Die neue preußische Herrscher- und Feldherrenhalle
Seit der König von Preußen zum deutschen Kaiser und somit zum obersten Kriegsherrn der ganzen bewaffneten Macht unseres Vaterlandes erhoben worden, hat die preußische Armee, als solche, aufgehört zu existiren. Sie ist mit den Armeen der anderen zum neuen Reiche verbundenen Staaten in dem großen deutschen Heere aufgegangen. Aber auch unterhalb dieses weiteren Verbandes bewahren die alten Regimenter ihre historischen, durch große Thaten und Geschicke geweihten Namen, und wohl niemals werden die aus Preußen recrutirten Theile des deutschen Heeres dem Cultus ihrer besonderen ruhmvollen Erinnerungen entsagen. So fand auch der königliche Gedanke: dem Waffenruhm der preußischen Armee, ihren Feldherren und fürstlichen höchsten Führern in der Hauptstadt des Landes gleichsam einen Gedächtnißtempel zu weihen, im ganzen Heere begeisterte Zustimmung. Von dem beim Kaiser stets besonders beliebt gewesenen, nunmehr verstorbenen Geheimen Rath Louis Schneider wurde dem Monarchen der Vorschlag unterbreitet: innerhalb des alten Zeughauses zu Berlin eine „Ruhmeshalle des preußischen Heeres“ aus den in ihm vorhandenen Waffen und
[245][246] Siegestrophäen herzustellen und diese würdig zu decoriren. Kaiser Wilhelm bezeigte für die Ausführung dieses Planes ein warmes Interesse; so trat man denn mit dem berühmten Architekten, dem Geheimen Rathe Professor Hitzig in Berathung über die dazu notwendigen baulichen Anlagen und Umänderungen innerhalb des Zeughauses, und der von diesem Baumeister dafür ausgearbeitete Entwurf fand des Kaisers Billigung, da die Aufgabe darin im großen Stile aufgefaßt und gelöst worden war.
Im Jahre 1875 brachte die Regierung beim preußischen Landtage den Antrag ein, die zur Ausführung der Neubauten erforderliche, ziemlich hohe Kostensumme von sieben Millionen Mark zu bewilligen. Bekanntlich wurde dieser Antrag abgelehnt, aber zwei Jahre später ging er noch einmal, wenn auch in wesentlich modificirter Gestalt und unter Ermäßigung der Forderung auf viereinhalb Millionen, an die Volksvertretung zurück. Nach diesem neuen, derselben 1877 vorgelegten Plane handelte es sich nur um gewisse nothwendige bauliche Änderungen, Verbesserungen und Wiederherstellungen im Innern des Zeughauses, um die Einrichtung bestimmter Partien desselben zu einer „Preußischen Herrscher- und Feldherrenhalle“ und der sonstigen Räume zu einem wirklichen historischen Waffenmuseum, aus welchen Namen das Zeughaus in seiner bisherigen Gestalt trotz der reichen derartigen Schätze, die es enthielt, keinen Anspruch erheben konnte. Diesmal mochte der Landtag dem entschieden kundgegebenen Wunsche des Kaisers nicht entgegentreten, und der Regierungsantrag gelangte zur Annahme. Mit dem Baue selbst wurde im Jahre 1878 begonnen, und gegenwärtig ist der architektonische Theil der Umgestaltung vollendet, der decorative freilich erst in sehr geringem Maße. Aber schon jetzt ist es möglich, sich aus dem Vorhandenen und Erreichten ein Bild des künftig zum Abschlusse zu bringenden Prachtbaues geistig zu vergegenwärtigen.
Um die Art und die Größe der ausgeführten Umwandlung richtig zu würdigen, müssen wir uns die Einrichtung des Gebäudes vor deren Beginn vergegenwärtigen. Das Fürstengeschlecht, welches zu Köln an der Spree und Berlin während des späteren Mittelalters residirte, war ebenso wenig, wie die damalige Bevölkerung der Stadt, in der Lage gewesen, die Spuren seines Daseins in großartigen und schönheitsvollen architektonischen und sonstigen künstlerischen Denkmälern der Nachwelt zu hinterlassen. Es fehlte jenen harten, nüchternen, stets mit der Noth der Wirklichkeit ringenden Menschen an Genie und an Reichthum. In Folge dessen ist Berlin, trotz seines Alters, in Bezug auf seine bauliche Gestalt eine neue Stadt; denn was in ihr noch von Denkmalen ihrer mittelalterlichen Periode erhalten blieb, ist ohne besondere künstlerische Bedeutung.
Ein wahrhaft großer, schöpferischer Künstlergeist hat sich in dieser Haupt- und Residenzstadt nicht vor der Zeit jenes Fürsten betätigt, welcher mit genialer Kraft die verwüstete, verarmte Mark zu einer Ausschlag gebenden Macht in Europa erhob und den Grundstein zur künftigen Größe des preußischen Staates legte, und dieser Fürst war Friedrich Wilhelm der Große Kurfürst. Gegen das Ende seiner Regierungszeit und während derjenigen seines pracht- und kunstliebenden Nachfolgers, des ersten Preußenkönigs, erstanden in Berlin, inmitten der armseligen, kleinstädtischen Umgebung, jene beiden mächtigen Monumentalbauten, welche das Gepräge einer stolzen Größe tragen, als ob sie in der sicheren Vorahnung der Zukunft dieses Fürstenhauses, dieser Stadt und dieses Staates begründet worden wären: das königliche Schloß und das Zeughaus. Der Erbauer des ersteren, Andreas Schlüter, einer der gewaltigsten Meister der Architektur und Bildnerkunst aller Zeiten, der auch das herrliche Reiterstandbild des Großen Kurfürsten auf der langen Brücke geschaffen hat, leitete den Bau des Zeughauses wenigstens ein Jahr lang. Nach Nehring’s Entwurf war es begonnen; durch Jean de Bodt mit manchen Abweichungen davon ist es vollendet worden. Aber mehr noch als durch seine kurze Bauleitung ist Schlüter’s glorreicher Name für immer mit diesem Gebäude durch den Sculpturenschmuck verknüpft, welchen er dem Aeußeren und dem Inneren desselben verlieh. Er meißelte die Reliefs am Giebel des Mittelbaues der nach Süden gelegenen Hauptfront, die beiden mächtigen Sandsteingruppen auf der oben abschließenden Balustrade über der Mitte der beiden seitlichen Portalbauten dieser Front und die zahlreichen Waffentrophäen. Die wichtigsten Arbeiten Schlüters am Zeughause aber sind die berühmten „Masken sterbender Krieger“, welche, als Hochreliefs behandelt, die Schlußsteine der halbrunden Fensterbogen an den einen quadratischen offenen Hof umschließenden Innenseiten des Hauses bilden. In diesen Köpfen ist der Todesschmerz und -Kampf in allen Abstufungen, von der wüthenden Pein an bis zum letzten Verlöschen und Aushauchen des Lebens, mit einer Gewalt und Wahrheit des Ausdrucks und zugleich einer Größe und einem Adel des Stils dargestellt, daß selbst die Köpfe des sich der Schlangen im namenlosen Schmerz erwehrenden Laokoon und jener todtwunden und sterbenden Giganten des Pergamenischen Frieses weitaus dadurch übertroffen werden.
Die ganze diesem Hofe zugewendete Façade, mit jenen hohen Meisterwerken der Sculptur an ihren Fensterbögen und der übrigen, entsprechend reichen ornamentalen Decoration der architektonischen Theile, war länger als eineinhalb Jahrhunderte lang in dem offenen, roh gepflasterten Hofe dem Staube, Schnee und Regen ausgesetzt gewesen. Gegen solche Einwirkungen hatte man die Masken sterbender Krieger durch wiederholten Oelfarbenanstrich zu sichern gesucht – man hatte sie geschützt, aber dem Auge des Beschauers dafür die zarte Schönheit ihrer Meißelarbeit entzogen. Seltsamer Weise war dieses prachtvolle Gebäude bisher so gut wie ohne eine das Erdgeschoß mit dem ersten Stockwerk vermittelnde den Forderungen der Kunst genügende Treppe; nur zwei enge hölzerne Wendelsteigen in den halbcylindrischen Einbauten in der Ost- und Westecke der nördlichen Hofseite dienten als Verbindung zwischen beiden Etagen, und so hielt es Hitzig bei dem vom Kaiser angenommenen Umwandlungsplan für seine erste Hauptaufgabe, eine wahrhaft monumentale Treppe zum Hauptgeschoß herzustellen. Da in die äußere Gestalt des alten Zeughauses kein sie gewaltsam verändernder Eingriff gethan werden sollte, so mußte diese Treppe in’s Innere des Hofes verlegt werden und zwar naturgemäß vor die nördliche Seite des Quarrés, um so Jedem, der durch den in der Südseite gelegenen Haupteingang in den Hof eintrat, einen imposanten Anblick zu bieten. Im Grundriß einen flachgeschwungenen Viertelskreisbogen bildend, steigen die granitenen und schwarzmarmorirten Stufen dieser Treppen in zwei Armen von der Ost- und Westseite her und aus jeder Seite einmal durch einen Absatz unterbrochen, auf einem mächtigen, als Rustika behandelten, sandsteinernen Unterbau zu dem Perron vor dem Mittelportal des Hauptgeschosses der Nordseite empor. Ihr kalksteinernes Balustraden-Geländer der äußeren Seiten endet unten in geflügelten Löwengestalten, und aus den inneren Pfosten erheben sich die sitzenden Statuen zweier römischer Krieger, welche Reinhold Begas im Stile der Epoche Schlüter’s gemeißelt hat. Der Unterbau ist in der Mitte durch ein hohes rundbogiges Portal, welches auf den rückseitigen Ausgang des Gebäudes führt, und zu beiden Seiten durch zwei kleine Durchgänge unterbrochen, durch welche man zu den Thüren der thurmartigen Einbauten und ihren Wendeltreppen gelangt. Der Hof selbst durfte nicht mehr unbedeckt bleiben, und die Aufgabe, diesen 36 Meter im Quadrat umfassenden Raum mit einem Oberlichtdache zu versehen, hat Hitzig in ganz eigenthümlicher Weise gelöst, die freilich mit dem Stil des alten Gebäudes wenig Gemeinsames hat: Er führte über jeder der vier Wände flache Schildbogen auf und legte an jeden derselben ein schmales Stück cassettierte Decke. Diese vier Streifen umfassen nun wie ein Rahmen das enorme Glasdach, welches durch kühne, bogig geschwungene, sich rechtwinkelig kreuzende eiserne Träger in zahlreiche Cassetten getheilt wird. Ueber jeder derselben erhebt sich ein vierseitiges pyramidenförmiges Dach von starken Glasplatten, während der eiserne Dachstuhl und das gesammte Sparrenwerk mit seinen sehr schön von Peters ausgeführten, in Kupfer getriebenen Rosetten darunter offen zu Tage liegen. Eine schöne, gleichmäßige, wohlthuende Helligkeit strömt so aus der Höhe her in den Raum, und auf die von ihrer häßlichen Farbenkruste befreiten herrlichen Bildwerke Schlüter’s.
Von dem Perron der Treppe gelangt man durch das hohe Hauptportal, welches künftig durch reich reliefirte prachtvolle Bronzethüren nach Otto Lessing’s Modell geschlossen wird, in die zur „Herrscher- und Feldherrenhalle“ geweihten Räume. Sie nehmen die ganze Nordseite des Gebäudes ein. Nach Norden hin sind sie, da die Fenster nicht direct zugemauert und dennoch große Wandflächen behufs der auszuführenden monumentalen Gemälde geschaffen werden sollten, in ihrer ganzen Länge durch eine nahe davor aufgeführte Mauer verborgen. Sämmtliche Pfeilercompartimente aller vier Gallerien auch dieses Stockwerks sind nun massiv überwölbt [247] worden, und die der Nordseite zugekehrten Räume werden durch viereckige Oberlichtfenster im Scheitel der Gewölbkoppen noch besonders erhellt. Die neun mittelsten Pfeilercompartimente der Nordgallerie wurden speciell zum Tempel des preußischen Herrscherruhms bestimmt, die mittelsten vier Pfeiler dagegen hinweggenommen, und so gewann man einen quadratischen Raum, dessen Seitenmauern weit über die bisherige Dachhöhe des alten Zeughauses hinausgeführt und dann durch eine flache Kuppel überwölbt wurden.
Von außen her gesehen, wird dieser höhere quadratische Mittelbau der Nordseite oben mit einer Balustrade abgeschlossen, auf welcher römische Trophäen, genau im Stil der so häufig auf dem alten Gebäude wiederkehrenden, aufgestellt sind. Von ihr umgeben, erhebt sich die in Kupfer getriebene äußere Schutzkuppel, während die gemauerte Kuppel im Innern auf einem eisernen Ringe ruht, der nur an den vier Berührungspunkten auf den tragenden Mauern aufliegt. Um ihnen und den an den vier Ecken eingefügten, leichten, dünn gemauerten Zwickeln die für sie zu schwere Last zu erleichtern, ist diese innere Kuppel in den vier Ecken durch ein darüber errichtetes eisernes Hängewerk gleichsam schwebend gehalten. Die Gallerien der Nordseite zur Rechten und Linken dieser mit einer Kuppel überwölbten Herrscherhalle sind zur Ruhmeshalle der preußischen Feldherren bestimmt.
Gegen die auf sie mündenden Nord- und Westgallerien werden sie zwischen den Pfeilern durch prachtvolle, von E. Puls (Berlin) mit der ganzen Kunst der alten Augsburger und Nürnberger Meister in Eisen geschmiedete Gitterthore abgeschlossen, wie auch ähnliche Gitter von nicht minder reicher Zeichnung, im Stil der edelsten Barocke von demselben Meister geschmiedet, im Erdgeschoß die Gallerien des Ingenieur- und Artilleriemuseums zur Rechten und Linken der mittleren Eingangshalle des Gebäudes abschließen.
Auf den ihrer Bestimmung entsprechenden künstlerischen Schmuck wird sowohl die Herrscher- wie die Feldherrenhalle wohl noch manches Jahr zu warten haben, und von ihrer dereinstigen reichen, farbigen Erscheinung kann man sich gegenwärtig noch kaum ein Bild machen. Nur Einiges mag schon jetzt hier hervorgehoben werden. So sollen unter Andern die großen halbrund abgeschlossenen Wandflächen der Feldherrenhalle in späteren Zeiten mit den Bildern von Ruhmesthaten der preußischen Armee geschmückt werden, während die Büsten der Führer der letzteren auf hohen hermenartigen schwarz marmornen Postamenten vor den Pfeilern ihre Aufstellung finden werden.
Die vier Gemälde an den entsprechenden Wandflächen der Herrscherhalle rechts und links von der Eingangsthür und drüben zu beiden Seiten der dort hinein vertieften Nische sollen jene großen geschichtlichen Ereignisse darstellen, welche vier verschiedene Epochen der Entwickelung der preußischen Herrschermacht eröffnen und bezeichnen: Die Krönung Friedrich’s des Ersten zu Königsberg, gemalt von Camphausen, die Huldigung der schlesischen Stände vor Friedrich dem Zweiten, gemalt von Steffeck; der Aufruf Friedrich Wilhelm’s des Dritten an sein Volk von Bleibtreu, und die Kaiserproclamation zu Versailles von Anton von Werner. Dagegen sind für die weißen Flächen der vier Gewölbzwickel und die innere flache Kuppelhöhlung selbst Gemälde symbolischen Stoffes und idealen Stiles projectirt, für welche Aufgabe in dem Maler Geselschap der vor Allen berufene und auserwählte Künstler glücklich gefunden worden ist.
Auf den Zwickeln finden in runder Umrahmung die symbolische Gestalten der vier Herrschertugenden: Weisheit, Mäßigung, Tapferkeit und Gerechtigkeit ihren Platz, und aus vergoldeten Schilden unterhalb derselben sind, durch Lessing in Stuck modellirt, Handlungen dargestellt, in welchen diese Tugenden sich äußern. Auf den großen Schildbogenflächen, welche von rein ornamental behandelten Dreiecken seitlich eingeschlossen werden, werden in figurenreichen Compositionen folgende Darstellungen ihren Platz finden: die Herausforderung des Vaterlandes durch äußere Feinde, die Vertheidigung seines Bodens, die Hineintragung des muthwillig entstammten Krieges auf des Feindes Gebiet, der Sieg und die Vereinigung der deutschen Stämme. Auf dem Kuppelgemälde, dessen Cartons und große Farbeskizzen bereits eine volle Anschauung seiner künftigen Erscheinung gewähren, sieht man in friesartiger Composition auf Goldgrund zwischen einer obern und untern ornamentalen Einfassung einen ringförmig geschlossenen Zug dahinschwebender charaktervoller Idealgestalten; die letzteren stellen den Triumph des Siegers, den Stolz, den Glanz und strahlenden Pomp des Kriegers und auf der andern Seite den Jammer der besiegte und gestürzten Herrscher, über welchen die Nemesis den Stab bricht, das Weh der gefangenen Krieger und des unterworfenen Volkes dar.
In diesen Schöpfungen Geselschap’s vereinigt sich die ideale Großartigkeit der Anschauung und Gestaltung mit gründlichem Naturstudium, eine wahrhaft rafaelische Schönheit der Zeichnung mit der harmonischen Pracht des Colorits. Unter den Werken der deutsche monumentale Malerei unseres Jahrhunderts werden diese immer unter den ersten genannt werden.
Der plastischen Kunst bleibt ebenfalls ein bedeutender Antheil an der Ausschmückung der Herrscherhalle zugewiesen: In der mit rothem Stuckmarmor ausgekleidete Nische, der Thür gegenüber, wird die von Fritz Schaper in Marmor auszuführende kolossale Victoria, die mit erhobenem Lorbeerkranz in der Rechten auf mächtige Schwingen heranschwebt, ihre Stelle finden, während vor jedem der vier Eckpilaster dieses Kuppelraumes eine sitzende Idealgestalt angebracht werden wird; diese Idealgestalten werden Verkörperungen des Sinnes Hohenzollern’scher Wahlsprüche darstellen und wahrscheinlich von R. Begas in Marmor gemeißelt werden. Zu beiden Seiten zunächst jener Victoria, und ebenso zunächst der Eingangspforte und vor den vier die Kuppel tragenden Pfeilern werden die bronzenen Kolossalstatuen vom großen Kurfürsten bis zu Kaiser Wilhelm aufgestellt werden, und die Bildhauer Enke, Schüler, Hitgers, Brunow und Hundrieser sind mit der Ausführung der ersten sieben Fürstenstatuen betraut, während für die Statue des Kaisers während seines Lebens der betreffende Auftrag nicht ertheilt werden soll.
Der Boden dieses ganzen Hauptgeschosses ist statt der frühere Dielenlage nun mit der schönsten römischen Marmor- und Kalksteinmosaik bekleidet, und in einzelnen besonders ausgezeichneten Compartimeten zeigt derselbe eine prächtig stilisirte Ornamentik; in den vier Ecken des Bodens der Kuppelhalle außerhalb des mittleren großen ornamentalen Ringes sieht man nach Geselschap’s Zeichnungen in vier Gruppen musivisch dargestellt: den Kampf mit dem Ur, dem Hirsch, dem Bären und die Bändigung des wilden Rosses. Die Bogengurten der Compartimente der Feldherrenhalle sind durch ornamentale Reliefcompositionen decorirt, deren Kernstück immer einen der sechs großen preußischen Orden bildet, und in ähnlicher Weise fanden in den Gurten der Wölbungen der übrigen drei Gallerien dieses Geschosses die preußischen Kriegsdenkmünzen künstlerische Verwendung.
Diese herrlichen Gallerien sind zum historischen Museum der Schutz- und Handwaffen bestimmt, wie die des Erdgeschosses zum Artillerie- und Ingenieur-Museum. Solcher Bestimmung entsprechend, sind hier unter die nächsten zwei Wandpfeiler- und Bogenflächen zu beiden Seiten des Eingangs- und Ausgangsportals mit grau in grau gemalte Bildern (von Ludwig Burger) geschmückt, welche die Vertheidigung einer befestigten Stadt im Mittelalter, die Beschießung einer solchen in der ersten Zeit nach Einführung des Pulvers, die Laufgräbenarbeiten vor Straßburg und die heutige Küstenvertheidigung durch die Monstregeschütze der Strandbatterien darstellen. Durch das Entfernen der alten Fester, an deren Stelle Butzenscheiben von feinfarbigem Kathedralglas gesetzt wurden und durch die prächtigen Hotzsculpturen der Thürflügel im Schlüter’schen Stil von Jörgens haben auch diese Erdgeschoßräume, in welchen nun wohlgeordnet die reiche Sammlung von Geschützen aus drei Jahrhunderten und die der Festungsmodelle, der Werkzeuge und sonstigen Gegenstände des Kriegs-Ingenieurwesens ihre systematische Ausstellung erhalten, eine völlig verwandelte Erscheinung gewonnen.
Zum artistischen Director des Waffenmuseums ist der bekannte Maler und kunstgelehrte Professor Hermann Weiß, der Verfasser der „Costumkunde“, ernannt worden.
Die reichen Schätze an alten kunstvolle Waffen, Meisterwerken mannigfacher Kunstgewerbe des fünfzehnten, sechzehnten, siebenzehnten und achtzehnten Jahrhunderts, welche ehedem im alten Zeughause fast verloren waren, werden nun erst durch die vorzügliche systematisch geordnete und praktisch verständliche Aufstellung in den Gallerien des ersten Stockwerks zu ihrer vollen Geltung gelangen und für das Studium im Einzelnen zugänglich werden, und nicht minder reich ist diese Sammlung auch an althistorischen Reliquien der brandenburgisch-preußischen Fürsten, Feldherren und Truppen aus drei bis vier Jahrhunderten, welche für uns ein ebenso lebhaftes patriotisches wie allgemein geschichtliches [248] Interesse haben. Bei der Aufstellung und dem Arrangement aller dieser Waffen wird ebenso wie die größtmögliche Bequemlichkeit für das Studium auch die decorativ bedeutende Wirkung berücksichtigt.
Das ganze Waffenmuseum verspricht eins der schönsten unter denen der europäischen Hauptstädte zu werden, wenn auch gegen das Unternehmen von Beginn an öffentlich und heimlich viel Widerspruch erhoben worden ist. Manches im Einzelnen mag auch heute noch mit Grund getadelt werden. Angesichts des Ganzen aber, das in diesem Werk durch das einmüthige Zusammenwirken so vieler tüchtiger künstlerischer und technischer Kräfte und nach eines ebenso einsichtigen wie genialen Meisters Plänen geschaffen ist, wird jeder Widerspruch verstummen müssen. Durch die Umwandlung des alten Zeughauses ist Berlin um eine der merkwürdigsten und großartigsten Leistungen der modernen monumentalen Architektur und der ihr dienenden Künste und damit um einen echten, würdigen Tempel des vaterländischen Waffenruhmes reicher geworden.