Die heutige Lage der gewerblichen Industrie in Deutschland

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Titel: Die heutige Lage der gewerblichen Industrie in Deutschland
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aus: Illustrirte Zeitung, Nr. 2 vom 8. Juli 1843, S. 22–23
Herausgeber: Johann Jacob Weber
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Entstehungsdatum: 1843
Erscheinungsdatum: 1843
Verlag: J. J. Weber
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: MDZ München, Commons
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Die heutige Lage der gewerblichen Industrie in Deutschland.

Die deutsche Gewerbsthätigkeit ist kein Ergebniß, welches man anregenden und fremde Mitbewerbung ausschließenden Staatsmaßregeln verdankt, denn von jeher haben die Zölle in Deutschland mehr den Charakter einer Quelle für Staatseinnahmen, als den eines Schirms für eine sich entwickelnde Industrie an sich getragen. Jener Schirm war in den frühern Zeiten, in die wir uns zurückversetzen wollen, auch schlechterdings ohne alle Bedeutung, und würde eher von schädlichen als nützlichen Erfolgen begleitet gewesen sein, da er den deutschen Handel, der zur Zeit der Hansa so blühend war, nur hätte beschränken können. Wer erinnert sich nicht der deutschen Tuchgewerkschaften, der Rasch- und Zeugmacher, der Leinweber im Mittelalter; wer wüßte nicht, daß der Stammvater des mächtigen Geschlechts der Fugger ein Weber war, und daß jene großen Kaufleute deutscher Gewerbsthätigkeit ihren Aufschwung verdankten. Deutsche Waaren fand man in allen Häfen der damals bekannten Welt, wohin sie auf deutschen Schiffen geführt wurden. Jene festen Formen in der Betreibung der Gewerbe, welche wir jetzt noch unter dem Namen Zünfte, Innungen und Gewerke kennen, sowie die größte Freiheit des Handels, unterstützt durch die Geschicklichkeit, den Fleiß und die Rührigkeit der Deutschen, brachten in Deutschland einen Wohlstand hervor, von dem der damalige Flor der Städte, wir nennen hier nur Nürnberg und Augsburg, zeugen mögen. Dieser Zustand wurde uns von Frankreich und England beneidet; das durch ersteres hauptsächlich genährte Feuer des dreißigjährigen Krieges, während in Frankreich und England verhältnißmäßig Ruhe herrschte – zerstörte die friedlichen Werkstätten und vernichtete den Handel; die Entdeckung des Seewegs nach Ostindien und die von Amerika hatten dem westlichen Europa mit seinen ausgedehnten Küsten einen unendlich großen Vortheil gegen Deutschland in die Hand gegeben. Die mit entschiedener Willenskraft begabte Staatseinheit Frankreichs und Englands benutzte, während Spanien von reichen Schätzen unthätig zehrte, ihre günstige Handelslage und die großen Vortheile, welche diese gewährte, um so viel als möglich, nicht allein die Natur-, sondern auch die Kunsterzeugnisse Deutschlands nicht nur von ihren eigenen Grenzen, sondern auch von neutralem Boden auszuschließen. Es bildete sich das englische und bald darauf das französische Absperrungssystem, nach dem unter den größten Strafen keine fremde Waaren die Grenzen überschreiten durften.

Daß unter solchen Umständen nach und nach eine sehr bedeutende Gewerbthätigkeit in England und Frankreich, wo übrigens schon sehr tüchtige Keime vorhanden waren, hervorgerufen werden mußte, liegt am Tage. Indessen brauchte hunderte von Jahren lang Deutschland die fremde Thätigkeit nicht zu scheuen. Allmälig aber, zur Zeit der französischen Revolution, machten sich die Folgen der englischen Maßregeln bemerklich. Englische Manufakturwaaren kamen zuerst nach Deutschland, als, einige Zeit nach der Einführung der Spinnmaschinen, sie besser als deutsche Waaren geliefert wurden. Napoleon wollte durch das Continentalsystem England mit seinen eigenen Waffen schlagen –; deutsche Manufakturen fingen an, sich mächtig zu entwickeln; indessen die darauf folgenden Befreiungskriege zerstörten wieder sowol Arbeitskräfte, als Capital. Während jener Zeit war die größte Ruhe in England; dasselbe aber beherrschte das Meer, schloß alle Handelsschifffahrt außer der seinigen aus, und versorgte die reichen überseeischen Länder und durch Paschhandel auch Deutschland mit den Erzeugnissen seiner Manufakturen, welche nun, unterstützt durch eine sich mächtig entwickelnde Mechanik, Riesenschritte vorwärts that, während Deutschlands Boden mit dem Blute der eigenen Söhne und der erschlagenen Feinde getränkt wurde, die Brandfackel über den Städten loderte und die bleiche Seuche ganze Bevölkerungen vernichtete. Nachdem der Friede wieder hergestellt war und die losgelassenen Fluthen der Völker in ihre Dämme zurückgetreten waren, verschloß sich England luftdichter denn je gegen das Eindringen fremder Gewerbserzeugnisse; ja es belegte fremdes Korn und Fleisch mit dem Bann und behielt seine eigennützigen Schifffahrtsgesetze bei. Frankreich folgte diesem Beispiele theilweise aus gerechter Nothwehr gegen England, theilweise zur Abwehr des Fremden, um das Eigene sich schneller erkräftigen zu lassen. Rußland säumte nicht, sich nach und nach mit Schlagbäumen zu umgürten. – Nun glaubte auch Oestreich nicht zurückbleiben zu dürfen. Das übrige Deutschland aber zersplitterte seine Kraft und verlor die Zeit durch halbe Maßregeln, durch ein System, in dem man die Grundsätze des durch keine Zölle beschränkten Handels mit dem Schutz der Landesindustrie gegen fremdes Übergewicht zu vereinigen suchte, ein System, bei dem das Land mit Schlagbäumen und Mauthbeamten überdeckt wurde, und wo dennoch die Grundsätze des freien Handels als maßgebend angenommen wurden. Den nie genug anzuerkennenden Bemühungen Preußens gelang es, dieser Verwirrung durch die Bildung und allmälige Erweiterung des Zollvereins im Wesentlichen ein Ende zu machen. – Die Unvollkommenheit des Tarifs trägt die Schuld, daß der deutsche Zollverein bis jetzt noch nicht sämmtliche deutschen Lande umschließt. Die hohe Besteuerung derjenigen Naturprodukte, welche wir mit weniger Ausnahme nur aus der Fremde beziehen können, wie Kaffee, Zucker, Reis, Tabak etc. beschränkt den Handel und den Austausch unserer Erzeugnisse, während die zu niedrigen Zölle auf Waaren, die wir durch unserer Hände Arbeit machen können, unsere Gewerbthätigkeit zu vernichten drohen. Statt daß wie früher Deutschlands Gewerbserzeugnisse alle Märkte erfüllten, hat gegenwärtig Englands mit furchtbarer, niederschmetternder Maschinenkunst ausgerüstete Fabriksindustrie auf allen Märkten den deutschen Handel und dem zufolge auch die deutschen Waaren verdrängt. Die deutschen Eisenwerke, statt eigene Erze zu verschmelzen, müssen englisches Roheisen verfrischen; die deutschen Zinnbergwerke stehen still, weil das Bancazinn zu wohlfeil ins Land kommt; die deutschen Spinnereien zerlegen ihre Maschinen, und durch die leeren Säle, die zertrümmerten Fenster pfeift der Wind. Die Spitzenklöpplerinnen des Erzgebirges tragen englische Spitzen und essen Baumrinde. Das ist das Schicksal deutscher Gewerbthätigkeit. Sie ist in vieler Hinsicht ein Fluch geworden für die Bevölkerung und ein bedrohlicher Geist für die Staatsgewalt. Und ist es etwa in England und Frankreich nicht noch viel schlimmer? – Aber das sind die Folgen jener verderblichen Maßregeln, durch Beschränkung der Handelsfreiheit gewerbliche Thätigkeit gewaltsam hervorrufen und zeitigen zu wollen. Daraus entstehen verkünstelte Verhältnisse innerhalb der Staaten selbst und in ihren Beziehungen zu einander, welche zusammenfallen beim leisesten Anstoß von außen. Englands erleuchtete Staatsmänner haben dies längst erkannt und arbeiten darauf hin, sich aus den unnatürlichen Zuständen herauszuwickeln. Da aber die Zugeständnisse, welche sie den handelsfreiheitlichen Grundsätzen machen, nicht frei von Rückhalten sind, über die sie nicht hinwegkommen können : so wäre es in der That unklug, gegen einen schwer bewaffneten Feind die eigene Wehr, und noch dazu eine sehr leichte, aus der Hand zu legen. – Sowol Oestreichs wie des Zollvereins – möchte bald des hochherzigen östreichischen Fürsten Wort in Erfüllung gehen: „Ein Deutschland“ – Fabriksindustrie – der Riesengeist, der auf Englands Ruf zu Ende des vorigen Jahrhunderts in die Welt getreten ist – ist noch nicht so gekräftigt, daß sie Stand zu halten vermag gegen die sorgsam genährte, scharf bewehrte, englische und selbst die französische Industrie. – Hier gilt es Nothwehr und gerechte Wiedervergeltung. Wir glauben, daß endlich die Völker dahin kommen werden, die Industrie- und Handelskriege aufzugeben, um sich versöhnt die Hände zu reichen. Zur Zeit aber, wo nicht allein Rußland und Frankreich ihre Zölle erhöhen und gegen Deutschland zu Felde ziehen, England nicht ehrlich zu Werke geht, vielmehr uns Deutschen nur das Bild des Fleisches im Wasser zeigt; so sogar die amerikanischen Staaten, welche sonst nie daran gedacht haben, und zu ihrem eigenen Wohl auch nicht hätten daran denken sollen, zu fabrizieren, hohe Zölle auflegen, um Spinnereien und Webereien zu zeitigen; zu dieser Zeit ist es wol nicht gerathen, die Grundsätze eines durch keine Zölle beschränkten Handels ins Leben einzuführen, wenigstens in so weit nicht, als dieselben die deutsche Gewerbthätigkeit zu vernichten im Stande sind.

Unter den Einflüssen, deren geschichtliche Entstehung wir soeben mit einigen scharfgezogenen Umrissen zu verdeutlichen gesucht haben, unter eigenen und fremden Zoll- und Schutzmaßregeln, unter dem Druck, der auf der deutschen Schifffahrt lastet, unter der Ruthe der übermächtigen, englischen Fabrikindustrie leidet jetzt im Allgemeinen die deutsche Gewerbthätigkeit. Im Besonderen aber auch durch den schlechten Ausfall der vorjährigen Ernte und durch die hohen Preise der Lebensmittel, wodurch die Käufer verhindert werden, viel Waaren zu kaufen, die Arbeiter vermehrten Lohn erhalten oder schlechter leben müssen. Mit geringer Ausnahme befinden sich sämmtliche deutsche Fabrikzweige in einem kränkelnden Zustande.

Von den Geschäftszweigen, über die wir im Laufe unserer Mittheilungen über Handel, Industrie und Technik Gelegenheit nehmen werden, uns zu verbreiten, erblicken wir zunächst die Spinnereien, welchen Stoff sie auch verarbeiten mögen – mit Ausnahme der Streichgarnspinnerei, welche in Folge des Aufschwunges blüht, den die lange im Argen gelegene deutsche Tuchmanufactur vornämlich durch die Bemühungen Chemnitzer Maschinenfabrikanten genommen –, in sehr leidender Verfassung. Die Baumwollspinnerei zu allermeist, da die Preise so gedrückt sind, daß das werbende Capital bis auf ein Fünftel zusammengeschmolzen ist und Niemand es noch wagt, wider die Engländer in die Schranken zu treten, [23] die ihr Garn fast zollfrei einführen dürfen. Für 40 Millionen Thaler englisches Garn sind im Jahr 1842 in die Zollvereinsstaaten importirt worden. – Dagegen haben seit drei Jahren allein in Sachen 40 Baumwollspinnereien liquidirt, ihre Maschinen nach Böhmen verkauft, oder sind bankerott geworden. –

Die Maschinen-Flachsspinnerei kränkelt sehr, obgleich vielleicht nur 4 Spinnereien in den Vereinsstaaten in Thätigkeit sind. Die Handspinnerei verschwindet täglich mehr und mehr. – England producirt Maschinen-Flachsgarn schon über eigenen und fremden Bedarf; früher wurde deutsches Handgespinnst nach England eingeführt. Die Kammwollspinnerei ist gedrückt, da unsere Thibets und Merinos von den englischen halbwollnen, höchst billigen Waaren, von den sogenannten Orleans, Moheirs, Alpakas verdrängt werden und die Ausfuhr nach Amerika ganz und gar stockt. Die Leinweberei siecht überall in Deutschland; theils wird ihr der entferntere und sogar mehrfach auch der innere Absatz durch die irländischen Leinenzeuge verkümmert, theils beschränkt die vermehrte Verwendung baumwollener Zeuge den Verbrauch der leinenen, besonders verderblich wirkt endlich die Vermischung leinener und baumwollener Faden in einem und demselben Stoffe, da der gute Glaube dadurch erschüttert wird. Die Baumwollenmanufaktur in allen ihren verschiedenartigen Ausläufern: der Kunstweberei, Färberei, Druckerei würde in Deutschland ein sehr gutes Absatzfeld finden, wenn nicht die englische Concurrenz in manchen Artikeln entgegenstünde. Inzwischen breitet sie sich dennoch aus und veredelt sich; auch ist nicht zu leugnen, daß die Baumwollweberei starker, schwerer Zeuge durch den Zoll sehr begünstigt ist. Die Strumpfwirkerei liegt darnieder nicht in Folge englischer Concurrenz, sondern der eigenen und der zerrütteten überseeischen Handelszustände, auf die das Strumpfgeschäft sich im Allgemeinen mehr gestützt hatte, als anzurathen war. Viele Tausende von Strumpfwirkern sind brotlos und suchen Beschäftigung beim Straßenbau, zu der ihre Körperkräfte nicht im Verhältniß stehen. Die Zeugdruckerei steht auf einem gesunden Boden und, wenn auch von einigen Seiten das Geschäft übertrieben und dadurch verdorben wird, so erholt sich dasselbe doch jederzeit wieder durch Entfaltung eines neuen Geschmacks und Erfindung schöner Muster. Die Wollenweberei besitzt besonders in den leichteren gemischten Streichgarnzeugen die Füglichkeit zu einer recht vielseitigen Geschäftsentwicklung. Die Tuchmanufaktur, wie bereits erwähnt, hat sich aus einem längern Versunkensein zu sehr erfreulicher Rührigkeit emporgerafft und überall zeigen sich die erfreulichsten Erfolge sowol in Bezug auf Schönheit, als auch auf Preiswürdigkeit der Tücher. Wir werden uns vorbehalten, diesen interessanten Aufschwung, seine Ursachen und Folgen näher zu beleuchten. – Nur durch ausgezeichnete Kammgarngewebe in Verein mit Seide, Druck und Broschirung wird sich dem Uebergewicht Englands einigermaßen begegnen lassen. Deutschland leistet darin bereits Vorzüglichstes, wird und muß weiter darin vorschreiten. – Die allmälige Verbreitung der Seidenweberei in Sachsen, es sind hier vielleicht 800 Stühle gangbar, die Thätigkeit der rheinischen und berliner Fabrikanten geben von der tüchtigen Grundlage dieses Gewerbes Zeugniß, die nur wegen der Liebhaberei der Frauen für fremde Moden und der hohen Ausbildung der lyoner Manufaktur nicht so fortschreiten kann, wie es unter anderen Voraussetzungen wol geschehen dürfte. – Die Band-, Franzen- und Posamentierfabrikation ist, was Modeband betrifft, sehr von den Schweizern in Schach gehalten – einfachere Bänder liefert das Bergische in großer Fabrikvollkommenheit, – während die Bänder des sächsischen Obergebirgs fast ganz verschollen sind. – Wien, die Schweiz und Frankreich insbesondere liefern die Bänder, mit denen die Frauenwelt sich vorzugsweise gern schmückt. Die Posamentierfabrikation des Erzgebirgs erfreut sich der Gunst der Mode; dahingegen ist es Deutschland bekannt, wie über alle Beschreibung die gebirgischsächsische und böhmische Spitzen- und Nähwaarenfabrication darniederliegt und dies allerdings aus dem Grunde, weil die englischen Spitzen bei ziemlich gleicher Schönheit um das zehn- bis fünfzehnfache billiger sind. – Vor 15 Jahren machte der Fabrikant F. G. Wieck, in Verein mit einer Gesellschaft, welche gegen eine halbe Million Thaler disponirte, in Sachsen große Anstrenungen, die englische Art der Spitzenfabrication einzuführen; sie waren vergeblich, da wider England kein Schutz zu erlangen war. Die Maschinen wurden nach Oestreich verkauft, der Unternehmer ging zu Grunde und 40,000 Arbeiterinnen, die dadurch einer neuen Beschäftigung hätten zugeführt werden können, sind gegenwärtig fast ganz ohne Verdienst. Für feine, theure Spitzen, für ausgezeichnete Stickereien kann sich das Verhältnis zu Gunsten der Hand wenden, für den Hauptartikel, schmale und Mittelwaare, niemals.

Der Maschinenbau nimmt in der modernen Industrie einen sehr bedeutenden und bezeichnenden Platz ein; es ist dies auch ganz natürlich, da die Industrie in ihrer Allgemeinheit vorzugsweise auf Maschinenkraft und Maschinenentwickelung beruht. Nach dem Stande und dem Bestehen des Maschinenbaues ist ein zurückschließendes Urtheil auf den Zustand der Manufakturthätigkeit desselben Landes mit größter Wahrscheinlichkeit zu fällen. Selten geht der Maschinenbau einer günstigen Fabrikthätigkeit hinterdrein, sondern gemeiniglich voraus. Der Maschinenbau ist die Wurzel der Industrie. Wir haben das Drehrad bei Seite gestellt und uns die Dampfmaschine zugesellt, welche eigens geschaffen scheint, die unermüdliche Sklavin des Menschen zu sein. Und das ist ein offenbarer Gewinn und eine Wiedereinsetzung des Menschen in seine Würde, der doch nicht dazu geschaffen ist, rundum in der Mühle zu treten und gedankenlos sein ganzes Leben lang den Schützen zu schießen. Weniger die Wasserkraft, die unzuverlässig ist und noch andere Dinge, z. B. Berieselung, zu verrichten hat, sondern die Dampfkraft ist die Kraft, der Deutschlands Industrie mehr und mehr zu vertrauen anfängt, wohl belehrt, daß sie es hauptsächlich ist, der England seine großen Erfolge, sein derzeitiges Uebergewicht zu danken hat. Daher schreitet der Dampfmaschinenbau, neben dem der Industriemaschinen mächtig vor, und wird unsere Gewerbthätigkeit unter den nothwendingen Voraussetzungen dahin bringen, daß, Wind u. Sonne getheilt, wir mit England und Frankreich in den Schranken stehen können. In der großen Mannichfaltigkeit der Waaren gefällt sich die fortschreitende Ausbildung der Metallwaarenfabrikation in all ihren unendlich verschiedenen Verzweigungen und Eigenthümlichkeiten. Die Begünstigung, welche im Durchschnitt der Tarif jenem Betriebszweige angedeihen läßt, hat zu seiner naturgemäßen Entwickelung beigetragen, denn uralt sind die Gewerke der Metallarbeiter in Deutschland. Eisen ist neben den Lebensmitteln überall die Grundlage der Existenz; wenn seine Erzeugung im Lande gefährdet wird, heißt dies die Nation mit der Beraubung des Pflugs und des Schwertes bedrohen. – Solches ist jetzt in den Zollvereinsstaaten der Fall, wo das englische Roheisen zu einem so wohlfeilen Preise eingeführt wird, daß die Hüttenwerke nach und nach zu schmelzen aufhören müssen, wodurch viele Capitalien und Existenzen vernichtet und ein bedeutendes Grundeigenthum entwerthet wird. – Aller Orten bilden sich ephemere Gießereien und Frischereien, welche zu ihrem Betrieb sich des englischen Roheisens bedienen. Dahingegen werden von Tage zu Tage mehr Hohöfen in Schlesien und am Rhein ausgeblasen.

Aus der gegebenen Schilderung, so wünschen wir, mögen unsere lieben Leser den Zustand unserer deutschen Fabrikindustrie wohl erkennen und es ihnen deutlich werden, daß eine große Umsicht im Einzelnen und im Ganzen oben und unten dazu gehört, das lebendige Getriebe so in Gang zu halten, daß Alles sich neben und unter einander bewege, ohne sich gegenseitig zu stören. Sie werden nach einigem Nachdenken inne werden, daß die Interessen des Handels und der Industrie, sogar einiger Industriezweige unter einander, zuweilen auch die des Landbaues und der Industrie einander entgegen zu stehen scheinen, und es zu einem Kampfe den Anschein habe. Auch ist dies wirklich der Fall und wird solches durch die verkünstelten Verhältnisse herbeigeführt, in welche prakticirende Staatsärzte nach und nach alle Staaten gebracht haben, so daß von einer natürlichen Regung und Bewegung gar nicht mehr die Rede sein kann und man aus gegenseitigen Übergriffen, Misverständnissen und nothgedrungenen Zugeständnissen, damit nur eben ein äußerlicher Friede hergestellt werde, gar nicht herauskommt. Wäre die Regung und Bewegung in natürlicher Freiheit möglich und es scheint dies kaum der Fall zu sein, da selbst die jüngsten Staaten sich Zollfesseln anlegen, so würde kein Zusammenstoß zwischen den Interessen der Gewerbthätigkeit, des Handels und des Landbaues geschehen können, sondern diese Entwickelungen und Entfaltungen menschlicher Arbeit würden neben einander zu allseitigem Nutzen und ohne gegenseitige Beeinträchtigung vor sich gehen. – Einen solchen Zustand zu erträumen, da er ihn nicht herbeizuführen vermag, gefällt dem Menschenfreunde; wir haben uns die Aufgabe gestellt, für das Erreichbare nach besten Kräften thätig zu sein.

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