Die ruhende Heerde (Gemälde der Dresdener Gallerie)

Textdaten
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Autor: Adolph Görling
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Titel: Die ruhende Heerde
Untertitel: Von J. H. Roos
aus: Stahlstich-Sammlung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdener Gallerie
Herausgeber:
Auflage:
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Erscheinungsdatum: 1848–1851
Verlag: Verlag der Englischen Kunst-Anstalt von A. H. Payne
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Erscheinungsort: Leipzig und Dresden
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Quelle: Scan auf Commons
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A Herd.     Eine Heerde.

[134]
Die ruhende Heerde.
Von J. H. Roos.

Unter den Malern deutschen Ursprungs, welche den Glanz der holländischen Malerschule erhöhen, nimmt Johann Heinrich Roos aus Ottendorf in der Pfalz eine bedeutende Stelle ein. Wie K. Netscher, so kam dieser Meister, der Sohn eines unbemittelten deutschen Malers, schon 1640, kaum neun Jahre alt, nach Amsterdam. Die seltenen Talente des Knaben empfahlen ihn dem Historienmaler Du Jardin; er lernte hier, wo seiner ihm innewohnenden Richtung Zwang angethan wurde, jedoch nur wenig. Freier durfte er sich bei seinen folgenden Lehrern, den Malern Graat und namentlich bei Adrian de Bye bewegen.

Hier zeigte es sich bald, daß die paradiesischen Gegenden der Pfalz einen nie verwischbaren Eindruck auf des Kindes Herz gemacht hatten. Eine Landschaft, welche er aus dem Gedächtnisse malte, entzückte durch ihre Vortrefflichkeit de Bye so sehr, daß er entschied: in diesem und keinem andern Genre werde der Jüngling das Höchste leisten, dessen er fähig sei. Roos warf sich, bevor er geldgierig wurde, und durch zahllose Portraits meist von hochgestellten Personen Reichthümer aufzuhäufen begann, ausschließlich auf Landschaftsmalerei. Was seinen Landschaften außer der darin liegenden Grazie einen besondern Werth verlieh, das war die herrlich gearbeitete Staffage von Thieren, meist Schaf-, Kuh- und Ziegenheerden mit ihren Hirten. Dies Talent des Malers ward um so mehr bewundert, als es damals fast Mode war, daß die Landschafter ihre Gemälde durch Andere staffiren ließen.

Dasjenige, was aus jedem der Landschaftsbilder des Roos spricht und uns fesselt, ist ein poetisch geläuterter, höchst zarter und sinniger Geschmack; eine Harmonie der Gegend mit der Staffage, welche beides zu einem Gusse in höchster Zwanglosigkeit verbindet, und eine wechselnde, eigenthümlich gefällige Gruppirung seiner Thierheerden. In seinen Bildern herrscht weder Phlegma noch die passive Beschaulichkeit, welche sehr viele holländische Landschaften charakterisiren. Hier ist immer Leben und in der Grenze des Schönen gehaltene Bewegung. Aehnlichkeiten dieses Meisters wären etwa mit Nicolaus Berghem nachzuweisen; nur vermeidet Roos die Contraste in der Composition, welche jener oft anwendet; das Colorit von Berghem ist wärmer, blühender, das von Roos kälter aber klarer und verständlicher. Berghem, ebenfalls ein ausgezeichneter Thiermaler, zeichnet die Thiere mit fast ängstlicher Correctheit.

[135] Bei Roos ist Alles mit breitem Pinsel gemalt; die Thiere sind, jeden Gedanken an Studie fern haltend, dennoch von großer Naturwahrheit. Ohne daß Roos die melancholische Poesie Ruisdaels zu entwickeln vermöchte, ist er dennoch seiner Wirkung sicher, ein heiteres Wohlgefallen, einen ungetrübten künstlerischen Eindruck hervorzubringen.

Im Jahre 1557 ließ sich Roos, dreiundzwanzig Jahre alt, von der Sehnsucht nach der in seinen Bildern lebenden Heimath wieder nach Deutschland, wieder nach Frankfurt ziehen. Durch die gewinnbringende Nähe des Hofes von Hessen und des Mainzer Bischofs ward er hier zum Portraitiren verleitet. Diese Gemälde sind von sehr untergeordnetem Werthe, wenn man einen Van Dyk’schen Maßstab daran legen will. Der Meister kam 1685 bei einer Feuersbrunst ums Leben.

Es giebt noch einen Theodor Roos, den Bruder Johann Heinrichs; auch er war Bye’s Schüler. Von den Söhnen unsers Malers war Philipp Peter, Rosa di Tivoli genannt, ein liederlicher aber genialer Künstler, derjenige, welcher als Maler den meisten Ruf erwarb. Er starb in Rom 1705. Weder er noch die übrigen Roos kommen Johann Heinrich gleich.