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Autor: Ludwig Mayr
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Titel: Die zertrümmerte Herrschaft
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aus: Geschichte der Herrschaft Eisenburg Seite 115-182
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Entstehungsdatum: 1914–1918
Erscheinungsdatum: Vorlage:none
Verlag: Selbstverlag
Drucker: Th. Otto’s Buchdruckerei
Erscheinungsort: Memmingen
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[115]
3. Teil.


Die zertrümmerte Herrschaft.


1. Die Neubronner auf Eisenburg bis zur Teilung der Herrschaft 1671.

Das Unterhospital war 20 Jahre im Besitze der Eisenburg, die es am 10.4.1581 von der Stadt erkauft hatte. Am 13. November 1601 fand „Kaufs-Abred“ zwischen dem edlen, festen und weisen Herrn Georg Ehinger, Bürgermeister, Adam Hartlieb genannt Walsporn, des Rats, einerseits und dem ehrenfesten und vorgeachteten Hrn. Hans Eitel Neubronner, Bürger zu Ulm, um den Ankauf des Schlosses Eisenburg mit zugehörenden Leuten und Gütern. Es wurde folgendes verabredet: Bis zum Schlusse des Jahres sollen noch alle Ausstände zum Spital pflichtig sein, ebenso stehend und liegend Holz, auch der Sommer- und Winterschnitt, so auf dem Schloß liegt. Hingegen soll alles Gestreu, Heu und Futter, alle Wägen, Pflüge und anderes Geschirr, dazu 5 Melkkühe und 2 Stiere beim Schloß bleiben. Die Stadt gewährt ferner Weg und Steg zu Fahrten und Plätzen zu den Flößen an der Iller. Die Kaufsumme soll 54 000 fl in Fristen betragen. Am Weihnachtstag 8 000 fl, St. Georgen 10 000 fl, Johannes Baptista 12 000 fl, St. Michel 12 000 fl, Martini oder Weihnachten 1602 nach Käufers Gefallen restige 12 000 fl. Den armen Spitalpflichtigen verehrt letzterer 200 fl. Das Spital behält sich das Wiederkaufsrecht vor. Juden darf der Käufer in der Herrschaft nicht mehr aufnehmen. – Auf Grund dieser Abrede wurde dann am selbigen Tage der Kaufbrief ausgefertigt, worin das weitere Beding, daß der Käufer für die [116] hohe Obrigkeit „ainen yeden Landfuogt Inn Schwaaben alle Jar Järlich auff Sanct Marttinstag Einhundert gulden Innhaldt derhalben auffgerichted Vertragsbriefe zum Endtrichten vnd zun bezalen Schuldig vnd verbunden …“ Endlich wurden den neuen Herren die auf Eisenburg bezüglichen Dokumente und[WS 1] deren Verzeichnis, die schon öfter erwähnte „Registratura Vnd Verzaichnuß derjenigen briefflichen Documenta zu dem Guet, Eisenburg gehörig“ eingehändigt, welche Akten in 7 schwarzen Säcken verwahrt waren. – Am 25. Hornung 1602 schwuren die Untertanen, wobei ihnen ihr neuer Landesvater 60 fl zum besten gab und eine köstliche Gastung im Schloß reichte (G. M., Scho.) Das „Schenkbüchlein“ berichtet noch einige anheimelnde Züge zum Kauftag: „Uff freytag den 13ten 9bris Ao 1601 hat man Herrn Eyttel Hannes Newbronner, Burger zu Vlm als Im die Herrschaft Eysenburg verkaufft worden, In den Vnder Spital allhie 12 kanten Wein vereren Lassen. Seine Beystand sind gewest: Jörg Müller und Lamprecht Baumgartner von Vlm. Mit Inen haben zu nacht gessen Herr Jerg Ehinger Burgermeister vnd Her Adam Hartlieb des Rats, bede derzeit Spitalpfleger, Herr Jerg Besserer und Herr Hans Koch, bede des Geheimen Rats, vnd Her Nikolaus Varnbüler, Dr., meines Herrn (?) Advokata, Hans Lucas Möst, Stattschreyber, David Zoller, obgedachten Herrn Besserer Dochtermann; So bin ich bey den Ambtleuthen gesessen, allda man gar guetten alten Seewein eingeschenckh Vnd damit Eysenburg valldicirt hat.“ – Die sehr bedeutende Erniedrigung des Kaufpreises dürften wir vielleicht, worauf auch die in der „Abrede“ erwähnte Bemerkung des Verbleibs vor „stehend und liegend Holz“ beim Spital abzuzielen scheint, auf bedeutende Abschwendung zurückführen. Das Schenkbüchlein läßt diesem Hans Eitel und „Den verordneten Holzherren“ durch den Rat bei „Jörgen Gaupen zum Wolf“ in M. wieder 8 Kanten Wein verehren, was damit zusammen hängen könnte.

Nach v. d. Becke 295/298 und gütiger Mitteilung des Herrn Stadtpfarrer Rieber-Ulm waren die Neubronner eine alte schwäbische Familie, in der Reichsstadt Ulm ansässig, wo ihre Mitglieder die höchsten Ämter und Würden bekleideten. So war auch der Käufer Hans Eitel Bürgermeister von Ulm. Seine Vorfahren sind nach der gleichen Quelle: Letnes (Peter) Neubronner, geb. 1430, verehelicht mit Apollonia Lebzelderin; dessen Sohn Georg, geb. 1458 ist bereits Senator in Ulm; dessen Enkel Lorenz, geb. 1510, gest. 1565, Handelsherr in Ulm, verehelicht mit Magdalena Schleglin, wird von Kaiser Ferdinand 1560 Adel und Wappen neu bestätigt. Durch seine 2 Söhne [117] Daniel und Tobias sondert sich die Familie in eine ältere und jüngere Linie. Von letzterer sind nach Mitteilung des Herrn Generalleutnants z. D. Neubronn von Eisenburg in Freiburg i. B., in Württemberg noch Nachkömmlinge vorhanden, stehen aber mit denen der älteren Linie in keinen verwandtschaftlichen Beziehungen mehr. Der Stifter der älteren Linie Daniel, geb. 1533, gest. 1605, verehelicht mit Anna Fingerling, ist der Stifter des großen Taufsteins im Münster in Ulm und Vater des Käufers der Eisenburg. Letzterer erhielt von Kaiser Rudolf II den 3.4.1606 einen neuen Adels- und Wappenbrief mit der Befugnis, sich nach der von ihm erworbenen Herrschaft nennen und schreiben zu dürfen. Das heute noch in Blüte und hohem Ansehen stehende Geschlecht schreibt sich seit des Markus Tobias (s. V. Beilage) einzigem Sohn Markus Ernst: Neubronner von Eisenburg.

War die frische, fröhliche Tat (auch Untat) Schild und Wappen der Settelin gewesen, so ist das Kennzeichen der kaufmännischen Neubronner vorsichtige Erwägung des persönlichen Vorteils – selbst bei voraussichtlicher Schädigung künftiger Entwicklung. Wir treten mit diesem schreibseligen Geschlecht in das Zeitalter der Verträge und Verordnungen. Schon 1605 liegt eine solche vor, die verschiedenen Reibungsmöglichkeiten zwischen Roth und Eisenburg wegen Gerechtigkeiten in Amendingen vorbeugen soll. (Sammelband A. N) Sie, vom 26.8. bez. Jahres, lautet auszüglich:

1. daß beide Teile (Herrschaft und Gotteshaus) einen Heiligenpfleger wählen, bezw. einen bei Untauglichkeit absetzen dürfen;

2. daß der Pfarrer jährlich Vermögensverzeichnis und Rechnung in Abschrift der Herrschaft vorlegen soll;

3. daß sowohl der Pfarrer wie die Heiligenpfleger je einen Schlüssel zu den Heiligen-Truhen haben sollen, daß keiner ohne den andern dazu kann; weiters sollen die Rechnungen jährlich im Wirts- oder Pfarrhaus verlesen werden, wenn das Kraut eingebracht wird; etc.;

4.[WS 2] betrifft „die Bestallung des Meßners oder Schulmeisters“: „Soll die Gemeind dem Pfarrer einen tauglichen unverleimdten (nicht übel beleumundeten) ernennen und vorschlagen; da nun derselbig dem Herrn Collatori annehmlich und gefällig, soll er alsdann wohlermeldten Herrn Collatori an Eidesstatt angeloben, dem Herrn Pfarrer mit Opfer und was allen pfarrlichen Rechten zugehörig, treulich, nutzlich und geflissen sein. Im Fall aber bei seinem Dienst er ungebührlich oder unfleißig sich verhielte, soll er, wie oben mit den Hl. Pflegern [118] insgemein abgeschafft werden und besagter maßen ein anderer aufgenommen und sich an die Herrschaft Eisenburg mit der Leibeigenschaft ergeben. Dieweil nun von altem Herkommen, daß ein Meßner als andere Inwohner zu Amendingen der Herrschaft Eisenburg dienstbar gewesen, aus allerhand sich ergebenden Inconvenienzen die Sache dahin verglichen, da ein Schulmeister oder Meßner aufgenommen und ledigen Standes, soll er aller Diensten und der Leibeigenschaft frei und enhebt sein. Im Fall er aber verheiratet, soll er jährlich und eines jeden Jahrs der Herrschaft Eisenburg oder Inhabern derselben auf seine gebührende Zeit als diesen Orten Grunds-Gerichts- und Schirmherrn vierzig zween Kreuzer erlegen und erstatten und ferner zu keinem Dienst verbunden sein, auch über spezifizierte Kreuzer nit gesteigert werden“.

Hierher dürfte ein Prozeß wegen „Überschreitung des Züchtigungsrechtes“, schon damals für den Lehrer ein heikles Gebiet, gehören (v. Zllr. S. 105) Ao 1705, am 11. Februar klagte Joseph Martin, Mesner zu Amendingen, bei der Frau Dr. Hermännin wider Anna Sausel, Eplins Weib, daß sie heute über ihn geschwätzt, daß der Donner und Hagel ihm die Kinder mit der Rute in den Boden schlage; auch sonst noch habe sie ihn geschändet und verschrien, 3 Stunden lang, und kein Abwehren habe geholfen. Und all das, weilen er ihr Mädlin um Schwätzens willen mit der Rute gezüchtigt habe. Bitte um Abhilfe. Den 16. ds. hat Lt. Scheufelin im Beisein des Tobias Hermann diese Sache fürgenommen, wobei Joseph Martin obige Klage wiederholte mit dem Beifügen, daß Eplins Weib wohl wegen andrer Weibergeschichten Feindschaft gegen ihn hege. Auch der Herr Dechant habe ihn heißen klagen mit dem Vermeld, er könne mit ihr nichts richten. Er bitte nun, ihm Frieden zu schaffen und um Erstattung der Ehre. Eplinin klagte wider den Schulmeister, daß er ihr Mädlin ungebührlich gezüchtiget, daß sie am hintern Leib bis oben an den Gürtel wie ein „brütend Brät“ ausgesehen und daß sie doch nichts getan habe. Er habe sie nur im Verdacht, daß sie aus der Schule schwätze; sie sei aber unschuldig: sein eigenes Weib verschwätze ihn. Die Eplinin bekannte auch noch, daß sie ihn im Zorn Schelm und Hund gescholten habe, weil er mit einer frischen Rute dem Mädel so viel Streiche gegeben, daß andre Kinder gesagt hätten, sie könnens nicht mehr hören. Er habe auch ihren Kopf zwischen seine Füße genommen, daß sie nicht schreiben könne. Endlich heiße er sie (das Mädel) immer eine „Schurk“ wegen des Bettelns an der Straße u. s. w. Der Schulmeister replizierte, er habe ihrem Mädel über 3 oder 4 Streiche nicht [119] gegeben, wie das Mädchen selber sagen müsse. Sie habe daraufhin zuhause spinnen und dann den Mist hinausfahren können. Er habe sie sogar lieb, weil sie so wohl lerne. Der Eplin Aussage wegen seinem Weib habe sich nicht „befunden“, denn sie sei damals gar nicht zu Hause gewesen – habe ihn nicht verhetzen können, auch die nächste nicht, daß er den Kopf zwischen die Füße nehme; das sei sein Brauch nicht. Eplinin erbietet sich nun den Schulmeister um Verzeihung zu bitten, bittet aber andrerseits auch ihm zu untersagen, daß er ihr Mädlin nicht „Schurke“ schelte. Er: das habe er überhaupt nicht getan, sondern den Kindern verboten, sie also zu schmähen. – Darauf habe sie ihn um Verzeihung gebeten, womit er zufrieden gewest. Dr. Scheufelin habe ihr ernstlich zugesprochen, Frieden mit dem Schulmeister und der ganzen Nachbarschaft zu halten, widrigenfalls er, wenn wieder Klage über kurz oder lang fürkomme, er das alte und neue zusammennehmen und sie aufs schärfste strafen werde – welchem sie nachzukommen versprach. –

Wegen des der Herrschaft zu Handen Kirchenschlüssels wird ausgemacht, daß dieselbe einen solchen inhaben soll, „zum Sturmstreich (wenn) und ein Glocken zur Gemeind und Gericht gebraucht und gelitten werden solle.“

Im Jahre 1608 erwirbt Hans Eitel (Eitel bedeutete ursprünglich Hans allein, für sich, ohne sonstige Beinamen) auch eine losgerissene Stammbesitzung von Eisenburg wieder: Grünenfurtth. Er kauft es von Lutz von Freiburg um[WS 3] 2200 fl (U. G. M. G. J. Ka), während Buxheimer Akten 22 200 fl setzen. Die goldene Mitte um Richtigkeit dürfte eine in G befindliche, anscheinend um 1600 entstandene Schrift innehalten, welche 12 000 fl als Kaufpreis angibt, den 16. Juni als Kauftag und eine Spezifikation der Rechte und Güter von Grünenfurth darstellt. – Wie sehr Hans Eitel auf die Sicherung seiner Rechte besorgt war, ersehen wir daraus, wie er sich 1607 von Kaiser Rudolph (Sti. 43.12) „Die Freiheit vor fremden Gerichten“ bestätigen läßt, die Sebastian v. Reichlin 1562 erhalten bezw. sich neu hatte „konfirmieren“ lassen. Er reist an die 4 Malstätten des Landgerichts zu Altdorf, genannt Weingarten, Ravensburg, Wangen und Isny, wohin der Landrichter Hieronymus Klöckler jeweils mitreist und überall in derselben feierlichen bezw. umständlichen protokollarischen Weise gesondert diese „Freiheit“ bestätigt, wonach Inhaber von Eisenburg vor kein kaiserliches und sonstiges Gericht belangt werden kann. – 1611 erwirbt er 2 Höfe in Amendingen, auf welche Georg v. Langenegg, Hofmeister des Gotteshauses Buchau, [120] 1607 1000 fl unter der Vereinbarung aufgenommen hatte, daß sie innert 5 Jahren wieder ausgelöst werden. Diese 2 Höfe spuken nun 170 Jahre in den Buxheimer Akten, da sie halb vom Gotteshaus Kempten und halb von Vöhlin als (Afterlehen von Österreich) zu Lehen rühren und darum bei jeder Personaländerung hier wie da und dort neu empfangen werden müssen, was dazumal nur noch eine leere Formalität, nichtsdestoweniger aber mit Mühe und Kosten verbunden war. Nur 1637 tuts ein „Interim“, „da gewisser Motiven halber die Belehnung nit fürgenommen werden kann“, ebenso 1642. 1643 endlich wird auf Donnerstag den 15. Oktober die Investitur auf Schloß Illertissen anberaumt. Die Lehensnehmer haben sich darnach am Vorabende in eigener Person oder durch Gewalthaber vertreten, einzufinden, in der Lehenskanzlei anzumelden und bestimmten Tages dasjenige vorzurichten und zu prästieren, was sich solchen Lehens halber an Lehensrechten eignet und gebührt. In den schlimmen Zeiten nach dem großen Krieg gibt der Lehensherr anstatt des Lehensschillings öfter mit „ain guet Bürsch-Bix“ zufrieden. Die Kosten solcher 2 Belehnungen zu Kempten und Illertissen bezw. Neuburg a./K. erfahren wir aus den Aufschreibungen eines späteren Hans Eitel von 1700 (A. B.), welche hier folgen mögen:

Verzaichniß

der Vnkosten, welche Ich Hans Eitel Neubronner bey Empfang der hochfürstlichen Stifft Kemptischen Lehen Ao 1700 ad 3 Juny baar außgelegt als (die Reise ging anscheinend von Ulm aus)

Erstlichen bey der hinauff Rais z. Illertissen mit dem Einspinniger samtt den zwey Pferden Morgens verzehrt 01 fl 26 kr
Trinkgelt 01 fl 080
Unterwegs nacher Kempten als Dieppelsried zu Mittag verzehrt 020„ 190
Trinkgelt 10 fl 080
Im hochfürstlichen Stifft Kempten vor den Lehenbrief 03000
vor den Lehen Reuers 10 fl 450
VerEhrung d. h. Lehens Secretarii vor die schleinige expedition 010„ 300
Dem Lehen Schreiber 01000
den Tafeldecker vor die hochfürstl. Zimmer zu sehen wie auch vor die Gastung verehrt 01000
In d. Würthshauß z. K. vor zwey Nächt vnd In trey Mahlzeytten sambt dem Pferdt verzehrt 10000
Trinkgelt dem Hausknecht 01 fl 150
Zu nachts Auslaßgelt In Memmingen 01 fl 060
hat der Einspinnige Ihm herabreisen z. Illertissen mit den 2 Pferdt zu Mittag verzehrt 01 fl 590
Taglohn des Metzgers Pferd à kr. 24 d. tags thuet vor 7 tag 020„ 480
Taglohn f. Einspinniger vnd Pferdt des tags fl 1 – thut 07000
sa 32 fl. 24 kr.

[121] Der hier genannte Einspinnige ist der Einspinnige d. h. ohne Gefolge, also allein reitende besoldete Reisige der Stadt zur Säuberung der Landstraßen von „gartenden“ (=entlassenen und herumlungernden) Landsknechten und ähnlichem Gesindel.

Rais Vnkosten
nacher Newburg an der Camel
Zu Ichenhausen mittags selbstander mit 5 Pferd verzehrt 02 fl 11 kr
Trinkgelt 02 fl 100
In 2 tag zu Newburg in Compani d. H. Obervogts zu Haimertingen verzehrt  06 g 37 kr
Trinkgelt im Kuchen und stall allda 02 fl 300
Trinkgelt in d. Schloß z. Newburg d. jungen Herrn v. Stein s. Kammerdiener 02 fl 300
Mittags zu Wekhausen verzehrt 01 fl 470
Trinkgelt 02 fl 150
Nacht zu Ichenhausen verzehrt 02 fl 58 „
Trinkgelt in Kuchen und Stall, Knecht 02 fl 150
den zwey Pferd an d. Eisen zu helfen und ein[WS 4] frisch Eisen 02 fl 280
Zu Burlefingen je 1 Maß Wein, Cost, Brod 02 fl 260
Raithlohn vor 2 Pferdt v. d. Knecht à kr 24 04 fl 480
Trinkgelt 02 fl 300
Vors Futter über die Flinten 02 fl 240
dem expreßbotten, welcher mir das Citationsschreiben überbracht 02 fl 450
sa 22 fl 24 kr
dem H. Stattschreiber vor 3 Concept und Seine Bemühung 03 fl 00
Vor den Lehenbrief 01 fl 300
Canzlei Vnkosten 02 fl 450
Sigel-Gelt 02 fl 180
Anitze aber bezehrt man zu Newburg a. d. Camel weiter 02 fl 340

Die Freiung (das Asylrecht auf fremden Boden) wurde in dieser Zeit nach geachtet, wie folgender Vorfall lehrt: Am 29.5.1606 verwundete nach Scho. 119 ein Schreinergeselle den alten Melchior Ziegler v. M. mit einem breiten Dolch auf den Tod. Dessen Sohn Kaspar eilte dem Täter nach traf ihn beim Amendinger „Käppele“ und schlug ihn zu Boden. Die Bauern aber schleppten den Getroffenen auf die Eisenburger Markung – bis zum Austrag der Sache. – Am 19. Oktober gleichen Jahres entläßt Hans Eitel nach A.B.C. die Barbara Endrißin, Daniels und der Katharina Steßin von Amendingen eheliche Tochter, gegen Erlag des gebührenden Kaufgeldes der Leibeigenschaft. Es möge hier ein solcher „Freibrief“ aus A. Tr. Platz haben. „Wir . . . . bekennen und thuen kund männiglich mit diesem Brief, für Uns, Unsere Erben und Nachkommen, daß Wir vorweisere dies, Ignaz Kappeler des Joh. Christophs Kappeler allhie, und dessen noch im Leben seyenden Ehegattin Franziska Denzlin ehelicher Sohn, der Leibeigenschaft, damit [122] uns derselbe bishero zugethan gewesen, um die erstattete Gebühr in Gnaden ledig gelassen, wie Wir ihn dann solcher Leibeigenschaft mit allen Gelibden, Gefällen, Gelässen, auch all andern anhängigen Sachen dergestalten frei, ledig und los gezählt haben, daß er nun an andern katholischen Orten Schutz, Schirm, auch Burgerrecht suchen und annehmen möge, von Uns, Unseren Erben und Nachkommen ganz ungesaumt und ungehindert. – Zu Urkund dessen etc.

1614 ist Hans Eitel gestorben. Seine Witwe sucht in diesem Jahre für sich und Sohn nebst Tochtermann um Lehensinvestitur betr. der mehrgenannten Höfe zu Amendigen nach. Sie bittet um Bekanntgabe von Malstatt und Tag, wenn möglich nach der Frankfurter Fastenmesse. 1618 verehrt ihr der Rat nach Schenkbüchlein, nebst ihrem Sohn und Tochtermann, im Roten Ochsen zu M. über Mittag 8 Kanten Wein, ebenso ihren Söhnen Daniel und Hans Eitel nach ihrem Ableben 1621, als die Untertanen von Eisenburg denselben 22.7. huldigten. Daraus geht hervor, daß die Neubronner ihren Sitz zu Ulm behielten und nur zeitweise hier nach dem Rechten sahen. Ihre Geschäfte besorgten Vögte. So wird im Kanzleiprotokoll von 1625 als solcher ein Johann Frey, 1647/50 ein Martin Göbelin genannt. 1656 verbietet einer das Fischen bei Amendingen.


2. Daniel und Hans Eitel Neubronner.

Gebrüder Daniel und Hans Eitel (letzterer künftig der Ältere zur Unterscheidung von seines Bruders Sohn) kommen schon 1626 mit den Besitzern von Trunkelsberg, den uns wohlbekannten Gordian Settelin, Bürgermeister, und dessen Sohn Georg Christoph wegen der Leibeigenschaftsentlassung von Trunkelsberger Leuten in Streit, der aber am 19. Juni d. J. „um beharrlicher guter Nachbarschaft willen“ gütlich abgetan wird. Aus einem besondern Fall wird für künftige Zeiten folgende Regel aufgestellt: Wenn ein Paar Huber zu Trunkelsberg (auch hier sind nur 2 Höfe genannt) bei lebendigem Leib ihren Bestandshof an ihre Kinder abtreten und sich ein Leibgeding vorbehalten, so sollen die Jungen unter Leibeigenschaft der Settelin stehen, die Alten aber („das abgetretene Ehevolk“) soll sich der Leibeigenschaft der Settelin abkaufen und unter die der Herrschaft Eisenburg begeben, sofern sie in Trunkelsberg oder sonst Eisenburger Gerichtschaft mit eignen Hauswesen wohnen bleiben wollen. Im übrigen wollen sich die Settelin keiner Oberkeit anmassen, sondern solche ungeschmälert den Herrn Neubronner belassen, wie auch diese sich keiner Leibeigenschaft, Dienste oder Dienstbarkeiten über deren beider Höfe zu Trunkelsberg [123] anmassen. Endlich sollen die Settelin nicht verbunden sein, Eisenburger leibeigene Leute wider ihren Willen in Trunkelsberg aufzunehmen (A. T.)

1636 hat auch Daniel das Zeitliche gesegnet; denn seine Erben bringen um 550 rh. Gulden die Hammer-, Schleif- und Poliermühle zu Amendingen wieder an das Haus Eisenburg (G) und 1639, 25. September, begehrt Hans Neubronner allein vom Magistrat „den Pappirer zu stellen, hab inn sein wasser gefischt“ (Sta. f. 28). Für derartige Kleinigkeiten bestand das Dorf- oder Frongericht als Überrest des alten Schöffengerichts. Als besonders erwähnenswert bringt U. um diese Zeit vor, daß in Amendingen und Benningen welsche Obsthändler wohnten.

Charakterisiert aber ist dieser Zeitraum durch den dreißigjährigen Krieg.

Obwohl Memmingen und Umgebung bis 1632 vom eigentlichen Krieg nicht berührt wurde, hatte es doch nicht minder durch Einquartierungen und lästige Besuche gar arg zu leiden. Das übrige besorgten Kipper[1] und Wipper, d. i. Kornwucherer und Münzverschlechterer, so daß schon 1622 im November ein „Pfennigvochets“ einen Batzen, 1 Malter Kern aber, der im Januar noch 14 fl gegolten, 100 fl kostete. Das platte Land war dazu ganz und gar der Plünderung und allgemeinen Unsicherheit preisgegeben (U). Hiezu ein Beispiel aus Scho: „Am Pfingstmontag Abends ritten etliche Reutter mit jhrem Rittmeister[WS 5], so von Babenhausen her kommen vnd Gelt, so zuvor etliche hieigen Burgern abgenommen worden, widergebracht, vnd by Anthoni Tengen allhier gezehrt, hinweg, vnderwegs gegen Amendingen begegnen jhnen etliche Burgers Söhn und Töchtern, welche zu Amendingen gezechet, vnd als die Reutter begehrten die Mädlen sollen zu jhnen hinder die Roß sitzen vnd mit jhnen spaziren reiten, zuckten die Burgers-Söhne von Leder, vnd haweten auff den Rittmeister, welchen sie auch verwundet. Die Reutter griffen zu den Pistolen vnd wolten schiessen, die Fünff hieige Einspenninger aber, welche mit jhnen geritten sie zu beglaitten, woltens jhnen wehren, da gabe es einen Scharmützel ab, vnd schossen die Reuter auff unsere Einspenninger, welche als sie den Ernst gesehen, seyn jhrer Drey davon geflohen (vnd haben den Jeger Jergen sampt Hansen Wideman) der sich dapffer gewehrt, im Stich gelassen, wie sie dann beede hart verwund vnd geschossen worden. Nach diesem traffen die Reutter Josef Greifen Sohn, einen schönen Jüngling von 20 Jahren, der Peter Weissings Tochter an der Hand geführt, vnderwegs an, vnd haweten auff jhn, als er entfliehen wollen, durchstach ihn einer, daß er Tod blib. Ward hernach hier trawrig begraben, [124] vnd mußte man dem Rittmeister noch eine Summa Gelt geben, damit nicht die Baurschafft solches entgelten müsse. Das Jahr 1628 brachte Quartier auf Quartier. Tausende Kaiserliche lagen in der Umgegend. In Amendingen gab es einen Reiter-Exceß (Scho.) Merkwürdig berührt uns, daß, wo um diese Zeit alle Chroniken des Jammers voll sind über Pest und Hunger und Brand und Gefahr und scheusäliges Tun und Treiben der Soldateska, wir hierüber von all dem in der Herrschaft Eisenburg nichts weiter hören als von den wenigen Fällen, die hier folgen. Am 28. Mai 1631 fiel ein Fähnlein kaiserlich Volk in Amendingen ein und lagerte sich daselbst. Am nächsten Tag kam noch eine Fahn’. Am 4. August nächsten Jahres rasteten 11 Fahnen schwedisches Fußvolk und 3 Kompanien Reiter dortselbst und erhielten aus der Stadt Kommiß. Am 13. Januar 1633 kam zum Wüten der Kriegsfurie noch das der Elemente: Die Sägmühle in Amendingen und ein Stadel daselbst wurden umgerissen. Am 4. Brachmonat gleichen Jahres fand bei der Kapelle in Amendingen ein Reiterscharmützel statt zwischen Kaiserlichen und Schweden, wobei letztere im Vorteil blieben. Bei dieser Gelegenheit wird es auch gewesen sein, daß der Kaiserliche Kommissär Oßer aus Schloß Eisenburg alle Gegenstände von Wert und sämtliche Dokumente nach Ravensburg entführte. Daniel Neubronner reichte eine „Spezifikation“ aller entwendeten Sachen ein. Doch es gelang ihm nur mit großen Mühen und Kosten, die Dokumenten zurückzuerlangen. Alles übrige blieb verloren. Es dürfte vielleicht interessieren, aus dem eingereichten Verzeichnis einiges zu vernehmen (Sti. 43.12): Die in der ofterwähnten „Registratura“ verzeichneten Briefschaften kosteten ihn allein 200 fl Auslösgeld. Aus der Spezifikation:

Ain klain guldin Kettelein in einem Bixlein
1 Diemand Ring
1 Türkiß und 1 Denethring (?)
1 Halß Ürlein
1 Paar Harrfarb Porzinellen Hosen und Casaccen und Wamß
1 Paar äschenfarb. Attlaßine Hosen u. Casaccen
1 Paar feilnbraun Sametin Hosen mit silb. Borte und feilbraun Attlaßin Wamß
1 Paar roth Hosen von Porzinell
1 Ellendshaut
1 brawnen Belz mit Fuchs gefüttert mit silb. gallone u. roth underlegt
1 Roth Damastin Camisol
1 Weiß Damastin Camisol
Ein Paar Grün Attlasen Ermel etc.
1 lebrfarben Seydin paar Strimpf
1 Roth seidins paar Strimpf
2 Grün Paar mit güldinen Spitzen Hosenband u. s. w.

[125] Eine farbenprächtige Ausstattung! Doch wogen die Dokumente mehr. Wir wären um viele Nachrichten ärmer, gerade um die wichtigsten, da die nunmehr vorliegenden oft zahlreichen Kopien erst nach der Teilung gefertigt wurden. – Bei der am 25.3.1634 stattfindenden Belagerung und Beschießung Memmingens blieben ebenfalls die Schweden im Vorteil, wobei sie um M. fürchterlich gehaust haben sollen um zu Geld zu gelangen, besonders nach der im nächsten Jahre von General Horn erlittenen Niederlage bei Nördlingen, welche den endlichen Abzug der Schweden aus M. bedingte. Das Land war in diesen schlimmsten Jahren des Krieges derart ausgesaugt, daß eine unerhörte Teuerung eintrat. Die Bauern wollten nicht mehr anpflanzen, selbst wenn sie gekonnt hätten. Am 30. Dezember 1634 war in der Memminger Schranne nur mehr 1 Viertel Korn zu kaufen. In Obergünzburg riß man sich um einen gefallenen schäbigen Esel. In Ottobeuren stritten sich 2 Weiber um eine Maus. In Boos soll eine Mutter, was seit der Belagerung Jerusalems kaum mehr vorgekommen sein dürfte, von ihrem eigenen Kind gezehrt haben. Es ist bei sotanen Umständen nicht verwunderlich, daß allein im Jahr 1635 in M. 3000 Todesfälle durch Pest vorkamen. Am 11. Februar d. J. morgens 3 Uhr verbrannten die Kaiserlichen die äußere Lehmühle, die Mühle zu Amendingen mit vielem Korn und Mehl (?). Die Schweden entschädigten sich am 1. März durch die Niederbrennung der Eisenburg: „Ist das schloß zu Eißenburg vonn vnsern schwedischen Soldatten Verbrennt wordten aus Beuelch des obersten Moor, Send auß der Statt hinaußgeschickht wordten damit das die Kaiserliche das schloß nit Nehmen.“ Von da an hatte unsere Gegend vor dem eigentlichen Krieg 11 Jahre Ruhe – aber nicht vor dem durchziehenden Kriegsvolk. Tochtermann, dem die meisten[2] der obigen und nachkommenden Angaben entnommen sind, während andre aus G-A; auch U, Scho u. s. w. stammen, schreibt zum Jahr 1637, 3. April: Auch in dißen tagen Send 2 Kompany der Hauptmann Wurmer auch gen Buxheim und gen Amendingen komen“ zwie tag allda gelegen. Darnach uf Babenhausen zu zogen, dan es zu der zeitt alles widerum ganz geferlich und widerwertig mit dem krießswesen darher gangen und wo fort an des Raubents und Blinderns kein End ist. – 1637, 16. April = In dißen tagen Send 5 kompany kaißerisch Fuoßfolkh gen Heimerdingen und gen Ammadingen kommen und Alda etlich Tag im Quatier gelegen und allhie Ist ein kommiß auß der Statt[WS 6] geben worden. Auf den 5ten tag May Send die fünff Hahna folckh von Heimerdingen und Amadingen weg zogen. Der Obrist Weibell ist ir Jenall-Obrist gewest. – All [126] Schrecknisse des Kriegs brachte er gegen sein Ende nochmal über M. und seine Umgebung. 1646, 4. September: Sind zu Amadingen bayrische Reiter eingefallen, sind von Heilbronn allher gekommen, bey 700 gewest, des Kaspars Regiment. Es hat in diesen Tagen große Unruhe gegeben wegen der Reiter. – 1647, 13./23. September: Ist der schwedische Rittmeister Otto Albrecht von Eberstein mit ungefähr 70 Pferden aus der von den Kaiserlichen und Bayern belagerten Stadt M. ausgefallen und von den bayerischen Reitern, die zu Amendingen lagen, alsbald angegriffen worden, hat dieselben aber bald wieder zurückgetrieben, wobei sie einen Rittmeister und einen Reiter verloren. – Die 9 wöchige Belagerung richtete die Stadt nahezu zu Grunde. – –

Es ist staunenswert, wie rasch sich das zertretene Deutschland wieder erholte, und so auch unsere Gegend. Schon 1653 kann der Chronist berichten, daß die Schäden dieses beispiellosen Krieges allgemach zu heilen beginnen. Das Schloß Eisenburg (Hans Eitel Neubronner ist noch am Ruder) wird im Jahre 1653 wieder aufgebaut. Dieser 3. Bau ist in der Hauptsache noch erhalten und von diesem endlich auch ein Holzschnitt aus dem Jahre 1680 (u. a. im Schloß, Museum). Doch muß vor dem Neubau der Verkauf der jedenfalls in trostlosem Zustande befindlichen Herrschaft in der Luft gelegen sein. Denn einesteils legt sich Eitel Hans ein neues Urbar an, das der Gülten halber um diese Zeit nicht viel Sinn gehabt hätte. Andernteils aber findet sich in A. M. (Memmingen Reichsstadt C. 58) ein gar merkwürdiges Schriftstück ohne Tag- und Unterschrift, schwer entzifferbar, im damaligen halb lateinischen Kanzleideutsch, geschrieben ausdrücklich nach dem Schwedenkrieg und unter Sr. Fürstlichen Hoheit Herzog (Kurfürst) Maximilian in Bayern (der 1651 starb). Seine Überschrift lautet: „Nachdenkliche Ursachen, worumben vor allen andern Ihro Fürstl. Hoheit Herzog Maximilian in Bayern etc. eine starke reflexion auf die Herrschaft Eisenburg machen, selbige kaufen und omni quo fieri potens modo verhindern solle, daß sie der Stadt M. nicht in die Hand gestellet werde.“ Warum die Herrschaft der bayerischen Hoheit so sehr am Herzen lag, ist ein ideelles und ein reales Motiv: die durch die „Lutterische Statt“ bedrohten „Cathollische Güeter und diese guet Cathollische Leüth vnd Vnderthanen Jum Eysenburg sollen nit ganzen in Abfahl deß glaubenß nach und nach geflochten werden“. Zum andern wäre es für Bayern sehr vorteilhaft, den Salz- und Eisenhandel, der für Memmingen viel Nahrung bringt, von der Egelseer Brücke über Amendingen, Westerheim u. s. w. abzuleiten. – Doch blieb es beim Nachdenken. [127] Und so kam es also 1653 zum Neubau. – Aus der gleichen Zeit stammt auch ein Neubau der Kirche in Amendingen. Denn im Jahre 1655 stürzte der größte Teil davon ein, worüber Tochtermann sagt: 1655 den 23. Februarj zu Morge nach dem der Meßner hat tag gelitten zu Amadingen in der Kirchen im Durn und nach dem der Meßner widerum nach haus komen, so velt der Kirchen Durn Um felt velig auf die Kirchen und verschlecht die ganze Kirchen und alles in der Kirchen, den altar und den taufstein und auch die drey glockhen im Chor under gelegen. Daß ist einer erschrecklicher Val gewest, gott wol muß ferner Unsre Kirchen erhalten und vor allem iebel behieten.“ Nach Scho. ward die Kirche im Sommer des gleichen Jahres wieder mit Turm erbaut. Dieser „erschreckliche Fall“ beraubte uns jedenfalls aller Spuren der Isenburg. Übrigens waren während des 30jährigen Krieges alle Roth’schen Güter und Rechte zu Amendingen an Buxheim übergegangen, welches dieselben 1642 von Roth erkauft hatte (Bavaria II. 2 1099).

1659 stirbt Hans Eitel der Ältere (A. B.) und die Herrschaft geht auf die Kinder der 3 Geschwister über. Das ist nun ein ganzes Konsortium, denn die Neubronner hatten sich nach eigener Aussage unter Gottes Segen derart reichlich multipliziert, daß die Komunion der Verwaltung der Herrschaft sehr schwierig war, was wir ihnen wohl glauben möchten. Die Teilung oder die Übernahme durch einen lag also nur mehr in der Luft. Sie wählten den leichteren Ausweg: Die Teilung, was wir beim besten Willen nicht anders als den Krämerstandpunkt schlimmster Sorte bezeichnen können. Auf diesen Neubronner’schen Geschwistern lastet der Fluch der Zerstükelung der schönen, immer noch angesehenen Herrschaft Eisenburg und aller daraus entspringenden Folgen.


3. Die Zertrümmerung der Herrschaft Eisenburg im Jahre 1671.

Die Stebenhabersche Familienchronik bringt das Jahr 1665 als Teilungsjahr. Das ist verfrüht. Doch sind jedenfalls schon damals Unterhandlungen im Gange gewesen. Denn wie das „Theilungslibell“ des Sti. 41 ausweist, ist dieser Vorgang ungemein peinlich, bis ins Einzelnste gehend, vorgenommen worden. Dieses „Libell“ ist darum auch ein umfangreiches Aktenstück geworden. Der 25. September 1671 ist sein Geburtstag. Es ist darin erwähnt, daß alles genau und gewissenhaft, mit hellen Sinnen und frischem Mut veranschlagt worden sei, daß daher jeder mit seinem Teil zufrieden und glücklich sein möchte, da alles zuvor ausgemacht worden. Es könne auch jeder mit seinem [128] Teil tun und lassen, was er wolle; keiner habe hinwider ein Privileg oder Freiheit oder Gnad oder sonstige Behelfsmittel oder Fürstand, „es seye Juris oder Facti, noch auch einige Exception absonderlich oder Ohngewißenheit, Unverstands, Irrthumbs, Forcht, Zwangs, Übereyllung, List, Betrugs, Üebervortheillung etc…

Allererst wurden die einzelnen Güter aufgeschrieben und nach ihrem Werte in Rechnung gesetzt: Danach waren angesetzt: Schloß „Vöstin“, Burg und Berg Eisenburg mit 5077 fl; die 17 hiesigen Güter mit 1034 fl – 208 fl; „Auf dem Wald oder Unter Haarth“ (der letztere Name tritt hier allerst auf) mit 1575 fl; Trunkelsberg sei bei Schloß E. in Anschlag gebracht (jedenfalls bloß die daraus fließenden Rechte!); Grünenfurth ist mit 5000 fl in Ansatz gebracht. Sämtliche Güter wurden unter 12 Lose eingeteilt.

Sodann wurden die Hölzer und Waldungen wie folgt geschätzt:

Nr. 01 Burghalde und aus dem Tobel (44 und 15 Jauchert) 1129 fl
Nr. 02 Schnaid 81 Jauchert 1620 fl
Nr. 03 mittl. Tobel 50 Jauchert 2004 fl
Nr. 04 unt. Tobel 54 Jauchert 1263 fl
Nr. 05 kl. Aichholz und etwas v. ob. Halde, darunter das Schächle,
Nr. 05 wo vor der Ziegelstadel gestanden 49 Jauchert
1127 fl
Nr. 06 kl. Aichholz und etwas von ob. Halde 49 Jauchert 1727 fl
Nr. 07 kl. Aichholz und etwas von ob. Halde 58 Jauchert 2340 fl
Nr. 08 ein Stück von Kärs, unt. Halde 87 Jauchert 1754 fl
Nr. 09 ein Stück von Spitäler unt. Kalten 117 Jauchert 1411 fl
Nr. 10 ein Stück bei Schönwies 341 Jauchert 1465 fl
Nr. 11 Fuchsschachen, Staigholz, Dienstholz 75 Jauchert 1509 fl
Nr. 12 Staigholz und anderes 123 Jauchert 1845 fl

Diese Holzmarken wurden neben anderem den obgenanten Losen zugeteilt, so daß jedes ungefähr 6772 fl an Wert darstellte.

Darin befanden sich natürlich auch sonstige Rechte in Geld umgesetzt nach folgender „Nota“:

„Die Gefäll bey allen Güettern durchgehend werden folgendermaßen angeschlagen“:

 Das Malter Korn 6 fl – kr
 Das Malter Roggen 4 fl – kr
 Das Malter Haber 4 fl – kr
 100 „Ayr“ 26 kr
 „Ein Hunn“ 6 kr
 „Hennen“ 10 kr
 „vor Ein Viertel Lein Ansähen 30 kr

[129]

 Vor 1 Pfd. Wachs 15 kr
 vor Tägliche Dienst, so vorverstandnermaßen auß 7 reduziert und gestellt werden Jeden à 24 kr
 Item vor 1 Handdinst 6 kr

Bei allen Leibfälligen, auch Erblehen, werden die Erdschätz, Handlöhne, Auß- und Abfahrten, die Veränderungsgefälle aus 20 Jahren gerichtet und ausgestellt, hierauß jeter Gulten mit 30 multiplizirt und ins Kapital gestellt.“

Die ungewissen und unbeständigen Gefälle als Einlaßgelder, Brautläufe, Leibeigenschaften, Entlassungen davon, Todfälle, Gerichtsbarkeiten, Strafen, Bußen, Nachsteuern, Beisitzgelder u. a. seien nicht auf das schärfeste, sondern beim mindesten angesetzt, wie es sich zwischen engsten Blutsverwandten und Verschwägerten zieme.

Diese von nun an ständig auftretenden Interessenten waren:

a. Aus der alt Daniel Neubronner’schen Linie:

 1. Dr. Daniel jung,       Neubronner,
 2. Hans Eitel (der Jüngere),
 3. Heinrich,
 4. Wolf Christoph, sodann :

 5. Johann Wachter, Stadtammann, im Namen seiner mit weiland Anna Elisabeth selig erzeugten ehelichen Kinder

 Susanna Margaretha,

 Anna Elisabetha,

 Sabina;

 6. David Wachter namens seiner geliebten Ehefrau Juliana geb. Neubronner;


b. aus der alt Hans Eitel Neubronner’schen Linie:

 7. Marx Neubronner ( = Markus);

Gen. Memmingiana hat 8 Interessenten (S. 147). Jeder Linie fielen 6/12 zu; es wurden aber von dem auf b.) treffenden Halbteil des ganzen Besitzes 11/2 Zwölftel dem Dr. Daniel und Heinrich der Linie a.) zugeteilt, was uns Nachgeborenen zwar unverständlich aber auch belanglos ist.

Für die Einzelnen wurden bestimmt: aus

a) Herrn Marx Neubronner 41/2 Zwölftel = 6 Zwölftel;
a. Hen Dr. Daniel      „ 1      „ + 1/96
a. Hen Heinrich   1      „ + 3/96
b) Hen Dr. Daniel  1      „ = 6 Zwölftel.
a. Hen Hans Eitel   1      „
a. Hen Wolf Christ.   1      „
a. Hen Johann Wachter 1      „
a. Hen David   1      „
a. Hen Heinr. Neubronner 1      „

[130]

Das Schicksal bestimmte nun:

Los Nr. 1: Herrn David Wachter:

Schloß Eisenburg mit Zugehörden (wobei hie das erste Mal das „Ambtshauß“ als nach dem Memminger Kauf erworben erscheint, später als „Schloßhaus“, heute „Nudelhaus“),
Holzteil Nr. 1, Gemeindegerechtigkeit in Schwaighausen und verschiedene Güter;

Los Nr. 2: Heinrich Neubronner:

u. a.: Hof und Wirtschaft zu Schwaighausen, Hirtenstab dortselbst, Kraut- und and. Zehente, Dienste, Güter,
Holzteil Nr. 5.

Los Nr. 3: Hans Eitel Neubronner:

verschiedene Güter, Holzteil Nr. 6;.

Los Nr. 4: Marx Neubronner:

Mahlmühle zu Am. (4195 fl), Dienste dortselbst, Güter, Holz Nr. 3.

Los Nr. 5: Demselben:

Kupferhammer zu Am. (2000 fl), Güter, Holz Nr. 4;

Los Nr. 6: Demselben:

Güter, Holz Nr. 7;

Los Nr. 7: Johann Wachter:

Güter, Holz zu Hawangen (20 fl), Holz Nr. 9;

Los Nr. 8: Marx Neubronner:

Güter, Schwaighauser Weiher, Holz Nr. 11;

Los Nr. 9: Demselben:

Wirtschaft Amendingen (v. Jakob Schmid) 4091 fl; Güter, Holz Nr. 8;

Los Nr. 10: Dr. Daniel:

Das Hart (1575 fl); Holz Nr. 10; Güter;

Los Nr. 11: Wolf Christoph:

Güter; Zehend zu Am., Hirtenstab daselbst; Holz Nr. 12;

Los Nr. 12: Dr. Daniel:

Grünenfurt 5000 fl); Güter; Rechte; Holz Nr. 2.

Aus seinen Anteilen Nr. 4, 5, 6, 8, 9 mußte Marx 1/96 an Dr. Daniel, 3/96 an Heinrich abtreten. Die übrigen kleinen Unterschiede über und unter 6772 fl als Durchschnittsmaß für das Los von insgesamt 81 274 fl wurden unter sich ausgeglichen. –

Daß sich eine so zergliederte mit Hoheitsgewalten ausgestattete Herrschaft nimmermehr in Ruhe präsentieren kann, ist wohl einleuchtend. Tatsächlich entspinnt sich von nun an endloser [131] Schacher-, Tausch-, Erb-, Kauf und Wiederverkaufsverkehr, den im Einzelnen zu verfolgen weder lohnend noch überhaupt möglich ist. Wir werden später die Hauptbestandteile der ehemaligen Herrschaft Eisenburg in ihren Schiebungen etwas verfolgen, bis sie wieder in festen Händen sind.

Vorerst müssen wir einen 2. Hauptpunkt des Teilungsvertrags nachgehen, den Hoheitsrechten in der Herrschaft, wie sie sich durch sotane Machenschaften entwickelten, auch dem weiteren Kampf um sie mit auswärtigen Gewalten.


3. Die Hoheitsrechte in diesem Zeitraum.

Die Herren Interessenten verhehlten sich nicht, daß die schwer errungenen Hoheitsrechte sofort von andern Gewalten übernommen würden, wenn sie diese auf jedes Teilgebiet übertrügen. Also übergab man die Landeshoheit einem „Administrator“. War die Zertrümmerung ein verwerfliches Unterfangen der Familie Neubronner, so ist die gleichzeitig damit ins Leben getretene Art der Aufstellung des Administrators kaum mehr zu qualifizieren. Der Inhalt des Begriffes „Landeshoheit“ ist auf dieser Erden doch allerorten an eine Person gebunden, die ihn verkörpert, und an deren Sitz, vielleicht im Allerinnersten an diesen[3] noch mehr als an jene, weil der Sitz dauernder als die ihn einnehmende Person. Nicht umsonst spielen „Thron und Altar“ deshalb eine ebenso gewichtige Rolle wie „König und Gottheit“. Da zeigt sich nun der Schubladenstandpunkt der damaligen Neubronner in seiner ganzen umfaßbaren Größe: Der Administrator, also der die Landeshoheit verkörpernde, vorstellende Herr sollte in folgendem Turnus wechseln: Die ersten 2 Jahre haben ihn die Untertanen in Herrn Dr. Daniel zu erblicken, dann 2 Jahre in Marx, 1 Jahr in Hans Eitel, 1 Jahr in Heinrich, 1 Jahr in Wolfgang, 3 Jahre in Marx, je 1 Jahr in den beiden Wachter – und ihren Nachfolgern; dann begann das Rundum von neuem. Man denke sich nun einesteils den unendlichen Gebietsschacher unter der neubronnerschen Familie und den damit verbundenen Personen- und Geschlechterwechsel, andernteils die mannigfaltigen Wohnsitze der „Landesherren“ zwischen Ulm und Kempten, dann wird man sich wundern müssen wie es möglich war, daß nicht jeder Untertan zum Nihilisten wurde, und nicht mehr wundern wird man sich, wie der in der Einleitung zu dieser Geschichte erwähnte schlimme Ruf der Eisenburger Herrschaft entstehen konnte. Als 1805 Bayern die Landeshoheit übernahm, war tatsächlich oft kaum mehr festzustellen, wessen Untertan dieser oder jener eigentlich gewesen war. – In dieser Hinsicht wäre doch sicherlich der einzig richtige [132] Gedanke gewesen: Administrator ist der jeweilige Besitzer der Eisenburg, die dem Herrschaftsgebiet den Namen gespendet und in dessen Mitte gelegen ist – von nun an aber den Namen „Gut“ führte.

Die Rechte des Administrators wurden genau umschrieben wie auch die durch ihn abzuwandelnden Fälle. Vor allem wurde bestimmt, daß die Grundhoheitsrechte (insbesonders die sog. niedere Gerichtsbarkeit) auch den einzelnen Grundherren verbleiben sollen. Folgende Fälle obliegen der Abwandelung des Administrators: Brand, Mord, Diebstahl (so über 10 fl austrägt), Unkeuschheit wider die Natur, Sodomisterei, Blutschande zwischen Eltern, Kindern und Geschwistern, der andere Ehebruch (so auch von einem Ehemann[WS 7] mit einer ledigen Weibsperson begangen zu verstehen), Zauberei, daraus Leibsschäden entstehen, Kinder vertun, Verbrechen der Urfehden, Gelübde und Eide bei denjenigen, welche malefizischer Sachen halber dieselben über sich geben, geschworen oder erstattet haben; Item Verrückung der Marken und Pfähle vorsätzlicherweise geschehen, Verfälschung von Brief und Siegel, auch Münzen, Gold und Silber und was sonsten anders dergleichen maleficia, so den Rechten nach peinlich bis auf den Staupenschlag inclusive zu strafen seien, Frevel auf gemeinen Gassen, Straßen- und Gemeindsböden, zu Feld- und Dorfhalten begangen, sowohl die Criminal- als Civil-Jurisdiktion. – Sturmschlagen, item auf begebende Fälle der Einquartierung der Soldaten ist ebenfalls Sache des Administrators. Derselbe hat aber in letzterem Punkt neben den jeweils anwesenden Herrn Interessenten auch eines jeden Orts Ammann, Führer und Hauptleute zuzuziehen. Die Besetzung des Gerichts und Erwählung der Ammann, Richter (5 sollen von Amendingen, 4 von Schwaighausen und Hart, 3 von Eisenburg und Trunkelsberg genommen werden), der 4 Hauptleute und „Pittels“, die Aufnehmung der Heiligenrechnung ist ebenfalls unbehindert durch die übrigen Interessenten Administrators Sache. Das bei letzterwähnter „Regierungssache“ übliche Gastmahl soll altem Herkommen gemäß zu schaden gesamter Interessenz, doch allein höchstens bis auf 6 fl, übernommen werden.

Die „Custodie“, welche man zur Verwahrung der Malefiz- und andrer Personen nötig hat, soll ebenfalls auf gemeinsame Rechnung unterhalten werden, und zwar in Eisenburg in der Ursula Hünerin Behausung („Amtshaus“ ?), in Amendingen in des Michael Norgen, derzeitigem Gerichtsbüttels. Die hochgerichtlichen Zeichen unterstehen ebenfalls gemeinsamer Unterhaltungskosten.

[133] Tafernen dürfen nur 2 (zu Amendingen und Schwaighausen) bestehen. Grünenfurt muß geschlossen werden. Das Bräuhaus Trunkelsberg darf nur an eigene Handwerksleute, Domestiken u. s. w. abgeben, also nur dem sog. Hausgebrauch dienen. – Mahlmühle darf nur die zu Amendingen bestehen, auch nur der dortige Eisen- und Kupferhammer, Hufschmieden nur zu Amendingen, Eisenburg und Trunkelsberg. Die von Eisenburg, welche schon früher bestand, soll der Gemeinde also wieder aufzuführen erlaubt sein, auch die „Roßwätte“ zwischen Amtshaus und Jakob Schneider wieder zu reparieren.

Es soll den Eisenburgern Untertanen, die kein Holz haben und denen zu Stegen und Brücken Holz verabreicht werden muß, 4 Jauchert Holzboden zugeteilt werden. Ebenso wurden über alle sonstigen „Regierungshandlungen des jeweiligen Administrators eingehende Vorschriften erlassen, z. B. über das Verhältnis zur Reichsritterschaft u. s. w., die mehr die ausübende Praxis als uns interessieren. –

Obiger Holzboden war bald abgeschwendet, weswegen die Eisenburger Bauern ihren Anteil auszudehnen trachteten. Das machte am 15. Juni 1709 (v. Zllr.) wieder eine Tagfahrt nötig in das sog. „Spitalmeister Käwlin“ (=G’häulin d. i. Gehau), wo die Bauern eine gewissen Spitze des Waldbodens als ihnen gehörig betrachteten. Administrator Jenisch, Hans Eitel Neubronner und Melchior Daniel Neubronner, dann Jakob Wachter und „ich“ (Hermann) mit meinem Sohn Johannes und meinem Schwäher Salomon Müller „rectore“, letzterer mit einer Meßrute bewaffnet, item Jakob Kaufmann, Holzwart, Georg Brand von Amendingen, Jakob Raibel von Schwaighausen, Jakob Schneider von Trunkelsberg sahen sich alle nach einem Pfahl um, der nach einiger Bauern Sag den Unterschied zwischen den Gebieten hätte machen sollen, fanden ihn aber nicht. Es wäre, nachdem auch aus den mitgebrachten „Rissen“ keine nähere Grenze zu ersehen war, nötig geworden, die 4 Jauchert zu vermessen, sintemal man schon vor einigen Jahren unverrichteter Sache auseinander gegangen war. Da aber der Boden von geringer Ausdehnung, auch aus Liebe zum Frieden, verzichtete Dr. Hermann auf diesen Teil, obgleich bald darauf ein alter Pfahl sich fand, an dem Zeichen und Nummer ausgeschnitten worden waren. – Als im Juni 1702 von den Eisenburgern schon alles Holz auf dem streitig gewesenen Boden abgehauen worden war und sie nun denselben auch gar noch zum Grasen ansprachen, ward erneuter Augenschein genommen und 2 neue Pfähle geschlagen. Als Gezeugen der Eisenburger waren Jakob Wider und Barthe Leinselin, Schuhmacher zugegen.

[134] Die Erfahrungen mit dem Grundvertrag von 1671 brachten es mit sich, daß zu Amendingen am 12.6.1678 noch nähere Bestimmungen getroffen wurden, von denen vielleicht die allgemein interessiert, daß jenen Untertanen Erleichterung in der Besteuerung oder gänzlicher Nachlaß derselben zu gewähren ist, denen „ein Stück Rind oder Pferd verunglücken oder verrecken soll. (A. N.)

„An ihren Taten werdet ihr sie erkennen“ – also lassen wir einige solcher Taten, hier Verordnungen, der Landesherren folgen. Da fällt uns vor allem die Zunftordnung nicht unvorteilhaft in die Augen (A. M. Memminger Reichsstadt 57 und Reichsritterschaft 41). Sie wurde als „Handwerksordnung“ von der nachbarlichen Rechbergschen Herrschaft Kellmünz und Osterberg übernommen am 10. September 1689. Sie ist im Reichsarchiv wie angedeutet in 2 Exemplaren erhalten, die teils gleichlautend sind, teils sich ergänzen. Wir behandeln sie als ein Akt.

„In Namen der Aller Heiligsten Ontheilbaren Dreyfaltigkeit Gott Vatter sohns und heiliger Geists auch zu sonderbarer Ehre Gottes, Fortpflanzung und Erhaltung christlicher tugendt und Wandlung, auch besserer Policey und Ordnung der wohl adenlichen Herrschaft Eüßenburg, hingegen zu abkhommen und bestraffung alles widrigen und Ungebührlich, haben die Hoch Edel Gebohren und Gestrengen Herren Herren Administrator und Interreßenten Neubronner Von und Zu Eysenburg etc. Hochgünstig Zugelassen und eingewilliget, daß die Ehrbaren Handwerckher Erwenter Herrschaft als Schmide, Schuester, Kürschner, Strimpffstrickher und Weeber (im 2. Exemplar folgen weiters die Müller, die Beckhen, die Metzger, die Preüwen (Bräuer), Bader, Schlosser, Schreüner, Küefferr oder Schäfler, Zümmerleuth, Wagner, Maurer, Glaßer) mit obrigkeitlichem Wissen, Willen und Consens u. s. w. ein geführth und aufgerichtet.“

Die Handwerks-Zunftordnung teilt sich in allgemeine und absonderliche „Articuly“. Aus der umfangreichen Ordnung sei aus dem allgemeinen Teil folgendes ausgezogen:

Die Handwerksmeister sollen alljährlich an St. Crispinus-Tag (ihrem Patron) 2 Zunft- und 2 Beisitzmeister wählen. An diesem Tage ist wie an allen Hochfesten und Aposteltagen eine Messe oder ein Jahrtag für alle lebende und tote Zunftgenossen lesen zu lassen, wobei eine 4pfündige Kerze zu brennen hat. Wer sich nicht beteiligt, zahlt 1/2 Pfd. Wachs. In die im Wirtshaus wohlzuverwahrende Lade, in der auch die Ordnung unterzubringen ist, fallen außer den Strafen alle Quatember von jedem einverleibten Meister mittags 12 Uhr (!) 2 kr., von einer Meister-Wittib

[T11]
Innungsschild

Vorderseite

der Handwerkerinnung Amendingen
(im Besitze des Schloßherrn).
[T11b]
Innungsschild

Rückseite

der Handwerkerinnung Amendingen
(im Besitze des Schloßherrn).

[135] 1 kr; Meistersöhne zahlen ½ Pfd.. Wachs. Von diesen Geldern, über die jährlich Rechnung abzulegen ist, sind Notdürftige zu unterstützen[WS 8], bezw. ist solchen vorzustrecken. Ein Lehrjunge ist erst 14 Tage zu „probieren“, dann bei Tauglichkeit der Zunft und der Herrschaft mit einem Zeugnis über ehrliche Abkunft vorzustellen. Meister und Junge haben sich hiebei zu ½ Pfd. Wachs zu erlegen und letzterer außerdem den Zunft- und Besitzmeistern 2 fl zu verzehren zu geben. Auch das halbe Lehrgeld ist an diesem Tage zu entrichten, die andere Hälfte über ein Jahr. Diese Aufnahme (Geding) ist aufzuschreiben um allenfalls einen Ausweis (bes. für auswärts) zu haben. Alle und jede „Nachkhimling“ sollen, und zwar eines Meisters Sohn 1, ein fremder 3 Jahre zu wandern schuldig sein und ebensoviel zu lernen. Hernach Meisterstück. Es soll kein Meister dem andern „Keinen Khunden absetzen mit dergleich worten er wolle Ihme besser od wohlfailler arbeithen oder dergleich worth[WS 9] er verstehe es besser als der andre.“ „Soll kein frembder macht haben herein zu arbaith es wäre dan Sach das kein hiesiger Maister dsach Könte vorstehen.“ „Da ein oder andrer Maister sich unverantworthlich und Ungebührlich in Essen und trinken verhalten wurde, soll ein pfund wax zur straff gebe“, ebenso der, der solches hört und nicht anzeigt. Der Herbergvater ist schuldig sowohl kranke als gesunde Handwerksgesellen und -knechte zu beherbergen. „Sollen sich alle und iede Ein-Verleibte Meister und Gesellen des Scharpfrichtens bemiessigen.“ Alle Ein Verleibte Meister sollen sich der gebühr nach verhalten und nit mit der gleichen worthen schelten oder schmähen Du bist ein schelm Deines Handtwerckhs, Hundt etc freter, Stimppler, Maußkopf, Berheister und dergl. Schmachworten sonsten“ ... Solle auch kein Einwohner auf offentlichen Spillblätzen od Jahr Marckhten mit würffel od Karten Spillen sonsten“ ...

Aus den „absonderlichen Artikeln“, die sich mit der Ausbildungs- und Wanderzeit im einzelnen Handwerk beschäftigen, dann wie es zu halten ist, wenn ein Meister mit Tod abgeht u. s. w., was zur „Verhiettung Einiger Stimpler und Freterey“ zu tun ist – aus diesen sind für uns besonders die Vorschriften über die Meisterstücke von einigem Interesse:

Die „Schneider“ müssen „ein Bauren Rockh, ein pfaffen Rutten, ein Meßgewandt und ein paar latzhosen“ fertigen.

Die „Kürßner“ haben einen sauberen „Neyen Beltz“ zu machen und dürfen „auch nicht zu vill und zu wenig an Beltz Heütlein begehren“.

Der „Schuester“ hat seine Meisterschaft an und „ein Paar Weiber schuech mit Lätzlen, ein Paar Possen in einem schnitt [136] ohne ein nath, Ein Paar außgeschnitenes schuech auß gantzem Leder geschniten, Soll Kein nath außer unden haben, die Haut schmürbe Ehe er die selbe schwerzet“ – zu beweisen.

Der „Strumpf Stricker“ soll für eine große Mannsperson ein sauberes, von zarter Wolle gestricktes Paar Strümpfe, oben mit „Kettelin“, auch ein Paar von guter Wolle für eine eben auch so große Person in rechter Länge gestrickte Handschuhe, unten dreifach mit Fransen, beide Stücke ohne Naht zustande bringen.

Das Meisterstück der „Weber“: „eine gollschen, ein doppelter Federritten auf der fischgradt, ein Leinwath, fünff Viertel breüt und ein Vier und zwanziger, auch das geschier selbsten Dir zu machen“.

Die „Müller“ sollen weiter kein Meisterstück machen; mit dem Mahlen aber sollen sie sich also verhalten, daß die Bäcker und Mitbürger vor einer gnädigen Herrschaft keine Ursache zu klagen haben. Herentwegen dürfen aber auch die Untertanen keine andre Mühle gebrauchen.

Die „Beckhen“ sollen sich mit dem Bachen also verhalten, damit kein Würth oder Mitburger gezwungen wurde in der frembde Brodt einzukaufen, das Niemahl kein mangl an Weiß Brod, herentwegen soll keiner, der sein Handwerk nit zünftig gelehrnet, und auch seine gebührende Zeit verwandert, Bachen, absonderlich was einer in seine Haushaltung brauchet.“

Das „Metzgergewerbe“ beansprucht (mit Recht) mehrere Artikel für sich: Jeder Metzger soll zur österlichen Zeit die Fleischbank besuchen und sich der Gebühr nach mit gutem Fleisch versehen; wenn er dem nicht nachkommt, soll ihm das Metzgen das ganz Jahr hindurch verboten sein. Zur Beförderung des beständigen Metzgens sollen alle Nebenmetzger abgetan sein. Nur für den eigenen Haushalt und für die eigene Wirtschaft ist es Bürgern und Wirten erlaubt. Ein „schauhaft Stück“ darf nur vor 2 Zeugen geschlachtet werden. Fällt ein Stück beim Treiben auf der Straße, in Ermanglung von Zeugen, so muß der Metzger dessen Blut den Vorgesetzten bringen zur Feststellung der Krankheit.

Das Meisterstück: der nachkümmlung angehender Meister soll ein Stück Vieh zwischen 3 und 4 Zentner kaufen, nach Pfund schätzen; was über 8 Pfd. auf oder ab fehlt, soll er für jedes fehlende Pfd. sein gebührende Strafe zahlen. Dann soll er das Rind nach Handwerksbrauch spalten, den halben Teil stückweise „verhauen und verlegen“, jedem Stück den gebührenden Namen geben; darauf sollen die Beschaumeister diese Stücke verwechseln [137] und er dieselben wieder ordentlich zusammenlegen. Jedem Fehler seine Strafe!

Die „Bräuer“ brauchen kein Meisterstück abzulegen, doch soll keinem vergönnt sein zu Brauen, der dies nicht ehrlich, redlich und zünftig gelernt hat. Das Backen und Metzgen ist den Bräuern erlaubt, wenn sie es zünftig erlernt und erwandert haben.

Auch den „Badern“ ist das Meisterstück erlassen; doch sollen sie mit Aderlassen, Beinbrüchen und sonstigen Schäden wohl umgehen können und solches von einem Meister erlernt und erwandert haben.

Der „Schmied“ soll dem Schlosser und dieser jenem nicht ins Handwerk pfuschen. Als Meisterstück hat der Schmied ein Paar Räder zu beschlagen „darob die Erstere schinnen messen, die andere vnnd yberige Schinnen ohne weiteres meß dergestalten richten, damit der obere Nagl die Speichen treffe. Item solle Er ein pferdt mit 4 Huefeißen beschlagen, daß erstere Von des pferdts Fueß nur einmal abmessen Unnd die yberige drey darnach gleich richten“ …

Das Sicherheitshandwerk der „Schlosser“ hatte besondere schwierige Arbeit: Eß solle ein Schlosser ein Lauterschloß mit drey Rigelen sambt einer schnallen mit einem gleten eingericht, mit einem Store Unnd zwei Creütz sambt dem Schlissel machen, sauber ballirt sambt einer Blaugeschältzten Däckhin, aller aufgeschrauft Unnd nichts wider nieter, sambt aller Zugehör, wie auch ein verdeckhteß Truchenschloß mit Vier Horingsnaßen mit einem gleten eingericht, mit zwölff reifen Unnd aller Zugehörd, Item ein Marckhschloß mit einem Vurblatt, mit einem Viereggeten Umbgehenndten Dorren mit zwey Rigel, Unnd sollen diße Stuckh in eines frembden Meisters Hauß gemacht werden.“

Der „Schreiner“ hatte eine Kasse mit doppeltem „Bejstendt“, einen Rahmen mit 6 Flügeln und einen ausziehbaren Tisch zu fertigen,

„Ein jeder „Wagner“ oder Krumholtz“ aber 2 Räder und eine „Axt“ darein (Achse), ohne Maß zu nehmen und doch das „mitl Laiß“ zu treffen. Von den 12 Felgen hat eine so lang zu sein wie die andre und gleich ausgeteilt.

Die „Zimmerleute“ sollten keine „geleimte“ und die Schreiner keine Zimmermannsarbeit machen. „Eines Zimmermeisters Sohn war ein Hebgeschirr, ein frembder ein Kampfrad aus zugerichtetem Holz in 8, aus rauhem Holz in 12 Tagen herzustellen, einen spitzigen Turm auf 80 Schuh Höhe und 18 in die Weite, eine welsche Haube auf 16 Schuh „auf dem Gemeir [138] Unnd Vier Unnd Zwantzig schuech in der mitte nach Laut des Junngmeß, den Riß dennen Maistern vorzulegen, zue machen schuldig.“

Der „Küfer“ hatte als Meisterstück einen Zuber zu liefern, mit einem „auffgezogenen Rohr vnnd zapfen, Imgleichen einen Bronnen Aymer vnnd eine zwölfmessige Pitschen, Item ein Wasserschaff mit einem halben lidt vnnd in das maß, so ihme würdet fürgelegt werden.“

Der „Maurer“ soll ein Gewölle errichten. Im Fall dies eben nicht angängig wäre, müsse er den Grundriß zu einem Schloß oder einer Kirche nach näheren Angaben hiesiger Meister aufnehmen.

„Es solle ein „glaser“ eine Runde Laterne ohne holtz oben mit einem Kleinen Helßlen von lauter guetem Waldtglase, Ein drifachen Creützstockh Von lauter Runden gleßer“ … machen.

Nach Beschauung dieser abgemeldeten Meisterstücke solle denen Beschaumeistern ihr gebührender Trunk gegeben und ein Meistermahl gehalten werden.

Das mehrerwähnte Verbot des „Hereinarbeitens“ fremder Meister wurde auch anderwärts streng gehandhabt. So ist in dem Gerichtsbuch v. Zllr. unterm 248brAo 1700 die Klage der Memminger Schneiderzunft in Behandlung des hermännischen Gerichtshalters. Diese Klage richtet sich gegen Hans Gallasch, Schneider von Amendingen, daß er bei dem Kreuzherrn im Spital nähe. Es wird um remedirung gebeten. Der Gerichtshalter verbietet ihm also „bey unaußbleiblicher Straff solches nähe in der Statt.“ Jener scheint sich aber die Verwarnung nicht sonderlich zu Gemüt genommen zu haben; denn unterm 17. Jenner 1701 kommt der Schneider mit Vermittlung des Gerichtshalters vor den Rat der Stadt selbst, da er das Nähen im Spital nicht gelassen. Es wird ihm angekündigt, entweder solches Nähen oder die Stadt zu meiden.

In der gleichen Quelle ist auch ein Bericht an die Herrschaft Eisenburg von Joseph Kaufmann von Schwaighausen enthalten, welcher von seiner Gemeinde und der Handwerkszunft „Omatingen“ nach Ulm deputiert worden, um zu vernehmen, was bei dem am 27. Aprilis 1702 allda gehaltenen „Ritterkonzert“ den zitierten Ritterorten und deren Handwerker für Anzeigen geschehen seien, und berichtet nun, daß, was das strittige Zunftwesen betreffe, es künftighin keinem Ort vergönnt sein solle, die Zunftordnung[WS 10] zu halten, oder aufzurichten, als nur jenen, die mit hoher Jurisdiktion oder Stock und Galgen bedacht seien; ferner sollen keine fremden Meister in die ritterschaftlichen Zünfte eingenommen werden, sondern jeder dieser Orte soll seine [139] Leute selber versorgen und auch keine Pfuscher daneben dulden u. s. w. In diesem Bericht ist endlich erwähnt, daß die Amendinger Handwerkerzunft die älteste in der Ritterschaft und schon 1491 aufgerichtet worden sei. Dazu stimmt auch die Inschrift des im Schlosse noch vorhandenen Zunftschildes.

Das Hochgericht, das nach dem schlimmen Eingriff der Landvögtischen anscheinend 1586 wieder aufgerichtet worden, war inzwischen baufällig geworden, und so brachte es ein böser Sturmwind im November 1699 fertig, Galgen und Pranger bis auf ein Stück Holz zu Boden zu werfen. Sti. 43.10 meldet nun protokollarisch, wie das neue Hochgericht am 25. 2. 1700 wieder aufgerichtet wurde: Nachdem das dazu benötigte Holz gefällt und zugerichtet worden, begaben sich die Zimmerleut, Maurer und übrigen Handwerksleut aus Eisenburger Herrschaft (bis auf einen, der nicht für redlich gehalten wurde und dem deshalb ein anderes Geschäft befohlen worden war), aus Eisenburg mit Pfeifen und Schalmeien in Ordnung zu der Stelle, wo der Galgen zu setzen war. Nachdem die Herren Interessenten (die nebenbei bemerkt wegen der Kosten schon lange einen Briefwechsel geführt hatten), benanntlich Hans Eitel dermalen Administrator, Jakob Jenisch, Melchior Daniel Neubronner, Jakob Wachter, Dr. Benedikt Hermann nebst Sohn Johann Hermann, Lt Scheiffelen) auch dahin gekommen, hielt Lt Scheiffelen aus Begehr der Handwerker einen Vortrag, warum man beisammen sei, nämlich das vom Wind zu Boden geworfene Hochgerichtszeichen wiederum neu aufzurichten, den Bösen zum Schrecken, den Frommen zum Trost. Daß sie die Untertanen, dabei abnehmen könnten, wie man sie wider die Bösen schützen und schirmen könne. Es ward ihnen zur Arbeit Glück gewünscht, daß sie ohne Schaden und Nachteil verrichtet werden möchte. Der Herrschaft ward gewünscht, daß sich kein Fall zum Gebrauch dieses hochgerichtlichen Zeichens ereignen möge, da dies nur Kosten und Mühe verursache (!), den an- und abwesenden Untertanen hinwiederum, daß sie sämtliche der liebe Gott behüten wolle, daß solche Strafe nie mit einem oder dem andern fürgenommen werden dürfe. Schließlich wurden die Anwesenden versichert, daß ihnen, wenn sie wegen der heutigen Arbeit angefochten oder beschimpft würden und sie dies der Herrschaft geziemend anzeigen, durch letztere gewiß und gebührend an die Hand gegangen und diese Ungebühr in große Strafe gesetzt werde (es war nämlich die Berührung eines Hochgerichts als ehrlos machend damalig allgemeine Anschauung, weshalb die Handwerker durch Sonderartikel gegen solche Ansicht geschützt werden mußten, s. auch den betr. Satz in der Zunftordnung!).

[140] Auf diesen Vortrag hat Josef Kaufmann, Schuhmacher in Schwaighausen, geantwortet und gebeten ihnen samt und sonders auf gedachten Fall an die Hand zu gehen, in welcher Hoffnung sie gehorsamlich erschienen und gesonnen seien, dieses Werk gesamter Hand anzugreifen und zu Ende zu bringen. Das wurde ihnen nochmal versprochen, worauf der Zimmermann Michael Merk den Handwerksleuten zugeredet ein paar Vaterunser zu beten um Glück zu vorhabender Arbeit von Gott zu erlangen, welches dann auch auf den Knien geschah. Nach verrichtetem Gebet haben sie die Arbeit mit Aufrichtung des Galgens angetreten und glücklich vollendet. Darauf verfügte man sich auf den andern Platz, wo der Pranger aufzustellen war. Und nachdem auch dies gottlob glücklich beendet war, begaben sich die H. H. Interessenten und sämtliche Handwerksleute in guter Ordnung unter Pfeifen und Schalmeienspiel nach Amendingen in die Wirtschaft, allwo sie auf Kosten der Herren vergnüglich gastiert und traktiert wurden, aber auch untertänigen Dank ablegten.

Nach v. Zllr. S. 74 u. a. betrug die Zahl der Teilnehmer an dem „fröhlichen“ Mahl bei 40 Personen, die man mit Bier, Essen und Branntwein „traktieret“. Herrn Administrator Hans Eitel sei es zugefallen, ein Protokoll darüber aufzunehmen, damit man es fordernden Falls jederzeit nachschlagen könne – und hindurch wissen auch wir den Vorgang. Die Gesamtkosten für Erbauung des Hochgerichts, eines neuen Hirtenhauses zu Eisenburg mit einer Kustadie daselbsten beliefen sich auf 200 fl. – Über letztere ist im Gerichtsbuch zum Jahre 1699 den 2. März also zu lesen: An diesem Tage begaben sich Herr Administrator Jenisch, i. V. Herrn Hans Eitel Neubronner, Herr Jakob Wachter und Herr Melchior Daniel Neubronner nach Eisenburg Zur Augenscheinnahme, weil in Vorschlag gekommen, dortselbst ein „Hirtenhäußle“ zu bauen, so es sich schickte und weil Herr Hans Eitel das Holz dazu um billigen Preis offerierte. Dasselbe sollte zugleich mit einer Kustadie verbunden werden. So ist der Platz dazu ausersehen worden, wo vordem die Schmiede gestanden. Weil aber solcher gar zu klein und dazu auf einem Bühel ist, auch die Bauern wieder eine Schmiede herrichten wollen, wurde davon Abstand genommen. Einige Zeit hernach wurde ein Platz ohnweit davon gegenüber einer großen Linde auserwählt (heute Hs. Nr. 13a, bezeichnete Schmiede ist die heutige Krämerei).

Vor Aufrichtung des Hochgerichts hatten die Interessenten Zweifel bezüglich des Benehmens, d. L. V. zu dieser Angelegenheit, da sie wegen der vielen bald zu erwähnenden Reibereien [141] gewitzigt worden waren. Scheuffelin ist der Ansicht, daß man die L. V. nicht brauche, sei bei Reparierung des Hochgerichts vor 40 Jahren auch nicht dabeigewesen. Der 74 Jahre alte Vetter Hans Eitel weiß sich nicht mehr zu erinnern, wie es damals gehalten worden sei (Sti 43.10). Doch ging es anscheinend ohne sie.

Die Halsringe zum Pranger, die zerbrochen waren, gibt Hans Eitel jung dem Schlossermeister David Hecker zu Amendingen zur Reparatur. Der kommt und sagt, daß weilen das ein Malefizsach sei, müsse jeder Handwerksmeister einen Streich tun, sonst wäre ihm das sehr nachteilig (d. h. er würde nach damaliger Auffassung „unredlich“). Kostet für 19 Personen 4 fl 30 kr.

Vom wirklichen Gebrauch des Hochgerichts ist dem Bearbeiter wenig bekannt geworden. Aus T. B. und Scho. H. erfahren wir nur einmal die Hinrichtung „eines Weibsbildes“ mit dem Schwert. Es war aber schon am 15.2.1671 (s. später). Veit Laminet berichtet ferner in seiner Chronik, daß ein Mann, der im Landvögtischen zwischen Eisenburg und Amendingen erhängt aufgefunden worden sei, unterm Eisenburger Galgen begraben wurde (29.9.1721). Aus den wenigen vorliegenden Administrationsrechnungen (Sti 44.10) ist ersichtlich, daß letztgenannter Adam Zengerlein hieß und durch seine selbstgewählte Todesart 52 fl Kosten machte, wovon die L. V. 40 ersetzte, da sie ihn hätte „behandeln“ müssen. Auch 1717 macht ein Barthol. Salzgeber durch seine hochgerichtliche Beförderung aus dieser schlimmen Welt 73 fl Kosten. Das Gebiet der Herrschaft war freilich auch zu klein, um das rauhe Recht dieser Zeit zu veranschaulichen. So berichtetet Dobel (B. 31), daß in M. von 1574–1673 80 Personen zum Tode verurteilt wurden, wonach im Verhältnis zur jetzigen Größe Bayerns gegenwärtig jährlich 400 derartige Todeskandidaten träfen!

Eisenburg hat deshalb auch keinen eigenen Scharfrichter, sondern erholte sich gegebenenfalls den von Memmingen. So liegt ein Vertrag von 1727 vor: „Verglich mit Meister Johann Conrad Neher, Scharfrichter in M. den 22. Dezember (A. T.)

1. Solle ihm bei einer vorgenommenen hochgerichtlichen Exekution, und zwar welche mit der Todesstrafe geschieht, fünfzehn Gulden bezahlt werden, auch so viel wenn sich eine Person selbst ertränkt oder sonst das Leben verkürzt.

2. Wenn eine Person zur Tortur wirklich gebracht worden, wurden ihm drei Gulden bezahlt. [142]

3. Oder wenn solche allein vorgestellt werden müßte zwei Gulden.
4. Wenn aber solche Exekution mit der Abschneidung der Ohren oder der Nase geschieht, wird ihm drei Gulden, für Aufbrennung des Galgens oder anderer Zeichen mit Vorstellung auf dem Pranger auch drei Gulden bezahlt; so aber eine Person allein auf den Pranger gestellt wird, hat er 2 fl zu empfangen.
Punkt 5–12 betrifft den Wasen; s. u.
13. So ein Roß oder Vieh, es sei groß oder klein, von Sodomiterei angegriffen, mithin solches abgetan, verlocht oder verbrannt werden müßte, so soll ihm hiefür 1 fl 30 kr entrichtet werden.
14. Von alters her sei es bei der Herrschaft Eisenburg Herkommen gewesen, daß jeder angenommene Scharfrichter auf seine Kosten 2 Wind- und einen Spür- oder Suchhund der Herrschaft zu Dienst angeschafft und unterhalten habe. Solches wird nun auch Meister Neher beobachten.
Es siegelt diesen Vertrag als derzeitiger Administrator Melchior Daniel Neubronner von und zu Eisenburg auf Trunkelsberg.

Da der Scharfrichter immer zugleich auch Wasenmeister war, so handelt Punkt 5–12 dieses sellen Vertrags auch hievon. Darnach mußte jedes gefallene oder durch die Schau abgesprochene Stück dem Meister Neher angezeigt werden, wofür die anzeigende Person von ihm einen Lohn von 3 kr zu erhalten hatte. Das betr. Stück mußte dann von seinen Leuten sofort abgeholt werden. Vorsorglich war bestimmt, daß seine Hunde anzukoppeln seien, damit durch selbige kein Schaden geschehe, den er zu ersetzen hätte. Von den Rossen unter 3 fl Wert habe er den Bauern 1 fl zu bezahlen, könne aber die Haut behalten; von jenen, die die 4 Hauptmängel haben, oder schäbig u. s. w. seien, gehe ihm die Haut ohne Entgelt zu. Will der Bauer Haut, Kopf und Beinling, so habe er dem Meister 1 fl 6 kr zu erstatten, andernfalls gibt er dem Bauer 20 kr Entschädigung. All dies gilt nicht für ausländische Pferde, die bei Schmieden oder anderen Pferde-Ärzten in Kur stehen; für solche müsse er wohl nach billiger Erkenntnis etwas mehr geben. Vergeht sich ein Bauer gegen vorgemeldete Punkte, so darf der Scharfrichter nicht auf eigene Faust vorgehen und ahnden, sondern er hat es der Administration anzuzeigen.

Zehn Jahre später gab es hiewegen Irrung. Die Administration hatte das Unterhospital, das einen Großteil der Herrschaft an sich gebracht, und dem auch Holzgünz gehörte; die Bauern von dorten unterstanden in den hier berührten Punkten [143] ebenfalls dem Scharfrichter von M., jetzt Meister Widmann. Dieser faßte einige Punkte des Vertrags anders auf als die Bauern. Es kam zwischen ihm und diesen, vertreten durch den hospitalischen Pflegsverwalter Melchior Sigmund Lupin zum Vergleich vom 9. November 1757 (A. M.), worin gesagt ist, daß die Bauern von Eisenburger Herrschaft und die hospitalischen Untertanen von Holzgünz für jedes, auch an den 4 Hauptmängeln umgestandene Stück über 2 Jahre 20 kr Botenlohn zu empfangen haben (wird wohl die Entschädigung von 20 kr gemeint sein?). Für Roß und Rind unter 2 Jahren, dann für Kälber, Schweine, Schafe und ähnliches Schmalvieh hat der Wasenmeister nichts zu vergüten.

Ein anderes Bild! Nach den Drangsalen des 30jährigen Krieges und dessen unmittelbaren Folgen und nachdem diese verwunden, regte sich wieder umso mächtiger ungezügelte Lebenslust. Alle Chroniken sind des voll (s. auch Chronik v. Dickenreishausen). Besonders kannte die Trinklust der Männerwelt keine Grenzen. Und da war es besonders der Branntwein, der seine Rolle spielte und sein Zepter schwang. U. berichtet, daß dieses Getränk schon um 1523 anfing leider allgemein zu werden. Und man probierte im Rat (was probierte der dazumal nicht alles!) durch Verordnung den Verbrauch einzuschränken, indem nur noch an Dienstagen und Samstagen Portionen von 1/8 Maß abgegeben werden durften[WS 11]. Der gute Rat! Nach dem 30jahrigen Krieg aber stieg der Konsum des Branntweins derart, daß ihn der Rat ganz verbot – um die Einhaltung des Verbots kümmerte er sich wohlweislich nicht. Dazumal waren in der Stadt (nach U) wenigstens 5 Branntweinbrennereien, andere in Eisenburg, Berg, Heimertinigen, Schwaighausen u. s. w. Und da mag es denn manchmal freilich nach bäuerlichen Begriffen „recht lustig“ zugegangen sein. So erwuchs folgendes köstliche „Verbott wegen den Sebeln, den Eisenburgischen Underthanen Söhnen und Knechten zu Amendingen, Schwaikhausen Eißenburg und Trunkelsperg fürzuhalten, und von denen Ammnann in der Herrschaft Eißenburg vorzueleßen ist.“

Verbott.

Demnach Bey unlängst fürgegangenen gefährlichen Handel zu Schwaigkhaußen sich geweiset und gezeiget, wie übel unserer Eisenburgischen Underthanene Söhn und Knecht ihre Sebel zugebrauchen wissen, da leichtlich Todtschlag hätte fürgehen und geschehen können, wann der Liebe Gott nicht seine Vätterliche Obhut walten Lassen: Welchem Deßhalben schuldiger Danckh zuerstatten ist. Damit aber inß künfftig dergleichen Ungelegenheit sovil möglich verhüetet und deren vorgebogen werde, als

[144] Befehlen hiermit …, daß wann der Eißenburgischen Underthanen Söhn und Knechte auf Hochzeithen, Schenckhen, Kirchweyhen und Tänzen oder andere Kurzweilen gehen wollen, daß sie ihre Sebel |: als welche sie darbey nicht von nöthen haben sondern auf für fallende Not aufheben sollen :| zu Hauß Lassen, dann widrigenfalls da einer oder der ander diesem Verbott zu wider und entgegen mit dem Sebel Betretten wurde, der soll nit allein demselben seinem Gerichtsherrn verfallen haben, sondern auch noch einen Gulden Zur Straff demselben zu erlegen schuldig erkennt werden, Zu solchem Ende soll Franz Klingepühl Eisenburgerliches Gerichtsbittel fleißiges Obsehen und aufsicht haben ....“.
(A. T.)
Geben zu M. 22. Augusti / 1. 7br. A. 1697.
Hannß Eitel Neubroner v. u. z. Eißenburg, Administrator.
1730 schloß die Administration (Hospital) mit der neuen Herrschaft auf Trunkelsberg eine Vertrag dahin zielend, daß solchen innerhalb des Hoheitsgebietes von einem Ort zum andern ziehenden (heiratenden) Mannes- oder Weibspersonen keine Leibsentlassungen, Abzug oder Nachsteuer abgefordert werden dürfen (also eine gewisse Freizügigkeit!).
(A. T.)

Es war Streit in Eisenburg entstanden wegen des den Berg herablaufenden „Himmelswassers“, erstmals 1702 zwischen Johann Schneider und Peter Jaich. Jeder wollte die düngende Fülle in seinen Garten leiten; keiner wankte, keiner wich. Der Herr Administrator muß Augenschein nehmen und entscheidet echt salomonisch: Die Streiter sollen einen Tag um den andern das Wasser abwechselnd genießen (Sti 43.6 u. 50.2). 1744 sind andre Leute da, aber der Streit ist der alte. Diesmal streitet Georg Rosengart, Ammann, wider Peter Herzog. Es wird durch die Administration dahin verglichen, daß Peter Herzog nicht befugt sei, wie sein Herr Konsulent Johann Klemens von Zoller vermeine, durch einen Graben das kostbare Naß, das den Berg herunterläuft, in seinen Garten zu leiten, sondern solches sei seit undenklichen Zeiten in Georg Rosengarts, des Ammanns, Gut gelaufen, insonderheit, da 1726 Peter Herzogs Haus nebst Garten noch gar nicht gewesen, sondern mit Konzession des Gotteshauses erst 1727 gemacht worden sei. Tatsächlich findet sich Sti 43. 4 ein Vertrag vom 9.10.1727 zwischen Mitinhaber v. Zoller und dem hospitalischen Pflegamt, wonach ersterem gestattet wird, hinter dem Schloßbauer (Hs. No. 16 v. heute) ein Häuschen zu bauen nebst Garten einzuzäumen, [145] wofür er aber an die Gemeinde wegen Weideentgang jährlich 45 Kr. zu zahlen habe wie Hansjörg Engelmayer, der Schmied, Martin Heinzmann und Michel Rauh auch. – Die damalige Landwirtschaft zeigt sich hierin ihrer ganzen Armseligkeit und Hilflosigkeit inbezug auf Düngung und Fütterung. Übrigens kam die Angelegenheit erst 1749, nachdem mächtig viel gutes Papier verschrieben worden, zur Ruhe: Das Regenwasser das den Berg herabläuft, kam bisher in den Schloßweiher an des Andreas Osterrieds Garten. Da nun der Weiher zu Grasboden gemacht sei, gehöre es also dem Schloßgut zu. Nun seien die Streiter von 1702 aber käuflich an das Spital gekommen, das Wasser folglich von ihnen genommen und dem Ammann Rosengart zugebilligt worden, woselbst es nun zu verbleiben habe.

In diesen Tagen war auch viel Handel wegen Trieb und Weg. Zu ersterem Punkt erscheinen 1744 vor Gericht Jakob Eyrle, Michel Birzler, Johann Michel Höck und der Zimmermeister Martin Zimmermann, sämtlich von Unterhart und beschweren sich gegen die Schwaighauser, die ihren Trieb und Tratt strittig machen. Martin Zimmermann bringt vor, daß er vor 34 Jahren allda gehütet habe. Da seien die Schwaighauser gekommen und hätten ihm sein Vieh gepfändet. In der Herzensangst eines machtlosen Buben sei er heimgelaufen und habe um Hilfe gerufen. Die Unterharter hätten zwar das gepfändete Vieh wieder an sich gebracht und es sei zum Prozeß gekommen. Die stritigen Schaighauser (der Wirt und der Haldenbauer) seien dahin verbeschieden worden, daß die Harter den Mittrieb haben von ihren Häusern bis zum Bächlein, das auf Haldenbauers Mahd entspringt und bis hinunter zur Holzgünzer Triebsaul. Das Gericht entscheidet auch heute so, den 8.9.1744. (Sti 43. 6).

Endlich sind folgende Wegsachen anhängig: Am 23.8.1727 wird bestimmt, daß die Eisenburger den Weg nach Trunkelsberg zu unterhalten haben, daß aber die Trunkelsberger Anstößer die Gräben auftun müssen. (Eisenburg ist bei dieser Angelegenheit durch Ammann Martin Hieber, Führer Hans Oskar Herzog, den Gemeindsmännern Jerg Merzen und Hans Schneider vertreten). Peter Jaich endlich soll das Gras mähen dürfen. – 1750 wird dem Schloßbauer Johannes Frehner erlaubt, um seine Felder Gräben zu ziehen; wenn man aber ins Holz fahre, müsse er selbe 8–10 Schuh auffüllen. Auch der Ammann Rosengart müsse durch seinen Garten zu den Schloßfeldern fahren lassen, wie auch Martin Specht den Ulrich Schweigkart auf seinem Weg zur Schneid (Sti 50. 2). – Aus v. Zllr 1714 wissen wir, daß der [146] Magistrat M auf dem neugemachten Schwaighauser Weg, den er allein zu unterhalten hatt, von fremden Fuhrleuten vom Pferd 2 Pf., von Memmingern, Holzgünzern, Eisenburgern nur 1 Pf. Weggeld erhob. Da scheint nun seitens der fremden mancher „Schleich” vorgekommen zu sein. Dem vorzubauen wird bestimmt, daß die Ober- und Unterspitalischen, 3 Königskapellen, und die Eisenburger herrschaftlichen Gült- und Holzfuhren davon befreit sein sollen, wenn die Fuhrleute einen diesbezüglichen Zettel oder ein Attest vorweisen; denn zur Neuerbauung hatten bezeichnete pro rata contribuirt.

Die niedere Gerichtsbarkeit [4] oblag den einzelnen Grundherren über ihre Hörigen. Inbegriffen war in ihr, was wir heute die verschiedenen polizeilichen Anordnungen und Vorschriften heißen, dann die niedern Fälle des Strafrechts, Beurkundungen der heutigen Standesämter und Notariate u. ä. Es lägen viele Beispiele vor; jedoch verbietet der Raum solche zu bringen.

Erneuter Kampf um die Hoheitsrechte.

Daß eine solch kleine Regierung zur Ausfechtung ernstlicher Sachen mit höheren Gewalten nicht befähigt gewesen wäre, erhellt wohl von selbst. Denn einesteils war die Zeit längst vorbei, wo Scharen gewappneter Ritter die Fluren belebten um einen frischen, fröhlichen Strauß mit Schwert und Lanze auszufechten, oder wo das Volksgericht unter freiem Himmel tagte um vor versammelter Gemeinde Recht zu erkennen. Längst, längst vorbei! Es saßen nun die Juristen in kühlen Kammern – schrieben Recht nach römischem Brauch. Und zu römischem Brauch gehörte von je: Geld. – Andernteils war die Administration eine Abmachung durch Familienvertrag, ohne jegliche höhere Anerkenntnis.

Es hatte nun aber bei den vielen Schiebungen der einzelnen Gebietsteile die Stadt wieder einen beträchtlichen Komplex an sich gebracht, durch das Spital, so daß sie bei allen Angelegenheiten im Herrschaftsgebiet das gewichtigste Wörtlein zu sprechen hatte. Und das war gut:

Schon 1682 geriet der Wirt zu Amendingen in starke Uneinigkeit mit seiner Herrschaft und sollte die Herberge quittieren. Da nahm ihn (ex falsa informatione) die Landvogtei in Schutz und verwilligte ihm bei der Amendinger Kapelle ein neues Wirtshaus zu bauen. Das hielt man natürlich sowohl für die Amendinger Wirtschaft als auch für die Stadt sehr schädlich. Also wurden Stadthauptmann Georg Ludwig Stebenhaber und Syndikus Johann Sigmund von Lupin nach Innsbruck an den [147] Gubernator Herzog Karl von Lothringen und die Oberösterreichische Regierung gesandt um gegen dieses erneute eigenmächtige Vorgehen der Landvogtei ernstlich zu remonstrieren. Es gelang ihnen auch unter Hinweis auf die Eisenburger Kaufbriefe die Anordnungen der Landvogtei null und nichte zu machen (Fam. Chr.; Gr. Br. 123).

Doch es kam ein neuer Zwischenfall. Die Stadt hatte Zollstreitigkeiten mit der Gebrazhofer Zollbrücke, die vom Hause Österreich schon, wie erinnerlich, im Vertrage von 1586 angelegentlichst empfohlen worden war (Sta 15;f.336;Gr.B. II 102). Innert 20 Jahren hatte sich, wie die Stadt behauptet, der dortige Zoller Johler gegen die Stadt aus Passion eine derart üble Gemütsdisposition bei sich einwurzeln lassen, daß er bisher nichts unterlassen, was zum Abbruch und Nachteil dasiger Commercii immer gereichen konnte. Dahero hat er denn auch, nebst andern Zudringlichkeiten, im Gesicht der Stadt, kaum tausend Schritte davon, bei der Amendinger Kapelle eine ganz neue Zollstadt errichtet, wo doch die Territorial- und Nieder-Gerichtsbarkeit nebst Grund und Boden durchgehends, die Malefizische Hochgerichtsbarkeit aber in den zugehörigen Dörfern und Weilern und deren Ettern der Reichsstadt M. zustehe, als Inhaberin gedachter Herrschaft Eisenburg, während die Hochgerichtsbarkeit außerhalb dieser Dörfer und deren Etter allein zu Holz und Feld der kaiserlichen Reichs-Landvogtei zugehöre. Das sei notorie und ohne Kontradiktion bisher so gewesen. Diese neue Zollstatt sei tatsächlich nur da, um der Handelschaft beschwerliche vexas zu machen.

Wieder wird, diesmal Kanzleidirektor Friedrich von Lupin nach Wien entsendet, um die ärgerliche Sache aus der Welt zu schaffen. Nach halbjährigem Aufenthalt gelingt es ihm endlich (21.12.1749) die österreichische Regierung gegen den Willen der Stadt gefügig zu machen. Diese Umstimmung kostete allerdings 30 000 fl. doch erhielt die Stadt endlich völlige Freiheit. Der Vertrag ist wichtig genug, daß wir ihn in vollem Umfang, nur in etwas deutscherem Deutsch und übersichtlich gegliedert hierhersetzen (aus A. B).

Doch wird es vorher gut sein, wenn wir anknüpfend an den Vertrag von 1586 Nachschau halten, wie sich derselbe erprobte bei gutem und schlechtem Willen eines der Beteiligten.

Da wird z. B. der renitente Bauer Michael Werz von Trunkelsberg wegen bedrohlicher und unverantwortlicher Worte nach Eisenburg zur Bestrafung vorgeladen. Da er nicht erscheint, soll er vorgeführt werden. Doch zwischen dem abgemarkten Gerichtsbezirk Eisenburgs und dem Trunkelsbergs liegt [148] ein Streifen landvögtischen Gebiets. Also braucht man erst einen Revers der Landvogtei (1636; Sti 43. 10).

1661 erwischt man in Schwaighausen einen langgesuchten gefährlichen Roßdieb von Angelberg. Der gleiche Fall! 1668 findet man im Schwaighauser Weiher den ertrunkenen Balthasar Endriß von dort, also im Landvögtischen. Die Landvogtei muß erst gestatten, daß man den Körper von der Straße wegführe, nachforsche über Todesursache; darnach soll man handeln und sich aus der Hinterlassenschaft bezahlt machen (Quelle wie oben).

So ging es ziemlich glimpflich bei gutem Willen. Wo aber, wenn auch nur scheinbar, religiöse Fragen auch noch hereinspielten, gab es Püffe.

So fordert die Herrschaft Eisenburg von der Landvogtei eines Revers, damit die Kindsmörderin Amalie Madlener, Hansen Eiseles, unseres Untertans, Eheweib, von Amendingen nach Eisenburg geführt werden kann. Sie stand vorerst nur im Verdacht, ihr Kind im Bett erstickt zu haben. Das war am 2. August 1670. Am 13. August erscheint der landvögtische Überreiter Johann Melchior Ußtrich mit folgender Instruktion vor der Herrschaft (alles nach Sti. 43. 10): 1. hat er neben gebührenden Curialien beiliegendes verschlossene Schreiben an Neubronnerische Erben abzulegen und nach Inhalt des Schreibens diesen zu bedeuten, daß wie bräuchig die Person in seinem und seiner Leute Beisein an der Amendinger Grenze übergeben von Eisenburg angenommen werden müsse; 2. wird Überführung nachbarlich verwilligt doch ohne Präjudiz und daß nichts der katholischen Religion zuwider; 3. insonderheit sei bei vorzunehmender Tortur und andern peinlichen Actibus als auch der Exekution selbst kein anderer als wohlgedachter röm.-kath. Religion zugetaner Scharfrichter (aus Ursachen, die dem Überreiter mündlich bedeutet worden) zu gebrauchen – andernfalls habe er die Überführung nicht zu gestatten, sogar mit Entziehung der hohen Obrigkeit zu drohen; 4. hat er die billigmäßigen Kosten von den Erben wie bräuchig zu fordern. – Was hiervon möglich, geschah nun nach dem von Wolfgang Christoph Neubronner erstatteten Bericht: Das arme, vielleicht ganz unschuldige Weib wurde auf der Stegmitte am äußern Achbach zu Amendingen, wo landvogteilicher Bezirk anging, vom Bittel zu Händen und Füßen befreit, den Schergen des Üeberreiters übergeben, von diesen wieder mit Ketten geschlossen, gen Eisenburg geführt, an der Markung unter den gleichen Umständen wieder übergeben und endlich ins Schloß ins Gefängnis gelegt. Bezüglich des Scharfrichters aber gab [149] man dem Überreiter zur Antwort, daß derselbe mit der Religion und mit der Seele der armen Sünderin nichts zu tun habe, sondern er verrichte sein Amt wie ihm befohlen. Darauf erlaubte der Landvögtische, daß man diesmal einen lutherischen „Meister” nehme. Endlich die verlangten Kosten betr., wurden diese abgeschlagen. Er sei ja gekommen, der Landvogtei Recht zu manutenieren; das könne er tun, aber auf seine Kosten; man zahle ja schon zur Landvogtei jährlich 500 fl (?). Doch verehrte man ihm 3, seinen Leuten 2 fl und bezahlte deren Zeche zu Amendingen – doch ohne Präjudiz. – Mehrere Chroniken berichten, daß dieses Weib am 15.2.1671 mit dem Schwert hingerichtet wurde.

Nach Sti 43. 7 hat die Landvogtei am 15.12.1673 an Wolf Christoph nicht ohne Befremden mitgeteilt, daß sie gehört habe, wie er entgegen dem Vertrag von 1586 verschiedener Zeit Knaben und Kinder Sonn- und Feiertags, bes. z. Zt. der Kinderlehre aufs Feld zum Lerchen- und Wachtelfang genommen, sogar Knechte und Ehehalten zur Vesperzeit, so sie dies nicht wollten, den einen um 4, den andern um 1 fl gestraft habe. Die Kinderlehre sei aber das allernotwendigste Stück, ja die Grundfeste der Religionserhaltung. Man behalte sich Satisfaktion vor. Wolf Christoph berichtete hiegegen, daß er allerdings im Herbst einige große Knaben dazu gebraucht, aber abwechslungsweise, daß sie den andern Feiertag zur Kirche konnten. Sonst habe er nie das Lob erhalten andre abwendig zu machen; im Gegenteil, wenn der Herr Pfarrer, der übrigens seine eignen Leute nicht zur Kinderlehre schicke, sich beklagt, habe er solche mit Ernst zur Gebühr angehalten. Was die Knechte betreffe, so seien die Berührten ins Wirtshaus, haben dort mit Soldaten Raufereien angefangen u.s.w. (Er bringt auch Persönliches gegen Pfarrer vor).

Am 27.7bris 1677 (Sti 43. 10) erscheint der Landvogtei–Überreiter wieder in Amendingen vor Wolf Christoph mit Patent, das von Notarius Hurter inhaltlich aufgenommen wird um es den Angehörigen der Neubronnerischen Verwandtschaft mitteilen zu können: Er baue in Amendingen ein neues Haus um darin zu wohnen. Ohne Zweifel brauche er sein exercitius religionis, zum wenigsten mit Fleischessen aus dem Fasttag einen Fleischtag zu machen, daß zu besorgen sei, daß die Ehehalten auch hiezu verleitet werden. Da der Interessenten noch mehrere seien, müsse man, was ihm gestattet sei, auch ihnen zubilligen. Das sei aber röm. Kaiserl. Majestät und derohabenden hohen Obrigkeit ratione religionis sehr nachteilig. Solle Bau einstellen, widrigenfalls der Überreiter solches tun [150] und denselben demolieren müsse. Neubronner stellt den Bau der gegenwärtigen bösen Zeiten halber, doch mit Vorbehalt ein, und um die Konsorten benachrichtigen zu können. Es liegt nun ein Gutachten von Max Neubronner–Ulm, ein Bericht von Jenisch v. 19. Sept., den die Landvogtei unbeantwortet läßt, und eine Zusammenfassung von Wolf Christoph selbst vor, der wir folgendes entnehmen: Der österreichische Vertrag von 1586 beziehe sich doch auf die Untertanen und nicht auf die Herrschaft, die wohnen könne, wo sie ihren Nutzen zu finden hoffe, und bauen könne auf ihren Grund, wo sie wolle. Übrigens werde kein Schloß gebaut, wie der Überreiter der Landvogtei vorgemacht, sondern ein altes baufälliges Söldhaus habe man niedergerissen und wolle es als schmales dreistöckiges Wohnhaus wieder aufführen, wie der Bauplatz selbst, höchstens 20 Schuh in die Breite, ergebe und ausweise. In dasselbe kämen noch 2 kath. Familien hinein, so daß dann statt 1 3 in Amendingen mehr würden. Was das Fleischessen betreffe, so habe das die Herrschaft nun seit mehr denn 70 Jahren unangefochten getan und nie andere dazu gezwungen, wie denn auch nie Klagen laut geworden seien. Man möge doch endlich den grellen und gehässigen Klagen des dortigen Geistlichen keinen Glauben mehr beimessen und sie bei ihren kundbar friedlichen Gerechtsamen belassen.

Ähnliche Dinge liegen noch mehr vor. Nun scheint auch in Trunkelsberg Geistlichkeit und Landvogtei Schwierigkeiten gemacht zu haben. Es liegt a. a. O. ein Memorial Melchior Daniel Neubronners, welches besagt, daß damals, als Memmingen tempore des aufgerichteten Religionsfriedens der Augsburgischen Konfession zugetan worden, dies auch u. a. Benachbarte: Die Settelin in Trunkelsberg und Reichlin zu Eisenburg getan hätten. (Es ist dies das erste und einzige Mal, daß wir von den Eisenburger Herrschaften Settelin und Reichlin in ihren kirchlichen Beziehungen etwas vernehmen.) Die nachgefolgten Besitzer hätten den Vertrag von 1586 strikte beobachtet. Die Landvogtei habe erst als Trunkelsberg selbständig wurde, die Neubronner bewogen, den Settelin dortselbst (um 1652) als Augsburgischen Konfessionszugetane den Beisitz nicht länger zu gestatten, zumalen mit der Gerichtsherrschaft und nicht mit den Settelin paktiert worden sei. (Nebenbei bemerkt erscheint dieses Ansinnen umso befremdlicher als die Neubronner und Nachfolger sämtliche protestantisch waren; offenkundig lag der Landvogtei nur daran, möglichst viele „Fälle” registrieren zu können.

Dadurch sei Stadtammann Johann Wachter als uxorio nomine herrschaftlicher Mitinteressent bewogen worden, [151] Trunkelsberg zu verkaufen, und weil das „Schlößle” baufällig gewesen, habe er bis zu dessen Instandsetzung im nebenstehenden Bauernhaus eine herrschaftliche Wohnung errichtet und darin mit seinen Domesticis gehaust. So hätten auch die anderen Interessenten z. B. der noch lebende Hand Eitel Neubronner Grünenfurth, der jüngst verstorbene Heinrich das Amtshaus in Eisenburg mit ihren Familien possediert wie vorher Daniel und Eitel ebenfalls getan. Also vor und nach dem Religionsfrieden, vor und nach 1586, vor und nach dem Instrumenti Pacis Westphalicae haben die Interessenten[WS 12] wirklich possession dieser Häuser genossen, und das könne ihnen auch jetzt nicht genommen werden und es wäre ein unverantwortliches Tractament, wie sie jetzt, wo sie darin hohe Obrigkeit besitzen, auf einem relegiert und abgeschafft sein sollen. Auch seien die Besitzer der Häuser von solcher Conduitte gewesen, daß die katholische Geistlichkeit nie eine Klage zu führen Ursache gehabt. Melchior Daniel getröste sich als geborener Herrschaftsinteressent ratione vorhabender Bewohnung des erkauften Schlößlins zu Trunkelsberg, daß ihm keine widrige instans ferner gemacht, sondern er wider all dargegen fürkommende turbationes beschirmt werde. – Auch hiegegen liegt keine landvögtische Antwort vor.

Um 1697 klagt Herr Dechant zu Amendingen bei der Landvogtei (Sti 43. 10), daß Amendingen voll Schande und Laster sei, daß die abwesende Herrschaft des nicht inne werde und dagegen deshalb nicht einschreiten könne. Regt an, einen katholischen Vogt nach Amendingen zu setzen. – Dieser unaufhörlichen Angriffe müde befürwortet Stadtammann Markus Tobias Neubronner in Ulm die ganze malefizische Obrigkeit der Landvogtei zu belassen und die 100 fl im Säckel zu behalten. Hans Eitel entgegnet, daß die hohe Jura allerdings mehr koste als eintrage. Aber dann würde die Stadt, die sich so sehr darum beworben, die Herrn Interessenten übel ansehen und ihnen vielleicht gar einen Prozeß an den Hals werfen. Die Eisenburgischen Untertanen würden noch mehr an Gehorsam nachlassen und sich an die Landvogtei hängen. Schließlich seien die Fälle hoher und niederer Justiz nicht immer so zu determinieren, daß es nicht fortwährend zu streiten geben werde – wodurch ja M. anno 1586 veranlaßt worden, die hohe Obrigkeit zu erringen. Wenn wir aber die 100 fl weiters entrichten, muß uns die Landvogtei sogar noch unterstützen; lösen wir mit 2000 fl ab, so kümmert sie sich um uns nicht mehr. – Die anderen Mitglieder weisen darauf hin, daß ein Vogt wohl Kosten mache, aber nichts verdienen könne. Endlich seine die meisten so nahe bei Amendingen, daß, wenn der Herr Dechant ihnen die Ehre [152] geben wollte (aber sie seien ja anderer Religion), er jeden Fall durch den Ammann oder Amtsknecht ohne Kosten könne zu wissen geben.

Noch ein krasser Fall, wie es um damalige Handhabung der Polizei stand, sei angeführt aus Sta 14. 5. Am 17. 4. 1721 teilt die Landvogtei [WS 13]dem Magistrat ihr Befremden mit, daß eine fremde katholische Weibsperson mit 2 Kindern in Unterhart aufgegriffen, durch den Landvogtei-Distrikt ohne diesseitige Erlaubnis nach M. geführt, ihr dortselbst der Processus Inquisitionis gemacht worden und derselbe nunmehr so weit vorgeschritten sei, daß sie nächster Tage mit der Todesstrafe soll angesehen werden. Das sei alles wider Recht. Man müsse selbe an den Ort zurückbringen und durch einen katholischen Priester providieren lassen. – Magistrat entgegnet, daß man auf Grund der allerorten publizierten, mit Österreich und der Reichsritterschaft konzertierten Kreispatente fleißig streifen müsse, um die Gegend von dem Jauner- und Zigeunergesindel zu reinigen. So sei auch die im gedruckten Jauner-Verzeichnis aufgeführte Hillis oder Cillis Klara (Hilvria Metzeler), eine verrufene Diebin und Vagantin, auf Grund der Poenal–Verordnung bebandelt worden, wie auch Zeit des Kreis-Konventes Augsburgische im Burgauischen gefahndet worden und ohne Widerspruch irgendwelcher Seite die Aufgegriffenen processiert worden seien. – Land-Vogt: Sie wissen nichts von einer Universal-Disposition betr. das Jaunertum. Das andre beruhe auf Spezialvergleich. Vorliegender Fall sei wegen der Religion der Delinquentin ein ganz andrer. Unterhart gehöre nicht zum abgemarkten Hoheitsbezirk von Eisenburg. – Stadt erklärt sich zu einem Reversale de non präjudicando bereit, sieht aber nicht ein, warum sie die Vagantin, die eingestanden habe an vielen Orten im Kreis Delicta begangen zu haben, nach Unterhart zurückführen müsse, insonderheit ihr in Bezug auf heiligen Beistand nach üblichem Brauch der kath. Religion nichts abgehen soll. Sie (die Stadt) führt nun das am 5. 2. 1714 zu Heilbronn zwischen dem kurrheinischen, österreichischen, fränkischen, schwäbischen und rheinischen Kreis geschlossene Bündnis, betr. Jaunertum, im Auszug an. Wir können desselben umso mehr entraten, als nach dessen Wortlaut die Stadt im Unrecht war, insofern als es da heißt, daß alle in betr. Kreisen nicht gebürtige oder dahin unterworfene Landstreicher, Vaganten, Bettler, plessierte Soldaten, fremde Juden und anderes herrenlose Gesindel, ob selbe mit Pässen versehen seien oder nicht, hinausgewiesen und auf dem nächsten Weg ihrer Heimat zu bis zum nächstbenachbarten Stand sicher auszuliefern seien (bei [153] Widerstand dürfen sie niedergemacht werden). Wie man sieht, hatte die Landvogtei nach dem Buchstaben völlig Recht, und auch der um Rat angerufene Syndikus Tobias Hermann–Ulm mahnt, den Vertrag von 1586 wohl zu studieren; denn wegen Unterhart wird es seinen Hacken haben. Übrigens sei aber im neuesten Kreisabschied vom 6. Mai 1720 zu Augsburg die Regel aufgestellt, daß Verhaftete der zuständigen Obrigkeit des Orts der Ergreifung ausgefolgt werden müssen.) Darnach war Landvogtei wieder vollberechtig, da 1586 Unterhart nicht einbezogen wurde.) Nebenbei bemerkt halte er für seine Person dafür, daß eigentlich Memmingen eine Ehre drein setzen sollte, daß man ihm derartige Prozesse, denen sich niemand ohne Not unterzieht, abnehmen will. Das beste werde nunmehr sein, auf der nächsten zu Buxheim von der Landvogtei gelegentlich des dortigen Frevelgerichts angeregten Konferenz für die Zukunft genauesten Vergleich einzugehen. – Zu besagtem Frevelgericht hatte die Landvogtei der Stadt befohlen, nachstehende Personen aus ihrem Gebiet vorzuladen:

  1. den Kutter von Hart, weil er am St. Magdalentag mit Salz über landvögtisches Gebiet gefahren;
  2. Math. Zettler von „Velgertshofen“ (unleserlich);
  3. Jakob von Brunnen habe am St. Annatag Dung geführt;
  4. Hansjerg Zettler von Volkratshofen hat an Maria Geburt Grummet geführt;
  5. der Ammann v. Egelsee hat an Georgi Sand durch Landvogtei geführt;
  6. der Zipper in der Stadt hat gleichfalls Futter durch diesseit. Territorium geführt;
  7. der Neubaur v. V. hat an Georgi Sand nach M. geführt;
  8. Math. Martin Rabus v. „Dickherlißhaußen“ hat wider Kaiserl. Oberamt strafbare Reden ausgestoßen;
  9. Georg Ludwig v. D. ist an Mar. Geb. mit Frucht über die L. V. gefahren;
  10. Michael Salb allda (unleserlich wie bei Nr. 2);
  11. der Wirt v. V. hat einen Dieb gebunden über die L. V. geführt;
  12. Jakob Dodel, Zimmermann in M., hat an Georgi selb Dritt in L. V. Holz geschlagen;
  13. der Wirt im Aspen[5] hat in Festi corpori Christi baden lassen;
  14. Peter Wahl v. Steinheim hat an Mar. Himmelfahrt gefischt;
  15. der Wirt im Aspenbad[6] hat an Peter u. Paul baden lassen und am Vorabend Fleisch gespeist;
  16. der Fackler v. Woringen hat an Mar. Magd. geackert und am Lorenztag geeggt.

[154] Zu diesen Frevelfällen ratet Tobias Hermann, daß man vornehmlich ex capite der Commercien-Freiheit die Sistierung derer, so Salz, Korn oder andere Kaufmannsgüter geführt, zu fordern habe. Bezüglich des Aschen müsse man sich auf unvordenkliche Possession und darauf[WS 14] berufen mussen, das der Aschen vor Alters ein Appertinenz des Dorfs Steinheim sei und seinen Etter wie das Dorf habe. Was endlich den Bauer von Unterhart anbelange, den die Landvogtei jedenfalls wegen Beherbergung der Hillis Klara zitieren werde, müsse man vorbringen, daß man ihn in Anbetracht seiner Unwissenheit civiliter abgestraft und auf Grund der herrschaftlichen Verbote. – Im nunmehrigen Promemoria des Herrn Kanzleiverwalters Joh. Sigm. Schüz, welches dieser als Grundlage zur Konferenz fertigt, führt er an, daß mehrere der Frevler längst gestorben, vieles längst geschehen (heute verjährt) sei; im einzelnen:

1. Was das Aschenbad betrifft, müsse man sich auf die Konferenz Sr. Hochgräfl. Exzellenz v. Königseck 1698 und auf die Erklärung des Landweibels vom August 1699 im weißen „Ochsen“ zu M. berufen, wonach der Stadt Zugetane sich an Feiertagen des Bads bedienen dürfen (Sonntags ausgenommen) und zum Halten der Fasttage nicht gebunden seien.

2. Bezüglich der kath. Feiertage berufe man sich auf das Instrumento pacis; übrigens müsse man zu so fatalen Zeiten mit den Leuten Rücksicht nehmen, daß sie ihre Frucht wenigstens halbzeitig hereinbringen; man habe ja auch beim Festungsbau von Freiburg und Breisach die Lasten voll und ganz getragen. Wegen des Georgifestes, das einen Tag früher jenseits der Iller gefeiert werde, bestehe ohnehin Konfusion.

3. der Zettler habe in seinem Garten Omahd geführt und der gehöre zum Etter; Zipper und Jakob von Brunnen seien längst mit Tod abgegangen; der Fackler von Woringen gehe die Landvogtei nichts an.

4. der Wirt von Volkratshofen, Rabus von Hausen und Wahl von Steinheim sind zu laden.

Um nun die Sache kurz zu machen: Die Konferenz kam am 14. Mai zustande. Seine Excellenz waren sehr gnädig. Doch die Oberbeamten verzögerten die Angelegenheit. Man wolle nächsten Tag nochmals sprechen und es solle dann die Stadt bis dorthin ihre Untertanen laden. Da war Excellenz wieder sehr gnädig, doch die Gesichter der Oberbeamten schon etwas dunkler. Herr Schüz durfte dem Frevelgericht selbst nicht beiwohnen. Der Wirt von V. kam mit 4 fl Strafe davon, Georg Ludwig von Hausen mit 1 fl. 30, ebenso der Zettler von V. und der Neubaur [155] daselbst; wegen Peter Wahl und Rabus wolle man Nachricht erholen. Schüz bedankt sich beim Herrn Grafen für gnädige Bestrafung. Dieser lacht. Es hat den Anschein, als habe man es seitens der Landvogtei mehr auf abermaligen Acta Possessorio als auf Strafe selbst abgesehen. Der Hauptfall aber wurde in M. behandelt, wohin die Stadt die hohen Herren zum Mahl im weißen Ochsen geladen. Es nahmen teil: S. Exzellenz selbst, Landvogteiverwalter Sättelin, Landweibel Sicherer, Herr v. Buhl als Protokollführer. Ehe zum Mahl geschritten wurde, wollte man noch die Klara Metzeler ins Reine bringen. Landvogtei beharrte erst auf ihrem Standpunkt. Stadt wollte sodann „dieses Kleinod“ zur Bezeugung der Deference gegen Ersatz der Kosten mit 80 fl ausfolgen. Landvogtei handelt auf 50 fl herunter, da bei ihr die Angelegenheit nicht so langsam und kostbar geworden wäre. Die Stadt gibt endlich nach, da die Exekution nochmals 40 fl erfordert hätte. – Nach diesen schwierigen Geschäften ließen sichs die Herren wohl schmecken.

Damit war aber die Angelegenheit beileibe nicht aus der Welt geschafft. Im Juni bittet die Stadt, ihr doch ihre Akten zurückzugeben und schriftlichen Bescheid zu tun, wie es wegen Unterhart zu halten sei, da dort schon wieder Musketiers mit leichtsinnigen Dirnen auf dem einschichtigen hospitalischen Hof gar lustig ihr Unwesen getrieben und die Stadt zur allgemeinen Sicherheit Vogel und Nest habe ausheben lassen. Sie mahnt im Juli. Endlich am 23. ds. kommt die Landvogtei mit der Forderung, daß die 12 fl Strafe ihr gehören, mit welchen die Stadt den Hans Jerg Gallant von U.-Hart wegen Beherbergung der Hilaria Metzeler und anderen fremden Gesindels belegt habe. Am 17. nächsten Monats gibt die Landvogtei endlich Antwort, dahinlautend, daß sie nicht einsehe, daß sie ein Reversale ausstellen und die Akten zurückschicken solle; denn die Person sei auf ihrem Gebiet eingezogen worden und die Akten seien mit den 50 fl überfleißig bezahlt, zumalen selbige Protokolle so konfus seien, daß der Prozeß fast von neuem hat angefangen werden müssen. – Nach sotanen und vielen ähnlichen Buchstabenreitereien wird man es begreiflich finden, daß die Stadt nunmehr kein Opfer scheute daraus zu kommen. Und so ward der Vertrag von 1749:

Wien, den 21. Dezember 1749.

Wir, Maria Theresia, von Gottes Gnaden Römische Kayserin in Germanien, zu Hungarn und Böheim etc. Königin, Erzherzogin zu Osterreich, Ehrsame Liebe Besondere! Wir haben Uns umständlich gehorsamst vortragen lassen, welcher gestalten ihr untertänigst vorgestellt und gebeten. Wir geruheten: [156] 1. euch mit dem Wehrzoll allermildest zu verschonen;

2. euch die hochgerichtliche Malefizobrigkeit nebst anhangenden Bußen und Strafen auch außer den Ettern der in den Verträgen von 1548 und 1586 benannten Dörfer, Weiler und Höfe, inclusive des Dörfleins Egelsee und der Illerbrücke daselbst, auch in der Herrschaft Eisenburg und allen Zugehörungen, nicht minder auf den dabei befindlichen Landstraßen aus besonderer kaiserlicher Gnade zu überlassen.

Wir geben ferner die Genehmigung dem Traktate, das unser bevollmächtigter Hof-Kommissarius, Unser Wirklicher Geheimer Rat, Kammerer, Ministerial-Banco-Deputations-Praeses und General-Kommerzien-Direktor Rudolf Graf von Chotek mit eurem Deputierten Lt Eitel Friedrich Lupin am 21. Okt. d. J. geschlossen, wonach ihr

3. den Betrag von 204 fl 17 kr 1 hl, den ihr bisher an Martini zur Landvogtei jährlich zu entrichten hattet, auf 300 fl erhöhen müßt, womit Anno 1750 der Anfang zu machen ist,

4. nächstens 30 000 fl in hiesiger Währung an das Ärar abzuführen habt.

Dabei setzen wir in euch das Vertrauen, daß ihr für diese Huld und Gnade euch anheischig machet, unser Kommerzium auf der Gebratshofer Zollstraße nicht nur aufrecht zu erhalten, sondern durch Herbeibringung verschiedener, den schwäbischen Kreis bisher nicht betretener Güter vermehren zu helfen, das in Welschland treibende Kommerzium in unsere Kaiserlich-Königliche Staaten so viel als möglich zu leiten, auch unsere Zollstätten nicht zu umgehen, allwodurch ihr unsere höchste Zufriedenheit erreichen könnet.

(Geben zu Wien etc;)

Maria Theresia. 
Friedrich Wilhelm Graf von Hangwiz.

Dieser Vertrag schweigt sich über sehr wichtige Vereinbarungen aus, die in dem erwähnten Traktat vom 21. Oktober enthalten sind. Es wäre unverständlich, wie die Stadt hiefür eine solche ansehnliche Summe ausgegeben hätte. Das wird erst durch einige hieher gehörige Artikel der besonderen Vereinbarungen klar:

Tertio: Die kontrahierende Reichsstadt M. verpflichtet sich ferner, die katholische Religion in den obgenannten Orten und Enden, wo selbe hergebracht und durch Vertrag von 1586 klar ausbedungen ist, durchaus in öffentlichem Gebrauch und Übung ungestört zu erhalten, dorten zu keinen Zeiten einige Neuerung, Zumutung oder sonstige Änderung sich beifallen zu lassen, zu welchem Ende der Kaiserliche Landvogt sich die Einsicht über die in der Herrschaft Eisenburg und dem Dörflein Egelsee befindlichen [157] katholischen Inwohner und deren Angehörige vorbehalten hat.

Quarto: Inbegriffen und verstanden damit wolle sein, daß den Augsburgischen Konfessions-Verwandten, Besitzern der Herrschaft Eisenburg, mehr nicht gestattet ist, als nach dem altüblichen Herkommen im Schloß Eisenburg und den in der Herrschaft Eisenburg errichteten adeligen Sitzen für sich und ihre Hausgenossen zu wohnen und nach ihren Religions-Prinzipien in der Stille ohne öffentlichen Gottesdienst sich aufführen und aufhalten zu dürfen.

Der Reichsstadt M. lag aber hauptsächlich an folgendem:

Sexto: Die Reichsstadt[7] reserviert sich, daß ihre eigenen der Augsburgischen Konfession zugetanen Untertanen ihre Feldarbeiten an katholischen Feiertagen auch außer Etter in jenen ihr zugehörigen Orten, wo ihr hohe Gerichtsbarkeit eingeräumt wurde, frei und ungehindert verrichten dürfen. Weiters wird ihr allergnädigst verwilligt, daß der Zoller an der Egelseer Brücke, der ebenfalls der Augsburgischen Konfession angehört, mit Haushaltung und Gesinde wie bisher unturbiert daselbst verbleiben solle.

So hatte sich endlich Herrschaft und Stadt völlig von der beengenden österreichischen Landvogtei befreit und lästige Hoheitsfesseln abgestreift und war damit zur ungehinderten Entfaltung wenigstens der hohen Gerichtsbarkeit gelangt. Nicht zu unterschätzen ist auch ein gewisses Maß von Religionsfreiheit für beide Teile, wenn auch diese neuerliche Verquickung von Politik und Religion uns peinlich dünkt. Politisch Lied war und ist eben immer ein garstig Lied.

Nun sollte auch noch die Zeche bezahlt werden. Hiezu waren unterschiedliche Konferenzien mit den Herren Interessenten erforderlich. Es liegt nun vom 22. Juli 1750 ein Anschreiben des Rats an den Administrator vor (A. B.), welches das bisher Zustandegekommene zusammenfaßt und letzten Vorschlag macht um zum Abschluß dieser Angelegenheit zu gelangen.

Man sei bis jetzt einig geworden, daß die Interessenz der Herrschaft von den jährlich zur Landvogtei aufzubringenden Mehrkosten von 95 fl 42 kr 31 fl 54 kr übernommen habe. Hiegegen sei sie mit dem weitern Aufwand von 8000 fl aus den bekannten 30 000 fl, von welchen 8000 fl ihr inklusive Trunkelsberg (aus welchem man, nebenbei bemerkt, ein 13. Zwölftel der Herrschaft gebildet hatte!) übrigens nur 1/3 zufalle, d. h. 2666 fl 40 kr., bis jetzt nicht einverstanden und wolle nur 1200 fl leisten. Damit könne sich Rat nicht zufrieden geben. Um jedoch gütlich [158] aus der Sache zu kommen, wolle er sich mit 1800 fl genügen lassen, dabei aber bleiben. Hievon träfen das Hospital, weil 6 1/2 Zwölftel der Herrschaft inhabend, 871 fl (worunter 200 fl für die über Ober- und Unterhart erlangte hohe Obrigkeit – welche Rechnung übrigens auf keinerlei Art stimmt). Für die Herrn Interessenten träfen also noch 929 fl, wobei Rat zu erwägen gebe, für die 3 adeligen Sitze und die dafür besonders erlangten Praerogative je 100 fl mehr zu fordern. Rat bittet, diese 929 fl an das löbliche Steueramt zu entrichten. Müsse man sich aber mit kontradizierenden Herren auf einen kompromissarischen Entscheid einlassen, so werde Rat die vollen 2666 fl 40 kr in Rechnung stellen. Im übrigen erhoffe man u. s. w.

Und diese Hoffnung ward nicht zu schanden. Die Herren Interessenten hatten Einsicht. Melchior Sigmund Lupin als derzeitiger Administrator erklärt dem Magistrat auf dessen intimatum vom 22. Juli namens der außer dem Hospital noch übrigen 5 Interessenten, daß sie aus besonderer Hochachtung gegen einen wohllöblichen Rat ihre von denen 1800 fl noch fehlenden 929 fl für aufgewendete Unkosten für erworbene Malefiz-Obrigkeit und Religions-Gerechtsame nebst den bekannten 31 fl 51 kr zu geben gesonnen seien.

Damit sind diese Hoheitsfragen endgiltig gelöst – bis nach 50 Jahren eine Macht auftritt, die eine Umwälzung aller bestehenden Verhältnisse herbeiführt, um nach weiteren 50 Jahren mit den letzten Resten einstiger Selbstherrlichkeit aufzuräumen: Bayern.

Übrigens muß hier festgelegt werden, daß die Reibereien durchaus noch kein Ende hatten. Schon im nächsten Jahre folgen wieder Beschwerden der Landvogtei, daß die Stadt 2 Gefangene prozessiere, die von dero Pastoren zur Changierung ihrer katholischen Religion immerzu angegangen und fast gequält werden (Sta 14. 10). Die Stadt weist das Unwahre dieser auf Anzeige des Spitalmeisters beruhenden Behauptung nach und bringt vor, daß sie seit 1726 alle der kathol. Religion anhangenden Delinquenten nach ihrem Ritus ad mortem präparieren lasse, ohne daß sie dazu verpflichtet sei. Selbst der Oberrat v. Dorn in Altdorf meint, in Wien werde es gleichgiltig sein, ob hier einer auf katholisch oder lutherisch den Kopf verliere. Aber auf alle Fälle werde es gut sein, dort zu sondieren, was auch geschieht. Schließlich verspricht die Stadt, in jedem Fall Reversalien auszustellen, womit man endlich allseitig zufrieden ist.

[159] 4. Die ehemaligen Bestandteile der Herrschaft.

Es obliegt uns nunmehr den einzelnen im losen Verbande stehenden Grundherrschaften nachzugehen, bis sie wieder in festen Händen sind bezw. sich ganz aus der Eisenburg’schen Hoheit lösen, wie z. B. Trunkelsberg.

1. Das Gut Eisenburg v. 1671–1804 und dessen Besitzer.
1. David Wachter

war durch Schicksals Wille mit Los Nr. 1 Schloßherr auf Eisenburg geworden, da er durch seine Gemahlin, Juliana, Tochter des David Neubronner alt Erbanspruch auf 1 Zwölftel hatte. Seinem Bruder, dem Stadtammann Johann Wachter, war durch die Schwester Anna Elisabeth der vorgenannten Erbin, Los Nr. 7 zugefallen. Beide Wachter stammten nach Gen. M. von einer Konstanzer Familie, deren eines Glied Thomas um 1576 sich in M. niederließ. 1642 wurde die Familie in das Patriziat aufgenommen. Nunmehr in den Besitz der Eisenburg gekommen, bewarben sich beide Wachter um den Titel „von und zu Eisenburg“, der ihnen durch Kaiser Leopold 1688 zu teil wird. Inzwischen stirbt aber der Schloßbesitzer und hinterläßt Gut und Titel seinem einzigen Sproß:


2. Jakob Wachter.

Nach der Laminitschen Chronik machten sich 1688 die französischen Raubkriege insofern bemerkbar, als wegen drohenden Einfalls der Franzosen die Überfahrten und Brücken an der Iller von der Stadt besetzt wurden; auch baute man bei Egelsee eine Schanze mit Pallisaden, wobei die Amendinger und Heimertinger und dergl. Orten Bauern mit Hand anlegen mußten. – Auch der spanische Erbfolgekrieg ließ unsere Gegend [160] nicht ungeschoren. Nach Scho. H. machten schon 1703 umherstreifende Kaiserliche Dieselbe unsicher und hausten auf dem Lande gar übel. Ein Beweis dessen ist der traurige Vorfall zu Memmingerberg: Als man dortselbst des Melchior Daniel Neubronner verstorbenes Kind begrub (es kann sich nur um die am 19.10.1703 gestorbene Anna Elisabeth handeln), nahten 3 Husaren und drohten die begleitenden Frauenzimmer auszuplündern. Der Schwager des Leidtragenden, Benedikt Katzenböck, ein ritterlicher junger Mann, wurde hierüber so „erdristet“, daß er seine Pistole auf einen der Husaren losdrückte, wobei er freilich nach des Chronisten Meinung „unbesunnen“ handelte. Er fehlte zwar den Soldaten, dieser aber traf ihn umso sicherer. „War ein braver, galanter Herr, 26 Jhr., ledig, am 4. Tag begraben. In dem Kirchhof zu unserer Frau liegt er begraben. Die Leichenrede hielt Pfarrer Wachter.“

Jakob Wachter lebte noch 1715, nach einer Bemerkung auf den Teilungslibell von 1671. Er verkaufte noch ebenda und Sti 52 8, auch „Registratura zu A. T.“ im Jahre 1708 die gesamte Gerichtsbarkeit über Trunkelsberg an das Hospital. – Er war 1704 Ratsherr, dann Stadtammann, Obmann der Brotschau und resignierte 1714.

Er wie sein Onkel Johann starben ohne männliche Nachkommen. Jakob Wachter vererbte seinen schönen Landsitz Eisenburg an seine einzige Tochter Sibylla. Durch deren Verehelichung mit dem Gerichts-Referendarius (Syndikus) Johann Klemens v. Zoller am 22.6. (6.7.) 1716 kam Eisenburg nach dem Tode des Vaters (15.7.1722) an

3. Johann Klemens v. Zoller.

Bei der Hochzeit wurde von Paries ein französisches Gedicht (!), Epithalame, über die glückliche Heirat von Monsieur Zoller mit Mademoiselle Wachter de Eyhsenburg vorgetragen (Gen. M.); das Festmahl war im Fuggerbau (Gri). In dem schon berührten Vergleich wegen dem Himmelwasser 1749 erscheint Sibylla alleinig als Witwe. Johann Klemens dürfte um diese Zeit gestorben sein. Er hinterläßt eine Tochter Barbara, welche sich mit Johann Ramund v. Eberz verehelicht. Hiedurch kommt die Eisenburg an

[161]
4. Johann Raymund v. Ebertz.

Es möge hier die Bemerkung Platz haben, daß es dem Bearbeiter nirgends und nie so schwer fiel Tatsachen zu sammeln, ja nur eine lückenlose Besitzerreihe herzustellen, als im 18. Jahrhundert. Hier versagten alle Quellen und es gelang die Verwandtschaft der verschiedennamigen Inhaber im gegenwärtigen Zeitraum nur durch einige freundliche Zuschriften darzulegen. Genaue Daten können nicht gegeben werden. Die Erscheinung des Herrn v. Schermar als Besitzers ist noch völlig ungeklärt.

In die Zeit des Ebertz’schen Besitztums der Eisenburg fällt, und zwar in das Todesjahr des Johann Raymund, weshalb wir die Angelegenheit gleich bei seinem Sohn und Nachfolger

5. Gabriel von Ebertz

bringen,

Die Gründung der Bleiche.

Dieser liebliche, windstille Waldwinkel, einst ein ödes Sumpftal, wurde von den Herren Karrer und Kompagnon (nach Sta. 17. 18) allhier (Memmingen) ausersehen, um eine Leinwandbleiche daselbst 1778 anzulegen. Nach einem Brief des Lorenz Stählin von 1780 an seinen Bruder, den russischen Staatsrat Jakob v. Stählin, Akademiemitglied (gütigst mitgeteilt von Herrn Universitätsprofessor Dr. Karl Stählin – Heidelberg), ist dieser Benedikt Karrer ein Sohn des Superintendenten und Schwiegersohn des Herrn Raymund v. Ebertz, und sein Kompagnon unser Gabriel v. Ebertz, sein Schwager.

Die Stadt ist mit der Anlage einer Bleiche auf dem Territorium der Karrerischen Frau Schwiegermutter Barbara v. Ebertz, geb. v. Zoller, durchaus nicht einverstanden, hält dies aus mehreren Gründen für unzulässig und besonders in Rücksicht auf den seit Jahrhunderten bei der Stadt blühenden Leinwandhandel, einen der vornehmsten Zweige des dortigen Commercii. Es kam zu ernsthaften Contestationen, doch auch nach gegenseitiger Aussprache zu einer gütlichen Übereinkunft, „Vergleichsrezeß“, vom 10. April 1778. Darnach wird von den gemachten Einwendungen abgestanden und den Herren samt [162] ihren Erben und Nachfolgern zugestanden, auf gemeldetem Eisenburgischen Anteil eine Bleiche samt darzu gehöriger Walke nach eigenem Gutbefinden zu errichten und allda die Leinwandstücke zu bleichen, klären, plätten und mangen. Jedoch müssen sie sich jedweder weiteren Ausrüstung, sonderheitlich des Färbens, Pressens und Legens für jetzt und immer gänzlich enthalten. Das darf nur in M. geschehen. Sollte jedoch in der Bleichweise sich mit der Zeit eine jetzt noch nicht bekannte Veränderung ergeben, die einesteils zur Beförderung des Geschäfts höchst notwendig ist, andernteils in der Stadt nicht gemacht werden kann, so ist solchen Falls eine billige Ausnahme zu machen. – Ausdrücklich erklären Karrer und Kompagnon, daß Ein- und Verkauf, Verpackung und Versendung nur in M. erfolgen sollen. – Zu größerer Beruhigung und Bekräftigung unterzeichnet und siegelt auch noch der alte Eberz, der dann bald darauf gestorben sein dürfte.

Doch kaum war man der Scylla glücklich entronnen, erhob sich dort der Charybde Geheul. Es war nämlich anscheinend mit Anlage der Bleiche tüchtig begonnen worden. Aus Stählins Brief lesen wir: Hingegen wird das Schloß Eisenburg immer verschönert und erweitert. – – Man hat schon etliche neue Häuser als Farb- und Manghaus erbaut, eine Bleich errichtet, etliche Weiher gegraben und eine ganze Fabrik allda errichtet, auch hiezu viele Leute aus Sachsen und Schlesien beschrieben, welches schon erstaunlich Geld gekostet. Sie haben ein starkes Leinwatt Negoce, und Jedermann glaubt, daß sie mit starken Kapitalien von dem alten Vetter Benedetto in Venedig (den wir auch noch treffen werden) unterstützt werden.“ Das stammt aus 1780. Nun lief anfangs des Jahres 1783 beim reichsritterschaftlichen Direktorium in Ehingen a. d. Donau eine Beschwerde der Gemeinden Amendingen, Eisenburg und Schwaighausen ein. (A. N.) Es werde einesteils zu hoch besteuert, andernteils habe die Administration Häuser erbauen und eine Bleiche anlegen lassen, wo durch die Untertanen in ihrer Weidegerechtigkeit beeinträchtigt seien. Das war die Charybdis. Die Antwort des Direktoriums vom 18.3.1783 lautet, man möge doch die Untertanen nicht immer beschweren. Das läßt der Administrator v. Unold nicht auf sich sitzen. Schon am 4.4. ist seine Erwiderung im Auslauf: Man sei gezwungen gewesen, in die Association zu dem Buchloe’schen Zuchthaus einzutreten, wozu die Untertanen wie seit jeher mitzuzahlen hätten. Das mache 16 fl 37 kr. Das sei ihnen auch durch die Vorsteher anbefohlen worden; aber die Halsstarrigen hätten nicht mögen. Auch sei es unrichtig, daß man 50 fl von ihnen gefordert, sondern immer nur diese 16 fl [163] 37 kr., wie sie die Zuchthausdirektion auch verlange. Auf den Rauchfang träfen höchstens 4–5 Groschen. – Dann habe Herr v. Ebertz allerdings aus einem Sumpfboden eine Bleiche gemacht und ihnen darum auch 9 fl angeboten. Aber sie seien erst jetzt einig geworden, wie sie (die Amendinger und Eisenburger) solche unter sich teilen wollten. Diese 9 fl werden jetzt und in Zukunft bezahlt (sie spuken, vermindert auf 3 fl, in den Gemeinderechnungen bis 1807). Man lasse ja so wie so ihnen alle mögliche Erleichterung. – So weit Herr v. Unold. Aus diesen und ähnlichen noch folgenden „Rebellionen“ könnte man fast glauben, daß die sonst so zahmen Leute die Frühluft des nahenden konstitutionellen Jahrhunderts witterten.

Inzwischen spielt sich nun in dieser neuen Bleiche ein allerliebster Belagerungskrieg ab (Scho. H.). Es war am 28. Juli 1783, also zu einer Jahreszeit, in welcher es auch sonst wo gern kriselt! Herr von Ebertz bleichte seine Bomasin. Und da ihm der Platz verrann, kam er auf seines lieben und getreuen Herrn Nachbars v. Unold Territorio und vermaß sich sogar, in dessen Wasser die Leinwand zu waschen, was sich dieser höchlichst verbat. Er ließ Herrn Ebertz warnen. Allein der gab nicht viel darauf. Schließlich wollte dieser den Platz abkaufen, was jener in Gnaden abschlug und dazu noch höchst übel vermerkte. So gebrauchte Herr Unold zuletzt Gewalt. Er bestellte etliche Wächter, so von ferne mit geladenem Gewehr kampierten, seine Untertanen (er war Herr auf Grünenfurth) mit Prügeln und dazu noch 2 Hexenfänger (!) Usen Bentz und Weinhardt Beck, und beordert die ganze Bande die Bleiche anzugreifen und 5 Stück Bombasin als Kriegsbeute wegzunehmen. Was auch alles geschah. 3 Stück behielt Herr v. Unold als Kriegsentschädigung, 2 wurden, je zu 20 fl berechnet, nebst 6 fl bar an die bemeldten Scharwächter als Sold verteilt. Natürlich kam die Belagerung, Erstürmung und Plünderung der Bomasinfeste als Prozeß vor den Reichs-Hofrat und dürfte hier, was leider nicht bekannt ist, im üblichen Verglich beendet worden sein. –

Wie sich der Leinwandhandel in der Bleiche weiter gestaltete, war leider nicht festzustellen. Doch scheint er anfangs geblüht zu haben. Nach einer freundlichen Mitteilung des Freiherrn v. Lupin auf Illerfeld legte der noch zu besprechende Schloßbesitzer Johann Daniel von Lupin an der Wende des Jahrhunderts auch noch eine Spinnerei an. Nach Verkauf des Schlosses an die Pflummern (1804) tritt in den Rechnungen der Gemeinde eine Großhändlersfamilie Madlener in Hs.-Nr. 34 der Bleiche auf, deren einer, Christian, schon 1796 Heiligenpfleger ist. Die Familie verkauft erst 1856 genanntes Anwesen, [164] womit die Bleiche als Sitz einer Handelsfirma zu bestehen aufhört.

Unser Gabriel v. Ebertz beglich sich als Schloßherr 1782 mit Math. Frehner in Eisenburg bezüglich eines Brunnquellangebrauchs dahin, daß er solche 4 Jahre gegen 25 fl nutzen und gebrauchen darf; nach Verfluß dieser Zeit soll die Brunnenstube dem Frehner, die Deicheln aber ihm gehören, wenn er den Brunnen nicht mehr benötigt (Sti. 50. 2).

Gabriel stirbt ledig als Handelsherr, 34 Jahre alt, am 7.6.1784, von seiner 73jährigen Mutter Barbara v. Ebertz am 18.9.1789 im Tode gefolgt (gedrucktes Verstorbenen-Verzeichnis des Totengräbers Hofbauer).

Und nun kommt besagte Lücke. Bis wir eines Besseren belehrt werden, nehmen wir an, daß der nun

6. als Schloßherr waltende Senator Johann Anton von Schermar

durch seine Gattin Sibylla Magdalena, die wir als Ebertz’sche Tochter ansprechen müssen, in den Besitz von 2/12 der Herrschaft gelangt ist. In Prot. redet Herr v. Schermar Herrn Daniel v. Unold auf Hummelsburg bei Leutkirch als „Wohlgebohrner, Hochzuverehrender Herr Papa“ an, womit für uns das Dunkel freilich nicht erhellt wird.

Der neue Schloßherr macht durch den Fehnle-Prozeß von sich reden, den wir mit den Worten übersetzen können: Wie es in der guten alten Zeit einem Untertanen mit seinem Heim ergehen konnte (nach A. N.).

Am 23.3.1797 lief beim reichsritterschaftlichen Direktorium in Ehingen eine Beschwerdeschrift des Pfarrers Franz Xaver Goll von Amendingen, mitunterschrieben vom Gerichtsammann Mathias Frehner und Anthoni Riedmiller ein. Johann Anton Schermar, Herr des Schlosses Eisenburg, habe auf einer reichsritterschaftlichen Söld in Eisenburg einen Lehenbesitzer gehabt namens Josef Fehnle, der vor 2 Jahren gestorben sei. Er (Schermar) habe der Witwe mit ihren 6 Kindern den Fort-Besitz auf ungewisse Zeit vergönnt. Jetzt auf einmal fasse

[T12]

Vordere Hälfte eines alten Eisenhammers
(Hammerschmiede von Kaufmann-Amendingen).

[T12b] [165] er aus persönlichem Haß gegen dieselbe den Entschluß, die Söld an sich zu ziehen und der Witwe dafür gegen Zins eine Stube einzuräumen. Er habe aber mit dem strengsten Arrest gedroht, wenn sie die Söld nicht freiwillig verlasse, was auch wirklich geschehen sei, die Arrestierung nämlich. Nun hätten ihn andere Gutsbesitzer gebeten, wenigstens die Tochter im Besitze der Söld zu lassen. – Vergebens. Er verleihe nie mehr auf den Leib, sondern höchstens auf 6 Jahre. – Das sei von großem Nachteil, führen die Beschwerer aus, da man hiedurch nur schlechte Untertanen hereinbekomme, und deren gäbe es so schon genug. Schon unterm 24. ds. Mts. kommt von Ehingen an Schermar der wohlmeinende Rat, vor Ausbruch allgemeinen Mißvergnügens demselben durch schleunige Zurücknahme seiner Maßnahmen vorzubeugen. Am 27. trifft in Ehingen vom Gerichtspraktikanten Wilhelm Bader in Boos die Nachricht ein, daß Schermar im Wege seines schmählichen Arrests fortfahre. Schermar rechtfertigt sich, gegeben auf Schloß Eisenburg den 2. April 1797, damit, daß nur die Hochachtung vor hochedler Reichsritterschaft ihn veranlasse, überhaupt zu antworten, was er nicht schuldig sei, da nur ein höchstes Reichsgericht ihn belangen könne, wenn überhaupt der paar gehässigen und unruhigen Amendinger Beschwerden rechts- und ordnungsgemäß wären. Nur einem in Rechtsfällen unerfahrenen Pfarrer und 2 noch unerfahreneren Bauren könne es einfallen ihn in Nutznießung seines Eigentums zwingen zu wollen. Er habe der Witwe genug väterlichen Wohlwollens erzeigt, sie habe nur Undank wegen aufwiegelnder Helfers-Helfer. Sie verdiene Haß – aber dieser sei nicht die Quelle seines Vorgehens, sondern ihr Ungehorsam bezüglich ihres Abzugs. Ihr sei das Bestandgut an Martini i. J. nur für ein Jahr eingeräumt. Bei gegenwärtiger Erweiterung seiner Oekonomie habe er aber deren Grundstücke nötig. Daß er sie habe ein paar Jahre sitzen lassen, sei eine Gnade, keine Schuldigkeit. Er gebe ihr sogar noch eine Wohnung – aber „abbrotzen“ lasse er sich nichts. Amman Frehner am 5. 4.: Die Witwe liege noch im Arrest. Man habe für sie gebeten, aber umsonst: Sie habe ihn (Schermar) als Ehebrecher ausgerufen, habe 2 mal Bäumchen aus seinem Garten verkauft; auch habe er einmal bei ihr sein Wägelchen einstellen wollen, was sie aber nicht gestattete. Diese Motive, sagt Frehner, seien unbegründet. „Wir alle sind verloren, wenn es so fortgeht; denn in Schwaighausen hat es Schermar einem rechtschaffenen Sohn ebenso gemacht." Das Direktorium am 6. 4.: Seit der Einführung der Fall-Lehen seien bürgerliche und Staatsverhältnisse gar sehr verändert. Wegen einer guten Polizei u. a. [166] sei es nicht mehr üblich so vorzugehen. Man könne es nicht dulden und müsse es Kaiserlicher Majestät anzeigen. Ohne erhebliche Ursache dürfe man niemand verstoßen. Es folgt nun eine umfangreiche Bittschrift der Ammänner u. s. w. von Amendingen, Eisenburg und Schwaighausen ohne Tag. Darin ist ausgeführt: Mit schwerem Herzen haben sie diese Bittschrift gegen einen ihrer Herren verfaßt; denn das sei noch nicht dagewesen. Aber die trübe Aussicht in ihre Zukunft nötige sie dazu. Die Witwe habe 6 Kinder, das älteste (Tochter) sei 25 Jahre, ein Krüppel 19 Jahre, das jüngste 7 Jahre. 15 Tage sei sie nun im Gefängnis, 4 Tage bei Wasser und Brot; ihre „Meubles“ habe der Amtsdiener hinauswerfen müssen. Die Gefängniskosten (s. u.) habe sie bezahlen wollen; aber man habe nochmals mit Gefängnis gedroht, dessen Ursache nur ihr verbitterter Herr wisse. Alle bürgen, daß sie ein rechtschaffenes, ehrliches Weib sei, das ihre Abgaben immer entrichtet. – Ein solches Verfahren wollen sie wegen ihrer eigenen Zukunft nicht einwurzeln lassen; keine Herrschaft mache es so; die leibfälligen Güter lasse man überall der Witwe oder den Kindern, wenn nicht schwere Vergehen oder Überschuldung vorliege. Das seien die Grundbesitzer einer guten Staatswirtschaft und wohlgeordneten Polizei schuldig. Der Leiblehenhuber werde doch besser sein Gut umtreiben, wenn er wisse, daß es nach seinem Tod nicht in fremde Hände gerate, daß er nicht nur einige Jahre darauf sei und es darum aussauge, schlecht dünge, und daß man ihn nicht nach ein paar Jahren als Bettler und Landstreicher mit Weib und Kind von Haus und Hof jage u. s. f. – v. Schermar wolle nach und nach alle Leiblehen in Pachtgüter umwandeln. Was würde daraus werden? Sie bitten also um Schutz. – Unterschrieben sind je 6 schermarsche Untertanen von Eisenburg und Schwaighausen, 8 von Amendingen.

Die darin genannten Strafkonti des Gerichtsdieners Stähle lauten:

I. vom 6.4. 2 mal nach Eisenburg zu laufen und der Fehnle abzubieten 08 kr
am 22. 3. dieselbe abholen 15 kr
Einführung in Arrest wie gewöhnlich 20 kr
4 Tage bei Wasser und Brot à 4 kr 16 kr
11 Tage bei Haußmannskost à 16 Fr 2 fl 56 kr
15 Tage für Abwartung und Einhaitzen à 6 kr. 1 fl 30 kr
15 Tage für Nachtstuhl 30 kr
Ein- und Auslaßgeld 1 fl 12 kr
---------------
7 fl 07 kr

[167]

2. am 22.4. Samstag Mittags abermahl ins Stockhaus:
für Gang von M. nach Eisenburg 06 kr
8 Stockstreich 08 kr
Abführung nach Amendingen 20 kr
11/2 Tag bei Wasser und Brot, Haitzen und Abwartung 18 kr
3 Tag bei Haußmannskost[WS 15] und Haitzen und Abwartung 1 fl 12 kr
für Nachtstuhl 10 kr
Ein- und Auslaß 1 fl 12 kr
---------------
3 fl 26 kr.

Am 18. April entgegnet Schermar wieder, indem er schon oben Gesagtes wiederholt und bemerkt, daß er sich sein Recht nicht nehmen lasse; seine Bestandsbriefe lauten so. Dann bringt er sogar (nach Werken) eine sprachliche Erklärung des Wortes Fall- oder Schupflehen; das besage schupfen, schuppen = springen lassen, wenn es dem Herrn nicht gefalle. Das sei nun einmal so. Ein Vorwurf wäre vielleicht noch gerechtfertigt, wenn er das Gut einem Fremden geben würde. Aber er nutze es ja selbst. Wenn es ihm nicht mehr behage, könne er es immer noch der Tochter geben. Aber so, wie sie es anfange, sei es höchst verkehrt. – Am 27.4. verlangt die Ritterschaftsdirektion nochmals ausführlichen zusammenfassenden Bericht zu diesem letzten Schreiben des Herrn v. Schermar von den Ammännern, welche dann auch darauf hinweisen, daß die gelehrten Ausführungen aus alten Schriftstellern in gegenwärtiger Zeit keinen Wert hätten. Sie stimmten wohl, wenn der Staat nicht beschwert und der zu beseitigende Teil nicht zu sehr verkürzt und beschädigt würde. – Aber nun wird es auf einmal stille. Es liegen wohl noch 2 eigenhändige Mahnungen der Fehnle selbst, vom 25. Sept. und 13. Nov., gerichtet an die Wohl-Hochedelgebornen Herren der Reichsritterschaft, vor, worin sie bittet, ihrer nicht zu vergessen; sie sei in einem feuchten, engen Stübchen; alles faule, dazu müsse sie 9 fl Hauszins erlegen; könne nicht zahlen, weil sie nichts zu verdienen habe; er drohe sie fortzujagen; sie solle betteln oder stehlen (!) – –

Aber es bleibt nunmehr alles stille. War die Aufmerksamkeit nach Frankreich gelenkt? hatte die Ritterschaft größere Sorgen? Oder war im Schlosse zu Eisenburg der Ritter mit der knöchernen Faust eingekehrt?

Doch nicht! Aus der uns leider erst so spät zugegangenen Quelle „Prot.“ erscheint die ganze Angelegenheit für Herrn v. Schermar in einem bedeutend schöneren Lichte und nimmt zuletzt sogar einen erlösenden romanhaften Ausgang. Darnach hatte der neue Schloßherr schon 1794 mit der Anna Maria [168] Fähnlin geb. Falserin zu tun, die mit ihrem Mann nicht hausen kann und darum das Gütlein für sich in Bestand nehmen zu dürfen bittet, was ihr auf 1 Jahr und nicht länger gewährt wird. (26.10.94) Gegen den Mann, den sie um 36 kr wöchentlich speisen muß, laufen fortwährend Zechforderungen bei der Herrschaft ein, die sie teils bereinigt, teils geschickt abwirft mit der Begründung, daß nach Herrn v. Eberz Gebot „Wirtshaus- und Saufschulden“ in den beiden hiesigen Wirtshäusern ihrem Manne gegenüber nicht zu tilgen sind. Inzwischen stirbt derselbe, und am 17. Juli 1795 könnte sie sich schicklich mit Xaveri Kirchheimer aus dem Rothischen verheiraten, was ihr abgeschlagen wird mit der Begründung, daß sie bei den teuren und harten Zeiten froh sein solle, sich mit ihren Kindern ehrlich zu ernähren. Am 31. Jänuer 1797 werden für ihre Kinder 2 Trager gesetzt, welche dann bitten, sie nicht von der Heimat zu verstoßen, womit dann das beginnt, was Vorn als „Fähnle-Prozeß“ angeführt ist; denn das Protokoll vom bez. Tag enthält auf diese Bitte den Bescheid: „Findet das Bitten in absicht der Wittib nicht statt, in absicht der Kinder könne niemand wissen, was in der Zeit stecke. – Über den Lauf des Prozesses selbst enthält „Prot.“ nur wenige Angaben, welche mit dem vorne aufgeführten übereinstimmen. Der 12.1.98 hat wieder einen Abschlag ihrer Bitte sie in ihr altes Gütlein ziehen zu lassen. Am 11. Mai d. J. aber, nachdem Ammann Eckle und Michel Schneider, Tochter Johanna und deren Geschwister ihr unter Thränen gegebenes Bittgesuch und Versprechen des Gehorsams und Wahrnehmens des Nutzens der Herrschaft unterstützen, findet sie endlich willigeres Ohr. Es wird ihr Stube, Küche, Hausgang und „Gädelein“ zu nützen gewährt. Am 23.4.99 legt v. Schermar ein Selbstbekenntnis nieder, wie er durch Knecht und Magd, die nun 3 Jahre das Gütlein für ihn betrieben, betrogen und hintergangen worden, wie diese alles zu seinem Schaden und Nachteil getan hätten. Zum Glücke nimmt auch Amor Partei, und so stellt sich für Johanna Fähnlin ein Bräutigam ein, Johann Georg Fleschhut aus dem Stiftischen Pflegamt Hohenthann mit 600 fl Vermögen, dem v. Schermar das ganze Gütlein mit noch einigen Jauchert vom Schloßgut verleiht. – Das Anwesen, um welches die Tragikomödie handelt, ist jetzt Hs. Nr. 14. 1742 war es an Marx Fähnlin als Nachfolger des Herzog gekommen. Herr v. Schermar hatte aber auch sonst manchen Strauß auszufechten. Erstlich wegen dem Zehent in der Bleiche. Als neues Kulturland war hier der Zehent strittig. Am 9.7.1795 unternimmt Schermar eine Tagsfahrt zum Oberamtmann der Reichskarthause Buxheim, [169] von Frey, da ihm ein Bleicher namens Michel Müller gemeldet hatte, daß der Amtsknecht von Amendingen die Heubierlinge abgezählt habe und Miene mache, den Heuzehent zu holen[8] Es wird Augenschein verabredet auf morgen früh 6 Uhr. Da sieht denn Herr v. Schermar durch den Nebel einen Heuwagen fahren. Die Bleiche ist wie ausgestorben. Im Laughaus gibt die Juliana Müllerin an, daß der Zehent schon um 5 Uhr geholt worden sei. Ihr Mann sei beim Mähen; habe gemeint, das sei in Buxheim verabredet worden. Ungesäumt macht sich Herr v. Schermar nach M., Herrn Schwager v. Hermann sein Leid zu klagen. Indes kommt Müller „voll Eifer“ in den Rat und erhält für seine grobe Fahrlässigkeit einen ernstlichen Verweis und den Befehl, sofort in Amendingen und Buxheim zu protestieren v. Hermann ratet durch Herrn Syndikus v. Schelhorn Klage erheben zu lassen; dieser aber ist dem abgeneigt, möchte in dieser ungerechten Sache nicht dienen, selbst wenn er nicht so mit Arbeit überhäuft wäre. Nächsten tags (die Herren von Buxheim waren unterdessen unverrichteter Dinge auf Eisenburg gewesen) Protest in Buxheim gegen das illegale frivole Verhalten desPfarrers in Amendingen. Oberamtmann: Man müsse einen Unterschied zwischen dem Großzehentherrn Buxheim und dem Kleinzehentherrn Amendingen machen. Er habe zwar dem Pfarrer Erlaubnis erteilt, den Heuzehent zu holen, ihm aber die Art und Weise allein überlassen. – Man will sich nächster Tage in Memmingen zu einem schriftlichen Vergleich zusammenfinden – allein die Herren verfehlen sich. Nun gehts an die Kleinen: der Michel Müller erhält 3 Tage Gefängnis, die aber doch schließlich auf 3 fl Strafe ermäßigt werden, der Augustin Apt von der Bleiche scharfen Verweis, beide den mit Androhung von Buchloeer Zuchthausstrafe verzierten Befehl, Gewalt mit Gewalt zu vertreiben, auch beim Großzehent, und expressive Nachricht zu geben. – Aber erst 30.3.1802 gelingt es dem Besitznachfolger den besonders durch die französischen Kriege seit 1795[9] abgebrochenen Verhandlungen ein Ende zu machen, und zwar auf Grund freundnachbarlichen Abkommens:

  1. es soll auf der ungefähr 12 Jaucherte haltenden Eisenburger Bleiche der Großzehent 20 Jahre zur Reichskarthause ausgezählt,
  2. aber von Herrn v. Lupin eingeheimst werden;
  3. für jede Zehentgarbe sind 6 kr zu bezahlen, doch können die Zehentholden auch in natura geben;
  4. für den 7 Jahre rückständigen Zehent soll Lupin nur 12 fl entrichten;
  5. nach diesen 20 Jahren hat dies Abkommen Endschaft und
  6. soll nachher nach neuem Vergleich aber nach dem gemeinen Recht gehandelt werden;
  7. betr. Kleinzehent soll es beim Naturalbezug verbleiben bezw. soll Pfarrer jeweilig unpräjudizierliche Konvention treffen.

[170] Wegen des Herrn Brack mit Familie, protestantisch, der im Lupin’schen Fabrikhause in der Bleiche als Commis oder Arbeiter wohnt, wurde mit der Karthause ausgemacht, daß derselbe da verbleiben, aber sich im öffentlichen ganz den kirchlichen Gesetzen (wohl nur die Feiertage betr. !) fügen solle. –

Zum andern: Herr v. Schermar sieht am 18.7.95 vom Schloß aus unter der Burghalde einen Graben machen. Als Neuerung will er dies nicht dulden, geht hin und schickt den betr. Buben des Christian Madlener von der Bleiche von der Arbeit heim mit dem Bedeuten, er soll seinen Meister um 12 Uhr zu ihm schicken. Der kommt abends 6 Uhr übel gelaunt: Wie Herr v. Schermar seinen Leuten die Arbeit abschaffen könne. Der Graben sei auf dem Seinigen. Das gehe niemanden was an. – Die Leute seien ja nur 1 Bub gewesen; der habe höchstens 2 Stunden versäumt. Er werde es seiner (Madleners) Herrschaft melden. – Am 20. Aussprache mit Herrn Jakob v. Unold; es wird Augenschein vereinbart. Am 21. kommt Schermar zu Herrn Bürgermeister v. Unold, welcher ihm herbe Vorwürfe macht. Madlener habe sich beklagt, es sei nicht mehr zum Aushalten, v. Schermar fange mit allen Händel an u. s. w. – Das sei Verleumdung. – Nächsten Tag Augenschein. Madlener solle 3 Brücken richten. Schermar will aber überall aus dem Wald gemäß altem Vertrag von 1742. Madlener habe hier kein Recht zu einem Acker, müsse ein Mahd liegen lassen. – Die Herren v. Unold fanden später diesen Vertrag, wonach Madlener 13 Strangen unbebaut[10] lassen müsse. So bekam Herr v. Schermar endlich Recht – aber der Madlener tat was er wollte. –

Am 29. September 1795 bringen die Hawanger ihre 4 Fehlhahnen wegen den zu Eisenburg pflichtigen Äckern im dortigen Unter-Ösch. Raphael Daur behauptet, daß es Johannes Dodel dortselbst schriftlich habe, daß man ihnen 1 Schoppen Wein und 1 Vochez vorsetze. Man habe es ihnen alleweil gegeben. Es wurde ihnen 1 Glas Wein und 1 Stück Kirchweihbrot vorgesetzt. – Dafür bedankten sie sich; sie wollen 1 Schoppen (alten Maßes) und 1 Vochez. – Als sie das Glas schließlich doch ausgetrunken, forderten sie noch mehr Wein, schenkten ihn schließlich aus dem beiseite gesetzten Glas selbst ein, und als die halbe Maß geleert war, verlangten sie noch mehr; sie seien den ganzen Tag in der Stadt herumgelaufen, hätten nicht gewußt, daß Herr v. Schermar heraußen wohne. – Nächstes Jahr bekamen [171] kamen sie nichts, „ohne auch nur ein Hälbslein Bier als Trinkgeld“ mußten sie wieder heim.

Eine recht dankenswerte Mitteilung haben wir von Herrn v. Schermar über die Plünderung des Schlosses durch Franzosen (Prot. S. 53): „Nicht ohne große Rührung merke ich hier an, daß in der Nacht vom 11. bis 12. August 1796 von mehreren französischen Republikanischen Soldaten das Thor am Schloß aufgehauen, alles was verschlossen war mit gewalt zerhauen und geöfnet und das ganze Schloß von oben bis unten ganz ausgeraubt und geplündert worden. Die Niederin, ein altes Weib von – Jahren, war allein im Schloß. Ihr wurde das bloße Seitengewehr auf die Brust gesetzt, und so unter den schrecklichsten Bedrohungen anzuzeigen wo Geld oder Praetiosa vergraben oder (da ihr Sohn ein Maurer) eingemauert seyen im Schloß vorzüglich aber im Keller herum geführt. Meinen Schaden rechne ich auf 3–400 fl. Der größte Haufen Hobel-Spähne wurde in der Nacht im Kornboden ganz auf einen andern Platz umgewühlt wahrscheinlich in Hoffnung etwaß an Werth darunter zu finden.“ Von anderer Hand ist darunter die Bemerkung eingetragen: „Auch zerschnitten sie muthwilliger und diebischer Weise das Billiard, nahmen das Tuch und zerschlugen was sie nicht mitbringen konnten.

Herrn v. Schermars letzter Eintrag auf einer leeren Seite ist: Actum d. 15. Jan. 1800.

7. Johann Daniel v. Lupin

erhielt, wie gesagt, Eisenburg durch die Hand der Witwe Sibylla Magdalena des Vorigen, um sein förmliches Recht gegen die Grundsätze moderneren Denkens so sehr besorgten Besitzers. Er war ein Vetter des Großvaters des gegenwärtigen Herrn auf Illerfeld, dem wir diese Nachricht verdanken. – Die neue Handschrift im Prot. beginnt am 19.2.1800, die Protokolle sind ohne Unterschrift, und am 23. August d. J. findet sich darunter erstmals neben L. S. (loco sigilli) J. Daniel v. Lupin, dessen eigene Steilschrift nur hier und da zu sehen ist. Der letzte Eintrag unter Lupin’scher Herrschaft geschah am 31. Juli 1804.

[172] Unter seinen Einträgen interessieren uns besonders die über die Vergebung der ehemaligen Bleicherei–Gebäude. Daß schon unter Schermar das Laughaus als Sölde vergeben war, haben wir bereits gehört. Am 23.8.1801 bittet der darin einst wohnende Michel Müller ihm das ehemalige Manghaus käuflich zu geben und ihn als Untertan aufzunehmen. Er erhält es um 525 fl, 125 fl „Ehrschaz“, 50 fl jährliche Abgaben, wogegen „den Plaz, wo das Hänghaus stunde“, die Herrschaft für sich behält. Am selben Tag wird ehgenanntes Laughaus an Sebastian Neher, „Wangner auf der Bleiche“ um 300 fl als Erblehen verliehen, ebenso dem Joh. Gg. Meßlang, Zimmermann, das kleine Haus neben dem Weiher (Walkhaus) um 250 fl.

Herr v. Lupin hat nach Prot. auch einen Strauß mit dem Pfarrer von Amendingen Joseph Schedel auszufechten, welcher den Maurer Klemens Nider nicht kopulieren will, dem die Herrschaft den Konsens bereits erteilt hat. Der Pfarrer nahm für sich in Anspruch, daß eine 4. Wohnung im „Amtshaus“ einzubauen untunlich sei, daß die Pfarrei so groß würde, daß bald ein 2. Kaplan erforderlich wäre, daß kaum die Kirche, nicht aber der Friedhof mehr genüge etc. Klemens Nider wurde nach langem hin und her auf Befehl des „Vikariats Augsburg“ in Ebersbach getraut.

Die Ehe des Herrn v. Lupin blieb kinderlos und wurde später getrennt. Er verkaufte 1804 Eisenburg. Da mit ihm die Neubronnersche Familie in ihren Eisenburgischen letzten Ausläufern scheidet, da nach ihm ein völlig neues Geschlecht, das der Herren v. Pflummern, darin einzieht, und da sich endlich um diese Zeit derartig tief einschneidende Wandlungen im politischen, bürgerlichen, staatlichen und wirtschaftlichen Leben vollziehen, die auch eine völlige Umwandlung in den herrschaftlichen Verhältnissen unseres Gebietes in sich begreifen, beginnen wir mit dem neuen Herrn auf Eisenburg füglich auch einen neuen Teil unserer Geschichte.

2. Das Gut Trunkelsberg von 1671–1729.

Wir verließen Trunkelsberg in trübseligem Zustande. Das Schlößlein war nahezu zerfallen, die beiden großen Höfe (und nur darum handelt es sich bei Trunkelsberg trotz aller Chronistenlegenden!) waren in fremden Händen. Georg Christoph von Settelin hatte den einen, den Michel Werz baute, schon 1645 an Pongraz Zollers Wittib, die Ursula Waldnerin, um 2000 fl [173] schuldiges Kapital und 1500 fl Zinsen mit dem Beding „cediert, daß er nach 15 Jahren berechtigt sei, ihn um 3200 fl einzulösen. Der andere Hof, den Thomas Schüz baute, ging im selben Jahr aus denselben Gründen an Dr. Heinrich Hörwart - Augsburg gegen Remittirung von 2600 fl nebst 1985 fl Zinsen, den Settelin nach 12 Jahren um 3500 fl oder wenn das Haus gebauet würde um 3600 fl wieder einlösen kann. – Der 1. Hof geht 1651 um 2200 fl, der andre teils 1650 von Waldner und Küchlin, die ihn von Dr. Hörwart noch 1645 erwarben, teils 1653 von Gabriel Wachter um 900 fl bezw. 2204 fl, 1655 von Gordian Settelin um 320 fl 21/2 Jauchert Garten und 12 Jauchert stehend Holz und 150 fl für die Kinder an den uns nicht mehr ganz unbekannten

1. Johann Wachter,

dem Gordian 1656 spezifizierte Quittung über empfangene 3200 + 320 + 150 fl ausstellt (A. T.)

Unter ihm kommt wieder Ordnung in das Gut. Das Schloß wird neu repariert. Er stirbt 1696 mit Hinterlassung dreier Töchter Sabina, Susanna Margaretha und Anna Elisabeth, an welche, bezw. deren Ehemänner, das Gut mit den übrigen Gütern von Los Nr. 2 fällt.

Sabina hinterläßt im gleichen Jahre 2 Töchter Anna Sibylla und Juliana.

1797 verkaufen deshalb Ihre Herrlichkeit, Herr Bürgermeister Gabriel Wachter und Tit. Herr Matthäus Müller, Handelsmann in Augsburg, als Verordnete Vormünder weiland Herrn Thomas Müller sel. mit weiland Frauen Sabina, geb. Wachterin erzeugten beiden Jungfrauen Töchter Anna Sibylla und Juliana, dann Herr Georg Jakob Scheufelin, beider Rechte Lizentiat und Eines löblichen Stadtgerichts allhier verordneter Advokatus, in Ehevogts Namen seiner eheliebsten Frauen (obiger) Anna Elisabeth – an Herrn Benedikt Hermann, Medicinae Doctorem et Physicum Ordinarium das auf sie resp. Autorio et uxorio nomine mittels eines besondern Vergleichs vom 17.3. gekommene ganze Gut Trunkelsberg, wozu insonderheit gehören:

Ein neu repariertes Schlößle, darzu ein Stadel, eine Stallung, ein großer Baumgarten, darum eine Fischgrub, 12 Jauchert Ackers, welche von den wohlbenannten Hofbauren ohne Belohnung bis zum Schnitt müssen angebaut werden, woraus jährlich für Bestandsgeld derzeit gereicht werden: 110 fl und an Butter 104 Pfund; item 120 Jauchert Holzboden, wovon [174] aber teils abgetrieben und aus denen den beiden Gültbauern jährlich 32 Klafter Holz ohne Bezahlung gefolgt werden müssen.

Item 2 Höfe, wozu 132 Jauchert Äcker, 18 Tagwerk 2 mähdige, 40 Tagwerk einmähdige Grasböden – welche dermalen Johann Heiß und Andreas Mayr verwalten und daraus jährlich gülten: 32 Malter Roggen, 306 Viertel Haber, an Heugeld 20 fl, für 2 Schweine 20 fl, an Küchengült 400 Eier, 12 Hühner, 4 Hennen, 4 Raphahnen oder 1 fl 20 kr, 10 Pfund gehechelten Flachs; mit Wunn und Waid, Trieb und Tratt u.s. w., nichts ausgenommen, unverkümmert recht eigen, frei ledig, außer daß für den gesamten Großzehenten der Karthaus Buxheim jährlich 10 Malter Korn von allen Gütern zu Trunkelsberg, nämlich 2/3 winter- und 1/3 sommerliche gehen – um 12 000 fl. – Schon am 21. Juli d. J. verkauft dieser hinwiederum an Frauen Sabina Maria, geb. Stebenhaber, Witwe des Heinrich Neubronner[WS 16] um 4000 fl das Schloß Trunkelsberg samt dem Jäger- und Hirtenhäuschen, der Baumschule und Fischgrube, mit den 12 Jauchert Äckern und deren Gerechtigkeit, dann 8 Stück Vieh und 1/3 des obgenannten Holzbodens. So kommt es, daß 1698 als neuer Herr deren Sohn

2. Melchior Daniel Neubronner

auf Trunkelsberg erscheint. Die bekannten Höfe fielen 1697 an die Reichsstadt M. um 9000 fl, kamen aber 1708 ebenfalls an Melchior Daniel um 8300 fl samt niederer Gerichtsbarkeit über den ganzen Weiler, die um 300 fl angeschlagen ward. Auch durfte der neue Herr in Trunkelsberg keine Taferne unterhalten, keinen Abstoß für Salz und andere Kaufmannsgüter und den Biersud nur zu seinem Hausgebrauch betreiben. Er gab aber hiefür sein von seinem Vater ererbtes 12 tel der Herrschaft Eisenburg (nach Sti. 41. 3) um 6780 fl. Er erwirbt dagegen mit 600 fl von Jakob Wachter auf Eisenburg die hohe Jura, wie bereits erwähnt. – Die bei seinem Erbteil befindliche Wirtschaft zu Schwaighausen hatte er vorher in der Stille an „den Prälaten zu Ottenbayern um 4000 fl verkaufft, welches er aber laut Einer Obligation und Vergleichs nicht befugt ist; als man solches von der Stadt seiten erfahren, har man sogleich durch Herrn Johann Konrad Zwangmeister, Kaiserl. Notarium und Zeugen darwieder protestieren und bemeldtes Wirtshauß in Possession nehmen lassen (Gri). – 1715 verkauft er einen Hof an das Spital um 4400 fl (ohne Jurisdiktion). 1718 ist ihm der Landaufenthalt entleidet. Er verpachtet im Frühjahr dieses Jahres Schloß und Güter an einen gewissen Riser aus Günzburg und zieht in die Stadt, wo er den Kindern eher etwas [175] lernen lassen könne. Hiezu kauft er Herrn Lohrs „Zur Guldenen Traube“ Haus beim Kornhaus am Bach um 2000 fl und erwirbt mit ganzer Familie gegen 15 fl jährlich Besitzgeldes den Beisitz in der Stadt. Da es seinem Beständer in Trunkelsberg nicht möglich war die 400 fl Pachtsumme aufzubringen, verkauft er endlich im gleichen Jahre unter Vorbehalt aller niedern und hohen Obrigkeit auf Lebenszeit das ganze adelige

3. Gut an das Unterhospital um 16 000 fl

und 600 fl Diskretion.

(All dieses stammt, wo nicht besonders angegeben, aus A. T. Einschlägig ist auch Sta. 327.3; f. 24 und 26; Gen. M. 253 und 168; Gri; Fam. Chr. 298; Ka 346; U 168; Sti. 41. 3.; 52. 8; bei den Chronisten finden sich hier und da andre Lesarten).

Bei Ka ist folgende Grabschrift der Berger Kirche abgedruckt:

Hier
Ruhen unter sich
Und die lieben Ihrigen
Deren bereits einige hier liegen
Nach vollendeter Wallfahrt auf dieser eitlen Welt
In Erwartung des ewigen Lebens
So nur Christus erworben
Der Hochedelgebohrene Herr
Melchior Daniel Neubronner von
Eisenburg
Herr auf Trunkelsberg
und seine liebwerte Ehegemahlin
Ursula Sibylla Neubronnerin
von Eisenburg auf Trunkelsberg
Eine geborne Katzenböckin von
Katzenstein
und Thurnstein auf Oberhausen
Anno M D C C XVII. (?)
Geh hin, o Sterblicher, behalte diese Kunst:
Daß unsre Lebenszeit nur ist ein bloßer Dunst!
(etwas andre Lesart von Dr. Miedel in Schw. E. 1902 140).

4. Elias Christian Jeremias Heuß aus Augsburg

ist es, der nach Ka 247; T. B. Fam. Chr., 316; St. 52 10 und A. T. 1729 den gesamten Besitz um 20 000 fl kauft. Der ehemalige Besitzer Melchior Daniel begibt sich gegen 600 fl seiner Jura und verzichtet auf seine jus reluitionis. Die obige Jahreszahl kann sich demnach nur auf seine Gemahlin beziehen, mit der er als neuer Herr auf Trunkelsberg 1698 getraut worden und welche eine Tochter des Mathias Katzenböck auf Katzenstein und Thurnstein zu Oberhausen und seiner Frau Susanna Katharina, geb. Sailer auf Pfersheim gewesen war.

[T13] Trunkelsberg ist nun wieder in festen Händen und wir können getrost von ihm Abschied nehmen. Doch wollen wir seinem bisherigen Herrn etwas nachblicken: Melchior Daniel Neubronner verlobt seine älteste Tochter Sabina Katharina an Herrn Christophorus Antonius v. Brannenthal, Stadtammann in Ravensburg. Am 6.11.1733 ist Hochzeit auf der Geschlechterstube und am 3. Tag kostbare Mahlzeit im goldenen Löwen, worauf das Paar glücklich in Ravensburg ankommt. Am 28.12. heiratet seine jüngste Tochter Sibylla Regina mit Herrn Heintzelmann v. Venedig (gebürtig aus Kaufbeuren), worauf die Neuvermählten nach Venedig abreisen. – Doch auch traurige Schicksale kamen über diesen Neubronnerischen Zweig. Den tragischen Vorgang auf dem Friedhof zu Berg haben wir schon erwähnt. Am 21. November 1734 starb ihm ein hoffnungsvoller Sohn Albrecht Wilhelm, als Fähnrich im Lager bei Bregfeld (Heilbronn), der sein kurzes Leben unter vieler Strapatze und Gefahr, sowohl im Feld, als auch, da die Franzosen die Festung Kehl belagert, auf 22 Jahr 5 Wochen und 6 Tag gebracht“ (Fam. Chr.) – 1736 schüttelt Melchior Daniel den Memmingischen Staub ab, verkauft seine Grabstatt und seine Kirchenstühle zu M. und die Trunkelsbergischen Akten um 300 fl an „die beiden Heißen“ und zieht, den Beisitz aufgebend, nachdem er nach 1742 eine Tochter an Herrn Johann Benedikt Ludwig v Zweiffel auf Türkheim verehelicht, 1744 mit übriger Familie nach Ravensburg (Gen. M.)

3. Das Gut Grünenfurth 1671–1823.

Eh’ Abraham war, war ich“, könnte man mit Beziehung auf Grünenfurth sagen, wenn man die alten Chroniken liest, wonach Grünenfurth vor M. eine Stadt war, wonach die Stadt eben früher Grünenfurth, wenn nicht Grünenwörth hieß. Abgesehen von Pater Maurus läßt sogar auch Haggenmüller einmal Grünenfurth brandschatzen oder gar zerstören, von M. nichts erwähnend! Worauf mag das beruhen? Auch Groß glaubt daran und erwähnt, daß auf den Feldern von Grünenfurth schon Spuren von Mauerwerk ausgegraben worden seien. Sagen haben doch auch eine Tatsächlichkeit zum Hintergrund! Nach den Eisenburgischen Papieren erscheint Grünenfurth trotz der vielen Güterschiebungen und Verleihungen erstmals in der 1. Teilungsurkunde v. 1475[11] als „das Haus zum Grünenfurth genannt“, weiter kein Aufhebens, kein Zeitpunkt des Erwerbs, keine Veränderung in der Person des

[T13b]

Prospekt von Trunkelsberg bey Memmingen.

Prospekt von Grünenfurth bey Memmingen.

[176] [177] Beständers, gar nichts! Auch die in Sti. 50.9 befindliche Registratura über Grünenfurt besagt, daß die Verkaufsurkunde von 1455 das 1. Dokument darüber sei. Da muß man sich doch sagen, auch wenn man sonst alle Lücken in unserer Geschichte nicht vergessen hat, daß da zu viel Bedeutung beigemessen wird. Wenn wir die Örtlichkeit ins Auge fassen, ganz besonders auch noch Bahndamm und erhöhte Straßenzüge wegdenken, den ehemaligen Wasser- und Sumpfreichtum aber wieder dazu (auch wenn wir die alte Iller lassen, wo sie heute noch ist), so betrat man von dem Hochufer Amendingen-Memmingen aus tatsächlich erst bei Grünenfurth wieder festen Boden. Das ganze übrige Gelände ist von zahlreichen noch bestehenden und vielen ausgetrockneten Rinnsalen und Tümpeln ausgefüllt. – Zu einer vorgeschichtlichen oder wenigstens altgeschichtlichen Niederlassung in der Ausdehnung einer „Stadt“ ist auf solchem Boden und mangels jeglicher Verkehrsader sicherlich kein Anlaß gegeben gewesen. Grünenfürth bekommt nach unserer unmaßgeblichen Meinung erst Sinn und Bedeutung durch die Gründung von Eisenburg. Und die tatsächlichen Unterlagen der angeführten Sagen sind – die Siedlungen auf der gegenüberliegenden Höhe: das erste Memmingen, wo noch heute St. Martin ragt.

1608 ward Grünenfurth wieder Eisenburger Eigentum. Durch die Zertrümmerung von 1671 kam es als Los Nr. 12 im Anschlag von 5000 fl an Dr. Daniel Neubronner, welcher wegen schwerer Krankheit (davon spricht ein Vergleichsrezeß mit seinem Vetter Marx zu Ulm, 8. Februar 1674, G) wahrscheinlich sein Erbteil nie betreten hat. Deshalb nennt sich sein Bruder Hans Eitel in der Pfarrmatrikel von Steinheim „auf Grünenfurth“, bis Daniels Enkel Johann Konrad mit Erlangung der Volljährigkeit den Betrieb selbst übernehmen kann. Er verehelicht sich am 25. Januar 1705 mit Anna Juditha, 2. Tochter des Stadthauptmanns Gg. Ludwig Stebenhaber. Die hochzeitliche Festivität dauerte 2 Tage und wurde im Fuggerbau „solemniter zelebrirt“ (Gri.; Fam. Chr.) Gen. M. bringt diesen Fall 1708. – Schon 1710 beginnt auch er zu verkaufen nachdem schon 1708 das Hart u. a. um 9000 fl. abgegeben wurde. Unter den Neubronnern herrschte um diese Zeit die reinste Güterveräußerungs-Epidemie. Das Unterhospital erwirbt in diesem Jahre das Fischwasser in der Ach von der Mahlmühle bis zur Kirche Amendingen, im alten und neuen Schlutengraben, im Heubach von der Papiermühle bis Groppers Wasser, die Wiesenwässerungsgerechtigkeiten u. s. w. um 650 fl (U. 555); Gen. M. 6). Nachdem ihm 1715 der Beisitz in M. gewährt wurde, verkauft er [178] ganz Grünenfurth 1721 um 10 000 fl und 500 fl Diskretion ebenfalls an das Unterhospital, welches dieses Gut ausdrücklich nicht um der Interessen willen erwirbt, die es abwirft, sondern bloß damit es nicht in fremde Hände fällt. Es will, um seine große Schuldenlast nicht noch zu erhöhen, die Güter um Grünenfurth mit Reservierung der Jurisdiktion im einzelnen veräußern – was aber anscheinend doch nicht ausgeführt wird (Sti. 42,2; 50,2; Ka; Gen. M.).

Denn 1737, am 10. April, erwirbt Konsulent v. Scheidlin aus Augsburg dies Zwölftel ehemaliger Herrschaft Eisenburg um 11 600 fl und erbaut das Schloß neu – damit es seine Erben 1748 um 13 748 fl wieder an das Spital und dieses endlich 1749 an Johann Jakob v. Unold wieder um 12 000 fl veräußern konnten. (Sti. 50,2; 50,13; U; Gri; Fa. Ka.)

1823 endlich geht Grünenfurth an Melchior Eglof von Stoll auf Wespach über – womit wir uns auch von diesem schönen ehemaligen Eisenburgischen Bestandteil trennen wollen. Kr. 1823 bringt folgenden Besitzstand um Grünenfurth: Es besitzen von dem Anteile:

1. Melchior Eglof v. Stoll auf Wespach das Gut Grünenfurth, die Parzellen Eisenburg und einige Walddistrikte;

2. Graf Firmas-Paries zu Lautrach die Mahlmühle zu Amendingen samt einigen Waldparzellen und einer Sölde und allen Grund- und Gerichtsbarkeitsrechten;

3. Graf Waldbott-Bassenheim zu Buxheim eine Waldung.


4. Von den übrigen Anteilen.

Den kürzesten Bestand hatte Los Nr. 11, das 1671 an Wolf Christoph gefallen war. Er veräußert seinen Anteil schon 1673 an die Karthaus Buxheim seines bessern Nutzens und Frommens wegen mit aller Zu- und Eingehör um 6000 fl und ein Silbergeschirr von 100 Reichsthaler Werth (Sti. 41. 2).

Heinrich Neubronner, Los Nr. 2, zog nach der Zertrümmerung „zur besseren Bequemlichkeit und eingefallenen Kriegswesens willen“, wie Fam. Chr. zu erzählen weiß, in die Stadt, seinen Anteil zu verwalten. „Ist den 17./27. July 1696 von einem starken Apothem getroffen worden und am 1. August d. J. eines sanften Todes verstorben und auf dem Gottesacker zu M. christl. und adelichem Brauch gemäß begraben worden“. (V. Laminet) 1678 hatte er nach Fam. Chr. 358 vor dem Einlaß eine Mühle erbaut. Seine Witwe, die ihn um 30 Jahre überlebte, erwarb, wie bekannt, das Gut Trunkelsberg ihrem Sohne Melchior Daniel, und starb, von 5 Kindern und 17 Enkelkindern betrauert, 1726. –

[179] Hans Eitel, Inhaber von Anteil Nr. 3, der Jüngere, ist seines Besitzes ebenfalls früh satt. Schon 1708 tritt er mit dem Hospital in Unterhandlungen ein und erhält auch ein Gebot. Über Nacht wurde er aber andern Sinnes. „Nachdem aber, heißt es bei G., anscheinend aus Gri. und Ka., der Verkäufer einen solch wunderseltsamen Anschlag über fragliches Zwölftel von sich gegeben, daß er fast das Duplum veri des reversmäßigen pretii übersteigt, erklärt das Unterhospital bei seinem gestrigen Angebote unter Wahrung aller seiner Rechte bleiben zu wollen“ – worauf dann der Kauf mit 9000 fl abgeschlossen wurde (16. Juni 1708).

Marx, welcher 41/12 Zwölftel aus Los Nr. 4, 5, 6, 8 und 9 erhalten hatte, starb 11. Dezember 1689.

Seine Hinterbliebenen haben ebenfalls nichts Eiligeres zu tun, als baldmöglichst einen ganzen Reigen von Abstoßungen des „beschwerlichen“ Grundbesitzes einzuleiten. Nach G. J. beginnt dies 1705. 1708 (Sti. 41. 3) folgt ein Verkauf seitens seiner Biberacher und Ravensburger Erbfolger um 9000 fl, 1709 ein solcher seitens seiner Ulmer Angehörigen um 8550 fl, beidesmal an das Spital ebenso 1711, wo es sich um Eisenburger Gütlein im Werte von 1304 fl und ein Stück Holzboden mit 1004 fl handelt.

Gewaltig spektakeln um diese Zeit wieder die 2 Lehenshöfe zu Amendingen. Die Kosten einer solchen Belehnungskomödie wissen wir bereits von Hans Eitel, dem Jüngsten, einem Sohne des Marx, aus dem Jahre 1700.

Am 3. Juni 1712 (A. B.) bekennt nun Raymundus Krafft von Dellmensingen als Kurator der Frau Sibylla Rosina, Wittib des Johann Daniel Fingerling, geb. Neubronner,

dann Markus Tobias Neubronner als Vormund der Frau Julianä des Johann Eberhard Krafft Witwe, geb. Neubronner,
dann Johann Matthäus N. im Namen seiner Ehefrau Dortha, geb. N.
endlich Johann Eitel (der Jüngste) im eignen Namen, daß sie ihren lieben Schwager Jakob Jenisch im Namen seiner Eheliebsten Regina, geb. N., rechtsbeständig refudiert, cediert und überlassen haben ihre und ihrer Curandinnen

4/5 der beiden Lehengüter in Am., und daß obgenannter Hans Eitel bisher deren Lehenträger war und nun Fürstabt Rupert zu Kempten bittet ihn der Beschwer dieser Lehenspflicht zu entlassen und seinem Schwager Jakob Jenisch zu übertragen. Der erhält denn auch vom Lehenssekretarius Johann Ulrich Sartorius die Benachrichtigung, daß er zur Belehung auf 17. August vorgeladen sei. Auch er hat uns eine Reisekostenberechnung hinterlassen (mit 21 fl), Sti. 41. 3.

[180] 1739 überträgt dieser Bevollmächtigte sein schweres Amt dem Kanzleiverwalter Eitel Friedrich Lupin. Da er nun im Mai 1741 stirbt, ist neuerdings Belehnung erforderlich. Er hinterläßt:

Jakob Jenisch, des Gerichts (Frau Regina v. Wachter),
Katharina (Melchior Sigmund Lupinin, geb. Jenischin),
Anna Rosina (weiland Herrn Ulrich Benedikt Hermanns Witwe),
Cordula Beate (Wolf Jakob Jenischs in Kempten Ehegemahl)

Jakob Jenisch (Sohn) substituiert aber krankheitshalber wieder Herrn Lupin als Lehensträger. Da sich nun in Gen. M. 247 der Eintrag findet, daß Georg Wilhelm v. Zoller, des Rats, Witwer, Hochzeit hält mit Frau Regina Wachterin von und zu Eisenburg, Witwe des Jakob Jenisch des Gerichts, und zwar am 18. März 1743, so muß dieser inzwischen gestorben sein, weshalb der Lehenhof Kempten im gleichen Jahr den Kempter Wolfgang Jakob Jenisch für sämtliche Deszendenten mit diesen 2 Höfen belehnt.

Wegen Absterbens eines Vöhlin ist 1754 Neubelehnung erforderlich, bis endlich der letzte dieses Namens, Johann Josef 1777 den vernünftigen Einfall hat, dieses grausame Spiel durch Ablösung zu beenden. Er bietet der Stadt unter Aufwand von mächtigem Schreibwerk die Lehensherrlichkeit vom Erzhause Österreich um 4000 fl Wiener Währung oder 4800 Reichs-Valuta, die seine um 1500 fl und die Kemptens ebenfalls um 1500 fl an, was angenommen wird.

Die Stadt wälzt natürlich, „nicht um sich zu bereichern oder sonst zu aggrandiren“ diese Kosten auf die „Vasallen“, „die ihr doch auch nicht Schaden und Nachteil ansinnen oder auf eine bloße Teilnehmung der commodis ohne die Onera proportionatim tragen zu helfen Anspruch machen werden“. In beweglichen Worten preist sie die Vorteile des nunmehr so bequem zu erreichenden Lehensherrn (d. i. sie selbst). Sie fordert die Vasallen auf (deren Mehrzahl das Memminger Publikum ausmacht, da anscheinend noch weitere Lehensgüter von Österreich–Kempten–Illertissen angefallen sind, schon dem Preise nach zu schließen) zu den Kosten beizusteuern, entweder durch Ablösung des Lehensverhältnisses oder die Entrichtung der Hälfte der an den extra ordinairen Kosten auf ihre Laudemial-Gebühr fallenden Rata. Innerhalb drei Wochen sollen sie sich entschließen. Was uns betrifft: Vom 30. Dezember 1777 liegt eine Allodialisations-Urkunde vom Bürgermeister und Rat vor, wonach die Jenischen [181] Erbs-Interessenten um 395 fl 4 kr 3 hl Kaufschilling in den lehensfreien Genuß der vielberührten Höfe gelangen.

Aus dem Jahre 1713 liegt eine Gesamtquittung der Marxschen Erben um den bezahlten Kaufschilling ihres Eisenburgschen Anteils über 32350 fl vor (Sti. 41. 3).

Der v. Hermann’sche Anteil. Dieser ist berechtigt, gesondert vorgetragen zu werden, da er im kommenden Teil auch eine besondere Rolle spielt und sogar dem Eisenburgischen Patrimonialgericht eine Zeit lang den Namen leiht.

Nach mehrerwähnter Mitteilung des Freiherrn v. Lupin auf Illerfeld, mit welcher auch U. 386 und Sti. 41. 3 übereinstimmt, kaufte 1753 Freiherr Benedikt v. Hermann aus Venedig das 10. und 11. Zwölftel der Herrschaft Eisenburg um 23000 fl vom Spital. Herr v. Hermann ließ durch seinen, die Kaufsverhandlungen führenden Vetter Johann Georg Baur in M. (Sti. 42. 4) durchblicken, daß er auch noch mehr Anteile von Eisenburg erwerben möchte und daß er überhaupt alles bar bezahle. Allein einmal wegen der Unmöglichkeit in gegenwärtiger Zeit das Geld gut unterzubringen (man zahle blos 3–3½ v. H. Zins), dann aus der Befürchtung, daß Herr v. Hermann ein zu starker Konkurrent würde, schließlich aus der Erwägung, daß die Eisenburgischen Güter so nahe und bequem lägen, während es für Abkaufung von Dankelsried u. a. dankbar wäre, willigte das Spital nicht ein. – Als 1766 der Grundstein zum Hermannsbau in M. gelegt wurde, konnte er sich in der Urkunde mit Recht als

Dominus Benedictus de Hermann ab Eisenburg

eintragen. Es ist derselbe, der nach „Leutsag“ auch das Leinwandkommerzium auf der Bleiche mit bedeutenden Kapitalien unterstützte, wie wir von ihm, als den alten Vetter Benedetto aus Venedig, hörten. Mit der um 500 000 fl gekauften Herrschaft Wain-Dietenheim errichtete er 1780 (das Sechstel von Eisenburg inbegriffen) das Fideikommiß Wain-Dietenheim und ließ sämtliches seinem Vetter Johann Theobald v. Hermann zuschreiben, nebst dem neuen Hause in M., seinen Memmingschen Gütern und 20 000 fl, welch letztere dieser Vetter nach seinem Tode erhielt (Gen. M., U), während er schon vorher zur Ausstattung 100 000 fl empfangen hatte, mit schwerem Geld in den Reichs-Banner- und Freiherrnstand erhoben worden war und „die schönste“ angenehmste Tochter der deutschen Häuser in Venedig, Felizitas Heintzelmann, durch den reichen Vetter geworben, zur Gemahlin bekommen hatte. – Die Todesnachricht des alten Herrn Benedikt traf am 23. Februar 1782 in Memmingen [182] ein. Er war in Venedig, ledig, im 93. Jahre seines Lebens entschlummert (Gen. M.; U). Obige angenehme und schönste Frau Felizitas ist eine Enkelin des Melchior Daniel Neubronner durch dessen Tochter Sibylla Regina, deren Hochzeit 1733 gefeiert worden.

Nach Ableben des Johann Theobald (24. Juli 1793) kam das Fideikommiß an seinen Bruder Philipp Adolf, der in der Erbschaft 2/3 des von seinem Vetter Benedetto sonstwie hinterlassenen Vermögens erhalten hatte. Dieser überließ (nach den berührten Nachrichten von Illerfeld) die Besorgung der Geschäfte von 1796 an größtenteils seinem Neffen Friedrich von Lupin, weshalb dieser mehrere Jahre als Administrator der Herrschaft Eisenburg auftritt. (Über die Familie Hermann s. Schw. E. 1904 Nr. 1).


  1. statt Ripper lies Kipper – siehe Korrektur Seite 249
  2. statt neuesten lies meisten – siehe Korrektur Seite 249
  3. an dieser, lies: an diesen – siehe Korrektur Seite 249
  4. streiche: (das Jus territoriale) – siehe Korrektur Seite 249
  5. statt Aschen lies Aspen u. Aspenbad – siehe Korrektur Seite 249
  6. statt Aschen lies Aspen u. Aspenbad – siehe Korrektur Seite 249
  7. statt Reichshauptstadt lies: Reichsstadt – siehe Korrektur Seite 249
  8. zu haben, lies: zu holen – siehe Korrektur Seite 249
  9. 1705, lies: 1795 – siehe Korrektur Seite 249
  10. unbekannt, lies: unbebaut – siehe Korrektur Seite 249
  11. Verkaufsurkunde lies: Teilungsurkunde v. 1475 – siehe Korrektur Seite 249

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: und und
  2. Vorlage: 6.
  3. Vorlage: nm
  4. Vorlage: eln
  5. Vorlage: Rittmeistet
  6. Vorlage: Htatt
  7. Vorlage: Ehemaun
  8. Vorlage: unterst tzen
  9. Vorlage: wotth
  10. Vorlage: Zunftorduung
  11. Vorlage: dnrften
  12. Vorlage: Inertessenten
  13. Vorlage: Lnadvogtei
  14. Vorlage: daranf
  15. Vorlage: Haußmaunskost
  16. Vorlage: Neubronntr