Die seeligen Augenblike an Laura

Textdaten
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Autor: Friedrich Schiller
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Titel: Die seeligen Augenblike an Laura
Untertitel:
aus: Anthologie auf das Jahr 1782, S. 38 – 41
Herausgeber: Friedrich Schiller
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1782
Verlag: J. B. Metzler
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Erscheinungsort: Stuttgart
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Originalherkunft:
Quelle: Scans auf Commons
Kurzbeschreibung:
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[38]
Die seeligen Augenblike
an Laura.


Laura, über diese Welt zu flüchten
Wähn ich – mich in Himmelmaienglanz zu lichten
     Wenn dein Blik in meine Blike flimmt,
Aetherlüfte träum’ ich einzusaugen,

5
Wenn mein Bild in deiner sanften Augen

     Himmelblauem Spiegel schwimmt; –

Leyerklang aus Paradises Fernen,
Harfenschwung aus angenehmern Sternen
     Ras’ ich in mein trunken Ohr zu ziehn,

10
Meine Muse fühlt die Schäferstunde,

Wenn von deinem wollustheißem Munde
     Silbertöne ungern fliehn; –

[39]

Amoretten seh ich Flügel schwingen,
Hinter dir die trunknen Fichten springen

15
     Wie von Orpheus Saitenruf belebt,

Rascher rollen um mich her die Pole,
Wenn im Wirbeltanze deine Sole
     Flüchtig wie die Welle schwebt; –

Deine Blike – wenn sie Liebe lächeln,

20
Könnten Leben durch den Marmor fächeln,

     Felsenadern Pulse leihn,
Träume werden um mich her zu Wesen,
Kann ich nur in deinen Augen lesen:
     Laura, Laura mein! –

25
Wenn dann, wie gehoben aus den Achsen

Zwei Gestirn, in Körper Körper wachsen,
     Mund an Mund gewurzelt brennt,
Wollustfunken aus den Augen regnen,
Seelen wie entbunden sich begegnen

30
     In des Athems Flammenwind, – – –
[40]

Qualentzüken – – Paradisesschmerzen! – –
Wilder flutet zum beklommnen Herzen,
     Wie Gewapnete zur Schlacht, das Blut,
Die Natur, der Endlichkeit vergessen,

35
Wagts mit höhern Wesen sich zu messen,

     Schwindelt ob der acherontschen Flut.

Eine Pause drohet hier den Sinnen
Schwarzes Dunkel jagt den Tag von hinnen,
     Nacht verschlingt den Quell des Lichts –

40
Leises . . Murmeln . . . dumpfer . . hin . . verloren . .

Stirbt . . . allmälig . . in den trunknen . . . Ohren . . .
     Und die Welt ist . . . . Nichts . . . .

Ach, vielleicht verpraßte tausend Monde
Laura, die Elisiumssekunde,

45
     All begraben in dem schmalen Raum;

Weggewirbelt von der Todeswonne,
Landen wir an einer andern Sonne,
     Laura! und es war ein Traum.

[41]

O daß doch der Flügel Chronos harrte,

50
Hingebannt ob dieser Gruppe starrte

     Wie ein Marmorbild – – die Zeit!
Aber ach! ins Meer des Todes jagen
Wellen Wellen – über dieser Wonne schlagen
     Schon die Strudel der Vergessenheit.

Y.