigen Wein von Kaltern!

    Sie sprechen von Kampf und Feldturney,
    Die wackern, durst’gen Gesellen;
    Derweilen bauen sie drunten im Thal
    Wegkreuze und Feldcapellen.

    Im Erkergaden, im stillen Gemach
    Sitzt Tristan mit Isolden;
    Er flüstert ihr leise ein Mährchen zu
    Von Frauenminne, der holden.

    Derweilen klinget im tiefen Thal
    Die Vesper und die Hora. – –
    Ihr droben! – ’s ist Zeit – nun entsaget der Welt –
    Periculum est in mora!

  3. *) S. die Sommerfrischphantasien von J. F. Lentner im Morgenblatt 1844 Nr. 239 u. ff.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. prächtiger und luxuriöser Lebensstil, siehe Sybarit
  2. Vorlage: waldidigen
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