Die vornehmen Ehen der Künstlerinnen

Textdaten
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Autor: unbekannt
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Titel: Die vornehmen Ehen der Künstlerinnen
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 43, S. 687–688
Herausgeber: Ernst Keil
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1867
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Blätter und Blüthen
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[687] Die vornehmen Ehen der Künstlerinnen. Die Rangerhöhungen durch Heirath, welche seit einiger Zeit das Ziel unserer Künstlerinnen zu sein scheinen, haben viel seltener, als man denkt, das Glück und die Liebe im Gefolge, sie sind sogar sehr oft nur aus Eigennutz geschlossen von Seiten der vornehmen Männerwelt. Das Gold, welches unsere Primadonnen zu ernten pflegen, hat mehr Anziehungskraft als ihre Schönheit und Liebenswürdigkeit, wenigstens sind fast alle die Herren arm und sogar sehr stark verschuldet gewesen, die sich dazu drängten, den Rang von Künstlerinnen durch Adelstitel zu erhöhen. Nicht selten ist es, daß auch noch nach der Heirath die verschwenderische Lebensweise fortgesetzt wurde und es nothwendig machte, die vornehmen Gattinnen wieder zum Betrieb ihrer früheren Erwerbsquellen in die Oeffentlichkeit zurücktreten zu lassen. So hat Henriette Sontag, die einst so liebliche, hochgefeierte Sängerin, als Gräfin Rossi wieder die Bühne betreten müssen, um ihren Gemahl vor dem pecuniären Ruin zu schützen. Wie hart muß es für die feinfühlende Frau [688] gewesen sein, mit fünfzig Jahren als jugendliche Liebhaberin debütiren zu müssen und das Publicum zu amüsiren, auf welches sie so lange Zeit stolz herabsehen konnte! Der tragische Tod an der Cholera, der sie in Amerika auf ihren mühseligen Triumphzügen ereilte, erschien ihr gewiß wie ein Befreier von der Last des Lebens. Wie wenig mochte sie dies Ende ihrer Laufbahn ahnen, deren Anfang ein so glänzender, glückverheißender Frühlings-Sonntag war, die arme deutsche Nachtigall!

Das Verzeichniß der vornehmen Ehen von Künstlerinnen, welches in verschiedenen Blättern mitgetheilt wurde, hat sich noch um einige Namen vermehrt. Pauline Lucca ist als Baronin Rahden zu verzeichnen; ihr Gemahl war Lieutenant in Potsdam, mußte aber seinen Abschied nehmen, da Officiere keine Dame der Bühne heirathen dürfen. Die Schauspielerin Formes geb. Ahrens, eine nicht mehr junge, auch nicht schöne, geschiedene Frau, die aber viele Erfolge gehabt hat, ist jetzt mit einem jungen schönen Obersten von Weymarn verheirathet. Die Sängerin der königlichen Oper in Berlin, das reizende Fräulein Baer, hat sich soeben mit einem Freiherrn von Buggenhagen trauen lassen, der als Nabob kürzlich aus Indien zurückgekehrt, aber durchaus nicht mehr zu den Jüngsten gehört. Unter den früher aufgezählten vornehmen Heirathen gab die der berühmten Crüvelli, bekanntlich eine Bielefelder Kaufmannstocher, mit dem Baron Vigier in Paris zu einem hübschen Bonmot Veranlassung. Vigier war Besitzer einer Badeanstalt in der Seine; man sagte: „Tous les deux ont fait fortune sur la scène (Seine).“ Vor Kurzem war die gefeierte Sängerin einmal wieder in ihrer Vaterstadt und trat zu einem wohlthätigen Zwecke öffentlich auf, wobei ihre Toilette fast noch mehr bewundert wurde, als ihr Gesang. Sie trug ein Kleid von Silberbrocat mit den preußischen Farben verziert; von bezaubernder Wirkung war besonders ein Kranz schwarzer und weißer Rosen in dem reich mit Goldstaub gepuderten Haar. Mit der Baronin Vigier zugleich ließen sich auch ihre beiden Schwestern hören, die älteste, eine verwittwete Majorin von Ising, und die jüngste, Marie Crüvel, die sich auf der Bühne auch bereits die italienische Endung anhängt. Liszt hat vor zwanzig Jahren zuerst das Talent der Schwestern erkannt und sie beredet, es für die Oeffentlichkeit auszubilden. Es war zur Zeit seiner ersten Triumphzüge durch Deutschland, etwa in den Jahren 1844 und 1845, als er auch in der sehr für Musik schwärmenden Stadt Bielefeld auftrat, und man erzählt noch ein Bonmot von ihm dort. Der schöne Concertsaal daselbst trug unter Arabeskenverzierungen die Namen der beiden großen Componisten: Händel und Gluck. Liszt meinte, die beiden Worte müßten eigentlich in „Handel“ und „Glück“ umgewandelt werden, um für die reiche Handelsstadt Bielefeld besser zu passen. – Auch können wir noch zwei vornehme Ehen von Künstlerinnen anzeigen: Fürst Thurn und Taxis vermählte sich mit einer Balletdame und ein Herzog della Rocca mit Frau Grobecker, der beliebten Schauspielerin, die bekanntlich von ihrem Manne geschieden ist. Der päpstliche Dispens von Rom mußte deshalb ertheilt werden, da der vornehme Freier katholisch ist.